Putnik-Deal

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Eine der größten bekanntgewordenen Vermögensverschiebungen der SED/PDS war der sogenannte Putnik-Deal, in dem die Partei insgesamt 107 Millionen D-Mark durch Verbringung ins Ausland dem Zugriff der UKPV entziehen wollte. Der Untersuchungsausschuß hat sich durch umfangreiche Aktenauswertungen sowie Zeugenvernehmungen mit diesem Fall beschäftigt und unten dargestellte Feststellungen getroffen. Die unmittelbaren Tatbeteiligten haben in ihren Vernehmungen den Sachverhalt in allen wesentlichen Punkten bestätigt.[1]

Sachverhalt

Trotz vielfältiger bereits getroffener Maßnahmen zur „Vermögenssicherung“ verfügte die PDS im Sommer 1990 immer noch über ein sehr großes Barvermögen. Daher beauftragte das Präsidium der PDS den stellvertretenden Parteivorsitzenden Wolfgang Pohl und den Leiter des Bereichs Parteifinanzen, Wolfgang Langnitschke, Gelder der Partei unter Zuhilfenahme der KPdSU ins Ausland zu transferieren. Zur Verschleierung der Überweisungen wurde die Möglichkeit ins Auge gefaßt, hierfür die Konten der in der DDR stationierten sowjetischen Streitkräfte zu nutzen. In Absprache mit dem Präsidium reiste Wolfgang Pohl daher vom 15. bis 16. Juni 1990 nach Moskau, um mit der Parteiführung der KPdSU Möglichkeiten zur Verbringung der PDS-Gelder zu diskutieren. Eine besondere Rolle spielte bei den Gesprächen der damalige Geschäftsführer des Zentralkommitees und vormalige Abteilungsleiter Finanzen der KPdSU, Krutschina. Dieser riet davon ab, die Konten der sowjetischen Streitkräfte zu nutzen, da sie den bundesdeutschen Behörden bereits bekannt waren. Auch die Devisenkonten bei Moskauer Banken hielt er angesichts der Umbruchsituation in der Sowjetunion nicht mehr für sicher. Vielmehr schlug er vor, Altforderungen eines sowjetischen Unternehmens an die SED als Tarnung für den Geldtransfer zu nutzen und unter Einbeziehung zuverlässiger PDS-Genossen den jederzeitigen Zugriff der Partei auf die überwiesenen Gelder zu sichern. Möglicherweise war es auch Krutschina, der Pohl den damaligen Vorsitzenden der PDS-Kreisorganisation Halle, Karl-Heinz Kaufmann, als Helfer empfahl, da dieser hervorragend Russisch sprach und über sehr gute Kontakte zu leitenden Funktionären in Moskau verfügte. Nach seiner Rückkehr aus Moskau schlug Pohl dem PDS-Präsidium vor, den von Krutschina entworfenen Weg zu gehen und unter Einbeziehung Kaufmanns das Geld als fingierte Tilgung von Altschulden auf Auslandskonten eines sowjetischen Unternehmens zu überweisen, für die allein Kaufmann Vollmacht haben sollte. Das Präsidium gab hierzu seine Zustimmung, wollte jedoch nicht in die Details des Plans eingeweiht werden. Zeitgleich zu diesen Planungen führte der Vorsitzende der PDS, Gregor Gysi, im Juni 1990 einen Schriftwechsel mit dem Vorsitzenden der UKPV, Rechtsanwalt Georg Reinicke, in dem er sich erkundigte, welche Vermögensbewegungen nach Inkrafttreten des Parteiengesetzes zum 1. Juni 1990 noch zulässig seien und welche nicht. In seiner Antwort erläuterte der Vorsitzende der UKPV, daß mit Ausnahme der Erfüllung von Rechtspflichten aus Umlaufmitteln und Bewegungen bis 10.000 DM aus Grundmitteln alle Vermögensbewegungen zustimmungspflichtig waren.

Zwischenzeitlich hatte Kaufmann mit Hilfe von KPdSU-Funktionären das Moskauer Unternehmen „Putnik“ ausfindig gemacht, das für die Durchführung des Plans geeignet erschien. Zudem kannte er dessen Generalbevollmächtigten Alexander Popov persönlich. In der Folge arbeiteten Pohl, Langnitschke und Kaufmann die Details des Planes aus. Mit Datum vom 18. August 1990 ließ sich Kaufmann vom Unternehmen „Putnik“ eine Generalvollmacht ausstellen, die ihn zum allein Zeichnungsberechtigten für neu einzurichtende Konten im Ausland bestimmte. Außerdem konstruierte Kaufmann eine umfangreiche Legende, indem er Altforderungen des Unternehmens Putnik gegenüber der SED erfand und entsprechende Mahnschreiben verfaßte. Diese Schreiben ließ er anschließend von Popov unterzeichnen. Laut der fingierten Forderungen schuldete die SED dem Unternehmen Putnik 25 Millionen DM für die Errichtung eines "Zentrums der Internationalen Arbeiterbewegung", 70 Millionen DM für die Ausbildung von 350 Studenten aus der Dritten Welt und weitere 12.012.650 DM für die ophtalmologische Behandlung der Studenten.

In Absprache mit dem PDS-Präsidium wurde Kaufmann durch Pohl und Langnitschke ermächtigt, 3% des Gesamtbetrages, d. h. ca. 3,2 Millionen DM, für Unkosten und anfallende Provisionen zu verwenden. Außerdem wurde er angewiesen, das Geld möglichst gewinnbringend anzulegen. Der in Finanztransaktionen völlig unerfahrene Kaufmann nahm sodann Kontakt mit dem ehemaligen Vorsitzenden der DKP in Nordrhein-Westfalen auf, der ihm bei der Suche nach vertrauenswürdigen Helfern aus dem Kreis der DKP behilflich sein sollte. Dieser empfahl den in Berlin (Ost) ausgebildeten früheren KPD-Funktionär Heinz Klostermann, der in Bocholt ein Unternehmen für Im- und Export, Immobilienhandel und Vermögensverwaltung betrieb. Gegen eine Provision in Höhe von einer Million DM sagte Klostermann bereitwillig seine Hilfe zu und führte Kaufmann bei der Dresdner Bank in Bocholt ein, wo auch er selbst sein Unternehmenskonto führte. Unter Vorlage der Generalvollmacht des Unternehmens Putnik eröffnete Kaufmann am 28. August 1990 dort ein Konto mit der Bezeichnung „Putnik Export-Import“. Als Zweck des Kontos gab er gegenüber der Bank an, er wolle als Bevollmächtigter des Unternehmens Putnik über das Im- und Exportunternehmen Klostermanns Lebensmittel für die Ukraine kaufen.

Unmittelbar nach der Kontoeröffnung reisten Klostermann und Kaufmann nach Den Haag, um zwei Geschäftspartner Klostermanns zu treffen. Beide waren angeblich in Bankgeschäften erfahren und sollten Kaufmann hinsichtlich einer gewinnbringenden Anlage der PDS-Gelder beraten. Kaufmann wußte nicht, daß einer der beiden, ein Rechtsanwalt, zusammen mit zwei weiteren Personen ein Unternehmen betrieb, das u. a. im Zusammenhang mit Drogenschmuggel, Betrug, Hehlerei und anderen Vergehen in Erscheinung getreten war. Die Geschäftspartner Klostermanns empfahlen, die erwarteten PDS-Gelder über das Konto in Bocholt zum Teil in die Niederlande und zu einem weiteren Teil nach Norwegen weiterzutransferieren. Kaufmann begab sich daraufhin nach Oslo und eröffnete am 12. September 1990 bei der „Den Norske Bank“ ein DM-Konto für das Unternehmen „Putnik“. In Oslo lernte Kaufmann auch einen angeblichen Inhaber einer Privatbank kennen. Dieser bot an, gegen eine Provision von 1% bei der Anlage der nach Norwegen zu transferierenden Gelder behilflich zu sein. Kaufmann glaubte diesen Behauptungen ohne weitere Überprüfung. Deshalb erfuhr er auch nicht, daß der vorgebliche Inhaber der Privatbank keine Berechtigung zur Ausübung von Bankgeschäften hatte und gegen ihn wegen verschiedener Finanzstraftaten in Norwegen ermittelt wurde.

In der Zwischenzeit veranlaßten Pohl und Langnitschke unter Vorlage der Mahnungen des Unternehmens „Putnik“ die Überweisung der für den Transfer ins Ausland vorgesehenen PDS-Gelder auf ein von Kaufmann bei der „Deutschen Handelsbank“ unter der Bezeichnung „Putnik“ eingerichtetes Konto. Am 13. September 1990 wurden zunächst 95 Millionen DM aus einer Festgeldanlage überwiesen. Hiervon transferierte Kaufmann am 20. September 1990 25 Millionen DM auf das „Putnik-Konto“ in Bocholt. Fünf Tage später erschien er bei der Bank in Bocholt und überwies an Klostermann die vereinbarte Provision von einer Millionen DM. Außerdem hob er 55.000 DM in bar ab, mit denen er von einem der niederländischen Geschäftspartner die Unternehmen „Rheinland“ und „Mercari“ kaufte, die nach seiner Planung in der Zukunft Gewinne für die PDS erwirtschaften sollten. Zuvor hatte Kaufmann bei der „Nederlanske Middenstands Bank“ in Utrecht ein Konto eröffnet, wohin er 13 Millionen DM überwies. Dieser Betrag war für den Erwerb und die Einrichtung eines Geschäftshauses in Utrecht vorgesehen, das als Sitz für die beiden Unternehmen und „Mercari“ fungieren sollte.

Am 24. September 1990 transferierte Kaufmann weitere 60 Millionen DM aus Berlin nach Bocholt. Zu diesem Zeitpunkt wurden die Mitarbeiter der Dresdner Bank in Bocholt angesichts der Höhe der Kontobewegungen jedoch mißtrauisch und hegten u. a. den Verdacht, daß es sich um veruntreute Gelder des MfS handeln könnte. Nach Rücksprache mit der Rechtsabteilung der „Dresdner Bank“ Düsseldorf wurde das Konto daher gesperrt. Mehrere Interventionen Kaufmanns und Klostermanns, um die Bank zur Freigabe des Geldes zu bewegen, blieben erfolglos. Aufgrund der undurchsichtigen Herkunft und Bestimmung der Gelder veranlaßte die „Dresdner Bank“ am 2. Oktober 1990 die Rücküberweisung der auf dem Konto in Bocholt verbliebenen 70 Millionen DM auf das Konto des Unternehmens „Putnik“ bei der „DHB“. Ebenfalls am 2. Oktober erteilte Langnitschke der „DHB“ den Auftrag, 12.012.650 DM der PDS dem „Putnik-Konto“ gutzuschreiben. Somit war der Gesamtbetrag von 107.012.650 DM von der PDS an Kaufmann geflossen.

Da der Weg über das Konto bei der „Dresdner Bank“ in Bocholt nunmehr versperrt war, beschloß Kaufmann in Absprache mit Pohl und Langnitschke, die zukünftigen Überweisungen ins Ausland direkt vom Konto bei der „DHB“ zu tätigen. So transferierte er am 5. Oktober 1990 70 Millionen DM auf das „Putnik-Konto“ in Oslo und weitere 21 Millionen DM auf das Konto in Utrecht. Doch wie schon zuvor die „Dresdner Bank“ in Bocholt, wurden auch die „Den Norske Bank“ in Oslo und die „Nederlanske Middenstands Bank“ in Utrecht mißtrauisch und informierten die örtlichen Polizeibehörden. Die „Den Norske Bank“ schrieb den überwiesenen Betrag auch nicht dem „Putnik-Konto“ gut, sondern sperrte ihn auf einem bankinternen Konto. Am 18. Oktober 1990 informierte die norwegische Polizei wegen des Verdachts illegaler Geld-Transaktionen das Bundeskriminalamt (BKA), das die Information zuständigkeitshalber an die Berliner Kriminalpolizei weitergab. Dort wurde noch am gleichen Tag ein Ermittlungsverfahren eingeleitet sowie die PDS-Parteizentrale, die Wohnung Kaufmanns, die Wohnung Klostermanns und dessen Geschäftsräume durchsucht. Der Durchsuchung der Parteizentrale war am gleichen Tag die Durchsuchung der „DHB“ vorausgegangen. Die Staatsanwaltschaft II bei dem LG Berlin befürchtete, daß die PDS durch die „DHB“ vorgewarnt worden sein könnte und ordnete deshalb wegen Gefahr im Verzuge ohne richterlichen Beschluß die Durchsuchung der Parteizentrale an. Auf Verbindungen zwischen der „DHB“ und der Spitze der PDS weist ein bei Langnitschke aufgefundener undatierter Zettel hin, dessen Inhalt lautete:

„Genosse Pohl!
Feodor Ziesche (Direktor Handelsbank) muß dringend entweder mit Dir oder Gregor sprechen.

...

Er meint, es laufen Dinge, welche für die Partei eine äußerste Gefahr darstellen.
Info von ...“

Am Morgen nach der Durchsuchung der Parteizentrale informierten Pohl und Langnitschke den damaligen Vorsitzenden Gregor Gysi über die Details des „Putnik-Deals". Laut Urteil des LG Berlin war Gysi entrüstet über den Dilettantismus, mit dem die Transaktion durchgeführt worden war und reiste selbst nach Moskau, wo er mit dem damaligen Deutschlandexperten des ZK der KPdSU, Valentin Falin, verhandelte, um die KPdSU zur Aufrechterhaltung der Legende hinsichtlich bestehender Altforderungen zu bewegen.

Zuvor hatte Gysi bereits den Berater der Internationalen Kommission der PDS, Bruno Mahlow, nach Moskau geschickt. Den Grund für diese Reise konnte Mahlow in seiner Vernehmung durch den Untersuchungsausschuß nicht in nachvollziehbarer Weise erläutern. Er sagte aus, er sei in das Büro von Gysi gerufen worden, wo er auch Pohl angetroffen habe. Von beiden habe er den Auftrag erhalten, beim ZK der KPdSU zu klären, ob die Rechnungen des Unternehmens Putnik berechtigte Altforderungen der Partei darstellten. Hierzu seien ihm Kopien der Rechnungen überlassen worden (Protokoll Nr. 81, S. 7). Dabei wußten sowohl Pohl als auch - nach den Feststellungen des LG Berlin - Gysi, daß es sich um ein Scheingeschäft handelte. Auch nach mehrfachem Vorhalt dieses Widerspruchs blieb der Zeuge Mahlow bei seiner Aussage, ihm seien keinerlei Informationen über die wahren Hintergründe des „Putnik-Deals“ gegeben worden (Protokoll Nr. 81, S. 8ff.).

Die Reisen Gysis und Mahlows blieben letztlich erfolglos, da die KPdSU jede weitere Unterstützung ablehnte. Sie befürchtete eigenen politischen Schaden, nachdem die Transaktion öffentlich geworden war. Nach der Rückkehr Gysis und Mahlows am Abend des 25. Oktobers fand noch in der Nacht eine Krisensitzung in der Wohnung von Hans Modrow statt, an der neben den Vorgenannten auch der damalige stellvertretende Vorsitzende und heutige Wahlkampfleiter der PDS, Andr Brie, sowie Pohl und Langnitschke teilnahmen. Im Ergebnis dieser Besprechung sollten Pohl und Langnitschke am darauffolgenden Tag eine öffentliche Erklärung abgeben, in der sie die alleinige Verantwortung für den „Putnik-Deal“ übernehmen würden. Während sich Pohl dazu bereiterklärte, lehnte Langnitschke dies aus der Überzeugung heraus ab, im Auftrag der Partei gehandelt zu haben. Vor dem Untersuchungsausschuß bekundete Langnitschke, er habe sich als Bauernopfer gefühlt (Protokoll Nr. 36, S. 173). Im Zuge des bereits erwähnten Ermittlungsverfahrens wurden Pohl und Langnitschke ab dem 26. Oktober zeitweise in Untersuchungshaft genommen.

Als Kaufmann vom Scheitern des „Putnik-Deals“ erfuhr, versuchte er zusammen mit Klostermann und den weiteren beteiligten Geschäftspartnern, die auf den ausländischen Konten befindlichen Gelder zugunsten der PDS wieder nach Deutschland zurückzu überweisen. Hierzu erteilte er allen drei Personen Generalvollmachten über die „Putnik-Konten“. Da alle beteiligten Banken die Guthaben gesperrt hatten, reiste Kaufmann in Begleitung des niederländischen Rechtsanwalts nach Oslo, um dort im Beisein des angeblichen Privatbankiers die „Den Norske Bank“ zur Aufhebung der Sperre zu bewegen. Bei diesem Versuch wurde er am 1. November 1990 in den Räumen der Bank in Auslieferungshaft genommen und am 21. November nach Berlin ausgeliefert, wo er bis zum 8. Mai 1991 in Untersuchungshaft verblieb.

cc) Strafverfahren bei dem Landgericht Berlin Aufgrund des oben dargestellten Ermittlungsergebnisses erhob die Staatsanwaltschaft bei dem LG Berlin am 5. April 1991 gegen Wolfgang Pohl und Wolfgang Langnitschke Anklage wegen gemeinschaftlicher Untreue sowie gegen Karl-Heinz Kaufmann und Heinz Klostermann wegen Beihilfe zur Untreue. Mit Urteil vom 20. März 1992 wurden die Angeklagten für schuldig befunden. Auf die Revisionsanträge der Angeklagten hin hob der Bundesgerichtshof das Urteil am 20. Oktober 1993 auf und verwies die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des LG Berlin zurück. Mit Urteil der 14. großen Strafkammer des LG Berlin vom 20. Juni 1995 (Az. (514) 22 Js 287/90 KLs (9/93)) wurden die Angeklagten schließlich freigesprochen. Nach Auffassung des Gerichts erfüllten diese mit ihren Handlungen die Tatbestände der Untreue bzw. Beihilfe dazu (§ 266 StGB bzw. § 163 StGB/DDR n.F.) nicht, da sie im Auftrag und mit Wissen der Verantwortlichen der PDS sowie ohne persönliche Bereicherungsabsicht mit dem Ziel gehandelt hätten, die entsprechenden Gelder für die PDS zu sichern.

Rückführung der im Rahmen des „Putnik-Deals“ verschobenen PDS-Gelder

Am 13. Dezember 1990 hatte Kaufmann bereits durch notarielle Erklärungen die ausländischen Banken angewiesen, alle Guthaben an die PDS zurückzu überweisen. Da der angebliche Privatbankier aus Oslo mit dem Versuch gescheitert war, von den bei der „Den Norske Bank“ befindlichen 70 Millionen DM eine Provision in Höhe von 2,1 Millionen DM für sich zu vereinnahmen, wurde der Gesamtbetrag einschließlich inzwischen aufgelaufener Zinsen daraufhin an die THA nach Berlin zurücktransferiert. Auch die in Utrecht befindlichen Gelder konnten abzüglich der bereits verausgabten 55.000 DM zurückgeführt werden. Streitbefangen blieb in der Folge lediglich die durch Kaufmann an Klostermann gezahlte Provision von 1 Millionen DM. Hinsichtlich dieses Betrages erwirkte die THA am 29. Oktober 1990 bei dem LG Münster einen Arrestbefehl und Pfändungsbeschluß. Mit der anschließenden, durch mehrere Instanzen verlaufenden, Klage mit dem Ziel der Rückführung des Geldes zuzüglich aufgelaufener Zinsen war die Treuhandanstalt bzw. ihre Nachfolgerin BvS letztlich erfolgreich. Ein entsprechendes Urteil des OLG Naumburg vom 19. Juni 1996 (Az. 8 U 97/95) wurde inzwischen rechtskräftig, nachdem der BGH mit Beschluß vom 7. Oktober 1997 (Az. XI ZR 186/96) einen Revisionsantrag der Klostermann Vermögensverwaltungsgesellschaft mbH nicht zur Entscheidung angenommen hat.

Kenntnisse der Verantwortlichen der PDS

In seiner Beweisaufnahme ist der Untersuchungsausschuß auch der Frage nachgegangen, welche Kenntnisse zu den Details des „Putnik-Deals“ die Verantwortlichen der PDS, d. h. Vorstand und Präsidium sowie insbesondere der damalige Parteivorsitzende Gregor Gysi hatten.

Während, wie eingangs bereits erwähnt, die unmittelbar an der Transaktion beteiligten Personen in ihren Vernehmungen auskunftsbereit waren, haben die damals und größtenteils auch heute noch Verantwortlichen der PDS - nach Auffassung des Untersuchungsausschusses zu Unrecht - mit im wesentlichen gleichlautenden Erklärungen in vollem Umfang die Auskunft verweigert (vgl. Protokoll Nr. 81, Zeugen Lothar Bisky, André Brie und Marlies Deneke sowie Protokoll Nr. 84, Zeuge Gysi; vgl. auch Erster Teil, B.V.10. und 12.), obwohl der Fall zum Zeitpunkt ihrer Befragung bereits mit Freispruch rechtskräftig abgeschlossen war und das LG Berlin diesen Freispruch damit begründet hatte, daß in der „Putnik“-Transaktion keine strafbare Handlung zu sehen sei, weil sie mit Wissen und Billigung des Vorstandes bzw. Präsidiums der PDS durchgeführt worden sei. Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang auch, daß sich Gysi im Rahmen des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens in Sachen „Belvedere Hotel“ GmbH noch am 30. August 1996 zu einer umfänglichen Zeugenaussage bereitgefunden hatte. Die Zeugen waren vor ihrer Vernehmung durch das Bundestagsbüro von Gysi über die Ausschußdrucksachen, mit denen der Antrag für ihre Vernehmung begründet worden war, informiert worden. Die Zeugin Keller, heute Mitarbeiterin im Bundestagsbüro von Gysi, bekundete in ihrer Vernehmung vor dem Ausschuß, die Ausschußdrucksachen seien von dem Obmann der Gruppe der PDS im Untersuchungsausschuß, Wolfgang Bierstedt, an das Büro des Vorsitzenden der Gruppe der PDS, Gysi, geleitet worden. Weitere Unterlagen des Ausschusses seien allerdings nicht zu ihrer Kenntnis gelangt (Protokoll Nr. 81, S. 52). Der Zeuge André Brie hat ausgesagt, er habe die seine Vernehmung betreffende Ausschußdrucksache „vom Büro Gysi“ bekommen (Protokoll, S. 46). Der Abgeordnete Bierstedt bestätigte dem Untersuchungsausschuß gegen über, die Anträge dem Büro von Gysi zugeleitet zu haben. Weitere Unterlagen des Auschusses habe er allerdings nicht dorthin gegeben (Protokoll Nr. 82, S. 5ff.).

Die Feststellungen des Untersuchungsausschusses stützen die Auffassung des LG Berlin, wonach der „Putnik-Deal“ mit Wissen und Billigung des Vorstandes bzw. Präsidiums der PDS durchgeführt wurde. So bestätigte der damalige stellvertretende Parteivorsitzende, Wolfgang Pohl, in seiner Vernehmung vor dem Untersuchungsausschuß am 17. Oktober 1996, daß es im Vorstand der PDS Diskussionen über die Verbringung von Parteigeldern ins Ausland gegeben habe (Protokoll Nr. 36, S. 42-44). Im Nachgang zu seiner Vernehmung konkretisierte er seine von Vorstand und Präsidium der PDS erhaltenen Vollmachten hinsichtlich des „Putnik-Deals“ folgendermaßen:

All meine Handlungen in dieser Sache beruhten auf den Parteitagsbeschlüssen vom 17. Dezember 1989 und dem Beschluß des Parteivorstandes vom 21. Dezember 1989 und den danach folgenden Beschlüssen und Festlegungen des Vorstandes und des Präsidiums. Der Beschluß des Parteitages legte mir keinerlei Beschränkung hinsichtlich der zur Sicherung des Vermögens zu wählenden Mittel auf. Er beschrieb allein Ziel und Ergebnis der Bemühungen, nicht aber den Weg dorthin. ... Ich handelte stets in voller Übereinstimmung mit dem Willen der PDS und auf der Grundlage ihrer Beschlüsse.“ (Protokoll Nr. 36, Ergänzungen zum Protokoll, S. 2).

Ebenso vertrat der Zeuge Langnitschke in seiner Vernehmung durch den Untersuchungsausschuß die Auffassung, daß seine Handlungen im Zusammenhang mit dem „Putnik-Deal“ von den Beschlüssen des Parteivorstandes bzw. des Präsidiums gedeckt waren, da er sich anderenfalls nicht daran beteiligt hätte (Protokoll Nr. 36, S. 170-171). Auch bestätigte Langnitschke vor dem Untersuchungsausschuß eine frühere Aussage vor der Staatsanwaltschaft II bei dem LG Berlin, wonach Gysi nach Bekanntwerden des „Putnik-Deals“ in der Öffentlichkeit in seinem und Pohls Beisein die Frage gestellt habe, ob und gegebenenfalls wie man die Legende absichern könne. Sie seien sodann übereingekommen, hierzu Gespräche mit der KPdSU zu führen. Auf Nachfrage bestätigte Langnitschke, daß mit dieser Vorgehensweise erreicht werden sollte, die Angelegenheit weiter zu verschleiern (Protokoll Nr. 36, S. 187). Langnitschke hatte in dieser Vernehmung vor der Staatsanwaltschaft weiterhin ausgeführt, daß er von Pohl gehört habe, daß dieser zusammen mit Gysi bereits im Mai oder Juni 1990 in Moskau gewesen sei und sie dort mit dem „Leiter Finanzen der KPdSU“ über die Sicherung von PDS-Vermögen gesprochen hätten. Pohl stritt hingegen in seiner Vernehmung vor dem Untersuchungsausschuß ab, daß diese Gespräche in Moskau den von Langnitschke bezeichneten Inhalt gehabt hätten. Es habe sich dabei nur um einen Erfahrungsaustausch gehandelt (Protokoll Nr. 36, S. 52ff.). Demgegenüber bekundete auch Popov, der Kontaktmann Kaufmanns in Moskau, in einer Vernehmung vor der dortigen Staatsanwaltschaft, ihm sei gesagt worden, daß der „Putnik-Deal“ bereits von dem ZK der KPdSU sowie den Führungsgremien der PDS abgesegnet sei. Er habe auch Kenntnis davon gehabt, daß Gysi über alles Bescheid wisse.

Wie zuvor bereits das Landgericht Berlin hat auch der Untersuchungsausschuß im Zuge seiner Beweisaufnahme festgestellt, daß die Parteiführung der PDS über die Pläne informiert war, Gelder der Partei ins Ausland zu verbringen. Ob dem Präsidium alle Details des „Putnik-Deals“ bekannt waren, konnte nicht abschließend geklärt werden. Fest steht jedoch, daß die für die Durchführung dieser Transaktion notwendigen Grundsatzentscheidungen durch das Präsidium getroffen und entsprechende Vollmachten erteilt wurden. Nach Aussage des Zeugen Langnitschke hat sich Gysi nach Bekanntwerden des „Putnik-Deals“ in der Öffentlichkeit an dem Versuch beteiligt, die wahren Hintergründe zu vertuschen und ist zu diesem Zweck selbst zu Verhandlungen nach Moskau gereist.

Siehe auch

Fußnoten

  1. vgl. Protokoll Nr. 36, Zeugen Wolfgang Pohl und Wolfgang Langnitschke, Protokoll Nr. 38, Zeugen Karl-Heinz Kaufmann und Heinz Klostermann sowie Protokoll Nr. 81, Zeuge Bruno Mahlow