Quelle / Sudetendeutsche Passion

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Alter Bahnhof in Brüx

Die Sudetendeutsche Passion ist ein ärtzlicher Augenzeugenbericht zu der Besatzung der sudetendeutschen Stadt Brüx im Mai 1945.

Beschreibung

Am Ende des Zweiten Weltkrieges wählten zahlreiche Deutsche bzw. Sudetendeutsche, deren genaue Anzahl bisher nicht bekannt geworden ist, den Freitod. Zu den örtlichen Vorgängen während der erneuten tschechischen Annektierung der Stadt Brüx im genannten Jahre liegt ein Augenzeugenbericht, namens Sudetendeutsche Passion, des deutschen Arztes Dr. Karl Grimm vor.[1]

Text

Quelle
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In der Nacht vom 6. Bis 7. Mai 1945 kamen die letzten deutschen Truppen auf dem Rückzug durch Brüx. In derselben Nacht wurden Teile der deutschen Bevölkerung der Stadt mit Autobussen und Lastautos abtransportiert, welche sich nach dem öffentlichen Aufruf der nationalsozialistischen Partei und der ausdrücklichen Warnung vor den russischen und tschechischen Greueln zur Flucht entschlossen. Am Nachmittag des 7. Mai rückten die ersten russischen Truppen in Brüx ein und wurden auf dem ersten Platz (Brüx hatte drei hintereinanderliegende Plätze) vor dem Rathaus von dem tschechischen Narodní výbor (Nationalausschuß) feierlich empfangen, welcher sich inzwischen aus Vertretern der vier tschechischen Parteien konstituiert hatte, der russische Kommandant und der tschechische Vorsitzende umarmten und küßten sich nach slawischer Sitte.

Mit dem ersten Tag der Besetzung durch die Rote Armee begann eine Welle von Plünderungen und Vergewaltigungen und in ihrem Gefolge die Selbstmordepidemie. Betrunkene Soldaten und Zivilisten drangen in die deutschen Wohnungen ein, brachen Türen auf, zertrümmerten Möbel, vergewaltigten Frauen, raubten und schossen. Die Deutschen hofften zuerst auf den Abzug der russischen Truppen, aber nach den Kampftruppen kamen die Besatzungstruppen; die russischen Kampftruppen kündigten selbst an, daß sie der Bevölkerung nichts tun, sondern daß die Besatzungstruppen es nachholen würden. Dazu kamen mehrere Tausend Ostarbeiter, welche in dem Hydrierwerk Maltheuern gearbeitet hatten, von den Russen bei ihrem Einmarsch befreit und mit der ausdrücklichen Weisung zur Plünderung auf die Stadt losgelassen wurden. In den Außenbezirken der Stadt nahmen die Plünderungen und Vergewaltigungen kein Ende, die Frauen kamen keine Nacht zur Ruhe, sie flohen auf die Dachböden und verbrachten ihre Nächte, wie Vögel in den Dachbalken sitzend. Die freiwillige tschechische Miliz war diesem Treiben gegenübermachtlos, obwohl sie zuerst Widerstand versucht hatte. Damals hofften die verzweifelten Deutschen auf die Machtsübernahme und Schutz durch die Tschechen. Aber nachdem die russischen Truppen zum größten Teil abgezogen waren und reguläres tschechisches Militär und Staatspolizei aus Prag die Macht in der Stadt übernommen hatten, erwies sich der tschechische Terror schlimmer als der russische, und es kam nicht selten vor, daß Deutsche von Russen gegen den Terror der Tschechen in Schutz genommen wurden. Anfang Juni führte das tschechische Militär die große Terroraktion durch, wobei der größte Teil der deutschen Männer und ein Teil der Frauen aus den Wohnungen verhaftet, wie Vieh zusammengetrieben und in Straflager gesperrt wurde. In den Monaten Juli und August führten der Narodní výbor, Militär und Polizei gemeinsam die Evakuierungsaktion durch, wobei die deutschen Bewohner ganzer Straßenzüge und Stadtviertel aus den Wohnungen getrieben, in Lager gesperrt und über die Grenze abgeschoben wurden. Während dieser Terror- und Evakuierungsaktionen erreichte die Selbstmordepidemie in den Reihen- und Massenselbstmorden ihren Höhepunkt.

In den ersten Tagen des Umsturzes wurde ich von einem betrunkenen tschechischen Milizmann angehalten, als sich aber herausstellte, daß er mich kannte und mir wohl wollte, schickte er mich zur Kriminalpolizei zur Registrierung. Durch diesen Zufall wurde ich als Deutscher Hilfspolizeiarzt der tschechischen Kriminalpolizei, weil man dort gerade eine Arzt suchte und ich gegenüber dem Ersten Platz wohnte. Ich hoffte, auf diese Weise das Schicksal meiner Familie zu sichern, zumal die Tschechen immer erklärten, daß uns Ärzten nichts geschehen würde, weil sie Ärzte brauchen und die Ärzte unter dem Schutz des Internationalen Roten Kreuzes stehen. Leider erwies sich meine Hoffnung als falsch, wie sich auch die Erklärungen der Tschechen als trügerisch erwiesen. Meine Aufgabe als Polizeiarzt bestand in der Totenbeschau der deutschen Selbstmörder, und ich habe als solcher in den Monaten Mai, Juni und Juli einige Hundert Selbstmörder beschaut. So wurde ich Zeuge der Selbstmordepidemie unter den Deutschen in Brüx. Es war ein grauenhafter Totentanz, die ungewohnte und massenhafte Totenbeschau erschütterte mich derart, daß ich am Abend völlig erschöpft war. Den Hohepunkt dieser Massentotenbeschau bildeten die Reihen- und Massenselbstmorde in den Monaten Juni und Juli, als ich in der Leichenhalle auf dem städtischen Friedhof einmal 16, einmal 21 Selbstmörder in einer Reihe nebeneinander liegen sah.

Persönlich ergriffen mir die Selbstmörde alter Freunde, welche ich unter diesen tragischen Umständen wiederfand. Meinen Freund Koupa, mit dem ich durch Jahre im Luftbad auf dem Schloßberg geturnt und gebadet hatte, fand ich in seiner Wohnung in der Goethestraße mit seiner Freundin gasvergiftet. Mein Freund Peil, bei dem ich alle meine Bücher eingekauft hatte, fand ich in einem Haus auf der Josefpromenade mit aufgeschnittenen Schlagadern und erhängt. Menschlich ergriffen mich am meisten die Selbstmorde ganzer Familien, wobei mir jedesmal die Feierlichkeit und Gründlichkeit ihrer Durchführung auffiel. In den ersten Tagen traf ich eine Familie in der Kirchengasse, Mutter, Tochter und Söhnchen, zusammen drei Personen gasvergiftet. Sie lagen nebeneinander auf dem Fußboden hingestreckt, mit einer Decke zugedeckt, auf der Decke lag der zusammengeringelte tote Dackel, die Tochter hatte ein Kreuz und das Bild ihres Liebsten auf der Brust und einen aufgeschlagenen Roman neben sich liegen. Die Familie des Landesschulinspektors Mirschitzka traf ich in einer Scheune auf dem Schloßberg, Vater, Mutter, drei Kinder und die Großmutter, zusammen sechs Personen, lagen auf dem Erdboden der Scheune in einer Reihe nebeneinander hingestreckt, alle mit Schläfenschüssen, der Vater mit Mundschuß. Der Vater hatte zuerst alle anderen mit Schläfenschüssen und zuletzt mit Mundschuß sich erschossen. Die Familie des Drogisten Kletschka traf in ihrer Wohnung in der Seegasse, die zwei Kinder schwarz gekleidet und in ihren Betten aufgebahrt, Kreuz und Blumen auf der Brust, die Großmutter ebenfalls schwarz gekleidet und in ihrem Bett aufgebahrt, Kreuz, Bild und Blumen auf der Brust, der Vater zusammengekrümmt und abgekehrt quer über das Ehebett geworfen, die Mutter der Länge nach im Ehebett hingestreckt, noch warm und den Revolver in der Hand, zusammen fünf Personen, alle mit Schläfenschüssen. Die Mutter hatte ihre Kinder, ihre Mutter, ihren Mann und zuletzt sich selbst mit wohlgezielten Schläfenschüssen erschossen. In einem Haus in der Seegasse sah ich drei alte Herrschaften, einen Herrn und zwei Damen, an drei Fensterkreuzen nebeneinander hängen, den alten Herrn im schwarzen Gesellschaftsanzug in der Mitte, die alten Damen im Schwarzseidenen zu beiden Seiten… Ärztlich interessierten mich die verschiedenen Todesursachen der Selbstmorde, welche mir zu denken gaben. Ich habe in der ganzen Zeit keinen einzigen Selbstmord durch Aufschneiden der Schlagadern gesehen, vielmehr hatten alle den Versuch vorher wegen der Schmerzen oder des Blutverlustes aufgegeben. Die Selbstmorde durch Erschießen blieben in der Minderzahl und traten nur in der ersten Zeit auf, weil die Deutschen die Waffen abgeben mußten, so daß sie später keine Schußwaffen hatten. Auch die Selbstmorde durch Gasvergiftung blieben in der Minderzahl und traten nur in der ersten Zeit auf, weil die Tschechen später das Gas absperrten. Die weitaus überwiegende Mehrzahl bildeten die Selbstmorde durch Erhängen. Dieser Totentanz der Erhängten war furchtbar. Sie hingen an Baumästen, Dachbalken, Mauerhaken, Fensterkreuzen, Türstöcken, sie schwebten frei in der Luft, berührten mit den Fußspitzen den Boden, knickten in den Knieen ein und knieten sogar. Das schien mir zuerst unglaublich, man sollte doch meinen, wenn ein Mensch steht oder kniet, müßte es für ihn ein Leichtes sein, den Kopf aus der Schlinge zu befreien. Aber er ist tatsächlich nicht mehr dazu imstande, die Ursache ist die sofortige Ohnmacht, welche durch die Absperrung der Blutzufuhr zum Gehirn eintritt, während der Erstickungstod durch die Abschnürung der Luftröhre sich erst nachträglich einstellt. Da die Zahlen der Selbstmorde allgemein überschatzt wurden, hielt ich objektive Unterlagen für geboten und ließ durch einen deutschen Angestellten der tschechischen Leichenbestattungsanstalt die Zahlen der Selbstmorde für die Monate Mai/Juni herausziehen. Sie betrugen für jeden Monat 150, für beide Monaten zusammen 300. Da die Stadt Brüx gegen 30.000 Einwohner hatte, wovon 20.000 Deutsche waren, ergibt eine einfache Rechnung, daß die 300 Selbstmörder von den 20.000 Deutschen genau 1,5 Prozent ausmachen. Nach diesen Zahlen für die ersten beiden Monate schätzte ich die Zahl der Selbstmörder für Brüx im ganzen auf 600 bis 700, das sind über drei Prozent. Diese Schätzung deckt sich mit den Zahlen, welche mir später für den ganzen Sudetengau genannt wurde.

Das Los dieser Menschen ging mir so nahe, und die Ereignisse bedrängten mich derart, daß ich die Ursache und Motive der Selbstmorde zu untersuchen begann, soweit sie mir bekannt wurden. Wenn die alte Frau Schantrutschek von dem Textilgeschäft in der Weitengasse aus dem zweiten Stock ihres Hauses sprang und mit zerschmettertem Schädel auf dem Gartenpflaster liegenblieb, weil betrunkene Russen in ihrer Wohnung tobten, so war es immerhin verständlich, es war Affekt, Panik, Angst vor dem Wüten der Russen. Mein Freund Peil schnitt sich die Schlagadern auf und erhängte sich, nachdem er aus dem Straflager Striemitz entlassen, also auf freiem Fuß war, weil er seine Wohnung abgeschlossen fand und seine Frau verschleppt war. Auch das war Panik, Schock, Verzweiflung über den Verlust der Familie und Existenz. Aber der Landesschulinspektor Mirschitzka tötete seine drei Kinder, seine Frau, seine Schwiegermutter und sich selbst, beging also fünffachen Mord und Selbstmord, weil er seine Stellung als Landesschulinspektor verloren hatte und seine Tochter vergewaltigt wurde. Und Frau Kletschka ermordete ihre zwei Kinder, ihre Mutter und ihren Mann und sich selbst, beging also vierfachen Mord und Selbstmord, weil ihr Mann Straße kehren mußte und sie Haus und Geschäft verlieren sollten. Diese Fälle sind nicht leicht verständlich, sie scheinen auf den ersten Blick Akte kaltblütiger Überlegung und Entschlossenheit, aber die Unzulänglichkeit der Beweggründe beweist den Wahnsinn der Handlungsweise, diese Beweggründe können keinen mehrfachen Mord und Selbstmord rechtfertigen. Als Ursache kam ebenfalls der Verlust der Familie und Existenz in Frage, aber dieses Schicksal war nur zum Teil eingetreten, zum Teil wurde es nur befürchtet, so daß der eigentliche Beweggrund der Seelenzustand der Menschen war, die Angst, die Verzweiflung, der Irrsinn aus Angst vor diesem Schicksal. Als Ursache der Einzelselbstmorde fand ich das Wüten der Russen und Tschechen und den Verlust der Familie und Existenz, als Motiv den Schock, die Panik. Diese Ursachen und Motive der Selbstmorde wurden mir vollends klar durch die Reihen- und Massenselbstmorde, welche ich bereits erwähnte, als ich einmal 16, einmal 21 Selbstmörder nebeneinander liegen sah. Wenn man die Selbstmorde nicht als Einzelschicksale, sondern als Massenschicksale untersucht, dann zeigen sich nach dem Gesetz der großen Zahl die wahren Ursachen und großen Zusammenhänge, und die Massenselbstmorde erweisen sich als ein einheitliches Massenschicksal mit Ursachen und Motiven im Großen. Die Reihen- und Massenselbstmorde traten auf während der großen Terror- und Evakuierungsaktionen der Tschechen in den Monaten Juni/Juli/August; als die wahren Ursachen der Massenselbstmorde erweisen sich somit die Terror- und Evakuierungsaktionen der Tschechen, körperliche und seelische Qualen und Verlust der Heimat und Existenz. Aber Terror und Evakuierung, Leiden und Opfer waren das Schicksal der Deutschen, das nicht nur die Selbstmörder getroffen hätte, sondern das früher oder später und in größerem oder geringerem Ausmaß alle deutschen erleiden mußten. Wenn trotzdem nur ein Teil Selbstmord verübte, so war das entscheidende Moment wieder der Seelenzustand der Menschen, die Angst, der Irrsinn, die Verzweiflung vor diesem Schicksal der Deutschen. Die Untersuchung der Selbstmorde ergab als Ursache den Terror und die Evakuierung durch die Tschechen, als Motiv den Schock und die Panik vor dem Schicksal der Deutschen. Damit werden die wahre Bedeutung und der ganze Umfang der Selbstmordepidemie offenbar, welche ein wahres Volksschicksal mit Ursachen und Motiven im Großen war. Die Selbstmordepidemie fiel in die Monate Mai/Juni/Juli/August, als die ersten tschechischen Aktionen über die Sudetendeutschen hereinbrachen und ihr endgültiges Schicksal noch nicht feststand. Als dieses Schicksal später endgültig feststand und in festgelegten Bahnen ablief, fanden sich die Menschen damit ab und ertrugen sogar noch mehr, ohne sich das Leben zu nehmen. Die Selbstmörder fielen der ersten Welle von Angst, Verzweiflung und Irrsinn zum Opfer, welche die Deutschen erfaßte wegen des Schicksals, das von den Tschechen über sie verhängt wurde. Die Selbstmordepidemie war Panik und Massenpsychose, ausgelöst durch ein unvermutet hereinbrechendes Schicksal.

Das ist die stumme Prozession der Selbstmörder, die vor dem Opfer und dem Leiden ihres Volkes erlagen und als erste Zeugnis von dem furchtbar tragischen Los ihres Volkes gaben.“

Quelle: Sudetendeutsche Passion
Die Dekanalkirche Maria-Himmelfahrt wurde nach internationalen Protesten in den 1970 Jahren abgebaut und südlich des neuentstandenen Baggergebietes, unweit der Burg Landeswarte neu aufgebaut, als die weitere historische Stadt Brüx im Rahmen der Braunkohleabbau von den tschechischen Verwaltern gesprengt wurde. Amerikanische Filmhersteller nutzten die Sprengung für ihre Aufnahme des Filmes Die Brücke von Remagen

Zitate

  • “Wir möchten nur hinzufügen, daß man tschechischen Angaben über die Zahl der Selbstmorde von Deutschen keinen Glauben schenken darf. In Prag sollen nach Angaben tschechischer Zeitungen in der Zeit vom 9. Mai bis Ende des Monats 27.000 Deutsche Selbstmord begangen haben. Das stimmt auf keinen Fall.“ – Emil Franzl

Siehe auch

Literatur

  • Emil Franzl: „Die Vertreibung, Sudetenland 1945–1946“, Aufstieg Verlag, Landshut 1967, ISBN 3-7612-0149-4

Verweise

Fußnoten

  1. Emil Franzl, Die Vertreibung, Seite 291, 292-296