Recht auf die Heimat

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Heimatrecht als Menschenrecht: Vertriebenendenkmal im niederösterreichischen Unterretzbach

Das Recht auf die Heimat ist ein Begriff des Völkerrechts.

Völkerrecht

Viele Völkerrechtler (u. a. Kurt Rabl, Dieter Blumenwitz, Dietrich Murswiek, Rudolf Laun, Herbert Kraus, Theodor Veiter, Otto Kimminich, Felix Ermacora, Alfred de Zayas, Marc Lengerau und Frans du Buy) bekräftigen ein Recht auf die Heimat als Ausdruck des Selbstbestimmungsrechtes. Nichtsdestoweniger ist es nicht positiviert, d. h. in Rechtstexte eingegangen.

Völkerrechtlich wird das Recht auf Heimat in zwei Normen unterteilt:

  1. das Abwehrrecht\Primärrecht: das Recht in der Heimat zu bleiben, was einem Vertreibungsverbot gleichkommt
  2. das Sekundärrecht: das Recht, in den vorherigen Stand zurückversetzt zu werden, wenn das Primärrecht verletzt worden sein sollte, d.h. Rückkehr und Entschädigung.

Seit der Haager Landkriegsordnung von 1907 gilt implizit ein Vertreibungsverbot.

Vereinte Nationen

Von den Vereinten Nationen gehen Bemühungen aus, das Recht auf Heimat zu kodifizieren. Jose Ayala Lasso, UN-Hochkommissar für Menschenrechte, erklärte am 28. Mai 1995 in der Paulskirche:

„Das Recht, aus der angestammten Heimat nicht vertrieben zu werden, ist ein fundamentales Menschenrecht.“

Anläßlich der Eröffnung einer Expertentagung in Genf am 17. Februar 1997 sagte Ayala Lasso, das Recht auf die Heimat sei eine Voraussetzung zum Genuss anderer Menschenrechte:

„Das Recht, im eigenen Heimatland zu leben, ist ein sehr kostbares und fundamentales Recht. Erzwungene Bevölkerungstransfers sind eine ernste Angelegenheit, nicht nur, weil sie viele Menschen betreffen, sondern auch, weil sie die gesamte Palette bürgerlicher und politischer Rechte, wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Rechte verletzen.“

Im Schlußbericht von 1997 des UN-Sonderberichterstatters Awn-Shawkat Al Khasawneh über Zwangsumsiedlungen von Völkern heißt es:

  • Artikel 4: „Jeder Mensch hat das Recht, in Frieden, Sicherheit und Würde in seiner Wohnstätte, in seiner Heimat und in seinem Land zu verbleiben. Niemand darf dazu gezwungen werden, seine Wohnstätte zu verlassen.“
  • Artikel 7: „Bevölkerungstransfers oder -austausche können nicht durch internationale Vereinbarungen legalisiert werden.“
  • Artikel 8: „Jeder Mensch hat das Recht, in freier Entscheidung und in Sicherheit und Würde in das Land seiner Herkunft sowie innerhalb dessen an den Ort seiner Herkunft zurückzukehren.“
  • Artikel 9: „Die oben genannten Praktiken des Bevölkerungstransfers stellen Völkerrechtsverstöße dar, die sowohl staatliche Verantwortlichkeit als auch individuelle strafrechtliche Verantwortung begründen.“
  • Artikel 10: „Wo durch diese Erklärung verbotene Taten oder Unterlassungen begangen werden, sind die internationale Gemeinschaft als ganze und die einzelnen Staaten dazu verpflichtet:

a) die durch solche Taten geschaffenen Situationen nicht als rechtmäßig anzuerkennen;
b) im Falle laufender Vorgänge die sofortige Beendigung und die Rückgängigmachung ihrer schädlichen Folgen sicherzustellen.“

Am 15. Mai 1997 gab der UNO-Ausschuß für Wirtschaftliche, Soziale und Kulturelle Rechte eine Erklärung ab, die Vertreibungen verurteilt. Im Absatz 13 des „General Comment No. 7“ heißt es:

„Vertreibungen und die Zerstörung der Wohnungen dieser Menschen stellen eine Verletzung des Paktes dar. In diesem Zusammenhang verweist der Ausschuß auf die 4. Genfer Rot-Kreuz Konvention vom 1949 – nämlich auf Artikel 49 – und auf die Protokolle von 1977, die das Verbot von Vertreibungen und der Zerstörung von Privateigentum feststellen.“

Der UNO-Ausschuß für die Beseitigung der Rassendiskriminierung hielt in seinem Beschluß 2 (47) vom 17. August 1995 über die Lage in Bosnien-Herzegowina, „daß jeder Versuch, mit welchen Mitteln auch immer die Bevölkerungszusammensetzung eines Gebiets gegen den Willen der ursprünglichen Bewohner zu verändern oder eine veränderte Zusammensetzung beizubehalten, eine Verletzung des Völkerrechts bedeutet“. Ferner wurde verlangt, „daß den Menschen die Möglichkeit gegeben wird, sicher an die von ihnen vor Beginn des Konflikts bewohnten Orte zurückzukehren und ihre Sicherheit wie auch ihre tatsächliche Teilnahme an der Gestaltung der öffentlichen Angelegenheiten gewährleistet wird.“

Am 17. Juli 1998 wurde das Statut des Internationalen Strafgerichtshofes angenommen. Gemäß Artikel 8 dieses Statuts sind Vertreibungen Kriegsverbrechen, gemäß Artikel 7 als Verbrechen gegen die Menschlichkeit anzusehen.

Siehe auch

Literatur

  • Gilbert H. Gornig / Dietrich Murswiek (Hrsg.): Das Recht auf die Heimat. Staats- und völkerrechtliche Abhandlungen der Studiengruppe für Politik und Völkerrecht. Berlin: Duncker & Humblot, 2006 ISBN 978-3-428-12063-5 (Rezension)
  • Otto Kimminich: Das Recht auf die Heimat, Bonn 1989 (3. neubearbeitete und erweiterte Auflage) ISBN 3-88557-066-1
  • Kurt Rabl (Hrsg.): Das Recht auf Heimat. Vorträge. Thesen. Kritik. (= Studien und Gespräche über Heimat und Heimatrecht, 2), München 1965
  • Walter Doskocil: Recht auf die Heimat, München 1964
  • Frans du Buy: Das Recht auf die Heimat im historisch-politischen Prozess. VZD-Verlag für Zeitgenössische Dokumentation, Euskirchen 1974
  • Dieter Blumenwitz (Hrsg.): Recht auf die Heimat im zusammenwachsenden Europa. Ein Grundrecht für nationale Minderheiten und Volksgruppen, Frankfurt am Main, 1995
  • Rudolf Laun: Das Recht auf die Heimat, 1951
  • Alfred de Zayas: Heimatrecht ist Menschenrecht. Der mühsame Weg zu Anerkennung und Verwirklichung, München 2001
  • Dieter Radau: Das Recht auf Heimat im Recht der Europäischen Union, in: Blumenwitz/Gornig/Murswiek (Hrsg.): Die Europäische Union als Wertegemeinschaft, Berlin 2005 (Staats- und völkerrechtliche Abhandlungen der Studiengruppe für Politik und Völkerrecht ; 22), S. 159-168
  • Dieter Radau: Das Recht auf die Heimat hilft Brücken bauen, Lübeck 1990
  • Das Recht auf die Heimat. Fachtagung, Vorträge und Aussprachen / hrsg. im Auftrag des Albertus Magnus Kollegs, Königstein, und der Evangelischen Akademie Arnoldshain, sowie in Verbindung mit der Forschungsstelle für Nationalitäten- und Sprachenfragen, Marburg; München 1958-1960
  • Zeittafel und Bibliographie zum Vertriebenenproblem, hrsg. vom Bundesministerium für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte. - Bonn : Bundesministerium für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte, Bd.: 2. Vertriebenenproblem, Recht auf die Heimat und Selbstbestimmung im Deutschen Parlament (von 1949 bis Mitte 1960), 1960

Verweise