Schmidt, Richard Karl Bernhard

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Geheimer Hofrat Prof. Dr. jur. Dr. phil. h. c. Dr. jur. h. c. Richard Schmidt

Richard Karl Bernhard Schmidt (Lebensrune.png 19. Januar 1862 in Leipzig; Todesrune.png 13. März 1944 ebenda) war ein deutscher Politik- und Rechtswissenschaftler.

Leben

Verzeichnis der Universität Freiburg, Sommersemester 1903
„Parlamentsregierung und Parlamentskontrolle in Deutschland“, in: „Zeitschrift für Politik“, Nr. 2, 1909, S. 186–211

Richard Karl Bernhard Schmidt wurde am 19. Januar 1862 als Sohn des im selben Jahr zum ordentlichen Professor des sächsischen Rechts an der Universität Leipzig ernannten Bernhard Schmidt und dessen Ehefrau Marie, geb. Baumgarten-Crusius, in Leipzig geboren308. Schmidt besuchte ab 1872 das Nikolai-Gymnasium in Leipzig und immatrikulierte sich nach dem dort abgelegten Abitur im Sommersemester 1880 an der Universität seiner Heimatstadt. Dort studierte er bis einschließlich Wintersemester 1883/84 die Rechte und hörte daneben nationalökonomische, kunsthistorische sowie philosophiehistorische Lehrveranstaltungen. 1884 bestand er in Leipzig das erste Staatsexamen mit der Note „sehr gut“ und trat daraufhin am 1. März in den Referendardienst ein, den er am Amts- und Landgericht in Leipzig ableistete. 1887 schloß er den Vorbereitungsdienst mit dem Assessorexamen ab und wurde 1888 zum Hilfsrichter am Landgericht Leipzig ernannt. Nachdem Schmidt bereits 1884 an der Universität Leipzig promoviert worden war, erfolgte dort 1887 auch die Habilitation für Zivilprozeßrecht auf der Grundlage einer Arbeit über die Klageänderung. Damit konnte Schmidt ab dem Wintersemester 1887/88 als Privatdozent strafrechtliche, rechtshistorische und zivilprozessuale Vorlesungen halten. Diese Lehrtätigkeit, und wohl auch die Hilfsrichterstelle, die Schmidt während seiner ganzen Dozentenzeit in Leipzig versah, war zeitlich so beanspruchend, daß er in den folgenden Jahren wissenschaftlich nicht in besonderem Maße hervortrat. Dennoch wurde er bereits 1890 zum außerordentlichen Professor ernannt und erhielt im Juni 1891 einen Ruf aus Freiburg als Ordinarius auf den umgewidmeten Lehrstuhl Friedrich Rives. Die folgenden 22 Jahre, die Schmidt daraufhin unter Ablehnung zweier Rufe nach Marburg (1899) und Tübingen (1901) in Freiburg verbrachte, waren für ihn eine „Zeit der Formulierung seiner wissenschaftlichen Position“. In ihr verfaßte er die grundlegenden Werke, auf deren Grundgedanken er später immer wieder zurückgriff.

Neue Deutsche Biographie

Schriften bis 1913
S. studierte nach dem Abitur am Nikolai-Gymnasium in Leipzig an der Univ. Leipzig Rechtswissenschaften und trat nach Referendarprüfung und Promotion 1884 dort den jur. Vorbereitungsdienst an (Assessor 1887). Mit einer Schrift zur Klageänderung habilitierte er sich 1887 bei Adolf Wach für Zivilprozeßrecht. Seit 1890 ao. Professor in Leipzig, wurde er 1891 in Freiburg (Br.)[1][2] Nachfolger Friedrich Rives als Ordinarius für Zivilprozeß-, Staats- und Völkerrecht, 1893 auch für Straf- und Strafprozeßrecht, 1899 zusätzlich für Allgemeine Rechtslehre und Staatslehre (Dekan 1896/97, 1905/06, Rektor[3] 1903/04). 1908-12 war S. Vertreter der Universität in der Ersten Kammer des Bad. Landtages. 1907 gründete er mit Adolf Grabowsky die „Zeitschrift für Politik“ (ZfP, 1, 1907/08-35, 1945, 1/3; NF 1, 1954 ff.). Nach Ablehnung von Rufen nach Marburg (1899) und Tübingen (1902) wechselte er 1913 als Nachfolger Karl Bindings nach Leipzig (Dekan 1916/17, Rektor 1920/21). 1923 gründete er das „Institut für politische Auslandskunde“ (seit 1931: Inst. f. Pol., ausländ. öff. Recht u. Völkerrecht). 1932 entpflichtet, führte S. bis 1936/37 Veranstaltungen an der Univ. Leipzig durch. Anfängliche Aufgeschlossenheit des Emeritus gegenüber dem NS-Regime (Einf. in d. Rechtswiss., ³1934) wich bald kritischer Distanz. S.s breites wissenschaftliches Werk, Teil der grundlegenden Methodendiskussion in den Rechts- und Gesellschaftswissenschaften um 1900, ist gekennzeichnet von seiner historisch-empirischen Methode mit universaler Ausrichtung, führte ihn weit über die Grenzen der Rechtswissenschaft in Geschichtswissenschaft, Soziologie und Politikwissenschaft hinein und verbindet auch seine Beiträge in den verschiedenen jur. Spezialdisziplinen. In seinem „Lehrbuch des dt. Civilprozeßrechts“ (1898, ²1906) betonte S. in der Debatte um den sog. Rechtsschutzanspruch den öffentlich-rechtlichen Charakter des Zivilprozesses. Im Strafrecht stand er im „Schulenstreit“ auf der Seite der sog. klassischen Schule, argumentierte jedoch auf der Grundlage einer eigenständigen, von sozialpsychologischem Denken beeinflußten historisch-empirischen Rechtstheorie (Die Aufgaben d. Strafrechtspflege, 1895); in der sich verschärfenden Weimarer Debatte um die Strafrechtsreform wird ihm eine ausgleichende Rolle zugeschrieben. In seinem Hauptwerk, der „Allgemeinen Staatslehre“ (2 Bde., 1901–03), wird diese universalhistorisch-empirische Methode grundlegend entfaltet, was insbesondere bei Fachhistorikern (Georg v. Below) auf Beifall stieß; innerhalb der jur. Disziplin und wirkungsgeschichtlich stand sie jedoch im Schatten der Allgemeinen Staatslehre Georg Jellineks (1900) und konnte sich dort, wie auch sein Methodenprogramm, gegenüber dem wissenschaftstheoretischen Programm des Neukantianismus nicht behaupten. In zahlreichen programmatischen, auch rechtshistorisch bedeutsamen Schriften und mit der Gründung des Leipziger Instituts vollzog S. den Schritt zu einer Politikwissenschaft als historisch-empirischer Sozialwissenschaft. Hier dürfte sein wesentliches, wohl auch aufgrund zeitgeschichtlicher Umstände weithin unterschätztes Verdienst liegen. Zu seinen Mitarbeitern und Schülern zählen Hermann Heller, Hermann Jahrreiß, Hermann Kantorowicz, Otto Koellreutter und Paul Ritterbusch.[4]

Tod

Am 31. März 1944 verstarb Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Richard Schmidt in Leipzig und wurde feierlich auf dem Johannisfriedhof beigesetzt.

Familie

Richard war der Sohn des Richters und Professors des Sächsischen Rechts in Leipzig Prof. Dr. jur. Bernhard Schmidt (1822–1869) aus Kaditz bei Dresden und dessen Frau, die Philologentochter Marie, geb. Baumgarten-Crusius (1833–1865). 1894 heiratete er in Freiburg (Br.) seine Verlobte Tilla Rosalin Ziegler (1875–1946), Tochter von Ernst Ziegler (1849–1905) aus Messen (Kt. Solothurn), 1888 Professor der pathologischen Anatomie in Freiburg (Br.), Mitglied der Leopoldina und badischer Geheimer Hofrat (GHR).

Orden und Ehrungen (Auszug)

Schriften (Auswahl)

  • Aktenstücke zur Einführung in das Proßesrecht. (Mit Stein Halle) 1890
  • Staatsanwalt und Privatkläger. 1891
  • Außergerichtliche Wahrnehmungen des Proßessrechts. 1892
  • Die Aufgaben der Strafrechtspflege. 1895, 1999
  • Lehrbuch des deutschen Zivilprozeßrechts. Leipzig 1898
  • Die Strafrechtliche Verantwortlichkeit des Arztes. 1900
  • Herkunft des Inquisitionsprozesses. 1901
  • Allgemeine Staatslehre. 1. Bd. 1900, 2. Bd. 1903
  • Prozessrecht und Staatsrecht. 1904
  • Zasius. 1904
  • Die Strafrechtsreform in ihrer staatsrechtlichen und politischen Bedeutung. Leipzig 1912, 1978
  • Einführung in die Rechtswissenschaft auf d. Grundlage d. neuen Rechtsordnung. Leipzig 1921, 3. Aufl. 1934
  • Grundriß des deutschen Strafrechts. Leipzig 1925, 1998
  • Staats-Kunde, Erster Band, 1926 (mit Christian Meurer und Eduard Rosenbaum)
  • Prioritätsprinzip oder Ausgleichsprinzip im künftigen deutschen Vollstreckungsrecht. Berlin 1937
  • Grundriß der Allgemeinen Staatslehre oder Politik. Stuttgart 1938

Literatur

Fußnoten

  1. Universitätsverzeichnis Wintersemester 1897/1898, mehrfache Erwähnung von Prof. Dr. Richard Schmidt
  2. Universitätsverzeichnis Wintersemester 1900/1901, mehrfache Erwähnung von Prof. Dr. Richard Schmidt
  3. Nach dem Verzeichnis der Universität des Sommersemesters 1903 Prorektor, Leiter des akademischen Direktoriums und der Immatrikulations-Kommission.
  4. Duve, Thomas, Schmidt, Richard in: Neue Deutsche Biographie 23 (2007), S. 214–215
  5. Deutscher Ordens-Almanach, 1908, S. 1352
  6. Frank Zeiler studierte Rechtswissenschaft und promovierte 2006 an der Universität Freiburg. Seitdem (Stand: 2022) ist er dort an der „Forschungsstelle für Hochschulrecht und Hochschularbeitsrecht“ als wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig.