Sturluson, Snorri
Snorri Sturluson ( 1179 in Hvamm, Island; 22. September 1241 in Reykholt) war ein altisländischer Skalde/Dichter und Historiker. Des Weiteren war er als skrupelloser Machtpolitiker bekannt.
Inhaltsverzeichnis
Herkunft
Snorris Eltern waren Sturla Þórðarson und Gudny Bödvarsdóttir. Aufgezogen wurde er – nach dem Brauch der Zeit, ähnlich wie in Zentraleuropa bei den Knappen der Ritter – von einem mächtigen Mann, Jón Loptsson (1124–1197), der als einer der einflussreichsten Goden und klügsten Männer Islands beschrieben wird. Jón Loptsson kam aus einer mächtigen Familie, deren Linie bis auf Halvdan Svarte zurückreichte, und wohnte in Oddi, einem kulturellen Zentrum im Mittelalter auf Island. Dort lernte Snorri das Lesen und Schreiben und bekam Unterricht in Latein, Theologie, Geografie und isländischem Recht. Nach einer kurzen ersten Ehe mit einer reichen jungen Frau in Borgarnes zog er 1206 nach Reykholt, wo er den Rest seines Lebens seinen Wohnsitz hatte. Snorri hatte zwei ältere Brüder, Þórður und Sighvatur.
Werke
Snorri gilt als Autor der Snorra-Edda (auch Prosa-Edda, unpräzise Jüngere Edda genannt), (u.a.) einem Lehrbuch für Skalden. Nur die älteste der vier Handschriften dieses Werkes nennt den Namen des Autors. Da auch sie erst ca. 60 Jahre nach seinem Tod entstand und die einzelnen Handschriften sich stark von einander unterscheiden, weil das Werk als Lehrbuch nach den jeweiligen Bedürfnissen des Unterrichts von den Abschreibern verändert wurde, ist es möglich, dass auch in der ältesten erhaltenen Fassung nicht alle Teile von Snorri selbst stammen.
Die Prosa-Edda setzt sich aus vier Teilen zusammen. Prologus und Gylfaginning bilden eine Einführung in die nordische Mythologie aus euhemeristischer Sicht. Das Skáldskaparmál als Poetologie informiert über die skaldischen Stilmittel, kenningar und heiti. Den letzten, wahrscheinlich aufgrund Snorris gewaltsamen Tods unvollendeten Teil bildet das Háttatal, eine Verslehre.
Schließlich ist er auch mit sehr großer Sicherheit der Autor der Heimskringla, einer Geschichte der norwegischen Könige. Manche vermuten außerdem wegen einiger Stilähnlichkeiten zwischen der Egils saga und der Heimskringla, dass er auch der Urheber der Egils saga sei.
Politik
Snorri war als Politiker sehr erfolgreich, seine Familie, die Sturlungar, eine der mächtigsten im Lande. Er selbst hatte zweimal die einflussreichste Position im isländischen Parlament, dem Althing inne: als Gesetzessprecher. Nicht umsonst nennt man auch die Phase zu seinen Lebzeiten in der Geschichte Islands die Sturlungenzeit.
Im Sommer 1218 segelte Snorri von Island nach Norwegen. Hier besuchte er Jarl Skuli während des Winters und im darauf folgenden Sommer Eskil Magnusson und seine Frau Kristina Nilsdottir Blake in Skara. Sie waren beide mit der königlichen Familie verwandt.
Dieser Jarl Skuli verwickelte sich etliche Jahre nach Snorris Rückkehr nach Island in einen fatalen Aufstand gegen den norwegischen König Håkon Håkonarson. Der König vermutete, dass Snorri ebenfalls darin eine Rolle gespielt habe, und ließ ihn in Reykholt zusammen mit einigen seiner Söhne hinrichten.
Zum Namen
Im Isländischen gibt es keine eigentlichen Nachnamen, sondern nur den Vaters- (heutzutage auch den Mutters-) Namen, in der Form Sohn von bzw. Tochter von als zweitem oder drittem Namen. Infolgedessen sollte etwa Snorri Sturluson (Sohn von Sturla) nicht Sturluson, sondern höchstens Snorri genannt werden. Der Name Snorri stellt sich zum Verb aisl. snarfla 'röcheln'.
Snorri ist übrigens auch heute noch ein beliebter Vorname für Jungen in Island.
Weiterführende Literatur
- Wolfgang Beck: Snorri Sturluson. Der Mythos des Nordens. In: Ulrich Müller, Werner Wunderlich (Hrsg.): Mittelaltermythen Band 4: Künstler, Dichter, Gelehrte. UVK Verlagsgesellschaft mbH, Konstanz 2005, ISBN 978-3-8966956-9-7
- Ivar Eskeland: Snorri Sturluson: Ein biografi. Grøndahl og Dreyers Forlag, Oslo 1992; ISBN 978-8-2504195-1-3
- Halvdan Koht: Snorre Sturlason. In: Norsk biografisk Leksikon. Band XIV. Oslo 1962
- Sverrir Tómasson: Snorri Sturluson. In: Herbert Jankuhn, Heinrich Beck u. a. (Hrsg.): Reallexikon der Germanischen Altertumskunde. Band 29. Verlag Walter de Gruyter, Berlin, New York 2005; ISBN 978-3-1101836-0-3