Sybel, Heinrich von (1817)

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Prof. Dr. Phil. Heinrich von Sybel

Heinrich Karl Ludolf Sybel, ab 1831 von Sybel (Lebensrune.png 2. Dezember 1817 in Düsseldorf, Deutscher Bund; Todesrune.png 1. August 1895 in Marburg), war ein deutscher Historiker, Archivar und Politiker.

Leben

Heinrich Karl Ludolf von Sybel.jpg
Heinrich von Sybel, 1857.jpg

Wirken

Zu seinem Wirken heißt es:[1]

Heinrich von Sybel, geb. am 2. Dezember 1817 zu Düsseldorf, studierte seit 1834 in Berlin unter Ranke, promovierte 1838, habilitierte sich 1841 in Bonn für Geschichte, wurde dort 1844 außerordentlicher, 1845 in Marburg ordentlicher Professor, war Mitglied des Erfurter Parlaments, wurde 1856 als Professor nach München, 1861 nach Bonn berufen. Er war wiederholt Mitglied des preußischen Abgeordnetenhauses und des Reichstages. 1875 erhielt er als Nachfolger Dunckers das Direktorium der preußischen Staatsarchive, 1894 wurde er zum Wirklichen Geheimen Rate mit dem Prädikate Excellenz ernannt. Seit 1886 ist er an Rankes Stelle Vorsitzender der Münchener historischen Kommission; den Akademieen von München und Berlin gehört er als Mitglied an. - Hauptwerke: „Geschichte der Revolutionszeit von 1789-95“ (1853 ff.), „Geschichte der Revolutionszeit von 1795-1800“ (1872 ff.). - „Geschichte des ersten Kreuzzuges“ (1841), „Der heilige Rock zu Trier und die anderen ungenähten Röcke Christi“ (1844, zusammen mit Gildemeister), „Die Entstehung des deutschen Königtums“ (1844), „Die Erhebung Europas gegen Napoleon“ (1860), „Prinz Eugen von Savoyen“ (1861), „Die deutsche Nation und das Kaiserreich“ (1863), „Kleine historische Schriften“ (1863-81), „Die Begründung des deutschen Reiches durch Kaiser Wilhelm I.“ (1889), „Historische Zeitschrift“ (seit 1856).

Neue Deutsche Biographie

S. wuchs in einem vermögenden, bildungsbürgerlichen, prot.-aufklärerischen Elternhaus in Düsseldorf auf und stand von Jugend an mit Liberalen wie Gustav Mevissen (1815–99) und Hermann Beckerath (1801–70) sowie mit Künstlern und Gelehrten wie →Eduard Bendemann (1811–89) und →Bernhard Windscheid (1817–92) in freundschaftlichem Kontakt. Nach dem Besuch des Humanistischen Gymnasiums in Düsseldorf 1826–34 studierte er Geschichte und Rechtswissenschaft in Berlin bei →Leopold Ranke (1795–1886) und Carl Friedrich v. Savigny (1814–75). 1838 wurde er mit einer quellenkritischen Dissertation über die Gotengeschichte des Jordanes bei Ranke zum Dr. phil. promoviert. Von →Johann Wilhelm Loebell (1786–1863) protegiert und von Ranke angeleitet, habilitierte sich S. 1840 in Bonn (apl. Prof. 1844). Seine Habilitationsschrift (Gesch. d. ersten Kreuzzuges, 1841, 31881, engl. 1861), die den romantischen Heldenlegenden über Peter von Amiens und Gottfried von Bouillon die Grundlage entzog, sowie eine rechtshistorische Analyse der „Entstehung des dt. Königthums“ (1844, 21881), die eine wiss. Kontroverse mit →Georg Waitz (1813–86) auslöste, machten ihn in Fachkreisen bekannt. 1844 ebnete eine gemeinsam mit dem Orientalisten Johannes Gildemeister (1812–90) verfaßte anti-ultramontane Streitschrift über die Überlieferungsgeschichte des Hl. Rocks S. den Weg für eine o. Professur in Marburg (1845). Noch vor der Revolution wandte er sich der neuesten Geschichte zu. Ausgiebige Archivstudien in Paris stellten die „Geschichte der Revolutionszeit von 1789–1795“ (3 Bde., 1853–60, 41877, franz. 1867–87; erw. um 2 Bde. für d. Zeit 1795–1800, 1874/79) auf eine neue Grundlage. Dem Erscheinen der ersten Bände folgte 1856 S.s Berufung nach München, wo er 1857 o. Mitglied der Akademie der Wissenschaften (ausw. 1861) und Teilnehmer an den kgl. Symposien („Tafelrunde“) wurde und zum einflußreichen historisch-politischen Berater Kg. Maximilians II. avancierte. Als kath.konservative Kreise seit dem Ital. Krieg 1859 den König bedrängten, das bekennende prot.-preuß. „Nordlicht“ abzulösen, wechselte S. 1861 nach Bonn. 1875 erreichte er mit der Ernennung zum Direktor der preuß. Staatsarchive in Berlin den Höhepunkt seiner Karriere (Geh. Oberreg.rat 1878; Wirkl. Geh. Oberreg.rat bzw. Rat 1. Kl. 1883; Exzellenz 1894). In Berlin schuf er seine kleindt.preuß. Deutung der „Begründung des Dt. Reiches durch Wilhelm I.“ (7 Bde., 1889–94, 51895). In allen Phasen seines akademischen Lebens entfaltete er eine rege Vortrags- und Publikationstätigkeit. S. zählt zu den führenden „politischen Historikern“ des 19. Jh. Die Verzahnung von Wissenschaft und politischem Engagement bildete das Antriebsmoment für seine Arbeit: 1848 vertrat er im Frankfurter Vorparlament und der kurhess. Ständeversammlung, 1850 im Erfurter Staatenhaus gemäßigt liberale Positionen. Im preuß. Abgeordnetenhaus (1862–64 für Krefeld, 1874–80 für Magdeburg) und im Reichstag des Norddt. Bundes 1867 (für Lennep) wandelte sich S. – nachdem sich die Lösung der nationalen Frage unter preuß. Führung abzeichnete – vom konstitutionellen Bismarckgegner zum liberalen Bismarckianer. Als Nationalliberaler engagierte er sich während des Kulturkampfs gegen Ultramontanismus und Zentrum sowie für das Sozialistengesetz. Obwohl S. seit seinen Studienzeiten dem Grundsatz „cum ira et studio“ folgte und als junger Professor einer rein kontemplativen, „objektiven, unparteiischen, blut- und nervenlosen“ Historie den Kampf ansagte, lehnte er Tages- und Tendenzschriftstellerei entschieden ab. Gründliche Archivarbeit, eindringende Quellenkritik, Sachverstand und universales Geschichtsinteresse sollten dem historischen Urteil stets vorausgehen. Als streitbarer Wissenschaftler geriet S. mit Wilhelm Giesebrecht (1814–89) und →Julius Ficker (1826–1902) in heftige Kontroversen über die mittelalterliche Kaiser- und Italienpolitik, aus der die Kontrahenten unterschiedliche politische Auffassungen über den österr. Führungsanspruch im Dt. Bund ableiteten. Zu S.s Schülern zählen →Julius Weizsäcker (1828–89), Carl v. Noorden (1833–83), Karl Menzel (1835–97), →Wilhelm Maurenbrecher (1838–92) und →Conrad Varrentrapp (1844–1911), in einem weiteren Sinne auch →Max Lehmann (1845–1929) und →Max Lenz (1850–1932). S. trat auch als einflußreicher Wissenschaftsorganisator hervor. In München gründete er 1857 das Historische Seminar zur wissenschaftlichen Ausbildung von Gymnasiallehrern und 1859 die „Historische Zeitschrift“ als übergreifendes Fachorgan. Als neben Ranke maßgebliches Gründungsmitglied und Sekretär (1859–86) der Historischen Kommission, seit 1886 als deren Vorsitzender, beeinflußte er nachhaltig Forschungs- und Editionsprojekte (Reichstagsakten, ADB). In Bonn wurde das 1861 von ihm gegründete Historische Seminar zum Vorbild für organisatorische und pädagogische Reformen an preuß. Universitäten. Als Generaldirektor der Staatsarchive und Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Berlin (korr. 1859, o. 1875) brachte er u. a. die „Publikationen aus den preuß. Staatsarchiven“ (1878 ff.), die Herausgabe der „Politischen Korrespondenz Friedrich’s des Großen“ (1879 ff.) und 1888 die Gründung der Preuß. Historischen Station in Rom (heute DHI) auf den Weg. Durch all seine Positionen verfügte S. im Fach Geschichte über eine beispiellose Machtfülle. Galt S. in seiner Zeit als Grandseigneur der Wissenschaft, so verblaßte sein Ruhm rasch. Sein historiographisches Werk, das liberalkonservative Positionen vertrat und sich am Erfolg des preuß.-dt. Machtstaats orientierte, bot ideologiekritischen Interpretationen bequeme Angriffsflächen. Seit den 1960er Jahren weckten S.s sozialgeschichtliche Ansätze, die Universalität seiner Geschichtsschreibung, sein reflektiertes Bekenntnis zum politischen Engagement des Historikers und sein Appell an die gelehrte Elite, aus dem „Elfenbeinturm“ selbstgenügsamer Wissenschaft herauszutreten, wieder vermehrt das Interesse der Fachwissenschaft. Von bleibender Bedeutung sind S.s wissenschaftsorganisatorische Leistungen.[2]

Zitate

Sybel über die Reichsgründung von 1871:

  • „Wodurch hat man die Gnade Gottes verdient, so große und so mächtige Dinge erleben zu dürfen? Und wie wird man nachher leben? Was zwanzig Jahre der Inhalt allen Wünschens und Strebens gewesen, das ist nun in so unendlich herrlicher Weise erfüllt.“[3]

Auszeichnungen (Auszug)

Werke (Auswahl)

  • Entstehung des deutschen Königthums (PDF-Datei)
  • Über die Entwicklung der absoluten Monarchie in Preuszen (PDF-Datei)
  • Die Erhebung Europas gegen Napoleon I. (PDF-Datei)
  • Napoleon III. (PDF-Datei)
  • Geschichte des ersten Kreuzzugs (PDF-Datei)
  • Prinz Eugen von Savoyen (PDF-Datei)
  • Prinz Eugen von Savoyen. Drei Vorlesungen gehalten zu München im März 1861 (PDF-Datei)
  • Klerikale Politik im neunzehnten Jahrhundert (PDF-Datei)
  • Der Heilige Rock zu Trier: und die zwanzig andern Heiligen Ungenähten Röcke (PDF-Datei)
  • Ueber die Gesetze des historischen Wissens (PDF-Datei)
  • Vorträge und Aufsätze (PDF-Datei)
  • Gregor von Tours und seine Zeit vornehmlich aus seinen Werken geschildert (PDF-Datei)
  • Ueber die neueren Darstellungen der deutschen Kaiserzeit, Festrede 1859 (PDF-Datei)
  • Die deutsche Nation und das Kaiserreich: Eine historisch-politische Abhandlung (PDF-Datei)
  • Die deutschen Universitäten, ihre Leistungen und Bedürfnisse (PDF-Datei)
  • Die Lehren des heutigen Socialismus und Communismus, zwei Vorträge 1872 (PDF-Datei)
  • Die Begründung des deutschen Reiches durch Wilhelm I., vornehmlich nach den preussischen Staatsacten (PDF-Dateien):
    Band 1, Band 2, Band 3, Band 4, Band 5, Band 6, Band 7
  • Geschichte der Revolutionszeit von 1789 bis 1800 (PDF-Dateien):
    Band 1, Band 2, Band 3, Band 4, Band 5, Band 6, Band 7, Band 8, Band 9, Band 10

Fußnoten

  1. Bilderatlas zur Geschichte der deutschen Nationallitteratur herausgegeben von Gustav Könnecke (PDF-Datei) Für Nicht-USA-Bewohner nur mit US-Proxy abrufbar!
  2. Sybel, Heinrich von, in: Neue Deutsche Biographie 25 (2013), S. 733–735
  3. VERSPIELTE BISMARCK DAS REICH?, Der Spiegel, 18. Januar 1971 Vorsicht! Umerziehungsliteratur im antideutschen Sinne!