Vaterland (Hochseedampfer)
Die „Vaterland“ war ein Schiff der Imperator-Klasse, das am 3. April 1913 bei Blohm & Voss in Hamburg vom Stapel lief. Es fuhr auf der Hamburg-Amerika-Linie, war seinerzeit das größte Schiff der Welt und löste damit den „Imperator“ als bis dahin größtes Schiff der Welt ab. Anschließend war bis 1935 das Passagierschiff „Bismarck“ das größte Schiff der Welt.
Inhaltsverzeichnis
Erläuterung
Vier Dampfturbinen mit einer Leistung von bis 100.000 PS beförderten den insgesamt 287 Meter langen Koloß in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg im Transatlantikverkehr von Hamburg nach Neu York und zurück. Insgesamt sieben Atlantiküberquerungen absolvierte das Schiff, dann wurde es nach dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges gegen Deutschland in Neu York rechtswidrig festgehalten, obwohl die VSA zum damaligen Zeitpunkt angeblich noch neutral waren. Nach dem offiziellen Kriegseintritt der VSA 1917 wurde das Schiff dann gestohlen, in „Leviathan“ umgetauft und für Truppentransporte nach Europa eingesetzt. 1938 wurde es in Schottland abgewrackt. Bis 1945, als der Flugzeugträger USS „Midway“ in Dienst gestellt wurde, war und blieb die „Leviathan“ das größte Schiff, das die United States Navy eingesetzt hatte.
Geschichte
Die „Vaterland“ war das zweite Schiff der sogenannten „Imperator-Klasse“. Zwei Monate zuvor war der „Imperator“ zu seiner Jungfernfahrt aufgebrochen. Folgen sollte noch das Passagierschiff „Bismarck“. Auftraggeber der drei Schiffe war Albert Ballin, Generaldirektor der Reederei Hapag. Sein Ziel war es, auf der Nordatlantikroute neue Maßstäbe gegenüber der britischen Konkurrenz zu setzen. Die Schiffe sollten mehr Komfort bieten. Während die herkömmlichen Dampfer spärlich und eher funktional ausgestattet waren, wollte Ballin schwimmende Luxushotels bauen. Er setzte darauf, daß zufriedene Kunden erneut bei der Hapag buchen werden. Unterstützung für seine Idee bekam er von Kaiser Wilhelm II.
Das Schiff war in Bereiche für vier Passagierklassen eingeteilt. Insgesamt fanden 3.909 Passagiere Platz. Die Besatzung bestand noch einmal aus 1.234 Personen. Zum Vergleich: Die „Titanic“ bot nur Platz für 2.400 Passagiere, die heutige „Queen Mary 2“ kann 3.090 Reisende beherbergen. In der Morgenausgabe vom Sonntag, dem 10. Mai 1914, berichteten die „Altonaer Nachrichten“ in einer Einleitung zu einer vierteiligen Beschreibung der Superlative der „Vaterland“:
- „‚Vaterland‘! Wenig mehr als ein Jahr ist seit jenem windfrischen Vorfrühlingsnachmittag verflossen, da Kronprinz Rupprecht von Bayern in Vertretung des Königs Ludwig dir, 55 000-Tons-Dampfer, auf der Werft von Blohm & Voss diesen stolzen Namen gab. Damals verließ dein schlanker Schiffkörper zum erstenmal die Wiege seiner stählernen Helgen, in der dein Kiel im September 1911 gestreckt worden war. Ununterbrochen haben dann Tausende von Arbeitern Tag um Tag emsig dein Werden und Wachen gefördert. Künstler haben für Deine Toilette geschafft, Ingenieure für deine Unbesiegbarkeit gesonnen, Handwerker endlich haben ohne Rast die Millionen Teile zum Ganzen gefügt. Nun ist das Lärmen in deinem Innern stille geworden. Nun schweigt das Bohren, Feilen, Nieten, das Kreischen, Knarren und Zischen zwischen deinen Flanken, die schon das Wasser der Unterelbe aufreizend umspielt. Und du, ‚Vaterland‘, künftige Beherrscherin des Ozeans, der die blau-weiß-goldene Hapag-Flagge 65 Meter über dem Wasserspiegel schon als Kopfschmuck vom Großmast weht, du freust dich nun auf die erste frohe Fahrt, ahnst siegessicher schon die Kraft der Turbinen in deinem Innern und spürst, wie ein eigenartiges, dir bisher fremdes Leben die Adern deines Gigantenkörpers mit Reiselust erfüllt. Deiner Vaterstadt und deines Vaterlandes beste Wünsche geleiten dich, Meeresstille und glückliche Fahrt sei dir beschieden!“
Weitere Pressestimmen
- „So sollst auch du, stolzes Schiff, unserem Vaterland geweiht, auf weitem Meere friedlichem Gewerbe dienen und sollst die Bande der Freundschaft zwischen den Völkern der Erde fester stets und enger knüpfen. Und so eile deinem Element entgegen. Mögen dir Glück, Erfolg und Segen, mögen dir viele sonnige Fahrten beschieden sein. Wenn aber Sturm und Wetter dich bedräuen, so mögest du auch in diesem tüchtig, stark und kampfgemut bewähren, würdig deiner Herkunft, würdig deiner sturmumtobten Heimat, würdig deines schönen und in unsere Herzen eingegrabenen Namens.“ — Hamburger Nachrichten, 3. April 1914
- „Eine kleine Erschütterung, ein Rütteln, noch einmal Stillstand, dann ein Hurra aus Tausenden von Kehlen, ein freudiges Jauchzen – geboren aus der hohen Lust an diesem Schauspiel – und langsam erst, dann schneller und immer schneller gleitet der Koloß abwärts, befreit von Fesseln, seinem Elemente zu.“ — Berliner Tageblatt, 4. April 1914
- „Du freust dich nun auf die erste Fahrt, ahnst siegessicher schon die Kraft der Turbinen in deinem Innern und spürst, wie ein eigenartiges, dir bisher fremdes Leben die Adern deines Gigantenkörpers mit Reiselust erfüllt. Deiner Vaterstadt und deines Vaterlandes beste Wünsche geleiten dich, Meeresstille und glückliche Fahrt sei dir beschieden.“ — Altonaer Nachrichten, 10. Mai 2014
- „Majestätisches Einlaufen des Sechs-Millionen-Dollar-Seeungeheuers ‚Vaterland‘ heute im Hafen.“ — New York World am 21. Mai 2014
- „Vaterland im Hafen. Nach gut verlaufener Reise kommt der ‚Stolz der Meere‘ an.“ — New Yorker Volkszeitung, 22. Mai 2014
Filmbeitrag
Literatur
- Else Grüttel: Turbinen-Schnelldampfer „Vaterland“, Hamburg-Amerika-Linie, 1914
- Ernst Förster / G. Sütterlin: Das Riesen-Schiff. Der Vierschrauben-Turbinendampfer „Vaterland“ der Hamburg-Amerika-Linie. Erbaut von Blohm & Voss in Hamburg, Selbstverlag des Vereines deutscher Ingenieure, 1918