Warum – Woher – Aber wohin?
Titel: | Warum – Woher – Aber wohin? |
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Autor: | Hans Grimm |
Verleger: | Klosterhaus-Verlag |
Erscheinungsjahr: | 1954 |
Warum – Woher – Aber wohin? ist ein Buch von Hans Grimm, welches im Jahr 1954 veröffentlicht wurde. Der Untertitel lautet „Vor, unter und nach der geschichtlichen Erscheinung Hitler“.
Buchrezension
Dieter Vollmer in: „Der Weg“ (1954, Heft 7):
- Mit dieser ungeheuer gründlichen, von einem sonst heute fast nirgends mehr gekannten und gepflegten Verantwortungsbewußtsein getragenen Arbeit ist es Hans Grimm zweifellos gelungen, die Gestalt Hitlers endgültig aus der Polemik der Nachkriegszeit-Ressentiments herauszunehmen und ihr ihren Standort in der Geschichte zuzuweisen. Man wird bezweifeln, daß das heute schon möglich sei, da Hitler noch nicht einmal zehn Jahre tot ist. Und ohne den ganz besonderen Standpunkt, von dem aus der Verfasser an dieses Buch heranging, das er buchstäblich Satz für Satz erlitten hat, wäre es auch nicht möglich gewesen. Es bleibt eine einmalige Leistung, gerade in menschlicher Hinsicht einmalig, die eben nur diesem Manne Hans Grimm und auch ihm nur unter dem von seinem besonderen Lebensgang und Lebensschicksal geprägten Aspekt möglich war. Es ist kein Buch, das sich an eine breite Leserschaft wendet. Dazu ist es viel zu anspruchsvoll. Was mit soviel Leid geschrieben wurde, kann auch nur mit leidvollem Bemühen, mit echter Hingabe gelesen werden. Aber kein ernsthafter Historiker, dem objektive Geschichtsschreibung noch ein echtes Anliegen ist, kann an diesem Werk vorübergehen. Es wird eine der wesentlichsten Quellschriften für die historische Deutung der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts sein, obgleich es selbst keineswegs schon Geschichtsschreibung sein will oder soll. Darum hat der Verfasser die vielleicht nicht sehr glückliche Form der „Briefe an Sohn und Tochter“ gewählt, um dem Ganzen eine persönliche, seine persönliche Note zu verleihen. Das Buch beginnt mit der Schilderung des deutsch-englischen Verhältnisses zu Beginn des Jahrhunderts, so wie Hans Grimm dieses Verhältnis selbst im Auslande erlebt hat, und weil es für die politische Situation Deutschlands und als Ausgangspunkt der politischen Entwicklung der folgenden Jahrzehnte eben ausschlaggebend war. Und es ist wirklich erschütternd, gemeinsam mit dem Autor, von ihm geführt, mitzuerleben, mit welcher klaren Logik die Ereignisse nun einander folgen, sich eines aus dem anderen ergeben, mit einem Wort, wie Geschichte wird. Mit dem Ende des ersten Weltkrieges wird die Darstellung dann immer ausführlicher, keine Einzelheit, kein Erlebnis, das nicht sorgfältig auf seine Bedeutung für das Gesamtgeschehen auf seinen symbolischen Gehalt untersucht würde. So steht schließlich Hitler da als das notwendige Ergebnis einer geradezu auf ihn hinielenden Entwicklung. Hitlers persönlicher Werdegang wird noch einmal mit einer Eindringlichkeit und Anschaulichkeit geschildert, daß man ihn wie etwas Neues, Unbekanntes zu lesen meint, und auch diese Darstellung dient der Objektivierung und historischen Zuordnung seines Lebens und Wirkens, der Erklärung seiner historischen Notwendigkeit. Parallel dazu wird aber auch umfassend und mit Grimm’scher Gründlichkeit das mindestens seit dem Jahre 1934 wirksame Gegenspiel bestimmter deutscher Kreise, vor allem aus dem diplomatischen Dienst, geschildert, die fortgesetzt Berichte, Meldungen, ja, Aufforderungen zum Einschreiten nach London sandten, bis man in Londoner Clubs verächtlich äußerte: „Why for Heaven’s sake don’t they shoot him themselves?“ Hier mußte sich das besondere Interesse Grimms entzünden, ja, hier liegt vielleicht eines der stärksten Motive, die ihn zu dieser gewaltigen Arbeit veranlaßten. Denn keiner konnte besser als er beurteilen, welche ungeheure Perfidie dazu gehörte, ausgerechnet die traditionelle Deutschlandfeindlichkeit Englands in den Dienst des Kampfes gegen Hitler zu stellen. Keiner übersah besser als Grimm, welche tödlichen Gefahren damit über Deutschland heraufbeschworen wurden, die abzuwenden ein Mann wie Rudolf Heß dann alles opferte, was ein Mann zu opfern vermag, Stellung, Familie, Freiheit und – Freundschaft mit dem Staatsoberhaupt. Wer es noch nicht erkannt hatte, der erfährt hier mit Erschütterung, wie sehr England im Brennpunkt des deutschen Schicksals gestanden hat. Und es ist gut, das zu begreifen, in dem Augenblick, da England durch den Mund Edens erklären läßt, die britischen Divisionen würden bis zum Ende des Jahrhunderts das Festland nicht mehr verlassen. — Bei der Schilderung und Deutung der Ereignisse während der ersten Jahre nationalsozialistischer Regierung und während des Krieges wird keine Begebenheit ausgelassen oder unterschätzt. Die Eindringlichkeit ist nicht zu übertreffen und zeugt von fleißigstem Studium aller Einzelheiten. Soweit Kommentare gegeben werden, kommt in ihnen eine wahrhaft souveräne Schau zum Ausdruck. Die Konzeption einer deutschen und europäischen Zukunft, die Hitler vorschwebte und fast alle seine Entscheidungen verständlich macht, wird klar gezeichnet, allerdings auch als utopisch, als „Traumbild“ gekennzeichnet. An der Lauterkeit seiner Motive wird nicht gezweifelt. Die vornehme Gesinnung des Verfassers läßt ihn dankbar empfinden, daß zu solchen Zweifeln kein Anlaß besteht. Der Untergang Groß-Deutschlands muß sich so mit der gleichen zwingenden geschichtlichen Logik ereignen, wie vorher der Aufstieg Hitlers. Doch hört das Buch mit diesem Untergang und seiner historischen Deutung nicht auf. Die letzten drei Briefe sind der Gegenwart und der Zukunft gewidmet, und hier erhebt sich Grimm zu einer Prophetie, wie sie nur Männern eignet, die im Laufe eines mehrere Generationen überdauernden Lebens sehr bewußt und sehr aufmerksam – mitleidend – Geschichte erlebt haben und die verfolgten Linien des Geschehens nun über den gegenwärtigen Punkt hinaus zu verlängern in der Lage sind. — Mehr möchte ich absichtlich nicht sagen. Der Leser soll sich durch diese Besprechung nicht soweit „informiert“ wähnen, daß er meint, einer eigenen Durcharbeitung des Werkes enthoben zu sein. Nein, diese Arbeit soll und kann keinem Deutschen abgenommen werden. Wenn je die Phrase, daß „man ein Buch gelesen haben müsse“, einen wahren Kern enthielt, dann für jeden, der am deutschen Schicksal teilhatte und noch teilhat, diesem Buch gegenüber.
Dieter Vollmer schreibt in seiner Publikation „Politisches Geschehen des XX. Jahrhunderts“ (1973):
- noch 1954 – Der deutsche politische Dichter Hans Grimm unternimmt mit seinem Buch „Warum — Woher — Aber wohin?“ erstmals eine historische Würdigung der Erscheinung Hitlers, mit beispielloser Gewissenhaftigkeit und Gründlichkeit erarbeitet und von der hohen Warte persönlich erlittener Geschichte aus gesehen. Diese Darstellung wird zwei Jahrzehnte lang nicht ihresgleichen finden.[1]
Friedrich Lenz schreibt in einer Broschüre (1956):
- Der bekannte Dichter von „Volk ohne Raum“ – obwohl nach eigenem Bekenntnis kein „früherer Nationalsozialist“ – zeigt die Ursachen, die zur geschichtlichen Erscheinung Hitlers führten und widerlegt das bisherige Propagandabild.