Wulfilabibel
Die Wulfilabibel ist eine von Bischof Wulfila (311 bis 383) im 4. Jahrhundert geschaffene Übersetzung der Bibel ins Gotische, wobei die griechische Bibel die Vorlage bildete. „Wulfila” ursprünglich auch im Gotischen „Ulfila” bedeutete so viel wie „kleiner Wolf”. Für diese Übersetzung erfand Wulfila der Komplexität wegen eine zusätzliche Gotische Schrift, während die Goten bis dahin mit Runen schrieben. Wulfila war Arianer. Die Wulfilabibel ist das älteste schriftliche Zeugnis einer germanischen Sprache.
Der Bischof ließ nur das „Neue Testament” in die gotische Sprache übertragen und aufschreiben, da es das Leben des Ariers Jesus schildert. Das „Alte Testament” hingegen ist die Judenbibel, aus der nur einige Absätze übernommen wurden. Fertig war die Bibel im 6. Jahrhundert, über 200 Jahre nach Wulfilas Tod.
Für diesen Text wurde eine eigene Schrift entwickelt. Es gibt auch Zeichen, die dennoch von der bisherigen Runenschrift beeinflußt waren. Damit die Bedeutung des Textes noch eine stärkere Wirkung hatte, wurde die Bibel mit Gold und Silber geschrieben. Das Material war Pergament (eine dünne Lederschicht), das darüber hinaus mit dem wertvollen Purpur eingefärbt wurde. Eine Abschrift ist der Codex Argenteus rund 100 Jahre später. Fragmente sind bis heute erhalten.
Text des Vaterunser in der Wulfilabibel (þ wie englisch th):
atta unsar þu ïn himina / | Vater Unser du im Himmel |
weihnai namo þein / | geheiligt der Name Dein |
qimai þiudi nassus þeins / | das Reich komme Deins |
wairþai wilja þeins / | es geschehe der Wille Dein |
swe ïn himina jah ana airþai / | wie im Himmel so auf Erden |
hlaif unsarana þana sin teinan gif uns himma daga / | unser Brot gib uns jeden Tag |
ah aflet uns þatei skulans sijai ma / | und vergib uns unsere Schuld |
swaswe jah weis afletam þai skulam unsaraim / | wie auch wir unsern Schuldigern vergeben |
jah ni brig gais uns ïn fraistubnjai / | gar nicht bring uns in Versuchung |
ak lau sei uns af þamma ubilin / | sondern erlöse uns von dem Bösen |
unte þeina ïst þiudangardi / | und dein ist das Reich |
jah mahs jah wulþus ïn aiwins / | und die Kraft und die Herrlichkeit auf Ewig |
amen / | Amen |
Die erste deutsche Bibel:[1]
Literatur
- Hans Ferdinand Massmann: Ulfilas. Die Heiligen Schriften alten und neuen Bundes in gothischer Sprache. Mit gegenüberstehendem griechischem und lateinischem Texte, Anmerkungen, Wörterbuch, Sprachlehre, und geschichtlicher Einleitung (1857) (PDF-Datei)
- Wilhelm Streitberg: „Die gotische Bibel“ (1919) (PDF-Datei)
- Ernst Bernhardt: „Die Gotische Bibel des Vulfila: nebst der Skeireins, dem Kalender und den Urkunden“ (1884) (PDF-Datei)
- Otto Ohrloff: „Die Bruchstücke vom Alten Testament der gotischen Bibelübersetzung kritisch untersucht“ (PDF-Datei)
- Erich Mayr: „Die gotische Bibel“ (1913) (PDF-Datei)
- Friedrich Ludwig Stamm: „Ulfilas oder die uns erhaltenen Denkmäler der gotischen Sprache. Text, Grammatik, Wörterbuch“ (1885) (PDF-Datei)
- Julius Zacher: „Das gothische Alphabet Vulfilas und das Runenalphabet“, Leipzig 1855 (PDF-Datei)
- A. Riemenschneider: „Bruchstücke aus Ulfilas, sprachlich erläutert“, 1861 (PDF-Datei)
- Edward Lye: Sacrorum evangeliorum versio Gothica ex Codice Argento (1750) (PDF-Datei)
- Anders Uppström: Codex argenteus, sive sacrorum evangeliorum versionis gothicae fragmenta, quae iterum recognita (1854) (PDF-Datei)