Antiautoritäre Erziehung
„Antiautoritäre Erziehung“ ist ein Schlagwort des linken politischen Lagers. Der bereits in sich widersprüchliche Begriff steht für das Konzept, Kinder ohne Verbote oder Bestrafungen großzuziehen. Widersprüchlich ist es, formen zu wollen und es zugleich abzulehnen, zu formen. Als ideologisch verfehlt ist diese pädagogische Richtung aus mehreren Gründen anzusehen: Die hierdurch tatsächlich nicht mehr vorhandene Erziehung soll nach Meinung der Befürworter ausschließlich durch Argumente und Appelle an die Einsicht des Kindes geschehen, d. h. sich vorwiegend an die Vernunft, und somit an diejenige Eigenschaft wenden, die bei einem Kind noch kaum oder in doch nur geringem Maße ausgeprägt ist.
Es liegt also zunächst schon ein verkehrtes, unsachliches Menschenbild bei den Befürwortern dieser Pädagogik vor. Ferner aber spielt sich das betreffende „Reform“-Geschehen in Einrichtungen der Kinderbetreuung und -beschulung ja vor dem Hintergrund einer schwerwiegenden Zivilisationskrise ab, im Verlauf derer gerade der gewöhnliche Erwachsene aus seinen Orientierungsrahmen hinausgeschleudert wird und täglich neue Zumutungen einer angeblich „fortschrittlichen“ Umwälzung zu bewältigen hat. Er könnte also (selbst wenn erwachsene Vernunft als einziger Maßstab für Kindererziehung genommen wird) wegen seiner desorientierten Verfassung selbst in ausgeruhten Lebensphasen keinen Leitstern abgeben.
Als politisches und ideologisches Schlagwort ist der Begriff einer „antiautoritären Erziehung“ vor allem mit der Agitation der 68er-Zersetzung verbunden. Als ideologischer Vorbehalt mittlerweile in gewissen Verruf geraten, sind doch ganz erhebliche Komponenten dieser Theorie in die „Erziehung“ der in der BRD aufwachsenden Kinder eingeflossen, was – neben anderen Faktoren – zu einer weitgehenden geistigen Verwahrlosung und Desorientierung bei großen Teilen der deutschen Jugend geführt hat (→ Punk). Vor allem die früher in Deutschland vorhandenen, und von linker Seite gehaßten und gefürchteten, Preußischen Tugenden sind unter anderem auf diese Weise im wesentlichen vernichtet worden.
Die Theorie zur sogenannten antiautoritären Erziehung wurde zuerst in den 1920er Jahren von dem Schotten Alexander Sutherland Neill und dem Juden Wilhelm Reich vorgestellt. Einflußreichster praktischer Protagonist dieser pädagogischen Richtung wurde der Philosoph und Erzieher Bertrand Russell.