Schultze, Arnold
Arnold Wilhelm Louis Ferdinand Schultze (ab 1934 Schultze-Rhonhof[1]; * 24. März 1875 in Köln; † 22. August? 1948[2] auf Madeira) war ein deutscher Afrikaforscher, Geograph und Schmetterlingssammler.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Er wurde als der Sohn des Hauptmanns August Schultze (verstorben 1907 als Oberst a. D. in München) und dessen Gattin Elise geb. von Podewils (verstorben 1898 in Detmold) geboren und besuchte von Ostern 1881 bis Herbst 1888 Vorschule und das Gymnasium in Mainz. Von Herbst 1888 bis Herbst 1889 das Gymnasium zu Koblenz, von Herbst 1889 ab das Gymnasium zu Detmold, das er 1895 mit dem Zeugnis der Reife verließ. Er trat dann im Feldartillerie-Regiment 3 zu Brandenburg a. H. auf Beförderung ein, wurde im August 1896 Offizier und im Februar 1902 unter Stellung à la suite zum Dienst beim Auswärtigen Amt kommandiert. Nachdem er während des Sommersemesters 1902 in Göttingen Astronomie und Botanik studiert hatte, wurde er im Wintersemester 1902/03 als Hilfskraft im Auswärtigen Amt beschäftigt und war als Hörer des der Universität Berlin angegliederten orientalischen Seminars eingeschrieben. Anschließend nahm er an der Deutsch-Englischen Yola-Tschadsee-Grenzexpedition teil. Im Sommer 1904 kehrte er über die Kanarischen Inseln, Andalusien und Oberitalien in die Heimat zurück. Im Wintersemester 1904/05 war er abermals als Hörer des orientalischen Seminars eingeschrieben und wurde im Frühjahr 1905 zur Schutztruppe für Kamerun versetzt, wo er bis zum Sommer 1906 tätig war. Im Herbst desselben Jahres nahm er, infolge klimatischer Einflüsse schwer erkrankt, als Oberleutnant seinen Abschied. Von Herbst 1906 bis Herbst 1907 studierte er in Bonn, und nach einjähriger Unterbrechung seiner Studien war er abermals seit Herbst 1908 in Bonn immatrikuliert, wo er wie auch schon vorher Geographie, Natur- und Staatswissenschaften studierte. Er nahm dann als Topograph 1910/11 an der Zentralafrika-Expedition von Herzog Adolf Friedrich von Mecklenburg teil. Hernach war er in Afrika und Südamerika auf ausgedehnten Expeditionen unterwegs, so unternahm er Reisen nach Kolumbien, Zentralafrika und Ecuador. Vom Ausbruch des Zweiten Weltkriegs gegen Deutschland wurde er auf dem Rückweg von Ecuador überrascht. Ende August 1939 verließ das Handelsschiff „Inn“ den brasilianischen Hafen Pará mit Kurs auf Deutschland. Das deutsche Handelsschiff wurde am 5. September auf hoher See vor den Kanarischen Inseln von der britischen „Neptune“ gestoppt.
- Nur das Notdürftigste konnten wir an Wäsche retten und dazu unsere lieben Vögelchen. Das spielte sich alles in wenigen Minuten ab. Dann wurde unser Schiff durch zwölf Kanonenschüsse versenkt, mit ihm all unser Besitz, vor allen Dingen die unersetzlichen Sammlungen. Wir sind jetzt bettelarm.[3]
Am 5. September versenkten die Briten südwestlich der Kanaren das Schiff samt Sammlung. Er und seine Frau wurden nach Madeira in ein englisches KZ deportiert. Selbst von den Herbarien und Aufzeichnungen, die er noch vor Ausbruch des Kriegs an das Botanische Museum in Berlin-Dahlem versandt hatte, wurde das deutsche Volk durch einen anglo-amerikanischen Terrorangriff erfolgreich „befreit“. Arnold Schultze starb nach Ende des Zweiten Weltkrieges, ohne daß er je nach Deutschland zurückkehren durfte. Seine Sammlung schien für immer verloren.
Einige Wochen vor der Abreise hatte er jedoch in Kolumbien bereits einen einzelnen Koffer per Post aufgegeben. Er erreichte Berlin und wurde im Naturkundemuseum registriert als »Koffer 41/Trockenmaterial«. Ausgewertet hatte den Inhalt aber niemand. Die Illustratorin Hanna Zeckau und der Schauspieler und Autor Hanns Zischler entdeckten im Jahre 2006 im Naturkundemuseum in Berlin zufällig einen verstaubten Überseekoffer und öffneten diesen nach fast sechzig Jahren erstmals wieder. Zum Vorschein kamen gut 18.000 (achtzehntausend!) in 46 Zigarrenkisten verstaute Schmetterlinge aus dem kolumbianischen Hochland, die Arnold Schultze gesammelt und 1939 in diesem einen einzelnen Koffer an das Museum vorausgeschickt hatte. Die Schmetterlinge waren alle einzeln in dreieckigen Papiertütchen aus alten Rechnungszetteln, Zeitungen, zerschnittenen Briefen und Bestellformularen fachgerecht verpackt.
Der Koffer mit seinem Inhalt ist seit Dezember 2010 im Museum für Naturkunde in Berlin, Invalidenstraße 43, in der ersten Etage zu besichtigen.
Werke (Auswahl)
- Das Sultanat Bornu mit besonderer Berücksichtigung Deutsch-Bornus (1910) (PDF-Datei)
- Kamerun und das neue Kongogebiet, 1912
- Die afrikanischen Seidenspinner und ihre wirtschaftliche Bedeutung, 1914 in: „Zeitschrift für Angewandte Entomologie“ (Vorschau)
- Die Charaxiden und Apaturiden der Kolonie Kamerun. Eine zoogeographische und biologische Studie (1916) (PDF-Datei)
- Die Papilioniden der Kolonie Kamerun. Eine zoogeographische und biologische Studie, 1917
- Die wichtigsten Seidenspinner Afrikas. Mit bes. Berücks. d. Gesellschaftsspinner ; Nach d. heutigen Stand d. Wissenschaft, 1920
Literatur
- Hanns Zischler: „Der Schmetterlingskoffer - Die tropischen Expeditionen von Arnold Schultze“, Galiani-Verlag, 2010, ISBN 9783869710242 (Im Buch blättern)
- „Neue Arten aus Ecuador“, in: Notizblatt des Königl. botanischen Gartens und Museums zu Berlin, Bd. 14, Nr. 121 (30. März 1938) (Netzbuch)
Verweise
- jetzt.sueddeutsche.de: Der Fund des Schmetterlingskoffers
- Kolumbiens Schatz im Schmetterlingskoffer
- FAZ: Ein Koffer voller Schmetterlinge (mit Bildern)
- Zeit.de: Zeitkapsel voller Schmetterlinge. Das Lebenswerk eines Naturforschers versank 1939 im Atlantik. Ein einziger Koffer bleibt übrig
- naturkundemuseum-berlin.de: Der Schmetterlingskoffer. Patenschaftsprojekt: Eine Zigarrenkiste voller Schmetterlinge