Bleichröder, Gerson von
Gerson Bleichröder, seit 1872 von Bleichröder ( 22. Dezember 1822 in Berlin; 18. Februar 1893 ebenda), war der Privatbankier Otto von Bismarcks. Er war der erste nicht christlich getaufte Jude, der in Preußen in den Adelsstand erhoben wurde.
Inhaltsverzeichnis
Wirken
Laut dem Buch von Fritz Stern✡ über Bismarck und Bleichröder „Gold und Eisen. Bismarck und sein Bankier Bleichröder“ (2000) beschaffte Bleichröder das Geld, damit der Deutsche Krieg von 1866 finanziert werden konnte. In der Sigilla Veri wird dies in dem Eintrag über Bleichröder zwar bestätigt, darin wird aber auch darauf hingewiesen, daß Preußen die Anteile der Köln-Mindener Eisenbahn, die aufgrund des Ratschlages von Bleichröder veräußert wurden, wieder zurückkaufen mußte, nachdem sich Bismarck dazu entschlossen hatte, die Eisenbahnen in Preußen zu verstaatlichen, da er dies ebenso wie die Einleitung einer Schutzzollpolitik für die weitere gedeihliche Entwicklung des Landes für notwendig erachtete. Demnach war der Ratschlag Bleichröders nur auf kurze Sicht als Mittel zu einem bestimmten Zweck nützlich, auf lange Sicht mußte Preußen dafür aber noch teuer bezahlen, im wahrsten Sinne des Wortes.
Stern beschreibt in seiner Biographie, daß Bleichröder, nachdem er in den Adelsstand erhoben worden war, seine anderen Tischgäste während einer Feierlichkeit dadurch in Aufregung versetzte, daß er einen nichtadeligen möglichen Teilnehmer durch die Bemerkung, daß die Adeligen lieber unter sich bleiben sollten, von derselben ausschließen wollte. Da er selbst aber erst kurz zuvor geadelt worden war, empfanden die anderen Tischgäste seine Haltung als unangebracht. Außerdem soll er ihnen durchaus mißtraut und darum gebeten haben, daß während der von ihm als Gastgeber veranstalteten Festlichkeit zwei Kriminalkommissare auf das Tafelsilber aufpassen.
Außerdem geht Stern auf die Vorwürfe ein, die Hermann Ahlwardt gegen Bleichröder erhob. Er hält sie jedoch für haltlos, da keine Ermittlungen gegen ihn wegen Meineides aufgenommen wurden – was Ahlwardt allerdings in seiner Schrift über diese Vorgänge durch die Worte „Der Gipfel der jüdischen Frechheit – Das Gesetz ist todt, es lebe Bleichröder“ (1891) völlig anders einstuft. Dementsprechend kritisiert er auch die Obrigkeit in dieser Frage und wähnt das alte Preußen des Soldatenkönigs und seines Sohnes Friedrich des Großen nicht mehr als lebendig. Bereits vorher konnte man allerdings die Frage stellen, ob sich die Staatsführung des Bismarck-Reiches noch in arischen oder schon in semitischen Händen befand – nachdem 1890 auf eine Eingabe, die vorsah, die jüdischen Gesetzesbücher (Thora, Talmud, Schulchan Aruch) zu überprüfen, von behördlicher Seite die Antwort ergangen war, daß es untunlich wäre, dem stattzugeben, wie man im Handbuch der Judenfrage nachlesen kann.
Schließlich wird in der zweibändigen Bismarck-Biographie von Ludwig Reiners noch erwähnt, daß es seinerzeit für unangebracht gehalten wurde, daß Bismarck seinen Privatbankier mit nach Frankreich nahm, um die Einzelheiten der Begleichung der Kriegsentschädigung, die Frankreich nach dem verlorenen Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 an das wiedergegründete Deutsche Reich zahlen mußte, zu regeln. Reiners zitiert aus einem Brief Bismarcks, in dem es heißt, daß Bleichröder sich mit den Bankiers auf der anderen Seite zunächst „beriechen“ müsse und daß die Angelegenheit dann schon reibungslos verlaufen würde.
Auf der französischen Seite wiederum war Rothschild✡ dafür zuständig, die finanziellen Fragen zu klären. Im Verlauf der Verhandlungen erwähnte Rothschild dabei, daß Bleichröder nur das sei, was er, Rothschild, ihn verdienen lasse. Diese Bemerkung sagte dem Sohn Bismarcks laut Stern sehr zu, da sich Bleichröder auf Veranlassung seines Vaters in eine private Angelegenheit bezüglich der möglichen Vermählung des Sohnes eingemischt hatte, was dieser ihm sehr übelnahm. Stern bemerkt dazu, daß sich Bleichröder in dieser Frage wohl nicht hätte einmischen sollen, er glaubt aber auch, daß Bismarck seinen Bankier fallengelassen hätte, wenn sein Sohn dies gewünscht hätte. Das tat dieser aber nicht.
Ahlwardt berichtet in seiner Schrift „Der Verzweiflungskampf der arischen Völker mit dem Judentum“ (1891) darüber, daß Bismarck Bleichröder eine Generalvollmacht gegeben und ihn mit der Verwaltung seiner Einkünfte beauftragt haben soll. Eine solche Generalvollmacht wurde üblicherweise nur engen Familienmitgliedern bzw. Vertrauenspersonen erteilt. Stern bestätigt diesen Sachverhalt und beschreibt noch eine Szene, in der Bleichröder vor dem Krieg von 1866 Bismarck 1.000 Taler in verschiedenen Währungen übergab – für den Fall, daß dieser in Gefangenschaft geraten würde und dann seine Wärter bestechen müßte. Diese Szene wird auch in einem dreiteiligen dokumentarischen Fernsehspiel über Bismarck mit Uwe Ochsenknecht als Bismarck dargestellt. In diesem Film wird Bismarck als ein Mann dargestellt, der unkultiviert, herrisch und unbeherrscht und auch bereit dazu ist, Kriege zu führen, während Bleichröder als Mann des Friedens und durchaus in guten Umgangsformen geschult in Szene gesetzt wird. In der Sigilla Veri wird allerdings das Gegenteil behauptet und außerdem noch vermutet, daß Bleichröder auch am Sturz Bismarcks beteiligt gewesen sein könnte.
Bismarck selbst beschreibt in seinen „Gedanken und Erinnerungen“, wie ein gewisser Levinstein ihn auf ziemlich plumpe Weise zu bestechen versuchte, er solle doch beim Zaren – er war gerade Gesandter Preußens in St. Petersburg zu dieser Zeit – neben den preußischen Interessen auch einfach noch die österreichischen mit vertreten. Als er immer zudringlicher wurde, wies Bismarck ihn auf seine körperliche Überlegenheit und auf die Steilheit der Treppe in der Nähe hin, worauf sich besagter Levinstein empfahl. Bleichröder ging nun wohl weniger plump vor und gewann wohl das Vertrauen Bismarcks. In der Sigilla Veri wird Bismarck allerdings damit zitiert, daß Bleichröder sich wie ein typischer Vertreter seines Metiers verhalten habe und daß er gar nichts anderes von ihm erwartet habe. Demnach sei er nur ein besserer Levinstein gewesen, dem es gelungen ist, mit Bismarck in Kontakt zu treten und zu bleiben und sich ihm vermeintlich nützlich zu machen. Es heißt dann in Sterns Buch auch, daß es für einen Edelmann durchaus üblich sei, sich einen Finanzjuden zu halten.
Es mag aber auch sein, daß Bismarck von dem Anerbieten Bleichröders, ihm die 1.000 Taler zu geben, sogar gerührt war. Frei nach Mayer Amschel Rothschild✡ war dessen Ehre sein Geld. Nimmt man ihm sein Geld, nimmt man ihm die Ehre. Demnach konnte Bleichröder ihm nicht mehr geben als das, wenn dies auch auf ihn zutraf. In bereits erwähntem Film wird der Eindruck erweckt, daß Frieden Vorbedingung für Wohlstand sei, indem Bleichröder diese Worte in den Mund gelegt wurden. Doch soll damit wohl nur von der Tatsache abgelenkt werden, daß man am Krieg durchaus auch gut verdienen kann. Alles in allem zeichnet Stern ein weniger günstiges Bild von Bleichröder, als es in diesem Film der Fall ist, die Sigilla Veri schildert ihn sogar als jemanden, der die Geldschwierigkeiten seiner Kundschaft durchaus auch dazu ausnutzte, um diese zu demütigen und sich selbst dadurch zu erhöhen. Ahlwardt zeichnet das am wenigsten günstige Bild von ihm.
Zitate
- Über Bleichröder
- „Bismarck hätte zehn andere Bleichröder finden können. Es gab genügend diskrete jüdische Bankiers, aber es gab nur einen Bismarck.“[1]
Literatur
- Hermann Ahlwardt:
- Erwin Bauer: Der Fall Bleichröder (1891) (PDF-Datei)
- Fritz Stern: Gold und Eisen – Bismarck und sein Bankier Bleichröder (1999)