Bildergeschichte
Eine Bildergeschichte oder in seiner modernen Form Bildstreifengeschichte[1] (letztere weitgehend unter dem englischen Kunstwort Comic bekannt) stellt eine Art der Kunst dar, bei der eine Abfolge von Bildern verwendet wird, um eine Geschichte zu erzählen. Bildergeschichten erfreuen sich vor allem bei Kindern und Jugendlichen großer Beliebtheit, sind jedoch auch unter Erwachsenen oftmals beliebt. Entgegen der häufigen Meinung, Bildergeschichten seien eine noch sehr junge Erfindung des 20. Jahrhunderts, gibt es sie schon seit spätestens dem 19. Jahrhundert, so wurden etwa seit 1848 in Deutschland die Münchener Bilderbogen herausgegeben.
Inhaltsverzeichnis
Erläuterung
Bildergeschichten haben oftmals den Ruf von Primitivität, vor allem von Literaten werden sie meist nicht als grafische Form der Literatur anerkannt. Das mag auch daran liegen, daß sie meist überwiegend aus Dialogen bestehen und sehr oft Umgangssprache verwendet wird. Ebenso ein Grund hierfür mag sein, daß moderne Bildergeschichten oftmals in ihrer Handlung sehr überzogen sind oder einen hohen Anteil an Kampfdarstellungen besitzen.
Zu den Bildergeschichten zählt auch der grafische Roman, der sich jedoch vorwiegend an ältere Leser richtet, und sich selbst von den normalen Bildergeschichten abzugrenzen versucht. Grafische Romane werden meist auch im Buchhandel vertrieben, während Bildergeschichtenhefte primär bei Zeitschriftenläden und Kiosken zu erwerben sind. Als ein deutscher Pionier der Bildergeschichte gilt etwa Wilhelm Busch, dessen Werke auch von der Literatur als hochwertig anerkannt werden.
Moderne Bildergeschichten („Comics“, Bildstreifengeschichten)
Moderne Bildergeschichten sind in Deutschland in der Regel unter dem aus dem Englischen übernommenen Wort „Comic“ bekannt. Im Deutschen gibt es wohl keine vollkommene Entsprechung für „Comic“, wenn auch der Ausdruck Bildstreifengeschichte existiert.[1] „Streifen“ (entsprechend zu engl. „strip“ im „comic strip“) bezieht sich dabei auf den Streifendruck der damaligen Zeitungen, in denen die Bildstreifengeschichten zuerst publiziert wurden. Allerdings bezeichnet das entsprechende „comic strip“ im Englischen nur diese kurzen Zeitungs-Bildergeschichten in „Comic“-Form, während es im Deutschen auch allgemein verstanden wird als eine in Streifen angeordnete Folge von Bildern mit integriertem Text.[2]
Generell unterscheiden sich die „Comics“ bzw. Bildstreifengeschichten sowohl in Form als auch in ihrem Inhalt von den klassischen Bildergeschichten, auch wenn es teilweise fließende Übergänge gibt. Wesentliche unterscheidende Merkmale sind die in wörtlicher Rede oder lautmalerischen Sequenzen in Form von Sprechblasen in das Bild integrierten Einfügungen, welche stark durch die Montage- und Bildfolgemöglichkeiten des Films beinflusst sind und daher oft auch filmisch umgesetzt werden (→ Zeichentrickfilm).
Allerdings steht der englische Begriff „Comics“ keinesfalls nur für die – meist trivialeren – Bildstreifengeschichten aus dem angloamerikanischen Raum, da vor allem die französischsprachigen bzw. wallonischen – „frankobelgischen“ – Vertreter (Tim und Struppi, Asterix, Die Schlümpfe und andere) (frz.: Bande dessinées, dt. „gezeichneter Streifen“; im französischen Sprachraum verwendet in Abgrenzung zu der primitiveren „Comic“-Groschenheftvariante nach Vorbild der US-Comics) weltweit deutlich markanter dastehen.
Viele der neueren Bildstreifengeschichten beschäftigen sich sehr häufig mit der Darstellung von Gewaltverbrechen, Pornographie, brutalen Horrordarstellungen, Endzeit-„Science-Fiction“-Abenteuern, überzogenen Kriegsgewalt-Darstellungen, oft verbunden mit antivölkischer Hetze, und sind in dieser Form typisch für die spätliberalistische Gesellschaft.
Bekannte Beispiele für moderne Bildergeschichten (Bildstreifengeschichten)
- Abrafaxe (DDR)
- Asterix (F)
- Batman (USA)
- Blade (USA)
- Digedags (DDR)
- Donald Duck (USA)
- Fix und Foxi (BRD)
- Johann und Pfiffikus (B)
- Lucky Luke (B)
- Micky Maus (USA)
- Nick Knatterton (BRD)
- Die Schlümpfe (B)
- Spirou und Fantasio (B)
- Superman (USA)
- Tim und Struppi (B)
Dietrich von Bern (Wichmann)
Die Einbände zur Bildergeschichte über Dietrich von Bern (Autor Peter Wichmann, Zeichner Rafael Mendez)[3]
Jüdischer Einfluß
„Superman“, „Batman“ und „Spider-Man“ fungieren in weiten Teilen als Helden und Identifikationsfiguren jüdischer Weltanschuung:[4]
- „Auch in den bunten Bildern mit den Sprechblasen finden sich zahlreiche Bezüge zu jüdischen Themen: Superhelden und ihre jüdischen »Väter«, witzige, skurrile und tragische Geschichten, jüdischer Alltag und die Schatten des Holocaust. Superman ist allerdings trotz seiner jüdischen Schöpfer kein jüdischer Held, und der Comic wurde auch nicht von jüdischen Zeichnern erfunden. Dennoch fällt auf, dass sich viele bedeutende Comickünstler auf jüdische Geschichte oder individuelle jüdische Biografien beziehen. Sie tragen so selbst wiederum zur Ausformung eines kollektiven jüdischen Gedächtnisses und Selbstbildes bei.“ [5][6]
Die jüdische Minderheit in den USA hat das bereits vorhandene Medium der populären Bildergeschichten dazu genutzt, zunächst die eigenen Wertmaßstäbe zu illustrieren, um dann, in einem zweiten Schritt, dieses Ausdrucksmittel thematisch zu modifizieren, ihm einen eigenen Stempel aufzudrücken. Diese Entwicklung steht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit den historischen Abläufen in der politischen Geschichte des 20. Jahrhunderts.[4]
Bis in die zwanziger Jahre des 19. Jahrhunderts erzählen die Bildergeschichten, die – von Samuel Zagat oder Zuni Maud erfunden – in den beiden auflagenstarken jiddischen Tageszeitungen Die Varhayt und Der Forverts publiziert wurden, hauptsächlich vom Alltagsleben und von den vielfältigen kulturellen Reibungen der jüdischen Immigranten, die aus Mitteleuropa in die USA strömten und sich vorzugsweise an der Lower East Side, in der Bronx und in Brooklyn niederließen.[4]
Diese thematische und publizistische Beschränkung wurde in der Zeit nach der Großen Depression Ende der zwanziger Jahre rasch überwunden, als jüdische Zeichner und Autoren sich mehr und mehr der Bildersprache der meist in Zeitungen und Zeitschriften veröffentlichten Comic-Strips bedienten, um, wie der Zeichner Will Eisner dieses Phänomen Ende der dreißiger Jahre einmal programmatisch deutete, gestützt auf das Vorbild des Golem, den Mythos eines jüdischen Supermanns zu entwickeln.[4]
Den Anfang machten Joe Shuster und Jerry Siegel, die 1938 die Figur des „Superman“ erfanden, einen Comic-Helden, der mit übermenschlichen Kräften allen Bedrohungen und Herausforderungen trotzte. Alle Superhelden, die von nun an als Protagonisten der Comic-Strips figurierten, waren von jüdischen Zeichnern und Autoren geschaffen wurden. Deren Vorfahren stammten ausnahmslos aus Mitteleuropa: 1939 debütierten Bob Kane und Bill Finger mit „Batman“, dem 1940 „Captain America“ von Jack Kirby und Joe Simon folgte, um nur die wichtigsten Vertreter dieses Genres zu nennen, dessen späteste Evolution der von Stan Lee nach dem Zweiten Weltkrieg geschaffene „Spider-Man“ darstellt.[4]
Siehe auch
- Verbotene, beschlagnahmte oder indizierte Bildergeschichten
- Marvel Comics
- Karikatur
- Zeichentrickfilm
Literatur
- Benjamin Garland: Merchants of Sin, 2017, ISBN 9781387033478 [enthält Ausführungen zu jüdischem Einfluß; 210 S.] Buchvorstellung