Powell, Enoch

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John Enoch Powell (1912—1998)

John Enoch Powell (* 16. Juni 1912 in Strechford, Birmingham; † 8. Februar 1998 in London), MBE, war ein britischer Politiker. Umstritten während der Karriere, währte seine Amtszeit nur kurz. Seine Fähigkeiten als Polemiker und Redner sicherten ihm bemerkenswerte öffentliche Unterstützung für seine kontroversen Ansichten zu Themen wie Einwanderung und den Beitritt Großbritanniens zur Europäischen Gemeinschaft und entzündete nationale Debatten, die sich bis heute fortsetzen.

„Ströme von Blut“-Rede

Powell war bekannt für seine rhetorischen Fähigkeiten und ein Einzelgänger, der wenig darauf gab, ob er seiner Partei oder sich selbst schadete. Am 20. April 1968 hielt er eine umstrittene Rede in Birmingham, in der er seine Zuhörerschaft vor den Folgen ungebremster Zuwanderung aus dem Commonwealth auf Großbritannien zukommen sah, warnte. Weil er wegen der Einwanderung „Ströme von Blut fließen“ in Anspielung auf Vergil sah, „in der der Tiber mit einem Schaum von Blut bedeckt ist“, wurde sie durch die Presse als „Ströme von Blut“-Rede getauft und dieser Name blieb haften.

Ein Gegenstand seiner Rede war das ausgiebige Zitat eines Briefes einer seiner Wählerinnen in Wolverhampton, einer älteren Dame, die ihre Erfahrungen zum Besten gab als vermutlich letzte Weiße in ihrer Straße. Sie hatte wiederholt Bewerbungen von Farbigen um vermietete Räume abgelehnt, weshalb sie außerhalb ihres Heims als Rassistin verrufen war und Exkremente in ihrem Briefkasten fand. Die Rede wurde 1968 gehalten, als das Gesetz über die Beziehungen der Rassen im Parlament behandelt wurde, das die „Ungleichbehandlung“ (→ Egalitarismus) aufgrund der Rassen bei der Vermietung aufhob.

Heath warf Powell am Tag nach der Rede aus seinem Schattenkabinett und Powell erhielt nie wieder eine leitende Position in seiner Partei. Dennoch erhielt Powell erhebliche Zustimmung aus der Öffentlichkeit, nicht zuletzt über 100.000 überwiegend positive Briefe und eine Gallup-Umfrage Ende April zeigte, dass 74 % der Befragten Powells in der umstrittenen Rede geäußerten Thesen zustimmten. Drei Tage nach seiner Rede, als der Gesetzentwurf über die Rassenbeziehungen im Unterhaus debattiert wurde, marschierten 1.000 Hafenarbeiter nach Westminster, um gegen Powells Rolle als Opfer zu protestieren. Am nächsten Tag überreichten 400 Fleischträger vom Smithfield Market eine 92seitige Petition zur Unterstützung von Powell.

Hintergrund der Auseinandersetzung ist, daß Großbritannien bis 1962 jedem Einwohner des Commonwealth mit einem britischen Pass die Einwanderung nach Großbritannien ermöglichte, was von der britischen Industrie lange Zeit enthusiastisch ob des großen Zustroms billiger Arbeitskräfte im Umfeld der ehemaligen Textilindustriemetropolen gefeiert wurde. Dies war in vielen heruntergekommenen Vorstädten verbunden mit ghettoähnlichen Strukturen zu einem explosiven Gemisch von sozialem Sprengstoff, als Ende der 1960er und in den 1970er Jahren die arbeitsintensiven alten britischen Industrien sang- und klanglos untergingen und eine wachsende Zahl von Einwanderern und Briten arbeitslos wurde.

Wortlaut der Rede

Quelle
Folgender Text ist eine Quellenwiedergabe. Unter Umständen können Rechtschreibfehler korrigiert oder kleinere inhaltliche Fehler kommentiert worden sein. Der Ursprung des Textes ist als Quellennachweis angegeben.

Ströme aus Blut

Seine Warnung wurde überhört: Am 20. April 1968 forderte der englische Abgeordnete Enoch Powell eindringlich den Stop der Masseneneinwanderung nach Großbritannien. Die aktuellen Unruhen bestätigen die Befürchtungen des 1998 verstorbenen Politikers. Die JUNGE FREIHEIT dokumentiert die gesamte Rede:

Die höchste Funktion der Staatskunst besteht darin, vermeidbaren Übeln vorzubeugen. Bei diesem Versuch stößt sie auf Hindernisse, die tief in der menschlichen Natur wurzeln. Zum einen liegt es in der Ordnung der Dinge, daß solche Übel nicht nachweisbar sind, bevor sie zutage getreten sind: In jedem Stadium ihrer Entwicklung bleibt Spielraum für Zweifel und für Streit darum, ob sie echt seien oder eingebildet.

Gleichzeitig erregen sie wenig Aufmerksamkeit im Vergleich zu gegenwärtigen Problemen, die sowohl unbestreitbar als auch dringlich sind: daher die ständige Versuchung in der Politik, sich auf Kosten der Zukunft mit der unmittelbaren Gegenwart zu befassen. Vor allem neigen die Menschen zu der Fehlauffassung, wer Ärger vorhersieht, verursache oder ersehne ihn sogar. „Wenn die Leute nur nicht darüber reden würden“, denken sie gerne, „dann würde es wahrscheinlich nicht passieren.“

Vielleicht ist diese Gewohnheit auf den primitiven Glauben zurückzuführen, das Wort und das Ding, der Name und der Gegenstand seien identisch. Wie auch immer, die Auseinandersetzung mit zukünftigen schwerwiegenden, aber durch sofortiges Handeln noch abwendbaren Übeln ist die unpopulärste und zugleich notwendigste Aufgabe des Politikers. Diejenigen, die sich offenen Auges vor ihr drücken, verdienen die Flüche derer, die nach ihnen kommen – und oft genug werden sie ihnen auch zuteil.

Keine Regierung bleibt ewig an der Macht

Vor ein oder zwei Wochen kam ich mit jemandem aus meinem Wahlkreis ins Gespräch, einem ganz normalen Arbeiter in mittleren Jahren, der in einer unserer verstaatlichten Industrien beschäftigt ist. Nach ein, zwei Sätzen über das Wetter sagte er plötzlich: „Wenn ich das Geld hätte, wegzuziehen, würde ich nicht in diesem Land bleiben.“

Ich machte irgendeine abfällige Bemerkung von wegen, auch diese Regierung werde nicht ewig an der Macht bleiben; aber er nahm keine Notiz davon und fuhr fort: „Ich habe drei Kinder, alle haben das Gymnasium hinter sich, und zwei sind jetzt verheiratet mit eigener Familie. Ich werde erst zufrieden sein, wenn ich dafür gesorgt habe, daß sie sich alle in Übersee niederlassen. Hierzulande wird in 15 bis 20 Jahren der schwarze Mann die Peitsche über den weißen schwingen.“

Ich höre schon den Chor der Abscheu. Wie kann ich es wagen, so etwas Schreckliches auszusprechen? Wie kann ich es wagen, Unruhe zu stiften und die Gemüter zu erhitzen, indem ich ein solches Gespräch wiedergebe? Die Antwort ist, daß ich nicht das Recht habe, es nicht zu tun. Ein anständiger, normaler Landsmann sagt am hellichten Tag in meiner eigenen Stadt zu mir, seinem Unterhausabgeordneten, daß sein Land seinen Kindern keine lebenswerte Existenz mehr bieten kann.

Einwanderer werden ganze Städte besetzen

Ich habe einfach nicht das Recht, die Achseln zu zucken und an etwas anderes zu denken. Tausende und Hunderttausende sagen und denken dasselbe wie er, vielleicht nicht überall in Großbritannien, aber doch in jenen Gebieten, in denen bereits die völlige Verwandlung begonnen hat, die in tausend Jahren englischer Geschichte keine Parallele hat.

Hält der derzeitige Trend an, werden sich in 15 oder 20 Jahren dreieinhalb Millionen Einwanderer aus dem Commonwealth und ihre Nachkommen in diesem Land leben. Diese Zahl ist nicht von mir. Es ist die offizielle Zahl, die der Sprecher des Registrar General (obersten Verwaltungsbeamten) dem Parlament bekanntgab.

Für das Jahr 2000 gibt es keine vergleichbare offizielle Zahl, doch muß sie bei fünf bis sieben Millionen liegen, etwa ein Zehntel der Gesamtbevölkerung und fast so hoch wie die des Londoner Großraums. Natürlich werden sie sich nicht gleichmäßig zwischen Margate und Aberystwyth und zwischen Penzance und Aberdeen verteilen. Über England verstreut werden Einwanderer und ihre Nachkommen ganze Gegenden, Städte und Stadtteile besetzt haben.

Der Anteil der Einwanderer wird rapide steigen

Im Laufe der Zeit wird der Anteil der Nachfahren von Einwanderern an dieser Gesamtzahl, der in England Geborenen, die auf genau demselben Weg hier herkamen wie wir übrigen, rapide ansteigen. Bereits 1985 würden die hier Geborenen eine Mehrheit bilden. Dieser Umstand ist es, der ein sofortiges Eingreifen dringend notwendig werden läßt, und zwar ein Eingreifen jener Art, die für Politiker am schwierigsten durchzuführen ist, wo nämlich die Schwierigkeiten in der Gegenwart bestehen, während die Übel, die es zu verhindern oder zu minimieren gilt, mehrere Parlamentsperioden in der Zukunft liegen.

Die natürliche und vernünftige Frage einer Nation, der derartige Aussichten bevorstehen, lautet: „Wie läßt sich ihr Ausmaß reduzieren?“ Kann begrenzt werden, was zugegebenermaßen nicht vollkommen zu vermeiden ist, wenn man bedenkt, daß Zahlen von äußerster Wichtigkeit sind: Die Bedeutung und die Folgen der Einführung eines fremden Elements in ein Land oder eine Bevölkerung unterscheiden sich grundlegend, je nachdem, ob dieses Element ein Prozent oder zehn Prozent ausmacht.

Die Antworten auf diese simple, vernünftige Frage sind ebenso simpel und vernünftig: indem man weiteren Zufluß stoppt oder so gut wie stoppt und einen maximalen Abfluß fördert. Beide Antworten sind Teil der offiziellen Politik der Konservativen Partei.

Unsere Nation baut sich den eigenen Scheiterhaufen

Es ist kaum zu glauben, daß derzeit jede Woche allein in Wolverhampton zwanzig bis dreißig zusätzliche Einwandererkinder aus Übersee eintreffen – und das bedeutet 15 bis 20 zusätzliche Familien in ein oder zwei Jahrzehnten. Die die Götter zerstören wollen, die treiben sie erst in den Wahnsinn. Wir müssen als Nation wahnsinnig sein, buchstäblich wahnsinnig, um den jährlichen Zufluß von um die 50.000 Angehörigen zuzulassen, die größtenteils die Basis für das zukünftige Wachstum der von Einwanderern abstammenden Bevölkerung bilden. Es ist, als schaue man einer Nation dabei zu, wie sie eifrig ihren eigenen Scheiterhaufen aufbaut.

Wir sind so geisteskrank, daß wir unverheirateten Menschen tatsächlich erlauben, einzuwandern, um mit Ehegatten oder Verlobten, die sie nie gesehen haben, eine Familie zu gründen. Es solle niemand annehmen, daß der Zuzug von Abhängigen automatisch abnehmen wird. Im Gegenteil, selbst die derzeitige Einlaßquote von nur 5.000 pro Jahr reicht aus für weitere 25.000 pro Jahr ad infinitum, ohne das riesige Reservoir bereits existierender Beziehungen in diesem Land mitzuzählen – die Einreise auf betrügerischem Weg berücksichtige ich überhaupt nicht. Unter diesen Umständen bleibt nur, den Gesamtzufluß zur dauerhaften Niederlassung auf der Stelle auf geringfügige Proportionen zu reduzieren und die notwendigen legislativen und administrativen Maßnahmen müssen unverzüglich ergriffen werden.

Ich komme zur Rückwanderung. Wenn die gesamte Einwanderung morgen endete, würde die Wachstumsrate der Einwanderer- und von Einwanderern abstammenden Bevölkerung erheblich verringert, doch das grundsätzliche Wesen der nationalen Gefahr bliebe aufgrund der in Zukunft zu erwartenden Größe dieses Bevölkerungselementes bestehen.

Einwanderer zur Rückkehr ermuntern

Dies kann nur in Angriff genommen werden, solange Menschen, die innerhalb etwa der letzten zehn Jahren einreisten, einen beträchtlichen Anteil ausmachen. Um so dringlicher ist es, jetzt das zweite Element der konservativen Politik umzusetzen: die Ermunterung zur Rückwanderung. Niemand kann abschätzen, wie viele sich mit großzügiger Unterstützung entweder für eine Rückkehr zu ihren Ursprungsländern entscheiden oder aber in andere Länder gehen würden, wo ihre Arbeitskraft und Fähigkeiten benötigt werden.

Niemand weiß es, weil bislang kein Versuch einer solchen Politik gemacht wurde. Ich kann nur sagen, daß sogar im Augenblick ab und zu Einwanderer aus meinem eigenen Wahlkreis zu mir kommen und mich bitten, ihnen Unterstützung bei der Heimkehr zu leisten. Würde eine solche Politik eingeführt und mit der Entschlossenheit durchgesetzt, die die drohende Alternative rechtfertigt, könnte der daraus resultierende Abfluß die Zukunftsaussichten spürbar ändern.

Das dritte Element der Politik der Konservativen Partei ist, daß alle, die als Staatsbürger in diesem Land leben, vor dem Gesetz gleich sein müssen und es zwischen ihnen keine Diskriminierung oder Differenzierung durch staatliche Behörden geben darf. Wie Edward Heath gesagt hat, wird es keine „Staatsbürger erster Klasse“ und „Staatsbürger zweiter Klasse“ geben.

Das bedeutet nicht, daß der Einwanderer oder seine Nachkommen in eine privilegierte oder besondere Klasse erhoben wird oder daß dem Bürger sein Recht verwehrt wird, in der Regelung seiner eigenen Angelegenheiten zwischen dem einen und dem anderen Mitbürger zu diskriminieren oder daß ihm Zwang angetan werden soll bezüglich seiner Gründe und Motive, dem Gesetz auf die eine statt auf die andere Art Folge zu leisten.

Die Einheimischen werden diskriminiert

Gröber ließen sich die Realitäten nicht mißverstehen, als es diejenigen tun, die lautstark Gesetze „gegen Diskriminierung“ fordern, wie sie es nennen, seien sie Leitartikler desselben Typs und manchmal derselben Zeitungen, die in den 1930ern dieses Land jahrelang blind zu machen versuchten für die wachsende Gefahr, die ihm drohte, oder Erzbischöfe, die in Palästen leben, und mit der Bettdecke über den Kopf gezogen fein gedeihen. Sie haben völlig und diametral unrecht.

Die Diskriminierung und Benachteiligung, das Gefühl von Sorge und Ärger herrscht nicht bei der Einwandererbevölkerung, sondern bei denen, in deren Mitte sie gekommen sind und immer noch kommen. Mit der Verabschiedung einer solchen Gesetzgebung zum gegenwärtigen Zeitpunkt riskiert das Parlament daher, ein Zündholz ans Schießpulver zu legen. Das freundlichste, was sich über diejenigen sagen läßt, die dies vorschlagen und unterstützen, ist, daß sie nicht wissen, was sie tun. >>


Nichts ist irreführender als der Vergleich zwischen dem Commonwealth-Einwanderer und dem amerikanischen Neger. Die Negerbevölkerung der Vereinigten Staaten, die bereits vor der Nationwerdung der Vereinigten Staaten existierte, begann im wahrsten Sinne des Wortes als Sklaven, um später das Wahl- und andere Bürgerrechte zu erhalten, deren Ausübung sie nur langsam und bis heute nicht vollständig erreicht haben.

Der Commonwealth-Einwanderer kam im Besitz der vollen Staatsbürgerschaft nach Großbritannien, in ein Land, das keine Diskriminierung zwischen dem einen und dem anderen Bürger kannte, und ihm wurden sofort sämtliche Rechte jedes Staatsbürgers gewährt, vom Stimmrecht bis zur freien medizinischen Behandlung durch den National Health Service. Etwaige Nachteile, die dem Einwanderer entstanden, ergaben sich nicht aus dem Gesetz oder aus der Politik des Staats oder aus den Verwaltungsmaßnahmen, sondern aus jenen persönlichen Umständen und Zufällen, die bewirken und immer bewirken werden, daß sich Schicksal und Erfahrung eines Menschen von denen eines anderen unterscheiden.

Während jedoch für den Einwanderer die Aufnahme in dieses Land die Zulassung zu heißersehnten Privilegien und Möglichkeiten bedeutete, war die Wirkung auf die bestehende Bevölkerung eine ganz andere. Aus Gründen, die sie nicht verstehen konnten, und infolge einer Versäumnisentscheidung, zu der sie nie befragt worden waren, fanden sie sich als Fremde in ihrem eigenen Land wieder.

Immer mehr Privilegien für die Fremden

Sie stellten fest, daß für ihre Frauen keine Wochenbetten, für ihre Kinder keine Plätze in der Schule frei waren, ihre Häuser und Nachbarschaften sich bis zur Unkenntlichkeit veränderten, ihre Zukunftspläne und -aussichten zunichte gemacht wurden; auf der Arbeit stellten sie fest, daß Arbeitgeber zögerten, an den Einwanderer dieselben Maßstäbe der Disziplin und Tüchtigkeit anzulegen, die von dem einheimischen Arbeiter erwartet wurden; mit der Zeit begannen sie immer mehr Stimmen zu hören, die ihnen sagten, sie seien nun die Unerwünschten.

Jetzt erfahren sie, daß ein einseitiges Privileg vom Parlament verabschiedet werden soll; ein Gesetz, das weder dazu dient noch dazu gedacht ist, sie zu schützen oder ihnen Recht zu verschaffen, soll beschlossen werden, um dem Fremden, dem Unzufriedenen und dem Agent provocateur die Macht zu geben, sie für ihre privaten Handlungen an den Pranger zu stellen.

In den Hunderten und Aberhunderten von Briefen, die ich erhielt, als ich mich vor zwei, drei Monaten zuletzt zu diesem Thema äußerte, stach ein Merkmal hervor, das weitgehend neu war und das mich Böses ahnen läßt. Alle Abgeordneten sind den typischen anonymen Briefschreiber gewöhnt; was mich jedoch überraschte und alarmierte, war der hohe Anteil einfacher, anständiger, vernunftbegabte Menschen, die vernünftige und oft hochgebildete Briefe schrieben und glaubten, ihre Adresse weglassen zu müssen, weil sie es für gefährlich hielten, sich in schriftlicher Form an einen Parlamentsabgeordneten gewandt und Zustimmung zu den Ansichten bekundet zu haben, die ich geäußert hatte, und Strafen oder Sanktionen fürchteten, falls bekanntwürde, daß sie dies getan hätten. Das Gefühl, eine verfolgte Minderheit zu sein, das unter den einfachen Engländern in den betroffenen Teilen des Landes wächst, können jene, die es nicht aus eigener Erfahrung kennen, sich kaum vorstellen. Ich werde nur einen dieser Hunderten von Menschen für mich sprechen lassen:

Allein unter Schwarzen

„Vor acht Jahren wurde in einer Straße in Wolverhampton, die als gute Wohngegend galt, ein Haus an einen Neger verkauft. Nun lebt dort nur noch eine einzige Weiße (eine Rentnerin). Dies ist ihre Geschichte. Sie verlor ihren Mann und ihre beiden Söhne im Krieg. So wandelte sie ihr Haus mit sieben Zimmern, ihr einziges Besitztum, in eine Pension um. Sie arbeitete hart und verdiente gut, zahlte ihre Hypothek ab und begann fürs Alter zu sparen. Dann zogen die Einwanderer ein. Mit wachsender Furcht sah sie zu, wie ein Haus nach dem anderen übernommen wurde. Aus der ruhigen Straße wurde ein Ort des Lärms und Chaos. Bedauerlicherweise zogen ihre weißen Mieter aus.

Am Tag, nachdem der letzte gegangen war, wurde sie um sieben Uhr morgens von zwei Negern geweckt, die ihr Telefon benutzen wollten, um ihren Arbeitgeber anzurufen. Als sie sich weigerte, wie sie es bei jedem Fremden zu solch früher Stunde getan hätte, wurde sie beschimpft und fürchtete, sie wäre angegriffen worden, hätte sie keine Kette an der Tür gehabt. Einwandererfamilien haben versucht, Zimmer in ihrem Haus zu mieten, aber sie weigerte sich immer.

Ihr kleiner Geldvorrat war aufgebraucht, und wenn sie die anfallenden Nebenkosten bezahlt hat, bleiben ihr weniger als zwei Pfund pro Woche. Sie bemühte sich um einen Rabatt und bekam einen Termin bei einem jungen Mädchen, das vorschlug, sie sollte doch einen Teil ihres Hauses vermieten. Als sie sagte, sie könne nur Neger bekommen, sagte das Mädchen: ‘Mit rassistischen Vorurteilen werden Sie in diesem Land nicht weit kommen.’ Also ging sie nach Hause.

Das Telefon ist ihre Rettungsleine. Ihre Familie zahlt die Rechnung und unterstützt sie, so gut sie kann. Einwanderer haben angeboten, ihr Haus zu kaufen – zu einem Preis, den der zukünftige Vermieter innerhalb von Wochen oder höchstens ein paar Monaten von seinen Mietern zurückbekommen würde. Langsam bekommt sie Angst, das Haus zu verlassen. Fensterscheiben sind zerbrochen. Sie findet durch ihren Briefkastenschlitz geschobene Fäkalien. Wenn sie einkaufen geht, laufen ihr Kinder hinterher, charmante, breit grinsende Negerlein. Sie sprechen kein Englisch, aber ein Wort kennen sie. „Rassistin“, skandieren sie. Wenn das neue Gesetz zu den Rassenbeziehungen verabschiedet wird, ist diese Frau überzeugt, daß sie ins Gefängnis kommt. Und hat sie so unrecht? Ich bin mir nicht mehr sicher.“

Wahnvorstellung Integration

Die andere gefährliche Wahnvorstellung, an der diejenigen leiden, die mutwillig oder sonstwie blind gegenüber den Realitäten sind, läßt sich in dem Wort „Integration“ zusammenfassen. Sich in eine Bevölkerung zu integrieren, heißt, praktisch ununterscheidbar von ihren übrigen Mitgliedern zu werden. Nun ist, wo eindeutige körperliche Unterschiede, besonders in der Hautfarbe bestehen, Integration immer schwierig, wenn auch auf Dauer nicht unmöglich.

Unter den Commonwealth-Einwanderern, die in den letzten fünfzehn Jahren gekommen sind, um hier zu leben, sind viele Tausende, die den Wunsch und die Absicht haben, integriert zu werden, und deren Gedanken und Bestrebungen stets in diese Richtung gehen. Sich jedoch einzubilden, eine große und wachsende Mehrheit von Einwanderern und ihren Nachkommen habe dergleichen im Sinn, ist ein absurder Irrglaube, und ein gefährlicher dazu.

Wir stehen hier vor einem Wandel. Bislang hat die Kraft der Umstände und der Herkunft den bloßen Gedanken an Integration für die Mehrheit der Einwanderer unzugänglich gemacht – daß sie niemals an etwas Derartiges gedacht oder es beabsichtigt haben, und daß ihre Anzahl und physische Konzentration bedeutete, daß der Integrationsdruck, dem normalerweise jede kleine Minderheit unterliegt, nicht funktionierte.

Ethnische Abgrenzung ein Krebsgeschwür

Nun erleben wir die Zunahme von Kräften, die der Integration aktiv entgegenwirken, von Eigeninteressen an Erhalt und Verschärfung rassischer und religiöser Unterschiede mit dem Ziel der Ausübung richtiggehender Dominanz, zunächst über andere Einwanderer und dann über den Rest der Bevölkerung. Die Wolke, die nicht größer ist als die Hand eines Mannes und den Himmel doch so schnell überziehen kann, ist jüngst in Wolverhampton zu sehen gewesen, und die Anzeichen deuten darauf hin, daß sie sich rasch ausbreiten wird.

Die Sätze, die ich gleich sprechen werde, die am 17. Februar wortwörtlich so in der Lokalpresse gedruckt wurden, stammen nicht von mir, sondern von einem Labour-Abgeordneten, der in der derzeitigen Regierung ein Ministeramt bekleidet: „Die Kampagne der Sikh-Gemeinschaft, Bräuche beizubehalten, die in Großbritannien unangemessen sind, muß sehr bedauert werden. Wenn sie in Großbritannien arbeiten, vor allem im öffentlichen Sektor, sollten sie bereit sein, die Bedingungen ihres Arbeitsvertrages zu akzeptieren.

Als Gemeinschaft Sonderrechte (oder sollten sie sagen -riten?) zu fordern, führt zu einer gefährlichen Fragmentierung der Gesellschaft. Diese ethnische Abgrenzung ist ein Krebsgeschwür; von welcher Hautfarbe sie auch praktiziert wird, ist sie vehement zu verurteilen.“ John Stonehouse gebührt alle Anerkennung für die Einsicht, dies wahrgenommen zu haben, und den Mut, es gesagt zu haben.

Eine dunkle Zukunft

Für diese gefährlichen und spalterischen Elemente bietet der Gesetzentwurf zu den Rassenbeziehungen (Race Relations Bill) genau den Nährboden, den sie zum Gedeihen brauchen. Hier ist das Mittel, um zu zeigen, daß die Einwanderergemeinschaften ihre Mitglieder organisieren und konsolidieren, gegen ihre Mitbürger agitieren und sich engagieren und den Rest mit den Waffen des Gesetzes überwältigen und dominieren können, die die Unwissenden und schlecht Informierten bereitgestellt haben.

Wenn ich in die Zukunft blicke, erfüllt mich Vorahnung; wie der Römer scheine ich „den Fluß Tiber mit viel Blut schäumen“ zu sehen. Jenes tragische und ausweglose Phänomen, das wir mit Schrecken auf der anderen Seite des Atlantik beobachten, das aber dort mit der Geschichte und Existenz der Vereinigten Staaten selbst verwoben ist, kommt hier durch unseren eigenen Willen und unsere eigene Achtlosigkeit über uns. Tatsächlich ist es beinahe schon soweit. Zahlenmäßig wird es lange vor dem Ende des Jahrhunderts amerikanische Proportionen haben. Einzig entschlossenes und sofortiges Handeln wird es auch jetzt noch abwenden. Ob es den öffentlichen Willen geben wird, dieses Handeln zu verlangen und durchzuführen, weiß ich nicht. Ich weiß nur, daß der große Verrat darin bestünde, zu sehen und nicht zu sprechen.

Der 1912 in Birmingham geborene und aufgewachsene Enoch Powell war Professor für Griechisch, Brigadegeneral, konservativer Abgeordneter, Staatssekretär und Gesundheitsminister. Nach seiner Rede am 20. April 1968 zur Anwerbung vornehmlich afro-karibischer und asiatischer Einwanderer aus Commonwealth-Staaten geriet er in die politische Isolierung, die sich durch seine leidenschaftliche Ablehnung des Beitritts Großbritanniens zur EWG noch verstärkte. 1974 trat er aus der Konservativen Partei aus und schloß sich der nordirischen Ulster Unionist Party an. 1998 starb er im Alter von 85 Jahren in London (JF 9/98).


Verweise