Oppenheimer, Ernest
Sir Ernest Oppenheimer, richtig Ernst Oppenheimer (* 22. Mai 1880 in Friedberg (Hessen); † 25. November 1957 in Johannesburg (Südafrika)) war Begründer des Diamantenkartells unter der Firma De Beers.
Inhaltsverzeichnis
Werdegang
Ernest Oppenheimer wurde am 22. Mai 1880 in Friedberg in Hessen (dem Stammort auch der Familie Rothschild) als Sohn des Zigarrenhändlers Edward Oppenheimer geboren.[1] Dort erhielt er seine Schulausbildung durch Privatunterricht und ging im Jahre 1896 ins Ausland.[2] Mit 17 Jahren trat er in die Lehre bei Dunkelsbuhler & Company in London und siedelte nach Ende des Zweiten Burenkrieges 1902 als Repräsentant des Edelsteinhändlers nach Kimberley, Südafrika, ins Zentrum der Diamantenindustrie, über.[3]
In Kimberley, wo er sich niederließ und sehr rasch ins Geschäft kam, nicht zuletzt durch eine reiche Heirat, wurde er zunächst dort Stadtrat, dann von 1912 (bis 1915) zum Bürgermeister gewählt.[2] Auf der Flucht vor antideutschen Unruhen nach der Versenkung der RMS Lusitania im Ersten Weltkrieg emigrierte Oppenheimer 1915 aus der Kronkolonie nach England und nahm die britische Staatsbürgerschaft an. Seitdem nannte er sich „Ernest Oppenheimer“. Schon 1916 zog er zurück nach Südafrika. Dort wurde er Freund und Kompagnon des britischen Imperialisten Cecil John Rhodes.[2]
Im Jahre 1917 gründete er die Anglo-American-Corporation als erste einer in den folgenden Jahren rasch wachsenden Reihe weiterer Gesellschaften, die, sämtliche unter seiner Leitung stehend, ihm eine dominierende Stellung im Diamantenwelthandel sicherten.[4] Als er im Jahre 1929 zum Präsidenten der führenden De Beers Consolidated Mines, Ltd, gewählt wurde, stieg er zum unbestrittenen Beherrscher des Diamanten-Weltmarktes auf. Er kontrollierte 90% der Diamanten-Weltproduktion und über 100 verschiedene Gesellschaften. Überall, wo es in Afrika Diamanten, Kupfer, Kohle, Gold und neuerdings auch Uranium gibt, war Ernest Oppenheimer entweder Eigentümer oder einer der wichtigsten Aktionäre.[5]
Nach Cecil Rhodes Tod wurde Oppenheimer Chef des von Rhodes geschaffenen Diamantenkonzerns. Diese „Anglo-American Corporation of South Africa“ entwickelte sich zum Giganten des Edelstein-Geschäfts. Seit Oppenheimer 1929 auch Präsident der „De Beers Corporation“ wurde, kontrollierte er weite Bereiche des Welt-Diamantenhandels. Bis heute wird dieser Posten in der Familie von Generation zu Generation weitergereicht.
Von 1924 bis 1938 saß Ernest Oppenheimer als Parteigänger des proenglischen Jan Smuts im südafrikanischen Parlament.[2]
Das Diamantensyndikat
Den Grundstein zur Weltmacht jedoch legte Ernest Oppenheimer mit der Gründung der Vertriebsorganisation Central Selling Organisation (CSO), einem Kartell, das jahrzehntelang bis zu 90 Prozent des weltweiten Diamantenmarktes kontrollierte. In der Fachwelt und bei Kritikern wurde fortan vom „Syndikat“ gesprochen.
1930 kaufte er während der großen Depression die weltweiten Diamantenmärkte leer und gründete 1950 unter seinem Weltmonopol die Central Selling Organisation. Der Welthandel mit Diamanten war nun in den Händen der 180 Mitglieder dieses Unternehmens. Der Verkauf erfolgte dabei nach einem festen, noch heute bestehenden System. De Beers ließ Rohdiamanten aus aller Welt zentral nach London verschiffen. Dort wurden sie in kleinste Kartons verpackt und zu bestimmten Terminen an Großhändler und Schleifer weitergeleitet. Den Inhalt der Kartons und den Preis diktierte De Beers. Aus dem Kartell auszuscheiden schien nahezu unmöglich.
Das stellte etwa der amerikanische Juwelier Harry Winston in den vierziger Jahren fest. Er wollte Rohdiamanten aus Angola außerhalb des Syndikats von De Beers erwerben. Die mächtige Organisation hatte dies nicht hingenommen und soll angeblich die britische Regierung eingeschaltet und dadurch das Vorhaben vereitelt haben[6]. Man verglich sich miteinander, und Winston - heute als „Winston Inc.“ einer der weltgrößten Luxusdiamentenhändler - wurden bessere Konditionen bei De Beers eingeräumt[7].
Während des Zweiten Weltkrieges lehnte er aus Furcht vor sinkenden Preisen die Bitte des US-Präsidenten Franklin D. Roosevelt nach Industriediamanten ab. Daraufhin erhielt er Einreiseverbot in die USA und alle dortigen Aktivitäten De Beers' mussten wegen Verstoß gegen das Kartellgesetz eingestellt werden.
Nachdem seine erste Frau, mit der er zwei Söhne hatte, 1934 gestorben war und im folgenden Jahr sein Sohn Frank bei einem Badeunfall in Madeira umkam, geriet er in eine geistliche Krise und konvertierte zum Christentum. Einige Monate später heiratete er Caroline "Ina" Harvey, die Tochter eines englischen Baron und Witwe seines Neffen Michael, der 1933 bei einem Flugzeugunglück umgekommen war.
1957 starb Oppenheimer, sein Syndikat wurde von seinem Sohn Harry Frederick Oppenheimer weitergeführt.[2] Sein Bruder Sir Bernard Oppenheimer (1866-1921) war ebenfalls im Diamantenhandel involviert. Harrys Sohn Nicholas „Nicky“ F. Oppenheimer (* 8. Juni 1945), seit 1968 bei der Anglo-American, musste jedoch Macht abgeben, als im Jahre 1982 erstmals ein Amerikaner bei Anglo-American die Führung übernahm, was bis heute unverändert der Fall ist. So konnte sich Nicky voll auf De Beers konzentrieren. Aber auch dieser unternehmerische Kern der Oppenheimer-Dynastie musste Macht abgeben, denn heute hält der Staat Botswana 15 Prozent am Kapital, Anglo-American 45 Prozent und die Oppenheimer-Familie nur noch 40 Prozent. Nicky verwaltet laut "Forbes" ein Vermögen von 6 Mrd. US-Dollar.
2001 wurde die Central Selling Organisation wegen Imageproblemen aufgelöst. 2004 bereitete De Beers ein Schuldeingeständnis zum Vorwurf der Kartellbildung gegenüber den USA vor.
Ehrungen
Nach Ernest Oppenheimer benannt ist die Ernest Oppenheimer-Brücke zwischen Oranjemund und Alexander Bay.
Familie
1906, zum Ende seiner Lehrjahre, heiratet Ernest Oppenheimer in London Mary Lina Pollak.
Verweise
- Bartholomäus Grill: Herr der Diamanten. Globalisierung brutal: Wie Ernest Oppenheimer ein Edelstein-Imperium schuf, zeit.de, Nr.41, 2. Oktober 2003.
- FAZ.net: "Finanzdynastien (12): Oppenheimer - Diamantenzaren mit deutschen Wurzeln", faz.net, 30. August 2008