Ersatzreligion

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Der Ausdruck Ersatzreligion bezeichnet einen (säkularen bzw. ideologischen) Ersatz für eine (spirituelle ) Religion. Dabei kann es sich um Sozialismus, Feminismus oder um den Wachstumsglauben von Politik und Wirtschaft handeln. Bei manchen Menschen fungiert unzweifelhaft auch Fußball als Ersatzreligion.

Ein Begriff und sein ungenanntes Gegenüber

Die sogleich erkennbare – und auch von hochdifferenzierenden Kennern der Materie – niemals beseitigte Schwierigkeit des Begriffs „Ersatzreligion“ liegt darin, daß er ein Ungenanntes voraussetzt: Eben die (vorliegende oder bekannte oder anerkannte oder in unantastbarer Geltung stehende) Religion. Anders gesagt: Ein uns allen ganz fraglos und natürlicherweise eigenes Verständnis dessen, was Religion sei, müßte zunächst vorhanden sein, wenn umstandslos von einer oder mehrerer Ersatzreligion/Ersatzreligionen die Rede ist. Genau dies aber scheint in beinahe allen alltäglichen (oder gar strittig-weltanschaulichen) Situationen gerade nicht der Fall zu sein.

Religion ist vielmehr ein ganz ursprüngliches Gebiet fundamentalen Streits. Ein Gebiet, in welchem der kategoriale Irrtum und die terminologische Vorentscheidung längst tiefe Differenzen im Denken von Menschen (und Menschengruppen) erzeugt hat, bevor noch ein einziges Wort des Austauschs oder der Verständigung ausgesprochen worden ist.

Eigentlichkeit

Theodor W. Adorno hat die Philosophie Martin Heideggers bekanntermaßen als „Jargon der Eigentlichkeit“ verhöhnt. Überall in der Sprache aber – und ganz besonders im Falle spiritueller Kategorien –, tritt uns dieses Phänomen gegenüber, daß wir Begriffe plötzlich als bloße Etiketten wahrnehmen, als Schilder, die einer hochhält, als willkürliche Instrumente der rhetorischen Nützlichkeit, denen letztlich nie zu trauen ist. Für die Religion, und damit auch für jeden Begriff einer „Ersatzreligion“, hatte dies aber schon früh – mutmaßlich in prähistorischer Zeit – die Konsequenz, daß die wenigen Denkenden das Schweigen als das einzig angemessene Verhalten gegenüber der Epiphanie (der Gegenwart des Spirituellen) ansahen. Ein Wort aber, das uns zu schweigen gebietet, was wäre denn der Gegensatz – oder ein Surrogat – dazu? Der Lärm vielleicht? Ersetzen wir Religion durch Brabbeln und Schwatzen? Nein, denn auch das förmliche, das auswendiggelernte Langgebet ist ja seit je Teil von Religion.

Diese sprachphilosophischen Befunde muß deutlich im Sinn behalten, wer vorwurfsvoll etwas „Ersatzreligion“ nennt und glaubt, damit eine Erkenntnis geäußert zu haben.

Zitate

Siehe auch

Literatur

  • Gerhard Zacharias: Satanskult und Schwarze Messe. Ein Beitrag zur Phänomenologie der Religion. Limes-Verlag, Wiesbaden ²1970 [keine ISBN zugewiesen, Erstausgabe: 1964].

Fußnoten

  1. eigentümlich frei: Der Gutmensch, die Inkarnation des Übels (26. August 2008)