Perry, Fred
Frederick John „Fred“ Perry ( 18. Mai 1909 in Stockport, England; 2. Februar 1995 in Melbourne, Victoria, Australien) war ein britischer Tischtennisspieler, Tennisspieler und Modeschöpfer mit US-amerikanischer Staatsbürgerschaft. Er gewann einmal die Tischtennisweltmeisterschaft, dreimal in Folge das Wimbledon-Turnier im Tennis (1934, 1935 und 1936, die letzten beiden male gegen den Deutschen Gottfried Freiherr von Cramm) und stand dort ein weiteres Mal im Finale. Erst 2013 mit Andy Murray konnte wieder ein Brite das Herren-Einzel in Wimbledon siegen.
Inhaltsverzeichnis
Werdegang
Perry kam 1909 in Stockport bei Manchester auf die Welt. Er hatte eine Schwester, Edith, und eine Halbschwester, Sylvia. Von seinem protestantischen Vater Samuel Frederick Perry, einem Baumwollspinner und Politiker der sozialistischen Partei „Co-operative Party“, bekam er einen gebrauchten Tennisschläger geschenkt und qualifizierte sich noch im gleichen Jahr für das Wimbledon-Turnier. Sein außergewöhnliches Ballgefühl hatte Perry bereits als Bursche bewiesen, als er täglich Tischtennis spielte. Mit 18 Jahren gewann er den Weltmeistertitel.
Sechs Jahre später schockte Fred Perry die britische High Society, als er 1934 seinen ersten von drei Wimbledon-Titeln gewann. Nie zuvor war es einem Sportler aus der Arbeiterklasse gelungen, bei diesem prestigeträchtigen Tennisturnier, das bis dahin als die Domäne der Adligen und reichen Snobs galt, zu triumphieren. Die Upper Class und die Vorsitzenden des Tennisclubs von Wimbledon waren empört und ließen Perry spüren, dass hier der „Falsche“ gewonnen hatte. Die Siegermedaille und die obligatorische Wimbledon-Klubkrawatte wurde dem Arbeitersohn aus Stockport nicht etwa feierlich verliehen, man warf sie ihm verächtlich in die Umkleidekabine hinterher.
Das Preisgeld von 25 Pfund spendete er nicht, wie damals üblich, einer gemeinnützigen Einrichtung, sondern er beschloß, „selbst der gute Zweck“ zu sein. Fred Perry siegte nicht nur dreimal hintereinander in Wimbledon, ihm gelang auch als erstem Tennisspieler der Welt, die drei anderen Grand-Slam-Turniere in Melbourne, Paris und Neu York zu gewinnen. Ende der dreißiger Jahre ging Perry als Tennisprofi in die USA. Von 1933 bis zu seinem Ableben am 19. Oktober 1954 war er Vizepräsident des englischen Tischtennisverbandes ETTA, aber die Tennisgesellschaft Großbritanniens zeigte ihm viele Jahre die kalte Schulter, betrachtete sie doch seine Vorliebe für die Kolonien im Westen als Vaterlandsverrat.[1] Erst die Enthüllung seines Standbildes in Wimbledon 1984 sollte ihn mit seinem Heimatland versöhnen.
- „Perry ist nicht nur wegen seiner Ausnahmeleistungen als Tennisspieler in der unmittelbaren Vorkriegszeit in die Sportgeschichte eingegangen, sondern auch wegen seiner Herkunft. In den 1930er Jahren, der Glanzzeit von Fred Perry, galt Tennis noch als Domäne der gehobenen Schichten und der Aufstieg des Textilarbeiter- und Sozialistensohns Perry war eine gesellschaftliche Sensation, die zur Popularisierung des „Weißen Sports“ maßgeblich beitrug. Zum Nachruhm von Perry trug außerdem auch eine nach ihm benannte Modelinie bei. Perrys Weg zum Tennis führte über einen Umweg. Als Jugendlicher war er zunächst vor allem vom Tischtennisspiel begeistert. 1928 errang der junge Perry bei der Stockholmer Weltmeisterschaft die Vize-Weltmeisterschaft im Doppel. 1929 krönte er seine TT-Karriere bei der in Ungarn ausgetragenen Weltmeisterschaft mit dem Sieg im Einzel und engagierte sich danach verstärkt auf dem Tennisplatz. Dem Tischtennissport sagte er deshalb aber nicht endgültig Lebewohl, sondern konnte noch weitere Erfolge an der Platte für sich verbuchen. So wurde er unter anderem 1930 englischer Meister im Doppel. Sein Hauptaugenmerk lag aber seit 1929 eindeutig beim Tennis. Der ungewöhnlich begabte Spieler konnte sich im ersten Anlauf bereits 1929 für das renommierte Wimbledon-Turnier qualifizieren und wurde auf Anhieb Teil der britischen Tennis-Elite. Seinen ersten großen Erfolg konnte er 1933 als Mitglied der englischen Auswahl beim ‚Davis Cup‘-Turnier feiern: Zum ersten Mal seit 21 Jahren ging der Davis Cup wieder an England. 1933 gewann Perry auch die French Open. Perry, der von 1931 bis 1936 Jahren ununterbrochen unter den Top Ten im Tenniswelt-Ranking rangiert, wurde fünf Mal Wimbledon-Sieger. 1934 das erste Mal im Einzel. 1935 fegte er im Finale den deutschen Adligen Gottfried von Cramm vom Platz. Dieses Glanzstück gelang ihm 1936 noch einmal. Perry war bis 2012 der letzte Brite, der in Wimbledon beim Herren-Einzel auf dem Siegertreppchen stand. Zu seinen drei Einzelsiegen kamen 1935 und 1936 zwei Siege im Mixed. Partnerin war Dorothy Round. Der insgesamt achtfache ‚Grand Slam‘-Gewinner, der auch bei den Australian und US Open erfolgreich war, war weltweit populär. Seine Romanzen, zu denen auch Beziehungen zu den Schauspielerinnen Mary Lawson und Marlene Dietrich zählten, gaben reichlich Stoff für die Yellow Press. […] In seiner Heimat wurde Perry von Teilen des Tennissport-Establishment ausgegrenzt, weil er vielen Snobs als nicht ebenbürtig galt und weil er seit 1936 als Profi spielte. Diese Arroganz führte bei Perry schließlich mit zu dem Entschluss, als Tennisprofi in die USA auszuwandern und 1938 die US-Staatsbürgerschaft anzunehmen. […] Nach dem Zweiten Weltkrieg, an dem Perry als Angehöriger der US-Luftwaffe teilnahm, kehrte er nach Großbritannien zurück und arbeitete unter anderem als BBC-Sport-Moderator. In der unmittelbaren Nachkriegszeit fielen Perry die grünen Army-Shirts, in denen damals viele Spieler auf den Platz gingen, unangenehm auf. Er verschenkte als aktive Stil-Geste Spielern 75 weiße Polo-Shirts. Die dankbaren Beschenkten revanchierten sich und schmückten die Hemden mit einem offenen Lorbeerkranz, der an Perrys Sieg 1934 beim All England Cup erinnern sollte: Die Marke Perry war geboren.“[2]
Familie
Perry, der bis auf seine Tabakpfeife und zahlreiche Affären abstinent lebte, war kurze Zeit mit der englischen Schauspielerin Mary Lawson verlobt, aber die Beziehung hielt nicht. Am 12. September 1935 heiratete Perry den geschiedenen US-Filmstar Helen Vinson (1907–1999). Helen, die in erster Ehe mit Harry N. Vickerman verheiratet war, stammte von der deutschtexanischen Familie Rulfs. Die Ehe wurde 1940 geschieden (allerdings erst am 17. November 1941 rechtskräftig). Am 1. April 1941 folgte eine Blitzehe mit dem aus Santa Ana stammenden und geschiedenen Fotomodell Sandra Breaux, die er Anfang des Jahres in Mexiko kennengelernt hatte. Die beiden feierten noch eine zweite Hochzeit, aber auch diese Ehe hielt nicht. Perrys dritte Ehe 1946, mit Lorraine Helen Walsh, ggf, geb. Walker ( um 1906; die zweite und geschiedene Frau des Regisseurs Raoul Walsh, Mutter von zwei Kindern), endete ebenfalls rasch. Es war eine unglückliche Ehe, da Lorraine unter ihrer Alkoholsucht litt.[3]
Erst mit Barbara „Bobby“ Meta Riese ( 7. Mai 1919 in London; 24. September 2016 in Boca Raton, Florida[4]), mit der von 1952 bis zu seinem Tod verheiratet war, gründete er nachhaltig eine Ehe. Die beiden hatten zwei Kinder: David und Penny, allerdings geben manche Quellen an, daß Barbara David aus ihrer ersten, gescheiterten Ehe mitbrachte. Barbara war eine Tochter des in Amsterdam geborenen Börsenmaklers André Riese (1886–1973) und dessen britisch-französischen Frau Miriam Muriel, geb. Herold ( 1894 in Saint Helier). Barbaras Großvater war der deutsche, in Berlin geborene Unternehmer Samuel Felix Riese ( 1853). Ihre jüngere Schwester war Marie-Louise (1923–1986), ihre ältere Halbschwester, die ihre Mutter in die Ehe mit Riese mitbrachte (und von André Riese adoptiert wurde), war Felicia Miriam Ursula Herold (1915–2003), die später als „Patricia Roc“ eine bekannte Filmschauspielerin wurde.
Modemarke „Fred Perry“
Zusammen mit seiner Frau ließ Perry 75 weiße Polohemden anfertigen und den Tennisspielern schenken. Diese wollten sich wiederum beim edlen Spender bedanken und kamen auf die Idee, als Emblem einen grünen Lorbeerkranz aufnähen zu lassen – in Anlehnung an den Siegerkranz, den Fred Perry 1934 beim All England Cup gewonnen hatte. 1952, nach der Gründung der Firma gemeinsam mit dem jüdischen Geschäftsmann und Fußballer in Österreich Tibby Wegner, begann dann der Siegeszug der „Kult-Marke“ Fred Perry, für die sich allmählich auch die englische Oberschicht zu interessieren begann.
Die Fred-Perry-Kleidung in den 1970er und 1980er Jahren galt schon als exklusiv und war unverschämt teuer – ein Widerspruch zum „Working-Class“-Mythos. Nur Pullover oder Polohemden von Lacoste und später von Ralph Lauren konnten von derselben Begehrtheit zehren. Modebewußte Sportler, Punk-, Power-Pop und Ska-Anhänger, „Mods“, „Two Toners“, „Soul Boys“, linke und rechte Skinheads, Hooligans, aber auch multirassische Organisationen wie die „Proud Boys“ in den USA tragen gerne die Marke „Fred Perry“.
Fußnoten