Gewalt
Der Begriff Gewalt (von althochdeutsch waltan „stark sein, beherrschen“) bezeichnet Handlungen, Geschehnisse und Einflüsse, welche im speziellen auf Menschen sowie Tiere, und im allgemeinen auf Gegenstände, intensiv und zumeist beeinträchtigend einwirken. Diese Einwirkung kann sowohl physischer als auch psychischer Art sein. Die Zielobjekte von erfolgreich durchgeführter Gewalt bezeichnet die deutsche Sprache als Opfer.
In spätzivilisierten, degenerierten Gesellschaften oder Gesellschaftsgruppen, wie heute vor allem in der sogenannten „westlichen Wertegemeinschaft“, wird Gewalt – namentlich in der Veröffentlichten Meinung – pauschal fast nur negativ bewertet, insbesondere und ausgerechnet in den Fällen, wenn diese von den tragenden Elementen dieser Gesellschaften (Weiße, Ordnungskräfte jeder Art) ausgeübt wird. Es wird somit entweder nicht mehr zwischen gerechter und ungerechter Gewalt unterschieden oder diese sogar vor jener in Schutz genommen. Jedoch erfordert jede Art von Ordnung Gewalt, wie auch jede Ordnung durch Gewalt wieder zerstört werden kann. Insofern läßt sich zwischen konstruktiver, aufbauender, ordnender Gewalt und destruktiver, zerstörender, chaotischer Gewalt unterscheiden.
Inhaltsverzeichnis
Artikel aus dem staatspolitischen Handbuch
Folgender Text stammt aus dem Staatspolitischen Handbuch, Band 1: Begriffe. |
Gewalt hat, wenn man von der Wortwurzel ausgeht, zweierlei Bedeutung: zum einen »beherrschen«, zum anderen »stark sein«. Was den ersten Aspekt betrifft, so leitet sich daraus die Vorstellung vom »Walten« und »Verwalten« einer »Staatsgewalt« (Staat) ab; was den zweiten angeht, kommt hier das landläufige Verständnis von G. als Anwendung von Zwang, vor allem physischem Zwang, ins Spiel. In Zeiten, in denen die Gesellschaft von der Vorstellung von und dem Wunsch nach »Gewaltfreiheit« beherrscht wird, in denen sogar das uralte Recht auf elterliche Züchtigung der Kinder (Erziehung) abgeschafft wurde und Pazifismus als Staaträson gilt, ist es wichtig, sich vor Augen zu halten, daß bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts die Anwendung von G. zwar als ethisch heikel, aber als selbstverständlich betrachtet wurde, weil man entweder annahm, daß Gott seinerseits G. anwende und verfügt habe, daß »Böses mit Bösem« im Zaum gehalten werden müsse (Genesis 8.21-9.6), oder weil das Naturrecht (Natur) eine unterschiedliche Beurteilung je nach den mit der Gewaltanwendung verfolgten Zwecken ermögliche. Gegen diese traditionellen Auffassungen gab es in der Moderne allerdings zunehmend Einwände von seiten der Linken, deren Fortschrittserwartung auf eine letztlich gewaltlose Welt ging. Die Plausibilität ihrer »Gewaltkritik« verstärkte sich durch die Kollektiverfahrung der großen Kriege. Deren Furchtbarkeit wurde von der Gegenseite grundsätzlich nicht in Frage gestellt, allerdings auf der Rechten schon vor dem Ersten Weltkrieg geltend gemacht, daß der Übergang der industriellen in eine »postheroische«, Gewalt- und Schmerzfreiheit ermöglichende Gesellschaft Nebenwirkungen erzeuge, die nur als Dekadenz zu fassen seien. Man muß Nietzsches Apologie der G. genauso in diesem Kontext begreifen wie Georges Sorels wirkmächtiges Buch Über die Gewalt oder den eher erfahrungsgesättigten (Realismus) Hinweis auf die Unmöglichkeit, das mühsam erreichte innerstaatliche Gewaltmonopol (Staat) auf die außer- oder zwischenstaatliche Welt (Universalismus) zu übertragen. Von der Ausgangssituation dieser Debatte ist die Gegenwart sehr weit entfernt, wenngleich sich die vorgetragenen Argumente nicht wesentlich verändert haben. Auffällig ist dabei nur die Unehrlichkeit der Linken, die in der Praxis nicht nur zwischen ihrer eigenen – also guten – revolutionären, progressiven »Gegengewalt« und der feindlichen – also bösen – faschistischen, reaktionären, »strukturellen G.« unterscheidet, sondern sich außerdem in jedem Fall der Machtübernahme vorbehaltlos des ganzen Repertoires der staatlichen Gewaltmöglichkeiten bedient. Das wird von der Rechten allerdings immer nur mit mehr oder weniger großer Verblüffung zur Kenntnis genommen, ohne daß es zu einer echten Analyse des Vorgangs und Entwicklung einer wirkungsvollen Argumentation kommt. Das ist um so weniger zu begreifen, als heute ein großes Repertoire an Erkenntnissen zur Verfügung steht, das von der Einsicht der Ethologie in die prinzipielle Ambivalenz des »sogenannten Bösen« (Konrad Lorenz) menschlicher Aggression bis zu den Erkenntnissen von Anthropologie und Religionswissenschaft reicht, die den Gemeinschaft konstituierenden Charakter von G. herausgearbeitet haben und jedenfalls eher die Vorstellung nahelegen, daß G. gehegt, nicht daß sie abgeschafft werden sollte. |
Zitate
- „Bleibt Ihr auf dem Rechtsboden, so bleibt Ihr bei der – Rechthaberei. Der Andere kann Euch euer Recht nicht geben, er kann Euch nicht ‚Recht widerfahren lassen‘. Wer die Gewalt hat, der hat – Recht; habt Ihr jene nicht, so habt Ihr auch dieses nicht. Ist diese Weisheit so schwer zu erlangen? Seht doch die Gewaltigen und ihr Tun an!“ — Max Stirner[1]
- „In den religiösen Interpretationen wird die Gründungsgewalt verkannt, deren Existenz hingegen bekräftigt. In den modernen Interpretationen wird umgekehrt deren Existenz verneint. Gleichwohl herrscht die Gründungsgewalt auch weiterhin über alles – als ferne unsichtbare Sonne, um die sich nicht nur die Planeten, sondern auch deren Satelliten und die Satelliten der Satelliten drehen.“ — René Girard
- „Alle politische Macht kommt aus den Gewehrläufen.“ — Mao Tse Tung
- „Im Kampf mit der Dummheit werden die billigsten und sanftesten Menschen zuletzt brutal. Sie sind damit vielleicht auf dem rechten Wege der Verteidigung; denn an die dumme Stirn gehört, als Argument, von Rechtswegen die geballte Faust. Aber weil, wie gesagt, ihr Charakter sanft und billig ist, so leiden sie durch diese Mittel der Nothwehr mehr als sie Leid zufügen.“ — Friedrich Nietzsche in: „Menschliches, Allzumenschliches“
- „Wo rohe Kräfte sinnlos walten, da kann sich kein Gebild gestalten.“ — Friedrich Schiller in: „Die Glocke“
- „Bei den Menschen kann man sich nur durch physische Gewalt Respekt verschaffen. Wollte man sich bloß auf moralische Gewalten berufen, so erhielte man ein Hohngelächter zur Antwort.“ — Arthur Schopenhauer[2]
Literatur
- Konrad Lorenz: Das sogenannte Böse [1963], zuletzt: München 2007
- Jan Assmann: Gesetz, Gewalt und Monotheismus (2006) (Netzbuch)
Verweise
- Marcus M. Payk: Faszination der Gewalt – Konservative Revolution und Neue Linke, In: Zeithistorische Forschungen. Heft 1 (2008)
- Jack Donovan:
- Gewalt ist golden – Morgenwacht; zuvor veröffentlicht in: Jack Donovans Blog (08/11/2012) und in Counter-Currents Publishing (15/03/2011)
- Violence is Golden – Vortrag beim Institut für Staatspolitik, 18. Februar 2017[3]