Anderssen, Harry

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Harry Anderssen (1881–1926)

Harry Anderssen [Andersen] (Lebensrune.png 9. September 1881 in Breslau; Todesrune.png 26. September 1926 in Berlin-Kreuzberg ) war ein deutscher Widerstandskämpfer gegen die Weimarer Republik und ein Blutzeuge der nationalsozialistischen Bewegung.

Wirken

Anderssen wurde in Breslau geboren und siedelte später mit der Familie nach Berlin über, dort besuchte er das königliche Luisengymnasium bis zur Prima, anschließend trat er als Lehrling in den Bankberuf ein. Nach seiner Ausbildung wurde er als Mitarbeiter der Nationalbank eingestellt, in der er bis zu seinem Kriegseinsatz 1915 blieb. Als infanterietauglich gemustert, erhielt Anderssen seine militärische Ausbildung in Kassel. Auf den Schlachtfeldern Flanderns erlebte er seine Feuertaufe. Nach einer Verwundung erfolgte die Versetzung nach Vouzier, dort war der Bankbeamte in einer Wechselstube tätig. Später teilte man ihn einer Telegraphenabteilung zu. Hier verblieb der spätere Sturmführer bis 1918. Aus dem Ersten Weltkrieg zurückgekehrt, wurde Anderssens Ehe geschieden, er lebte fortan mit seiner taubstummen Tochter bei seiner Mutter.

Wieder in den Bankberuf zurückgekehrt, arbeitete Anderssen bei der Preußischen Staatsbank. Am 26. Mai 1925 trat der Dreiundvierzigjährige mit der Parteinummer 5.828 in die NSDAP ein. In der Bank gründete Anderssen die erste nationalsozialistische Betriebszelle.

Am 26. September 1926 verzeichnete die nationalsozialistische Bewegung Berlins ihr drittes Todesopfer.

Der Angriff“ berichtet in einer späteren Ausgabe darüber folgendes:

Es ist der 17. August. Die wenigen Nationalsozialisten, die im roten Kreuzberg auf scheinbar aussichtslosem Posten kämpfen, haben zu einem Diskussionsabend in ein Lokal in der Stallschreiberstraße eingeladen. Der Bankbeamte Harry Anderssen, ein guter Redner in dieser Schar, kreuzt mit seinen Gegnern scharfe Klinge. Als die anderen Parteigenossen zu später Nachtstunde den Heimweg antreten, bitten die Kommunisten Anderssen, noch etwas zu bleiben, um mit ihnen weiter zu diskutieren. Anderssen bleibt allein im Lokal zurück. In dem guten Glauben, daß interessierte Zuhörer sich um den Tisch scharen, erzählt er von Hitler. Schließlich ist es aber auch für die anderen Zeit, nach Hause zu gehen. Er verabschiedet sich und tritt auf die Straße hinaus. Als er gerade sein Fahrrad, das vor dem Lokal steht, von der Kette löst, öffnet sich die Tür, mehrere Kommunisten treten aus dem Lokal heraus, bilden einen Kreis um ihn, und während einer von ihnen kurze, abgehackte Sätze zu ihm spricht, holt ein anderer mit einem eisernen Gegenstand zu einem wuchtigen Schlage aus, der dem nichts ahnenden SA-Mann den ganzen Unterkiefer zerschmettert. Nicht genug damit, bearbeiten sie dann den Wehrlosen, den die Wucht des Schlages zu Boden geworfen hat, noch mit den Stiefelabsätzen, stehlen ihm, der in seinem Blute besinnungslos auf dem Pflaster liegt, das Rad und verschwinden im stockfinsteren Häusermeer am Moritzplatz. Als Anderssen nach kurzer Zeit wieder zu sich kommt, schleppt er sich unter Aufbietung der letzten Kräfte in das Lokal zurück. Er alarmiert das Überfallkommando.“

Als Harry Anderssen in das Urbankrankenhaus eingeliefert wurde, stellten die Ärzte fest, daß der Unterkiefer durch den ersten Schlag vollkommen zertrümmert worden war. Fußtritte und Schläge hatten den Magen des Opfers schwer verletzt. Eine herkömmliche wie künstliche Ernährung war dadurch unmöglich geworden.

Anderssen starb über einen Monat später und wog bei seinem Tod noch 36 Kilo. Seine Beisetzung erfolgte am 25. Oktober 1926. „Ich kann jetzt keine Veranstaltung, keine Versammlung der Bewegung mehr versäumen, weil ich doch weiß, daß er auch da sein würde“[1], soll seine Mutter gesagt haben.

Nachruhm

Nach Anderssen wurde der Berliner SA-Sturm 45/8 benannt.

An der Mordstelle in der Stallschreiberstr. 45 (Bezirk Kreuzberg) wurde am 27. September 1936 eine Gedenktafel eingeweiht und angebracht:

„An dieser Stelle wurde am 17. August 1926 der SA-Mann Harry Anderssen durch Rot-Mord erschlagen. Laß den Helden in deiner Seele nicht sterben. Sturm 45/8 ‚Harry Anderssen‘.“

Eine weitere, am 26. September 1933 eingeweihte Gedenktafel befand sich in dem Vorraum zur Hauptkasse (1. Stock) der Preußischen Staatsbank (Seehandlung), Markgrafenstraße 38 (Bezirk Mitte):

„Im Glauben an die Wiedergeburt des Deutschen Reiches fiel unser Arbeitskamerad Harry Anderssen, SA-Mann, 26. September 1926.“

Im Jahre 1936 gab man dem derzeitigen Boecklerpark in Berlin zu Ehren Anderssens den Namen „Harry-Anderssen-Park“, nach der Besetzung das Deutschen Reiches 1945 mußte er in Urbanpark umbenannt werden. 1951 erhielt er vorübergehend den Namen des ersten DGB-Vorsitzenden Hans Böckler.

Literatur

Verweise

Fußnoten

  1. vgl.: A. K. Busch: Blutzeugen – Beiträge zur Praxis des politischen Kampfes in der Weimarer Republik, Nordland-Verlag