Jiddisch

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Jiddisch, oder auch Judendeutsch, ist keine eigene Sprache, sondern ein jüdisches Kauderwelsch, das hauptsächlich von den Aschkenasim gesprochen wurde. Der Begriff Jiddisch wiederum ist das jiddische Wort für Jüdisch.

Angelehnt ist es an die deutsche Sprache, die entsprechend auf jiddisch Tajtsch heißt. Entwickelt wurde diese Kunstsprache von den Juden, die sich während des Mittelalters in Deutschland niedergelassen hatten. Aufgrund der Internationalität des Judentums gab es auch russische, polnische, litauische, hebräische und aramäische Einflüsse, so daß diese Art der Verständigung für Außenstehende immer unverständlicher wurde. Dieser Umstand wurde genutzt, um sich durch eigene Begriffe ausschließlich innerhalb jüdischer Kreise miteinander verständigen zu können. Demzufolge wurde die Kunstsprache gern von Kriminellen als Tarnsprache verwendet. Der mittlerweile auch im Deutschen etablierte Begriff ausbaldowern ist zum Beispiel ein jiddisches Kunstwort. Die ursprüngliche Sprache der Juden ist jedoch nach wie vor das Hebräische.

Lehnwörter

Eine Reihe von Wörtern ist aus dem Jiddischen in die deutsche Alltagssprache eingegangen, oftmals ohne daß Deutsche sich der hebräischen Herkunft der Wörter bewußt sind:

Wörter aus dem Jiddischen
Deutsch Jiddisch Hebräisch Anmerkungen
ausgekocht raffiniert, durchtrieben, betrügerisch-klug; aus dt. aus-, -ge- und hebr. chacham, chochem „weise, klug“
Bammel über das Jiddische (furchtsamer Mensch) aus dem Hebräischen baal = Herr und ema = Angst
Beisel, Beize, Beiz Kneipe; vom hebräischen bajit über das Jiddische bajis (beide Haus) ins Deutsche übernommen, insbesondere im südlichen Sprachbereich. Im Wienerischen werden Kneipen als „Beisl“ bezeichnet.
besebeln sewel „Mist, Kot“ betrügen, wörtl. „bescheißen“
betucht[1] betuch „sicher, vertrauenswürdig“ baṭuaḥ, batuach „vertrauenswert“, von batach „vertrauen“ Im heutigen, deutschen Sprachgebrauch im Sinne von „wohlhabend“; entgegen dem Sprachgefühl nicht von Tuch abgeleitet
blau (~ sein, machen) be-lo „mit nichts, ohne“ betrunken, faul, nichts leistend
Bohai (dt.) bzw. Bahöö (österr.) paihe „Lärm“ Streit, Aufregung, Krawall, Getöse
Chuzpe Chuzpe Chuz'pa Frechheit, Dreistigkeit
dufte, tofte;[1] (österr.) toffe toff „gut“ tov „gut“ über die Gaunersprache ins Berlinische
einseifen (jdn. ~)[2] sewel „Mist, Kot“ Die ursprüngliche Bedeutung z. B. in „einseifen beim Rasieren“. Die übertragene Bedeutung „betrügen, jdm. etw. einreden“ möglicherweise durch Anpassung an Rotwelsch „beseiwelen“ aus Westjiddisch „sewel“ = „Dreck“
Eizes, Ezzes (Pl.) = Ratschlag Tips, Ratschläge
flötengehen[2] plejta „entrinnen, entkommen“ Möglicherweise über Jiddisch und Rotwelsch aus derselben Quelle wie Pleite
Ganove[1] gannaw, „stehlen“
geschlaucht schlacha „zu Boden werfen“ erschöpft
großkotzig prahlerisch; aus dt. groß und hebr. kozin „vornehm, reich“ oder qazin „Anführer“
Haberer chaver (=Freund, Kumpel), plural:chaverim (=Freunde) Die in Österreich, vor allem im mittelbairischen Sprachgebiet nördlich der Alpen gebräuchliche „Haberer“ oder „Hawara“ bedeutet zumeist Freund oder Kumpel[3], wird aber auch synonym zu „Mann“[4] (nicht im ehelichen Sinn) oder Liebhaber – hier auch verniedlicht „Habschi“ oder in Vorarlberg „Habi“[5] – gebraucht.
Hals- und Beinbruch Hassloche uWroche Hazlacha uWracha Hals- und Beinbruch ist eine Verballhornung und stammt aus dem hebräischen hazlacha uwracha (= „Erfolg und Segen“). Dieser Glückwunsch wurde von Juden beim Abschluß eines Geschäfts in der jiddischen Form hazloche und broche ausgesprochen und von deutschsprachigen Zuhörern als Hals- und Beinbruch verstanden.
Hechtsuppe „Es zieht wie Hechtsuppe“ kommt möglicherweise aus dem jiddischen hech supha und bedeutet „starker Wind“. Allerdings ist diese Etymologie noch unglaubwürdiger als „Guter Rutsch“: a) Es gibt keinen einzigen Textbeleg in der (älteren wie modernen) jiddischen Literatur (für „Hechtsuppe“ ebensowenig wie für hech supha). b) Es kann einen solchen Beleg nicht geben, denn „hech supha“ ist mit vollem Endvokal im Jiddischen nicht möglich; dort herrscht eine – der germanischen Entwicklung angeglichene – Endsilbenabschwächung nach Penultimabetonung. Bereits die Transkription mit /ph/ statt /f/ zeigt, daß „supha“ ein Wort nichtjiddischer Provenienz ist.
Ische אישה – Ischa – Frau umgangssprachlich; aus der Sicht eines Jungen, eines jungen Mannes: Mädchen, junge Frau
Kaff Das im Deutschen in manchen Regionen gebräuchliche Wort für „unbedeutendes, kleines Dorf, in dem nichts los ist“ kommt über das Jiddische vom hebräischen Wort kafar (= „Dorf“). Im EWD wird der Ausdruck allerdings auf zigeunerisch gaw 'Dorf' zurückgeführt. (W.Pfeifer, Etymologisches Wörterbuch des Deutschen, München: dtv 1995, S. 607).
kapores (gehen, sein) kapores kaparot jiddisch bzw. als Wendung shluggen kapores. Nach einem jüdischen Brauch zu Jom Kippur, bei dem Hühner als „Sühneopfer“ stellvertretend für die Sünden einer Person dargebracht werden
Kassiber, kassibern jidd. kesive „Brief, Geschriebenes“ „(das) Schreiben“ genaue Grundform strittig
kess "frech", "schneidig", "flott", nach der jidd. Aussprache des Buchstabens Chet, der für Weisheit (Chochma) steht
Kies kiss Kies im Sinne von Geld geht auf das Wort kis (= „Geldbeutel“) zurück.
Kluft[1] qĕlippä „Schale, Rinde“ im Sinne von Kleidung, über das Rotwelsche
Kohl reden, verkohlen[1] kol qôl „Gerücht“
koscher Kascher koscher bedeutet ursprünglich rein. Damit bezeichnen die Juden Speisen, die nach der Tora erlaubt sind.
kotzen qoz „Ekel“ speien. Bei Wolfgang Pfeifer, Etymologisches Wörterbuch des Deutschen, München: dtv 1995, S. 723 anders erklärt (lautmalerisch aus spätmhd. und frühneuhochd. koppen, koppeln etc.)
Maloche Die Arbeit als Unangenehmes Das hebräische Ausgangswort als häufig abschätzige, verächtliche Bedeutung von „Arbeit“, gebräuchlich vor allem im Ruhrdeutschen und Berlinerischen, hier auch im Sinne von schwerer, harter Arbeit
Massel Masal mazel (= Glück). Sprichwort: Massel wie a Goi (Nichtjude).
Masen, Masel Masal mazel (= Glück). Sprichwort: „a Mas’n hom“ oder „a Mas'l hom“ (Glück haben), in Österreich gebräuchlich[6]
mauscheln moischele „Moses“ mosche „Moses“ oder maschal „Gleichnisrede; Spruch; Stichelrede“ unter der Hand in undurchsichtiger Weise Vorteile aushandeln, begünstigende Vereinbarungen treffen, Geschäfte machen; umgangssprachlich auch: beim [Karten]spiel betrügen
meschugge (Meschugge) (Meschugga) Das jiddische Wort für „verrückt“ geht auf das hebräische meschuga zurück, das verrückt, wahnsinnig bedeutet.[7]
Mezíe/Mezzie (fem., End-e gesprochen) Gelegenheitskauf, Schnäppchen
mies[1] mis „schlecht, widerlich“ mĕ’is „schlecht, verächtlich“ im 19. Jh. aus dem Rotwelschen ins Berlinische gelangt
Mischpoke, Mischpoche Mischpoche Mischpacha Familie, Gesellschaft, Bande
Pleitegeier (Plitt) (Palit) Der Pleitegeher leitete sich vom hebräischen Wort pleta (Flucht) und dem deutschstämmigen Wort „gehen“ ab; in der westjiddischen Form wird das hebräischstämmige Wort lautlich systemhaft verändert zu plajte (Diphthongierung und Endsilbenabschwächung) und das deutschstämmige Wort „gehen“ erscheint in der westjiddischen Form als gajen. Die feststehende jiddische Wendung plajte gajen bedeutete ursprünglich „auf die Flucht gehen/fliehen“; der plajte-gajer war derjenige, der auf die Flucht ging, also floh. Durch volksetymologische Umdeutung wurde aus dem – in der westjiddischen Lautung – homophonen „Geher“ der Aasvogel „Geier“.
Ramsch (stammt möglicherweise auch von mhd. râm) rama'ut „Betrug“ wertloses Zeug
Reibach Rewach Das Wort Reibach kommt von rewah und bedeutet „Gewinn“. Heute meist im Sinne von „hohem“ Gewinn verwendet. In Ostösterreich auch als „Rewag“ im Sinn von „Nutzen, Vorteil“ gebräuchlich: „Das hat keinen Rewag“[8]
schachern sahar „umherziehen“, leschaker „betrügen, lügen“ od. sakar „Lohn“ unlauteren Handel treiben
schächten (schachat)
„schlachten“
rituell „richtig“ schlachten (u. a. Tiere schmerzvoll, d. h. ohne Betäubung durch Ausbluten töten)
Schamass Schund, wertloser Kram.
Schickse Schickse stammt vom hebräischen schik(s), was „Christ“ bedeutet. Im Jiddischen hieß Schickse oder Schiksa dann „Christenmädchen“ und wurde oft als Schimpfwort verwendet.
Schlamassel (Schlimasel) Unglück; Gegenstück zu „Massel“; „Schlamassel ham“ – bedrückende Sorgen haben; „in einem Schlamassel stecken“ – sich in einer recht aussichtslosen Situation befinden.
schleimen, einschleimen schelem „Erstattung; Dank“ od. schalmon
Bestechungsgabe
jemandem kriecherisch schmeicheln, um gewisse Vorteile zu erlangen
Schmiere Schmiere (=Wache) stehen von shmíra (= Wache).
Schmieren- simrah (= Gesang) Schmiere(-ntheater, -nkomödie) im Sinn einer Schauspielbühne
Schmock dummer oder unbeliebter Mensch; abgeleitet aus Schmoo (also jemand der „Mist baut/macht“).
Schmonzes Unsinn, abgeleitet aus Schmoo.
Schmonzette rührseliges, dramatisch wertloses Stück; aus Schmonzes
Schmoo Begriff für Schmuck im Sinne von Tand bzw. Tinnef, z. B. auch in Variante: „Schmuh machen“ = „Mist bauen“)
schmusen mit jemandem zärtlich sein, jemandem schmeicheln; über das Rotwelsche in der Bedeutung „schwatzen“ oder „schmeicheln“, aus dem jiddischen schmuo (Plural schmuoss), „Gerücht, Erzählung, Geschwätz“
Schnorrer[1] Da Bettelmusikanten oft mit Lärminstrumenten wie der Schnarre durch die Lande zogen, wurde die jiddische Nebenform Schnorre des Instrumentennamens auf die Musikanten übertragen.
schofel[1] schophol „niedrig“ šạfạl „niedrig“ über das Rotwelsche ins Deutsche gelangt
Shaygets sheqetz nichtjüdischer Junge oder nichtjüdischer junger Mann (unsauberes Tier, ekelhafte Kreatur, Scheusal, Lump, widerspenstiger Bursche, nichtjüdischer Bursche lt. Megiddo)
Shiksa weibliche Form von Shaygets, bedeutet auch Flittchen, leichtes Mädchen Siehe Schickse
Stuss[1] schtus „Unsinn, Narrheit“ šêtûṭ „Unsinn, Narrheit“
Stück/Komikernummer shtick kurzes Stück, das aufgeführt wird, Masche
Tacheles reden[1] tachles „Zweck, zweckmäßiges Handeln“ tachlit offen und deutlich reden, Klartext, mit einem Sinn oder Ziel
Techtelmechtel Techtelmechtel ist ein Reimwort, indem das Wort tachti (= „heimlich“) um ein l erweitert (techtl) in leichter Variation (mechtl) wiederholt wird.
Tinnef[1] tinnef ṭinnûf „Kot, Schmutz“ Tinnef im Sinne von „nutzlose Ware“ kam im 19. Jahrhundert aus der Gaunersprache ins Deutsche.
unbetamt taam }} „Geschmack, Nuance, Charme, Schliff ungeschickt
Zoff sa'af Streit, Zank oder Unfrieden
Zores[1] zores „Sorgen“ zarot „Sorgen, Kummer“ Ärger, Streit, Durcheinander
Kommt auch vor in der Wendung „(gib ihm) Saures“.

Andere jiddische Wörter stammen aus der deutschen Sprache:

Wörter aus dem Deutschen
Deutsch Jiddisch Hebräisch Anmerkungen
Oh weh; au weh Oy vey oy vavoy „Oy vey“ wird oft im Weltnetz von Antijudaisten verwendet, um auf Juden hinzuweisen oder Juden zu karikarieren

Literatur

Fußnoten

  1. 1,00 1,01 1,02 1,03 1,04 1,05 1,06 1,07 1,08 1,09 1,10 1,11 Duden: Das Herkunftswörterbuch; 3.Auflage. Mannheim, Dudenverlag 2001
  2. 2,0 2,1 Friedrich Kluge: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache; 23. erweiterte Auflage, Walter de Gruyter, 1999
  3. Haberer (Freund) in der Datenbank zur deutschen Sprache in Österreich (Seite abgerufen am 10. April 2008)
  4. Haberer (Mann) in der Datenbank zur deutschen Sprache in Österreich (Seite abgerufen am 10. April 2008)
  5. Haberer (Liebhaber) in der Datenbank zur deutschen Sprache in Österreich (Seite abgerufen am 10. April 2008)
  6. Masen in der Datenbank zur deutschen Sprache in Österreich (Seite abgerufen am 10. April 2008)
  7. Wilhelm Gesenius: Hebräisches und aramäisches Handwörterbuch; unveränderter Nachdruck der 1915 erschienenen 17. Auflage; Heidelberg: Springer-Verlag, 1962
  8. Rewag im deutsch-österreichischen Wörterbuch auf Ostarrichi.org (Seite abgerufen am 12. Mai 2008)