Jungingen, Ulrich von

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Ulrich von Jungingen in einem Holzschnitt

Ulrich von Jungingen (Lebensrune.png um 1360 in Jungingen bei Hechingen; Todesrune.png gefallen 15. Juli 1410 bei Tannenberg) war 26. Hochmeister des Deutschen Ordens. Er wurde 1407 als Nachfolger seines Bruders Konrad von Jungingen einstimmig gewählt.

Leben

Hochmeister-Schilling 1407–1410

In den Jahren 1391 bis 1392 übernahm er die Funktion eines Kompans des Hochmeisters Konrad von Wallenrode. In den Jahren 1396 bis 1404 war er Komtur in Balga, und ab 1404 führte er als Oberstmarschall das Ordensheer. Selbstverständlich war Ulrich nach harten Lehrjahren mit dem Kriegshandwerk bestens vertraut und betrachtete die ständigen Kriegsreisen als hohe Pflicht und Aufgabe. Hoher Idealismus und krasse Realpolitik wurden hierbei verbunden. Die Teilnahme des west- und mitteleuropäischen Adels an den Kriegszügen im Osten werden bei Ulrich das Gefühl bestärkt haben, Vertreter einer ritterlichen Kultur zu sein. So mag es nicht wundern, daß ein zeitgenössischer Chronist ihn als einen Mann bezeichnete mit adeligem Herzen, geradlinigem Charakter, teils gütig, teils kriegerisch zupackend, zuverlässig in Wort und Tat – Vorzüge, die Ulrich auch bei Freund und Feind vorzufinden hoffte. Bezeichnend ist dafür ein Brief an seinen Bruder im Jahr 1405, in welchem er diesen beschwört, die Versprechungen gegenüber den Samaiten einzuhalten.

Schlacht bei Tannenberg

Ulrich von Jungingen führte daher das Heer des Ordensstaates in die Schlacht bei Tannenberg. Er wird als tugendhaft und tüchtig beschrieben, ein klassischer Ritter des Mittelalters. So verzichtete er zu Beginn der Schlacht bewußt darauf, das Überraschungsmoment zu nutzen und die Feinde anzugreifen, bevor sie sich zur Schlacht formieren konnten. Statt dessen ließ er dem litauischen Großfürsten und seit 1386 (an der Seite der Königin Hedwig von Anjou) König Polens Ladislaus II. Jagello durch einen Boten zwei Schwerter überbringen, was traditionell unter Rittern als Aufforderung zur Schlacht galt.

Nachdem bereits die polnische Fahne von den Ordensrittern erobert worden war, stiegen die Ritter von ihren Pferden und sangen ihre Hymne „Christ ist erstanden“. Diesen Zeitpunkt nutzte die bisher kaum in Einsatz gebrachte schwere polnische Reiterei aus.

„Aber obgleich Witowd seine bestbewappneten Litauer, Tataren und Russen ins erste Treffen gestellt hatte und auch mährische und böhmische Söldner tapfer unter ihm fochten, den mähenden Schwertern der stahlgepanzerten Ordensritter widerstanden sie doch nicht auf die Dauer. Nach schwerem Ringen kam ihre Linie ins Wanken, ihr Widerstand schien zu ermatten. Dahin hatte längst der Hochmeister seinen Blick gerichtet. Eiligst schickte er Heinz von Waldstein, dem es wenig gefiel, nur dem Kampf von weitem zuzuschauen, zum Ordensmarschall und ließ sich Verstärkungen erbitten. Bald langten die Söldnerhaufen an und warfen sich mit frischer Kraft den schon ermüdenden Litauern entgegen. Sie schwankten, lösten sich, wichen zurück und stießen auf die zweite Schlachtreihe, drängten sie auf die dritte. Dem gewaltigen Anprall der Deutschen gegenüber war nicht wieder fester Boden zu gewinnen, vergebens mühten sich die Anführer, die verlorene Ordnung herzustellen und die plötzlich Zaghaften zu neuem Kampf anzutreiben. In einzelnen Streithaufen bilden die Böhmen und Mähren noch einen festen Kern. Aber da verschwindet ihr Banner des heiligen Georg – ihr Fähndrich ist niedergeworfen, und es dauert eine Weile, bis er sich unter dem Pferde vorarbeitet. Da glaubten die Litauer sich verloren, den Russen und Tataren sinkt der Mut. Flucht – Flucht – rettet euch! hört man überall rufen. Eine Schar Polen wird mit fortgerissen. In wilder Hast geht's den sumpfigen Ufern des Marenseflusses zu, das Ordensheer mit wehenden Fahnen und lautem Siegesgeschrei hinterdrein. [...] Aber zu früh jubelten die tapferen Streiter; noch war des Feindes Übermacht nicht gebrochen. Zindram erkannte zur rechten Zeit die Gefahr. Er hatte seine Kerntruppen: Söldner, Kriegsgäste und tatarische Reiterei, im Rückhalt. Die rief er nun eiligst heran: ein neues Heer schien aus dem Boden zu wachsen. [...]
So hatte sich das Kriegsglück nun ganz vom Orden abgewandt. Seine Schlachtreihen waren gebrochen, viele Tausende tapferer Streiter lagen am Boden, ohne Führer kämpften die einzelnen Haufen, die noch standhielten. Aber bald war alles Unordnung und Auflösung. Der Komtur von Graudenz, Wilhelm von Helfenstein, wollte nicht weichen; er kämpfte, solange seine Hand das Schwert halten konnte, und starb den Heldentod; seine Tapferen verteidigten das Banner bis auf den letzten Mann. Auch um den gefallenen Arnold von Baden, Komtur von Schlochau, türmte sich ein gewaltiger Haufe von Leichen. Und dort weiter lagen die Komture von Althaus, von Engelsburg, von Nessau, von Straßburg, von Mewe und von Thorn, die Vögte von Roggenhausen und Dirschau mit allen den Ihrigen. Mehr als fünfhundert aus dem Elbinger Mayen waren erschlagen, und von den zwölfhundert Danziger Streitern stand nicht viel mehr als der vierte Teil noch aufrecht um den Fahnenträger. Die Schlacht mußte als verloren gelten. Da hielten die Gebietiger und Hauptleute, die um den Meister waren, Rat und ritten zu ihm heran und sagten ihm: Weiterer Kampf ist vergeblich. Unsere Reihen sind gelichtet, zerrissen, aufgelöst. Auf diesem Felde kann uns der Sieg nicht mehr werden. Schützen wir das Land! Noch kann der Rückzug in aller Ordnung erfolgen. Werfen wir uns mit der geretteten Mannschaft in die Burgen, sie gegen den König zu verteidigen. Ulrich von Jungingen aber legte die Hand mit dem Eisenhandschuh aufs Herz und schüttelte unwillig das schöne Haupt. Das soll, so Gott will, nicht geschehen, antwortete er mit bewegter und doch fester Stimme; denn wo so mancher brave Ritter neben mir gefallen ist, will ich nicht aus dem Felde reiten. Da erkannten sie alle wohl, daß keine Überredung seinen Entschluß wenden werde, und machten sich bereit, mit ihm zu sterben. [...]
Und nun beginnt ein letzter Kampf um Tod und Leben, ein entsetzliches Ringen und Morden auf der blutgetränkten Walstatt. Lanzen splittern, Speere sausen, hageldicht fallen die Schwerthiebe. Eisenhüte und Stahlschienen zu brechen. Haufen von Leichen türmen sich um die Paniere. Die Streiter des Ordens wollen nicht weichen. Aber der Polen Schar wächst, schon kämpfen drei gegen einen. Ulrich von Jungingen, der ritterliche Held, ist auf seinem weißen Rosse allen voran. Den Tod im Herzen, verzweifelnd an des Ordens Glück, nur noch bestrebt, die Ehre zu retten, wirft er sich mit Riesenkraft immer von neuem gegen den Feind. Nur noch wenige Begleiter sind ihm zur Seite. Da fällt Kuno von Lichtenstein, der edle Großkomtur, der noch standgehalten hatte, in dem Schlachthaufen seiner Österreicher, da sinkt der Ordensmarschall Friedrich von Wallenrod tödlich getroffen vom Pferde, da endet des Ordens Trappier, der erlauchte Graf Albrecht von Schwarzburg, sein Leben, das er tapfer verteidigt hat. Der Hochmeister blutet aus vielen Wunden, aber sein Arm wird nicht matt. Neben ihm kämpft Heinz von Waldstein, deckt ihm den Rücken, fängt mit seinem festen Schilde die wuchtigen Speere der Angreifer auf. Gottes Lohn! ruft ihm der Meister mehr als einmal zu. Da durchrennt der lange Spieß eines Tatarenhäuptlings des Junkers treues Pferd, daß es in die Knie sinkt und den Reiter überwirft. Er sucht sich aus dem Bügel frei zu machen, aber das Sporenrad hat sich im Riemenzeug verwickelt. Hinter ihm holt ein Pole mit der Streitaxt aus und läßt sie schwer auf sein Haupt niederfallen. Der Eisenhut spaltet, das Visier springt ab, unter dem krausen Haar hervor ergießt sich ein Strom roten Blutes über Stirn und Wange. Er will das Schwert heben, aber die Sehnen des Armes versagen den Dienst. Die Sinne schwinden ihm. Mit dem Schmerzensruf ‚Maria –!‘ sinkt er rücklings über neben dem verröchelnden Pferde. Der Meister sieht sich um nach seinem Gefährten. Es ist der letzte Augenblick seines Lebens. Von zwei tödlichen Geschossen auf die Stirn und in die Brust getroffen, stürzte er vom Streitroß zu Boden, und ‚sein Heldengeist entwich‘.
Da füllte der Polen wildes Siegesgeschrei die Luft, als sie den Meister niedergeworfen sahen. Die nächsten sprangen vom Pferde, lösten ihm den kostbaren Kriegsmantel und brachten ihn dem König als Siegesbeute. Als aber Jagello das blutige Gewand mit dem Kreuze sah und den Bericht hörte von des Meisters letzten Taten und heldenhaftem Tod, da überkam seine feige Seele ein Zittern der Furcht vor dem toten Löwen, und kein heuchlerisches Wort wollte über seine bleichen Lippen. Man will Tränen in seinen Augen gesehen haben, und die Schmeichler sagten, es seien Tränen der Rührung gewesen.“[1]
Die Gedenktafel in Jungingen

Tod

Das Ordensheer wurde umzingelt und vernichtet, daraufhin fielen Ulrich an der Spitze seiner Elite, des Rennbanners, und die meisten Ritter des Ordens. Die Leiche Ulrich von Jungingens ließ Jagello (Jagiello) bergen und in die Marienburg ehrenvoll überführen, bevor er die beinahe zweimonatige Belagerung der Marienburg begann. Der kleinen Besatzung der Burg gelang es unter Komtur von Schwetz Heinrich von Plauen, die Festung gegen die anstürmenden polnischen und litauischen Truppen zu halten.

Würdigung

Jungingenstein

In Erinnerung an Ulrich von Jungingen und sein ritterliches Verhalten in der Schlacht bei Tannenberg wurde ihm zu Ehren im Jahre 1901 der Jungingenstein gestiftet.

Bronzegedenktafel

Der Hochmeister Ulrich von Jungingen stammte wie sein Bruder Konrad von Jungingen, Hochmeister von 1393–1407, aus dem Dorf Jungingen unweit der Hohenzollernburg bei Hechingen. Für diese beiden Söhne des Ortes wurde 1990 eine Bronzegedenktafel in der Vorhalle des dortigen Museums enthüllt.

Verweise

Fußnoten

  1. Ernst Wichert: Heinrich von Plauen – Historischer Roman in drei Bänden, Verlag von Carl Reißner, Leipzig 1881, Kapitel 14