Marienburg (Ordensburg)
Die Marienburg ist eine Ordensburg in Marienburg in der deutschen Provinz Westpreußen bei Danzig. Die Burg war der Hauptsitz des Deutschen Ordens. Es handelt sich um den größten Backsteinbau Europas.
Inhaltsverzeichnis
Erläuterung
Die Marienburg gehört zu den gewaltigsten Burganlagen Europas. Mit dem Bau wurde 1274 begonnen. Bereits 1280 waren die zentralen Gebäude fertiggestellt. Der gesamte Bau wurde 1398 vollendet. 1309 bis 1457 war die Burg der Sitz des Hochmeisters und damit der Hauptort des Deutschen Ordens. Durch den Niedergang des Ordens geriet sie mit der Stadt Marienburg dann unter polnische Oberherrschaft und war zeitweilig von den Schweden besetzt. Im Laufe der Jahrhunderte kam es zu einem allmählichen Verfall. Nach 1772 wurde sie unter preußischer Verwaltung vorübergehend als Kaserne und Lagerhaus benutzt. Mit dem erwachenden Nationalbewußtsein wuchs im 19. Jahrhundert das Interesse an den steinernen Zeugen der Vergangenheit. Persönlichkeiten wie Max von Schenkendorf und Joseph von Eichendorff setzten sich für die Erhaltung der Marienburg ein. So wurde die Wiederherstellung begonnen, die über 100 Jahre dauerte.
Als nach dem Ersten Weltkrieg Westpreußen vom Reich abgetrennt wurde, bildete die Burg einen westlichen Vorposten der Provinz Ostpreußen. Im Zweiten Weltkrieg wurde sie stark zerstört. Die neuen polnischen Machthaber entschieden sich in den 1950er Jahren nach kontroverser, oft germanophober Diskussion für den Wiederaufbau. Offiziell wurden die Burg und die dazugehörige Stadt von den Besatzern mit dem Kunstwort Malbork versehen.
Geschichte
Ordenszeit
Im Zuge seiner Osterweiterung sicherte der Deutsche Orden die eroberten Gebiete durch den Bau von Burgen. Im Zuge dessen entstand in der Zeit zwischen 1270 bis 1300 am Ufer des Nogat, eines Mündungsarms der Weichsel, die Marienburg, ursprünglich als Sitz des Landmeisters vorgesehen. Erbaut vom Orden der Brüder vom Deutschen Haus St. Marien (vollständige Bezeichnung des Deutschen Ordens) zu Ehren der nominellen Schutzpatronin des Ordens, erhielt die Feste ihren Namen.
Seit Hochmeister Siegfried von Feuchtwangen 1309 den Hochmeistersitz des Ordens von Venedig nach Marienburg verlegte, erwies sich die Festung als zu beengt für die anstehenden Repräsentationen einer so mächtigen Korporation. So fanden hier die großen Kapitel des Gesamtordens statt, an denen auch Deutschmeister und Meister in Livland teilnahmen und auf denen Hochmeister und die fünf Gebietiger des Ordens gewählt wurden. Regelmäßig weilten auch Repräsentanten des europäischen Hochadels in der im Laufe des 14. Jahrhunderts mehr und mehr zum Schloß ausgebauten Marienburg (siehe Preußenfahrten).
Anläßlich des unglücklichen Krieges des Ordens gegen Polen/Litauen mußte die Burg 1410 erstmals einer massiven Belagerung trotzen. Heinrich von Plauen gelang es, die Burg nach der verlorenen Schlacht bei Tannenberg im Jahre 1410 in der Schlacht um die Marienburg erfolgreich zu verteidigen.
Nach der Verteidigung gegen den polnischen König Kasimir IV. Jagello 1454 im Dreizehnjährigen Krieg des Ordens gegen die durch den polnischen König unterstützten preußischen Stände mußte Hochmeister Ludwig von Erlichshausen, da er mit den fälligen Soldzahlungen im Rückstand war, die Burg 1455 an seine aufbegehrenden Söldner verpfänden. Diese verkauften sie dann umgehend an den polnischen König.
Ausbau
Entsprechend ihrem Zweck wurden die Gebäude des Mittel- und des Hochschlosses als Konventsburgen, d. h. als Stützpunkt und Unterkunft der großen Zahl der Ordensritter und dienenden Brüder gebaut. Der zuerst fertiggestellte Nordflügel des Hochschlosses hatte folgerichtig auch die Funktion eines Dormitoriums (Schlafsaal). Der Nordflügel mit Kirche und Kapitelsaal des Hochschlosses wurden bis 1280 vollendet. Hochmeister Dietrich von Altenburg ließ die Kirche Sankt Marien anbauen. An der Außenwand der Kirche befindet sich das farbige Glasmosaik „Unserer Lieben Frau“.
Die neue Funktion als Residenz unter Hochmeister Siegfried von Feuchtwangen machte es notwendig, die Burg den Repräsentationsbedürfnissen des Ordensoberhauptes anzupassen. Unter Luther von Braunschweig wurde das Schloß ausgebaut. Für die stark zunehmende Anzahl der Ordensbrüder wurden weitere Funktionsbauten errichtet. Die Vorburg war ab 1309 in Ansätzen vorhanden. In der St. Lorenz-Kapelle, einem bescheidenen Bau mit Flachdecke, an die Außenmauer der Vorburg gelehnt, fanden die Gottesdienste für die Halbbrüder des Deutschritterordens und für die dienenden Schwestern statt. Die Kapelle enthielt eines der größten Meisterwerke der Malerei des 14. Jahrhunderts in den Ordenslanden, den Altar aus dem Ordensschloß Graudenz. Hochmeister Dietrich von Altenburg ließ das Komturhaus bauen und eine Pfahlbrücke über den Fluß schlagen.
Den bedeutendsten Bau des Schlosses stellt der Hochmeisterpalast dar. Begonnen wahrscheinlich schon 1305, wurde er in seiner baulichen Hülle 1393, wahrscheinlich nach Plänen des Koblenzer Baumeisters Nikolaus Felleisen, vollendet. Unter dem Hochmeister Konrad von Jungingen wurden dann auch die künstlerischen Arbeiten im Inneren 1399 fertiggestellt. Der in Form eines Wohnturmes errichtete Bau weist neben den gotischen auch Elemente der frühen italienischen Renaissance auf und stellt eine architektonische Besonderheit dar. Der schönste Raum des Palastes ist der Sommerremter (Remter hießen früher die Speisesäle in Klöstern), dessen Sterngewölbe von einem einzigen schlanken Granitpfeiler getragen wird.
Diesem Pfeiler soll die Steinkugel gegolten haben, die über dem großen Kamin eingemauert ist. Sie stammt von der Belagerung durch Jagello im Jahr 1410. Die Glasfenster von 1822 bis 1826 zeigen Szenen aus der Ordensgeschichte. Ähnlich dem Sommerremter trägt auch das Gewölbe des kleinen Winterremters nur eine einzige Säule. Hier gibt es als Wandmalereien die Hochmeisterbilder des Malers Peter vom Anfang des 15. Jahrhunderts. Der große Remter, 30 Meter lang, hat leichte Sterngewölbe, von drei schlanken roten Granitpfeilern getragen. In den hohen Spitzbogenfenstern befinden sich Glasmalereien von Lauterbach aus dem Jahr 1908.
Eine Verstärkung der Verteidigungsanlagen wurde unter Heinrich von Plauen in der Mitte des 15. Jahrhunderts (Plauener Wall) durchgeführt. Es besteht seit dieser Zeit ein kompliziertes Mauer-Graben-Zwinger-System mit teilweise vierfachem Mauerring. Im nördlichen und östlichen Vorfeld wurden durch die Schweden 1656–59 Verteidigungswälle erbaut.
Polnische und preußische Herrschaft
Am 7. Juni 1457 zog der König von Polen in das deutsche Schloß ein, und der Hochmeister flüchtete nach Königsberg. Während des Dreißigjährigen Krieges 1626 und 1629 sowie im Schwedisch-Polnischen Krieg von 1656 bis 1660 wurde die Burg von den Schweden besetzt. Mit der 1. Polnischen Teilung 1772 kam die Marienburg wieder zum Königreich Preußen und lag ab 1773 in der Provinz Westpreußen.
Durch die moderne Nutzung (etwa den Einbau einer Kaserne) wurden viele Elemente der mittelalterlichen Architektur zerstört, und es gab für das Hochschloß sogar Abrißpläne (zugunsten eines modernen Magazinbaus). Dagegen wandten sich u. a. Friedrich Gilly und Friedrich Frick, die ab 1794 Ansichten der Marienburg veröffentlichten. 1803 rief der Dichter Max von Schenkendorf zur Rettung der Marienburg auf. 1804 verbot König Friedrich Wilhelm III. weitere Abrißarbeiten. An den ab 1817 stattfindenden Restaurierungsmaßnahmen war auch Karl Friedrich Schinkel beteiligt. 1819 reiste er im Auftrage Staatskanzler Hardenbergs, der das Hardenbergfenster im Großen Remter stiftete, zur Marienburg. Unter dem Oberpräsidenten Heinrich Theodor von Schön wurde sie umfassend restauriert; dieser bekam dafür von König Friedrich Wilhelm IV. den Ehrentitel „Burggraf von Marienburg“ verliehen.
Kaiserreich
Schon während des Deutschen Kaiserreiches spielte die Burg unter der Regierung von Kaiser Wilhelm II. eine wichtige Rolle in der nationalen Identität. Die Ordensburg war eine der offiziellen Residenzen des Kaisers. Im Ersten Weltkrieg war sie der Sitz des Oberkommandos der I. Armee unter Hindenburg und Ludendorff.
Nationalsozialismus
Die NSDAP und die SS bzw. ihre Funktionäre nutzten die Marienburg häufig für Tagungen, Feierlichkeiten und Aufmärsche. Ab 1934 wurde mit dem Bau eines großen Amphitheaters auf der Ostseite der Burg begonnen. Es gab auch Planungen für den Neubau einer „NSDAP-Ordensburg“ nordöstlich der mittelalterlichen Anlage, die aber nicht mehr verwirklicht wurden.
Zerstörung und Wiederaufbau
In dem von England 1939 entfesselten europäischen Krieg, den die in den USA tonangebenden Kreise durch Kriegseintritt des Landes zum Weltkrieg machten, wurde die Burg durch sowjet-bolschewistische Truppen zu 60 Prozent zerstört. Danach fiel die deutsche Burg vorübergehend unter polnische Verwaltung und wurde vom polnischen Staat unter Einsatz deutscher Gelder restauriert. Seit einigen Jahren ist auch die Marienkirche wieder für die Öffentlichkeit zugänglich. Diese wurde nicht renoviert, sondern bisher nur gegen Einsturz gesichert; das Ausmaß der Zerstörung durch die sowjet-bolschewistischen Truppen wird so auf eindringliche Weise dokumentiert.
Die Marienburg ist heute einer der wichtigsten Anziehungspunkte für Touristen; sie wird überwiegend als Museum genutzt. 1998 hat sich die NWO-Organisation UNESCO angemaßt, den deutschen historischen Monumentalbau zum NWO-Erbe („Weltkulturerbe“ einer fiktiven Weltkultur) zu erklären.
Bildergalerie
König Friedrich der Große von Rudolf Siemering (1877), vor der Marienburg; verschollen (vermutlich zerstört)
Siehe auch
Literatur
- Julius Pederzani-Weber: Die Marienburg – Eine deutsche Kulturstätte im Osten, 1890 (PDF-Datei) Für Nicht-USA-Bewohner nur mit US-Proxy abrufbar!
- Conrad Steinbrecht: Die Hohenzollern und die Marienburg in Preußen in: Hohenzollern-Jahrbuch. Forschungen und Abbildungen zur Geschichte der Hohenzollern in Brandenburg-Preussen, 1902
- Joseph von Eichendorff: Die Wiederherstellung des Schlosses der deutschen Ordensritter zu Marienburg – Mit einem Grundriß, 1844 (PDF-Datei)
Verweise
- YouTube: Burg Marienburg
- Rolf Schilling: Reise nach Ostpreußen, August 1971, Sezession 9, April 2005, S. 38–44, PDF archiviert