Königreich Westphalen

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Das sogenannte „Königreich Westphalen“ war ein von Deutschland durch den Diktatfrieden von Tilsit 1807 abgetrenntes französisches Protektorat mit dem Ziel der allmählichen Frankophonisierung des Gebietes.

Geschichte

Das annektierte „Königreich Westphalen“ und der Vasallenstaat „Rheinbund

Das sogenannte Königreich Westphalen wurde von Napoleon nach seinem Überfall auf Deutschland als sogenannter Rheinbundstaat gebildet. „König“ war dessen Bruder Jerome Bonaparte (Hieronymus Napoleon). Es gab sogar eine eigene angebliche „Verfassung“ und ein eigenes „Gesetzbuch“ von Napoleons Gnaden, Hauptstadt war Kassel, die Amtssprache war Französisch.

Das annektierte Gebiet, das mit dem derzeitigen (2013) Westfalen nichts gemein hat, reichte von der französischen Grenze bis zur Elbe bei Magdeburg, nach Thüringen und umfaßte auch Städte wie Halle an der Saale. Unter anderem wurde das Herzogtum Braunschweig-Lüneburg bzw. das Kurfürstentum Braunschweig-Lüneburg (9. Kurfürstentum des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation) entmachtet und Herzog Friedrich Wilhelm enteignet.

Erläuterung

Dieses „Königreich“ setzte sich aus zahlreichen Gebieten zusammen. Dazu gehörten das Herzogtum Braunschweig, Kurhessen, die preußischen Teile der Altmark, Magdeburg, Halberstadt, Goslar, Hildesheim, Quedlinburg, das Eichsfeld, Nordhausen, Paderborn, Minden und Münster. Hinzu kamen hannoversche Territorien, Göttingen, Osnabrück und der Harzdistrikt, einst sächsische Ämter wie Gommern und Querfurt sowie die Grafschaft Mansfeld und die ehemalige Abtei Corvey, so daß das annektierte Gebiet zunächst 37.900 Quadratkilometer mit über zwei Millionen Einwohnern und ab 1811 nach Eingliederung weiterer hannoverscher Gebiete 45.400 Quadratkilometer umfaßte.

Das Land sah sich wirtschaftlich ausgeplündert und militärisch nahe am Verbluten. Für jeden der zahllosen Kriegszüge des Eroberers mußte Westfalen bis zu 35.000 Soldaten stellen. Allein im Rußlandfeldzug Napoleons 1812 fielen 27.000 Mann. Zur Belohnung seiner Generale hatte er dem Land nach dem Tilsiter Frieden von 1807 die Hälfte aller Staatsdomänen genommen. Außerdem mußte das Königreich für den Unterhalt der hier stationierten französischen Truppen aufkommen; ab 1810 waren das 15 Millionen Francs jährlich, heute ein Milliardenbetrag.

Französische Truppen hatten sofort nach der Einnahme Kassels die wertvollsten Kunstgegenstände geraubt und in den Pariser Louvre verschleppt. Das Gebiet bestand jedoch nur ab dem Schmachfrieden von Tilsit 1807 bis zur Befreiung Europas vom französischen Joch durch die Völkerschlacht bei Leipzig 1813.

Jean-Baptiste Bernadotte, der spätere König von Schweden und Norwegen, war hier vom 14. Mai 1804 mehrere Monate lang französischer Gouverneur. Als Folge des von Christian von Haugwitz mit Napoleon geschlossenen Vertrags von Paris vom 15. Februar 1806 war Preußen gezwungen, Hannover zu besetzen, was eine Kriegserklärung seitens Englands zur Folge hatte.[1] 1807 bzw. 1810 ging Hannover schließlich im Königreich Westphalen auf, das von Napoleons jüngstem Bruder Jérôme regiert wurde.

Der Nordwesten des Kurfürstentums wurde 1811 als Teil der Hanseatischen Departements Bestandteil des ersten französischen Kaiserreichs.

Am 16. Oktober 1813 floh der Franzosenkönig aus Kassel und wenig später rückte der kurhessische Kurprinz Wilhelm zusammen mit einem russischen Kosaken-Korps in die Stadt ein.

Siehe auch

Literatur

  • Fritz Lünsmann: Die Armee des Konigreichs Westfalen 1807–1813. Berlin, 1935.
  • Friedrich August Karl von Specht: „Das Königreich Westphalen und seine Armee im Jahr 1813. So wie die Auflösung desselben durch den kaiserlich-russischen Graf A. Czernicheff“ (1848) (PDF-Datei)
  • Wilhelm Wagner: „Das Königreich Westphalen und die Franzosen“, 1813 (PDF-Datei)
  • „Die entlarvte hohe und geheime Polizei des zerstörten Königreichs Westphalen“, 1814 (PDF-Datei)

Fußnoten

  1. Karl Otmar von Aretin: Vom deutschen Reich zum Deutschen Bund. Seite 103, ISBN 978-3-525-33583-3, abgefragt am 14. Februar 2009