Roswitha von Gandersheim

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Kupferstich aus Johann Georg Leuckfelds
„Antiquitates Gandersheimenses“ aus dem Jahre 1709
Conrad Celtes überreicht dem Kurfürst
Friedrich von Sachsen die Werke der Roswitha

Roswitha [Hroswitha] von Gandersheim, lat.: Hrotsvitha Gandeshemensis (* um 935; † nach 973) war Nonne und Kanonissin des Stiftes Gandersheim. Sie gilt als erste deutsche Dichterin.

Leben und Wirken

Roswitha stammte aus adligem Geschlecht und trat bereits in jungen Jahren in das Benediktinerkloster Gandersheim. In dieser bevorzugten Familienstiftung des sächsischen Herzogs- und Königshauses, die nur den besten Kreisen offen stand, erfuhr sie eine hervorragende theologische und literarische Bildung, namentlich unter Leitung ihrer späteren Äbtissin, der jungen Gerberge, einer Tochter Herzog Heinrichs von Bayern und Enkelin König Heinrichs I.

Roswithas zahlreiche lateinische Dichtungen zeugen ebenso sehr von ihrem Wissen wie von ihrem Geschmack und poetischen Können. Sie begann um 960 mit acht in Distichen und Leoninischen Hexametern verfassten Legenden (darunter die von Theophilus, vom Sklaven des Proterius, die skurrile „Passio Gongolfi“ und die der Zeitgeschichte angehörende „Passio Palagii“). Roswitha scheute in ihren sechs christlichen Dramen aber in ihrem kräftig belebten Dialog vor Derbheiten und im dramatischen Aufbau vor gewagten Situationen durchaus nicht zurück; am wirksamsten sind „Callimachus“ und „Abraham“, der ohne Zimperlichkeit die Bekehrung einer Dirne darstellt. Roswithas historische Gedichte in Hexametern feiern die Taten Ottos I. und erzählen die Gründung von Gandersheim.

Bedeutung

Roswitha von Gandersheim ist nicht nur die erste namentlich bekannte deutsche Schriftstellerin, sondern in der gesamten christlichen Welt seit der Antike. Alle Werke hatte Roswitha in lateinischer Sprache verfasst und dem Kaiser Otto I. persönlich überreicht.

In den Vorreden über Legenden und Dramen interpretiert Roswitha selbst ihren Namen als „ego, clamor validus Gandershemensis“ – „starker Klang bzw. helle Stimme von Gandersheim“. Ihr altsächsischer Name „Hrôtsvid“ hätte ins Lateinische übersetzt eigentlich „goria validus“ – „starker Ruhm“ – lauten müssen. Ferner erwähnt Roswitha in ihren Werken, dass sie älter als ihre Äbtissin Gerberga sei, die nachweisbar 940 geboren wurde, demnach wird Roswitha wohl um 935 geboren worden sein.


Roswitha an Kaiser Otto I. bei Übersendung des Ottoliedes:

Mit starker Hand regierst Du, Otto,
Durch Gottes Gnaden das Reich der Cäsaren,
Dein kaiserlich Zepter führst Du mit Ehren
Und übertriffst alle früheren Herrscher;
Dich fürchten die Völker, die ringsumher wohnen,
Der Römer Reich bringt Gaben Dir viel.
Verschmähe nicht die geringe Gabe,
mein kleines Lied, das zu Lob ich Dir bringe.
Die Geringste der Herde, die einst Deine Ahnen
Nach Gandersheim brachten, sagt Dank Dir von Herzen
Und will stets Dir schulden beständige Dienste.


Das Gesamtwerk geriet in Vergessenheit und wurde erst 1494 von Conrad Celtes im Kloster St. Emmeram zu Regensburg aufgefunden und im Jahre 1501 in Nürnberg erstmals in Buchform, versehen mit Illustrationen aus der Werkstatt Albrecht Dürers, veröffentlicht. Ihr wurde in der Walhalla ein bleibendes Denkmal gesetzt.

Roswitha schuf 8 Legenden:

  • Die Marienlegende
  • Himmelfahrt Christi
  • die Gongolflegende
  • die Legende des Pelagius
  • die Legende Theophilus
  • die Legende des Basilius
  • die Dionysiuslegende
  • Die Agneslegende

6 Dramen über den Sieg der Reinheit über die Verführung:

  • Die Bekehrung des Feldherrn Gallikan
  • Das Leiden der heiligen Jungfrauen Agape, Chionia,Irene (Dulcitius)
  • Das Leiden der heiligen Jungfrauen Fides, Spes und Caritas (Sapentia)
  • Die Auferweckung Drusianas und des Calimachus
  • Fall und Buße Marias, der Nichte des Einsiedlers Abraham
  • Bekehrung der Buhlerin Thais (Paphnutius)

2 Epen geschichtlichen Inhaltes:

  • Die Anfänge des Klosters Gandersheim
  • Die Taten Ottos I.


Kurze Einführung in Leben und Werk:[1]

Geschichte der deutschen Literatur - Roswitha 01.png Geschichte der deutschen Literatur - Roswitha 02.png

Siehe auch

Werke (Auswahl)

Opera Hrosvite illustris virginis et monialis germane.jpg
  • Der Hrotsuitha Gedicht über Gandersheims Gründung und die Thaten Kaiser Oddo I. (PDF-Datei)
  • Hrotsvithae Opera (PDF-Datei) Für Nicht-USA-Bewohner nur mit US-Proxy abrufbar!
  • Comoedias sex ad fidem codicis Emmeranensis (PDF-Datei)
  • Opera omnia juxta melioris notae ad prelum revocata (PDF-Datei)
  • Opera, partim soluto, partim victo sermonis genere ab ea conscripta, duobus abhinc seculis a Conrado Celte formis primum expressa, nunc denuo, multorum rogatu, ad usum publicum recognita, et ab inficeto scribendi more repurgata (PDF-Datei)
  • Die Werke der Hrotsvitha, Hrsg. von K. A. Barack (PDF-Datei)

Literatur

  • Joseph Aschbach: „Roswitha und Conrad Celtes“ (1867) (PDF-Datei)
  • Edmund Dorer: „Roswitha, die Nonne von Gandersheim“, Aarau 1857 (PDF-Datei)
  • Wilhelm Gundlach:
    • Heldenlieder der deutschen Kaiserzeit aus dem Lateinischen übersetzt, an zeitgenössischen Berichten erläutert und eingeleitet durch Übersichten über die Entwicklung der deutschen Geschichtsschreibung im X., XI. und XII. Jahrhundert zur Ergänzung der deutschen Literaturgeschichte und zur Einführung in die Geisteswissenschaft, 1894, Band 1: „Hrosvitha's Otto-Lied“ (PDF-Datei)
    • „Das Otto-Lied von Hrotsvitha“ (PDF-Datei) Für Nicht-USA-Bewohner nur mit US-Proxy abrufbar!
  • „Das älteste Drama in Deutschland oder die Comödien der Nonne Hrotswitha von Gandersheim“ (1850) (PDF-Datei Band 1: Gallicanus, Dulcitius, Calimachus)
  • Johann Georg Leuckfeld: „Antiquitates Gandersheimenses: Oder Historische Beschreibung Des Uhralten kayserlichen Freyen Weltlichen Reichs-Stiffts Gandersheim“ (Netzbuch, PDF-Datei)
  • Rudolf Köpke:
    • Ottonische Studien zur deutschen Geschichte im zehnten Jahrhundert, 1869, Band 2: Hrotsuit von Gandersheim (PDF-Datei)
    • Hrotsuit von Gandersheim - Zur Litteraturgeschichte des 10. Jahrhunderts, 1869 (PDF-Datei)

Fußnoten

  1. Eduard Engel: Geschichte der deutschen Literatur von den Anfängen bis in die Gegenwart. Band 1, S. 51f. (PDF-Datei) Für Nicht-USA-Bewohner nur mit US-Proxy abrufbar!