Reichsfreiherr
Reichsfreiherr (auch: Reichsbaron) ist eine Standesbezeichnung aus dem Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation. Einerseits wurden damit die Inhaber reichsunmittelbarer Territorien bezeichnet, andererseits auch solche Personen, die in den „Reichsfreiherrenstand“ erhoben wurden und den Adelstitel eines Freiherrn als Briefadel durch den römisch-deutschen Kaiser verliehen bekommen hatten. Der Reichsunmittelbarer bzw. Reichsritter war nur von König oder Kaiser abhängig, nie der Dienstmann eines Grafen usw.
Inhaltsverzeichnis
Inhaber eines reichsunmittelbaren Territoriums
Reichsfreiherren dieser Gruppe waren alle diejenigen, die mit Reichsgut direkt vom Kaiser oder von einer Reichsstadt belehnt waren (Reichsunmittelbarkeit) sowie deren Nachfahren. Sie waren reichsunmittelbare Freiherren, ohne daß es einer förmlichen Bezeichnungsverleihung bedurfte, und sie konnten innerhalb ihrer Herrschaftsgebiete die ihnen zukommenden Machtbefugnisse frei ausüben.
In sogenannten Lehenbüchern wurden solche Belehnungen oft festgehalten. Diese sind häufig überliefert. Gemäß Geburtsrecht wurden auch diejenigen als Reichsfreiherren bezeichnet, deren Vorfahren zwar mit einem solchen Lehen belehnt waren, bei denen selbst eine Belehnung jedoch nicht (mehr) gegeben war.
Briefadel
Als Reichsfreiherren wurden auch solche Adelige bezeichnet, die ihren Freiherrentitel durch eine Urkunde des römisch-deutschen Kaisers oder eines Reichsvikars verliehen bekommen hatten (Briefadel). Eine durch den Kaiser ausgesprochene Standeserhöhung war, soweit nicht ausdrücklich anders vorgesehen, im ganzen Reich anerkannt und bedurfte keiner weiteren Naturalisierung durch die reichsunmittelbaren Fürsten. Dem gegenüber galten Standeserhöhungen, die nicht durch den Kaiser vorgenommen wurden, grundsätzlich nur auf den Ländereien des nobilitierenden Landesherrn. Ein Kurfürst von Brandenburg etwa konnte nur einen Titel mit Gültigkeit innerhalb seiner Herrschaftsgebiete verleihen, ein römisch-deutscher Kaiser aus dem Haus Habsburg hingegen konnte entweder (in seiner Eigenschaft als Regent der Erblande) einen erbländisch-österreichischen Titel, oder aber (in seiner Eigenschaft als Kaiser) auch einen Titel des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation verleihen.
Anrede
Angehörigen freiherrlicher Familien stand im 17. und 18. Jahrhundert die Anrede Wohlgeboren, später Hochwohlgeboren oder Hoch- und Wohlgeboren zu. In Deutschland war es üblich, den Adelstitel dem Vornamen voranzustellen. Seit dem Inkrafttreten der Weimarer Verfassung 1919 sind ehemalige Adelstitel in Deutschland namensrechtlich Bestandteile des Familiennamens. In Österreich war es bereits während der Monarchie üblich, den Adelstitel zwischen dem Vor- und dem Familiennamen einzufügen. Dies wurde nicht nur im amtlichen Schriftverkehr, sondern auch bei Hof so gehandhabt.
Gültigkeit und Militärpflicht
Mit Reichsunmittelbarkeit oder einer Belehnung mit Reichsgut hatte der Titel in diesem Fall nichts zu tun, sondern war lediglich ein Hinweis darauf, daß er vor 1806 durch den Kaiser oder Reichsvikar verliehen worden war. Der Titel wurde auch nach Auflösung des Ersten Reiches als Reichsfreiherr bzw. Freiherr vererbt.
Der Reichsfreiherr war (bis 1806) verpflichtet, in der Reichsarmee zu dienen, wenn er vom Kaiser bzw. vom Reichstag angefordert wurde, eine Dienstpflicht im Kaiserlichen Heer bestand hingegen nicht.
Andere Lexika
- Im Heiligen Römischen Reich der Stand, nicht der Titel, der bis 1806 vom Kaiser mit Brief dazu Erhobenen (Titel: Freiherr). Die Reichsfreiherren gehörten dem niederen Adel an (seit dem 19. Jahrhundert ranggleich mit dem landesherrlichen Freiherrenstand). — Universal-Lexikon, 2012
- Die letzten wahren Barone existierten in Deutschland nur in den reichsunmittelbaren Freiherren (Reichsbaronen) des Deutschen Reiches. — Meyers Großes Konversations-Lexikon, 1905