Kaiser

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Pfeil 1 start metapedia.png Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig. Weitere Bedeutungen sind unter Kaiser (Auswahlseite) aufgeführt.

Der Titel Kaiser ist die höchste Herrschertitulatur, deren Träger die größte irdische Autorität ausübt. In Europa leitet sich das Kaisertum vom Römischen Reich ab und bedeutet zumeist einen gesamteuropäischen Herrschaftsanspruch. Außerdem wurden und werden auch andere ranghohe Monarchen der Welt als Kaiser bezeichnet, so die chinesischen und japanischen Herrscher. Letztere sind zur Zeit die einzigen, die mit diesem Titel bezeichnet werden.

Die Reichskrone der Könige und Kaiser des Heiligen Römischen und Ersten Deutschen Reiches, 1025 von Konrad II. gestiftet

Das römische Kaisertum

Als Beginn des Kaisertums wird wahlweise die Herrschaft Cäsars oder – was die geläufigere Ansicht ist – die Augustus’ angegeben, der die für alle weiteren Kaiser bedeutsamen Kompetenzen und Ehrentitel im wesentlichen auf sich vereinte. Als Cäsar im Jahre 46 v. d. Z. durch den Sieg bei Thapsus endgültig die Alleinherrschaft errang, war er der erste Monarch der römischen Geschichte. Seine Macht bestand zum einen aus dem Konsulat, das er insgesamt fünfmal innehatte, vor allem aber aus der Diktatur, die er seit 46 v. d. Z. für zehn Jahre, seit 44 v. d. Z. als dictator perpetuus auf Lebenszeit ausübte. Ferner beruhte seine Stellung auf der für das Kaisertum grundlegenden engen Verbindung zwischen Monarch und Heer, die durch den Titel des imperator gesichert war. Daneben zeigte sich schon hier die für das Kaisertum charakteristische religiöse Legitimation des Herrscheramtes, so durch das Amt des pontifex maximus, das Cäsar seit 63 v. d. Z. besaß, und die Verehrung als Gott zu Lebzeiten durch den Kult des divus Iuppiter Iulius.

Der Prinzipat

Der Althistoriker Karl Christ definiert die Stellung des römischen princeps folgendermaßen: :„Der princeps der ersten zwei Jahrhunderte war nicht nur ein repräsentatives Symbol des Imperiums, sondern trotz aller Überhöhung, die ihm schon früh in den verschiedensten Formen zuteil wurde, weit mehr als eine lediglich passive Verkörperung des Staates, der Macht und des Rechts. Er war vielmehr in der Regel ein äußerst aktiver, direkter Regent, oberster Kriegs- wie Gerichtsherr, Administrator und Leiter faktisch aller Bereiche der Politik. In einer ganz anderen, weitaus umfassenderen, kohärenteren und direkteren Weise als einst die Korporation des Senats, das Kollektiv der freien römischen Bürger oder die jeweils durch die Normen von Kollegialität und Annuität eingeschränkten Magistrate übte er Macht und Einfluß aus, gab er die Impulse der Politik, war er der Garant der Kontinuität römischer Macht und ihres Rechts. [...] Der römische princeps war schon früh zum autonomen, sich selbst verabsolutierenden Faktor der römischen Politik und Gesellschaft geworden. Er besaß zudem die denkbar breiteste militärische, materielle und gesellschaftliche Basis und war überdies seit Augustus, erst recht seit dessen Konsekration, auch sakral überhöht und abgesichert.“[1]

Octavian ging im Jahr 30 v. d. Z. als Sieger aus dem Bürgerkrieg hervor und war damit alleiniger Herrscher des Römischen Reiches. Zur Festigung dieser Stellung übte er seit 31 v. d. Z. jährlich das Konsulat aus. Am 16. Januar 27 v. d. Z. wurde ihm in einer feierlichen Senatssitzung der Titel Augustus verliehen, was soviel heißt wie „Der Erhabene“. Dadurch wurde er zugleich mit einer religiösen Aura umgeben und stand auf einer Stufe mit dem sagenhaften Stadtgründer Romulus. Ferner wurden ihm ein Ehrenschild, der clupeus virtutis, der die Tugenden Augustus’ rühmte, verliehen und Lorbeerbäume vor seinem Haus aufgestellt. Darüber hinaus trug er nun regelmäßig den Lorbeerkranz des Retters, der normalerweise an Soldaten vergeben wurde, die einem Kameraden das Leben gerettet hatten. Durch dieses Vorrecht sollte ausgedrückt werden, daß Augustus das ganze römische Volk gerettet habe. Hier beginnt die enge Verknüpfung des Kaisertums mit einem soteriologischen Heilsbegriff.

Im Jahre 23 v. d. Z. wurde dann eine Modifizierung der Stellung Augustus’ vorgenommen. Fortan verzichtete er auf das jährliche Konsulat und erhielt statt dessen die tribunizische Gewalt, die es ihm erlaubte, den Senat und die Volkstribunen einzuberufen, sein Veto gegen deren Beschlüsse einzulegen und Gesetzesanträge zu stellen. Außerdem verfügte er von nun an über das imperium proconsulare, die prokonsularische Gewalt, wodurch er die Kontrolle über alle Provinzen des Reiches innehatte. Die Kompetenzen wurden 19 v. d. Z. durch den Erhalt der konsularischen Amtsgewalt vervollständigt, womit die Stellung aller späteren Kaiser bereits vorgezeichnet war.

Des weiteren wurde die sakrale Fundierung des Kaisertums und die enge Verflechtung von Politik und Religion unter Augustus vorbestimmt. Insofern ist die Wahl Augustus’ zum pontifex maximus im Jahre 12 v. d. Z. in ihrer historischen Bedeutung gar nicht zu überschätzen. Denn von da an war der Kaiser endgültig nicht nur politisches, sondern auch religiöses Oberhaupt der Römer. Ihm unterstanden alle Staatskulte, er führte die wichtigsten sakralen Handlungen durch, ihm wurde kultische Verehrung zuteil. Diese Entwicklung wurde abgeschlossen mit der Konsekration des Kaisers zum divus Augustus nach seinem Tod im Jahre 14 n. d. Z. Dies verdeutlicht das Verständnis des Kaisertums als charismatische Herrschaft, deren Legitimation durch die Leistung des jeweiligen Herrschers unter Beweis gestellt wurde. Auch hier setzte Augustus, dessen überragende auctoritas sein Leben überdauern und damit den Bestand des Kaiserreichs und die Stellung seiner Nachfolger garantieren sollte, Maßstäbe. Nicht umsonst wurden im Jahr 14 n. d. Z. all die Kompetenzen, die Augustus mühselig im Laufe der Jahre errungen hatte und sich teilweise periodisch bestätigen ließ, seinem Nachfolger Tiberius gleich in Gesamtheit auf Lebenszeit verliehen.

Das Fundament der Macht der Kaiser bestand ferner in der engen Beziehung zwischen Prinzeps und Volk. Karl Christ konstatiert dazu:

„Sieht man von allen Einzelheiten ab, so erstreckte sich der Einfluß des princeps in den verschiedensten Formen von Anfang an kontinuierlich auf alle Schichten der römischen Gesellschaft, vor allem jedoch in besonders direkter Weise auf die Führungsschichten Roms, Italiens und der Provinzen, nicht zuletzt aber der Armee. Die zunächst ungenügende institutionelle Verankerung und Sicherung seiner Macht kompensierte er durch eine ungewöhnlich große Zahl persönlicher Beziehungen und Verbindungen, durch seinen Herrschaftsstil, der von vornherein das Aufkommen mächtiger Zwischeninstanzen verhinderte und damit auch die Einheitlichkeit und innere Geschlossenheit der Politik garantierte. Gerade die Angehörigen der Führungsschichten und der Armee aber mochten in der direkten Beziehung zum princeps eine sie selbst auszeichnende und zufriedenstellende Bindung sehen, die viel zur Konsolidierung und Hinnahme des neuen Systems beitrug.“[2]

Das spätantike Kaisertum

Im dritten Jahrhundert befand sich das Römische Reich in einer schweren Krise. Dutzende Usurpationen an allen Reichsgrenzen, meist von den jeweils dort stationierten Legionen eingeleitet, erschütterten das Gefüge des Reiches, die Kaiser wechselten rasch und waren mit einer Vielzahl von Problemen konfrontiert, die es ihnen schwer machten, eine eigene Machtbasis aufzubauen und zu verfestigen. Ihr Leben war so niemals sicher, und kaum jemand von ihnen starb eines natürlichen Todes, meistens wurden sie ermordet oder fielen in der Schlacht.

Kaiser Diokletian zog dann aus dieser Situation zum Ende des 3. Jahrhunderts die nötigen Schlüsse. Er teilte das Reich in unterschiedliche Einflußzonen, die jeweils von einem Kaiser verwaltet wurden, auch wenn die Einheit des Reiches gewahrt blieb und er als ranghöchster Regent nach wie vor die Fäden zog. Um der Bedrohung seines Lebens entgegenzuwirken, wurde die Person des Kaisers mehr und mehr dem menschlichen Bereich entrückt und überhöht. Er zog sich nun aus dem öffentlichen Leben zurück, lebte für die Masse der Menschen unerreichbar in riesigen Palästen und trug kostbare Kleidung, die ihn deutlich vom Durchschnittsmenschen abhob. Mit der Volksnähe des augusteischen Prinzipats hatte das nur noch wenig zu tun. Diokletian war schon zu Lebzeiten als Iovius in die Nähe des Jupiters gerückt, nun wurden im Gegensatz zu früher, wo vor allem die Leistungen des einzelnen Prinzeps gezählt hatten, insbesondere auch die sieghaften und überlegenen Qualitäten des Kaisers qua seines Amtes angepriesen. So wurde eine Entwicklung eingeleitet, die schließlich zur Möglichkeit der Herrschaft auch von minderjährigen und damit regierungsunfähigen Kaisern führte. Das Kaisertum wurde institutionalisiert, damit die Person des jeweiligen Herrschers unwichtiger, sein Amt dagegen um so überhöhter. Während früher einzelne Monarchen abgelehnt werden konnten, während man im ganzen der Monarchie doch zustimmte, mußte jetzt, wer der Monarchie anhing, insbesondere dem amtierenden Herrscher seine Treue schwören. Bezeichnenderweise ging denn auch mit der Steigerung der Verehrung des regierenden Monarchen ein Bedeutungsverlust des Kultes um verstorbene und konsekrierte Kaiser einher.

Dennoch hatte das diokletianische System noch nicht zur Durchsetzung einer dynastischen Politik geführt, dies geschah erst unter Konstantin dem Großen, der 324 n. d. Z. die Alleinherrschaft im Imperium Romanum errang. An die Weichenstellung seines Vorgängers bezüglich der Stilisierung des Kaisertums anknüpfend, brach er dennoch mit diesem, indem er das System der Adoptionen und Verheiratungen, die eine dynastische Erbfolge verhindern sollten, sowie der Teilung der Kompetenzen unter mehreren Kaisern abschaffte. Statt dessen beanspruchte er die alleinige Macht im gesamten Reich und setzte seine Söhne Crispus, Konstantin II., Constans und Constantius II. als präsumtive Nachfolger ein. Das augusteische System, das weder eine wirkliche Erb- noch eine echte Wahlmonarchie gewesen war, in dem zwar immer wieder Versuche vorgenommen wurden, der eigenen Familie die Macht zu sichern, aber dies immer vom Leistungsprinzip abhängig blieb, wurde nun endgültig durch eine institutionalisierte Erbmonarchie abgelöst.

Wesentlich bedeutsamer sollte aber noch eine andere Maßnahme sein, die Konstantin in seiner Regierungszeit vollzog: Das Christentum wurde nicht nur toleriert, sondern auch gefördert und der Klerus auf das Engste mit dem Staat verflochten. Damit wurde nicht nur die Hierarchisierung und Romanisierung der Kirche vorangetrieben, sondern andererseits auch die zunehmende Verwicklung des Römischen Reiches in Kirchenangelegenheiten, ferner aber dessen Christianisierung und Kraftschöpfung aus der neuen Religion. Zwar blieb der Kaiser der Kirche vorerst übergeordnet, da er aufgrund seiner Stellung als pontifex maximus diese wie alle anderen zugelassenen Reichskulte als seiner Weisungsbefugnis unterworfen ansehen konnte, aber das von Konstantin geprägte heilsgeschichtlich-christliche Verständnis der Kaiserwürde war doch neuer Art. So sah er sich selbst als dreizehnten Apostel und Vollstrecker göttlichen Willens, während die Kirchenväter ihm eine gleichsam eschatologische Bedeutung zuschrieben, da er dem Christentum zu seinem Sieg verholfen habe. In dieser Vorstellung stand praktisch nur noch Jesus über Konstantin. Wenngleich also das Christentum in konstantinischer Zeit noch nicht alleinige Staatsreligion war, wurden hier Entwicklungen eingeleitet, die in ihrem Ausmaß und in ihrer Dimension noch gar nicht ersichtlich waren und die über anderthalb Jahrtausende prägend sein sollten. Ganz im Sinne des von Anfang an auch und gerade religiös legitimierten Kaisertums war nun die christliche Lehre mit diesem verbunden worden. Das Bündnis von Reich und Kirche, die theokratische Fundierung der Politik, hatte begonnen.

Die Kaiserwürde im Mittelalter

Das Römische Reich existierte im Mittelalter zwar faktisch nicht mehr in seiner alten Form, doch bestand es in der Sichtweise seiner Nachfolger unzerstört fort, weswegen das Kaisertum als einzig mögliche ordnende Kraft für Europa angesehen wurde. Es fand seine Weiterführung zum einen im Oströmischen, dem Byzantinischen Reich, zum anderen seit der Kaiserkrönung Karls des Großen 800 auch in Westeuropa.

Das Byzantinische Reich

Konstantin der Große hatte in Konstantinopel, dem vormaligen Byzantium, das neue Zentrum des Reiches errichtet. Nach seinem Tode wurde dann die Kaiserwürde unter seinen Söhnen aufgeteilt, Constantius II. (337–361) fiel dabei die Herrschaft über den Ostteil des Imperiums zu, den er von Konstantinopel aus regierte. Diese Gebietsteilung war noch nicht endgültig und auch nicht als Trennung in ein West- und ein Ostreich gedacht, doch trotz kurzfristiger Erneuerung der einheitlichen Verwaltung unter einem Kaiser von 350 bis 364 und von 394 bis 395 setzte sie sich letztlich durch. Zwar blieb die ideelle und verfassungsmäßige Einheit des Reiches im Grundsatz gewahrt, doch der allmähliche Zerfall des Westteils sollte hier vollendete Tatsachen schaffen. Mit Kaiser Romulus Augustulus wurde 476 n. d. Z. der letzte weströmische Kaiser abgesetzt, die Germanen übernahmen nun die Herrschaft (→ Eroberung Roms). Doch Odoaker, der die Herrschaft über Italien errungen hatte, verzichtete darauf, die Kaiserwürde für sich in Anspruch zu nehmen und ordnete sich statt dessen formell dem oströmischen Kaiser unter. Gleiches gilt für Theoderich den Großen, der 493 mit seinen Ostgoten nach Italien vorgestoßen war und Odoaker absetzen ließ. Trotz dessen Schwäche war die Idee des römischen Kaisertums als übergeordnete Institution weiterhin äußerst wirkungsmächtig.

Kaiser Justinian dem Großen reichte diese formelle Oberhoheit nicht, er strebte nach einer Restauration des alten Reiches und versuchte folgerichtig, die an die Germanen verlorenen Westgebiete wiederzugewinnen. Zunächst eroberte er Nordafrika von den Vandalen, daraufhin nahm er die Eroberung Italiens in Angriff, die sein Feldherr Belisar betrieb. Dieser stieß jedoch auf den erbitterten Widerstand der Ostgoten, die sich in einem legendären Abwehrkampf unter Totila und Teja behaupteten. Erst nach mühsamem Ringen konnte die Unterwerfung der Halbinsel 555 vollständig abgeschlossen werden. Auch eine Expedition zur iberischen Halbinsel unternahm man, doch hier konnte man nur einen schmalen Gebietsstreifen an der Mittelmeerküste unter Kontrolle bringen. Die Erneuerung des Römischen Reiches war allerdings nicht von Dauer.

Bereits 568 ging Italien an die Lombarden verloren, und durch die Entstehung des Islam und den hierauf folgenden gewaltigen Massenansturm gerieten im siebten Jahrhundert binnen weniger Dekaden die meisten vormals byzantinischen Gebiete, Palästina, Syrien, Ägypten, Nordafrika unter die Herrschaft des Halbmonds. Spätestens seit diesem Zeitpunkt konnte eigentlich von einem Weiterbestehen des Imperium Romanum keine Rede mehr sein, doch die Kaiser in Konstantinopel beharrten trotzdem auf ihrem Anspruch, Nachfolger der Cäsaren zu sein. Aber ihre Autorität war geschwächt, da sie nicht mehr wirkungsvoll in das politische Geschehen in Westeuropa eingreifen konnten. Das führte schließlich dazu, daß mit dem Franken Karl dem Großen Weihnachten 800 n. d. Z. erstmals ein Germane zum Kaiser gekrönt wurde. Der Monopolanspruch von Byzanz auf die römische Tradition war gebrochen. In den kommenden Jahrhunderten sollte sich das Kräftegewicht immer mehr zugunsten Westeuropas und seines Kaisertums verschieben.

Im Gegensatz zu den abendländischen Kaisern seit Karl dem Großen erkannten die Herrscher in Byzanz das Papsttum nicht als zentrale religiöse Institution an, sie verstanden sich diesem als übergeordnet, der Patriarch von Konstantinopel nahm die sakralen Handlungen bei den Krönungsfeierlichkeiten vor, zudem war der Kaiser selbst die höchste Autorität in Glaubensfragen. Byzanz stand in dieser Machtordnung somit deutlich näher zum antiken vorchristlichen römischen Reich als das – jedenfalls spätere – westliche Kaisertum.

Im 11. Jahrhundert geriet das Byzantinische Reich in zunehmende Bedrängnis durch die islamischen Nachbarn im Osten, weswegen der Kaiser einen Hilferuf an den Papst absandte, der zur Ausrufung des Ersten Kreuzzuges führte. Doch die Kreuzzüge brachten für Konstantinopel nicht den erhofften Gewinn. Anstatt die einst den Byzantinern abgenommenen Territorien diesen zurückzugeben, errichteten die Kreuzfahrer eigene Staaten im Nahen Osten. Am schlimmsten traf es Byzanz aber im 4. Kreuzzug 1204, als Konstantinopel von den Venezianern geplündert und gebrandschatzt wurde, was zugleich zu einem ungeheuren Kunstraub ausartete. Die Stadt wurde den Byzantinern entrissen und wurde für ein halbes Jahrhundert zur Hauptstadt des von Venedig errichteten Lateinischen Kaisertums. Erst 1261 konnte sie wieder unter byzantinische Herrschaft gebracht werden. Doch von dieser Katastrophe erholte sich Byzanz nie mehr. Die Türken drangen vor und nahmen Gebiet um Gebiet ein, bis am Ende beinahe nur mehr die Stadt Konstantinopel selbst unter der Herrschaft des Basileus stand. 1453 dann eroberte Sultan Mehmet II. die Stadt, der letzte Kaiser Konstantin XI. fiel in der Schlacht.

Das römisch-germanische Kaisertum

Seit der Absetzung Romulus Augustulus’ hatte es im Westen keinen Kaiser mehr gegeben. Dadurch hatte sich der politische Schwerpunkt der Christenheit nach Osten verschoben. Durch die immer offenkundigere Schwäche von Byzanz, im Westen zu intervenieren und seine Macht durchzusetzen, ging man schließlich an die Beschreitung neuer Wege.

Das karolingische Reich

Am Weihnachtstag des Jahres 800 wurde Karl der Große in Rom von Papst Leo III. zum Kaiser gekrönt. Damit war das alte römische Kaisertum erneuert. Tatsächlich war dies nach damaligem Verständnis nur die Bestätigung und Verfestigung einer ohnehin schon bestehenden Kontinuität, glaubte man doch nach der Vier-Weltreichslehre, daß das römische Weltreich das letzte sei und von daher bis zum Ende der Menschheit bestehe. Karl der Große reihte sich damit in die Ahnengalerie der Cäsaren ein, nicht umsonst bezeichnete man ihn als Augustus und neuen Konstantin.

Die formalen Grundlagen seiner Stellung waren zum einen die Akklamation durch das römische Volk, damit eine Betonung des römischen Charakters der Herrschaft, zum anderen die Krönung durch den Papst und damit die göttliche Legitimation seiner Herrschaft. Andererseits wurde das Neuartige seiner Kaiserwürde hervorgehoben, denn Karl sah sich letztlich doch insbesondere auch als fränkischer Herrscher. In diesem Sinne verzichtete er auf den Titel eines imperator romanorum, auch um Byzanz nicht zu brüskieren, und nannte sich schlicht imperator. Ebenso sollte seine Regierung auch keine Universalherrschaft darstellen, sondern allein das Abendland umfassen. Damit wurde bewußt die Aufteilung in ein imperium occidentale und ein imperium orientale vorgenommen, die ihre Einflußsphären klar voneinander abgrenzten. Beide sollten friedlich und gleichberechtigt nebeneinander existieren dürfen.

Charakteristisch für die neue Institution war die enge Verflechtung von Reich und Kirche. Karl hatte den Papst Leo III. nach einem gegen sein Pontifikat gerichteten Komplott gerettet und ihm Schutz gewährt, und als patricius, als Schutzherr Roms, hatte er die Regelung der Verhältnisse in der Stadt nach der Verschwörung übernommen. Auch setzte Karl in der Hofverwaltung in besonderer Weise auf Kleriker, diese wurden in der „Hofkapelle“ vereinigt. Des weiteren richtete er zahlreiche neue Bistümer, vor allem in den neu eroberten sächsischen Gebieten, ein, die jedoch dem fränkischen Herrscher untergeordnet waren. Letztlich sollte der Katholizismus unter Karl dem Großen die Funktion einer „Reichskirche“ übernehmen, die Einheit des Reiches stärken und gemeinsam mit der weltlichen Macht dessen Sache dienen. Von einer Gleichberechtigung oder gar einer Überordnung von Klerus und Papsttum konnte keine Rede sein.

Diese Verbindung wurde dann unter Ludwig dem Frommen (814–840) noch vertieft, indem festgesetzt wurde, daß nur der Papst das Recht habe, den Kaiser zu krönen, obwohl Karl der Große Ludwig 813 selbst in Aachen (nicht in Rom!) zum Mitherrscher gekrönt hatte. Gleichzeitig sicherte der Kaiser dem Papst zu, den Kirchenstaat nicht anzutasten und den kirchlichen Besitz zu schützen.

Ludwig der Fromme hatte bereits im Jahre 817 die ordinatio imperii verfügt, nach der sein ältester Sohn Lothar zum präsumtiven Nachfolger und Mitkaiser gekrönt wurde, seine jüngeren Söhne Pippin und Ludwig der Deutsche aber Unterkönige über Aquitanien und Bayern wurden. Dagegen regte sich aber schon bald heftiger Widerstand, da keiner der Söhne die Bevorzugung eines anderen akzeptieren wollte und die Erhaltung der Reichseinheit von daher umstritten war. Schließlich wurde das Erbe unter Lothar, Pippin (Todesrune.png 838), Ludwig und Karl dem Kahlen aufgeteilt, letzterer ein Sproß aus der zweiten Ehe des Kaisers, doch nach dem Tod Ludwigs des Frommen im Jahr 840 berief sich Lothar nach wie vor auf die ihn herausstellende ordinatio imperii und nahm die Kaisergewalt für sich in Anspruch. Lothar unterlag jedoch und mußte sich so dem Vertrag von Verden (843) fügen, der das Reich unter Lothar, der den mittleren Teil, Karl dem Kahlen, der den Westen, und Ludwig dem Deutschen, der den Osten des Reiches erhielt, aufteilte. Damit war die Einheit des 800 von Karl dem Großen begründeten Kaisertums faktisch ausgehöhlt. Dennoch blieb Lothar I. Kaiser, und 850 ließ sich sein Sohn Ludwig II. in Rom vom Papst zum König der Langobarden und Kaiser krönen. Gleiches gilt für Karl den Kahlen (Todesrune.png 877), der am Weihnachtstag 875 zum Kaiser gekrönt wurde. Beide hatten nichtsdestoweniger nur einen Teil des ehemaligen Gesamtreiches unter ihrer Kontrolle. 881 dann wurde der Herrscher des Ostfränkischen Reiches, aus dem später das Deutsche wurde, Karl III. „der Dicke“, zum Kaiser gekrönt, und ihm gelang 885 tatsächlich noch einmal die Wiederherstellung der Reichseinheit. Doch aufgrund seiner Schwerfälligkeit und politischen Schwäche kam es bereits 887 zu einer Revolte, die zur Absetzung Karls führte. Arnulf von Kärnten war dann 896 der letzte Karolinger, dem es noch einmal gelang, sich zum Kaiser krönen zu lassen, doch blieb sein Herrschaftsbereich auf die ostfränkischen, deutschen Gebiete beschränkt. Zudem verstarb er nach nur drei Jahren als Kaiser.

Das ostfränkisch-deutsche Kaisertum

Otto der Große. Phantasiedarstellung von Max Barack, 19. Jh.

Nach der Teilung des Fränkischen Reiches im Vertrag von Verden 843 hatte es über mehr als ein Jahrhundert hinweg kein machtvolles Kaisertum mehr gegeben, das seinem universalen Anspruch gerecht werden konnte. Dies änderte sich mit dem Auftreten Ottos des Großen, der sich von Anfang an als eine starke und charismatische Führerpersönlichkeit erwies. Bereits seine Königskrönung in Aachen 936 war ein eindeutiges politisches Signal. Und nachdem er 955 auf dem Lechfeld die das christliche Abendland bedrohenden Magyaren auf eindrucksvolle Weise geschlagen hatte, war seine Autorität unvergleichlich. Folgerichtig wurde er im Rahmen eines Italienzuges als Beschützer der Christenheit und des Papsttums am 2. Februar 962 von Papst Johannes XII. in der Peterskirche in Rom zum Kaiser gekrönt. Damit wurde das seit Karl dem Großen bestehende Herkommen bestätigt, daß Kaiser nur in Rom durch den Papst gekrönt werden können und dementsprechend nach Italien ziehen muß, wer die Krone erlangen will. Doch diese Tatsache kann nicht darüber hinwegtäuschen, daß die weltliche der geistlichen Gewalt kräftemäßig zu dieser Zeit noch deutlich überlegen war. So konnte Otto 963 Johannes XII., nachdem dieser sich gegen den Kaiser gewendet hatte, für abgesetzt erklären und mit Leo VIII. seinen Kandidaten auf den Stuhl Petri setzen. Und selbst, als die Römer sich weigerten, diesen anzuerkennen, Johannes XII. erneut empfingen und nach dessen Tod mit Benedikt V. wiederum einen neuen Papst präsentierten, war Otto dennoch imstande, in Rom einzumarschieren und dem von ihm Bevorzugten das Pontifikat zu sichern.

Das Kaisertum Ottos des Großen war auf Dauer angelegt, denn bereits zu seinen Lebzeiten ließ er seinen Sohn Otto II. in Rom vom Papst zum Mitkaiser krönen (967). Mit Otto beginnt das Heilige Römische Reich, wenn auch zunächst noch ohne den Zusatz, „Deutscher Nation“. Dieser stammt aus einer Zeit, da das Reich längst seinen universalen Charakter verloren hatte und nur mehr dem Namen nach ein „Römisches“ war. Von Otto bis zu den Staufern war aber das Gleichmaß aus nationaler und übernationaler Aufgabe, aus deutscher und universaler Sendung, aus Entwicklung des Reichsvolks und translatio imperii entscheidend.

Sinnbild kaiserlichen Selbstverständnisses: Das Lotharkreuz. In der Mitte wurde eine Gemme mit dem Bildnis Augustus’ eingefügt.

Die Schöpfung Ottos des Großen hatte dauerhaften Bestand, wie sich schon bald zeigen sollte. Die Alleinherrschaft seines Sohnes Otto II. sollte zwar nur wenig vom Glück gesegnet sein, aber auch dies konnte das nun deutsche Vorrecht auf die Kaiserkrone nicht erheblich erschüttern. Auch das Kindkaisertum Ottos III., des Sohnes Ottos II., hat die kaiserliche Gewalt nicht gebrochen. Bald nach seiner Volljährigkeit ging Otto III. an die Verwirklichung seiner Vision des Kaisertums. Dabei sah er sich dezidiert in der Nachfolge Karls des Großen und der römischen Cäsaren und verstand sich als „neuer Augustus“.[3] Beispielhaft für seine Selbstauffassung sind das Lotharkreuz und die Öffnung des Karlsgrabes im Jahre 1000. Doch die Verwirklichung seiner großen Pläne scheiterte an seinem frühen Tod. Er starb mit gerade 21 Jahren. Letzter Herrscher aus der Ottonen-Dynastie war dann Heinrich II. (1002–1024), dessen Leistung vor allem in der Zentralisierung der Herrschaft zu sehen ist und der sein Kaisertum darüber hinaus in hohem Maße religiös begründen konnte, galt er doch als großer Stifter und wurde schließlich sogar heiliggesprochen. Historiker sprechen heute von der „Stellvertreterschaft Gottes im Königtum“.

Auf die Ottonen folgten die Salier, die seit 1024 über ein Jahrhundert hinweg, bis zu Heinrich V. (Todesrune.png 1125), die Geschicke des Reiches lenkten. Eindrucksvoll stellte unter diesen noch einmal Heinrich III. (1039–1056) die Vormacht der weltlichen Gewalt vor der kirchlichen unter Beweis, indem er mehrere Päpste absetzte. Doch diese Herrlichkeit war nicht mehr von langer Dauer. Durch den plötzlichen Tod des kaum vierzigjährigen Kaisers übernahm mit seinem Sohn Heinrich IV. ein minderjähriges Kind die Königswürde, so daß verschiedene Vormunde die Regierung führen mußten. Dies konnte nicht ohne Rückwirkung auf die Autorität der Monarchie bleiben, entsprechend veränderte sich auch die Stellung des Papsttums gegenüber dem Reich. Die Kirche konnte so den offenen Zusammenstoß wagen und entfesselte den sogenannten Investiturstreit um die Benennung der Bischöfe im Reich. Heinrich IV. hielt dagegen und wurde infolgedessen von Papst Gregor VII. exkommuniziert. Zur Aufhebung der Exkommunikation zog Heinrich 1077 zumindest äußerlich als reuiger Büßer nach Italien zur Burg Canossa, in der sich der Papst aufhielt, und wurde von diesem schließlich begnadigt und wieder in die Kirche aufgenommen (→ Gang nach Canossa). Bis heute streiten die Historiker, ob es sich dabei um ein Zeichen königlicher Schwäche oder einen klugen Schachzug Heinrichs IV. handelte. Jedenfalls konnte Heinrich wenige Jahre später mit erstarkter Macht nach Italien ziehen, ebenjenen Gregor entmachten und durch einen ihm genehmen Papst ersetzen, von dem er sich 1084 in Rom zum Kaiser krönen ließ.

Eine neue Glanzzeit erreichte das deutsche Kaisertum unter den Staufern, die seit 1138 die Geschicke des Reiches lenkten. Friedrich I. Barbarossa, seit 1152 deutscher König und seit 1155 römischer Kaiser, trat dem Papst selbstbewußt gegenüber und betrieb eine aktive Italienpolitik. Diese war durchaus nicht erfolglos, doch sorgte es in Deutschland oft für Kritik, daß er sich um die Verhältnisse dieses seines Kernlandes zu wenig sorge. Aber Friedrich verleugnete sein Deutschtum dabei nicht, nur sah er die Aufgaben des deutschen Volkes woanders als seine Kritiker. Bei den Kämpfen in Italien ermunterte er seine Landsleute beispielsweise zur Beteiligung an einem Waffengang gerne mit Verweisen auf die nationale Ehre, während seine italienischen Gegner insbesondere nach der Zerstörung Mailands 1158 eine rege antideutsche Propaganda entfachten. So wurde das Heilige Römische Reich, das ja an sich übernational war und sowohl Gebiete in Deutschland als auch in Italien umfaßte, vor allem von den Italienern eben doch eher als Sache der Deutschen angesehen. Friedrich formulierte dagegen, so wie jedes Volk seine Aufgabe habe, so sei die historische Aufgabe der Deutschen das Kaisertum in der translatio imperii. Das enthielt zweifellos eine große Mission, aber auch, daß nationale Bedürfnisse beizeiten zugunsten des universalen Anspruchs zurückzustehen hatten. Friedrich zog so auch als Führer der abendländischen Christenheit mit einem gewaltigen Heer gen Jerusalem, dieses nach der Einnahme durch Saladin 1187 zurückzuerobern, doch ertrank er im Fluß Saleph in Kleinasien.

Sein Nachfolger, Heinrich VI., hatte nicht minder große Visionen, und es gelang ihm 1194 tatsächlich, die sizilische Königskrone zu gewinnen, womit er das Papsttum nun auch von Süden her umfassen konnte. Durch die zeitweilige Inhaftierung des englischen Königs Richard Löwenherz, der – aus dem Kreuzzug zurückgekehrt – vom österreichischen Herzog Leopold eingekerkert worden war, konnte zudem für dessen Freilassung ein ungeheures Lösegeld eingenommen sowie der Vasalleneid Richards auf den deutschen Kaiser erreicht werden. Doch Heinrich verstarb 1197 nur einunddreißigjährig an der Malaria, und sein Sohn Friedrich war mit gerade zwei Jahren noch zu jung, um in seine Fußstapfen treten zu können. So folgten zwei Jahrzehnte des erbitterten Kampfes um die Macht im Reich, in denen sich zunächst der Staufer Philipp von Schwaben (1198–1208) und der Welfe Otto IV. (1198–1215) gegenüberstanden. Schließlich trat aber mit dem Staufer Friedrich II. (1212/1215–1250) eine neue Persönlichkeit auf den Plan, die trotz der anfänglichen Parteinahme des Papstes zugunsten Ottos sich am Ende durchsetzen und zum Kaiser krönen lassen konnte. Das Kaisertum Friedrichs war die letzte Blüte des Alten Reiches als bedeutender Machtblock in Europa. Friedrich II., eine geniale Figur, hatte durch den gleichzeitigen Besitz des Königtums Italien das patrimonium Petri umzingelt und zog dadurch den erbitterten Haß der Päpste auf sich. Sie unterstützten zeit seines Lebens Widerstandskräfte und sogar Usurpationen im Reich, die sich gegen die Herrschaft des Staufers richteten. Nicht einmal, daß Friedrich in einem diplomatischen Meisterstück Jerusalem nach vier Jahrzehnten unblutig wieder in christliche Hand zu bringen vermochte, konnte die Päpste besänftigen. Am Ende starb Friedrich II. – mittlerweile exkommuniziert – im Besitz einer schwer umkämpften Herrschaft, aber von seinen Feinden unbesiegt. Jedoch sein Sohn Konrad IV., den er noch selbst zum deutschen König erhoben hatte, konnte dem Druck nicht standhalten und starb 1254 an Malaria.

Das Reich fiel nun in eine dunkle Zeit der Wirren, ein fast zwanzigjähriges Interregnum, in dem sogar ausländische Könige Anspruch auf die deutsche Kaiserkrone erhoben, so Alfons X. von Kastilien oder Richard von Cornwall. Keiner von diesen konnte aber die allgemeine Anerkennung seiner Herrschaft erreichen. Als Sieger ging schlußendlich Rudolf von Habsburg aus den Machtkämpfen hervor, der dem Reich neue Ordnung gab. Doch dieses Reich war nicht mehr dasselbe, das wenige Jahrzehnte zuvor die Staufer beherrscht hatten. Denn von nun an stand nur die Hausmacht der kaiserlichen Dynastie und nicht länger das Gesamtreich im Vordergrund, so daß Rudolf vor allem am Ausbau der habsburgischen Stellung interessiert war. Der eingeschlagene Weg der weiteren Dezentralisierung und Zersplitterung der Reichsgewalt konnte für die nächsten Jahrhunderte nicht mehr rückgängig gemacht werden. Im späten Mittelalter wurde hingegen in verschiedener Weise schon der Grundstein gelegt für das neuzeitliche Kaisertum. So legte Kaiser Karl IV. 1356 endgültig die Formalien der Kaiserwahl fest und bestimmte, daß diese künftig stets von sieben Kurfürsten vorgenommen werde. Außerdem setzte im 15. Jahrhundert ein für allemal die habsburgische Dynastie ihren Anspruch auf die Krone durch und behielt diese, von einer einzigen Ausnahme abgesehen, bis zum Untergang des Ersten Deutschen Reiches.

Das Kaisertum in der Neuzeit

Auch in der Neuzeit blieb das Erbe der römischen Kaiser theoretisch in deutscher Hand. Praktisch wurde dieser Anspruch aber zu einem Überbleibsel aus der Vergangenheit, das keiner mehr wirklich ernstnahm. Die Macht des Alten Reiches befand sich im Schwinden, und dies rief neue Mächte auf den Plan, nach der Kaiserkrone zu greifen. Was lange undenkbar schien, wurde Anfang des 19. Jahrhunderts Realität: Die Kaisergewalt ging an einen Franzosen. Doch auch Deutschland hatte den Glanz des Alten Reiches nicht vergessen und erneuerte so nach fast sieben Jahrzehnten das deutsche Kaisertum.

Das Heilige Römische Reich Deutscher Nation

Karl V., Portrait von Tizian

Das Heilige Römische Reich Deutscher Nation gewann seit dem 15. Jahrhundert einen mehr nationalen Charakter, denn aus dieser Zeit stammt der Zusatz „Deutscher Nation“. Dies hatte den Grund, daß universale, europäische Vorstellungen aufgrund der politischen Entwicklung zu reiner Ideologie verkommen mußten, hatte doch unter anderem das Reich in Italien stark an Einfluß eingebüßt. Fürchten mußten die Päpste so seine Macht nicht mehr, und das veränderte Gewicht der Reichsfürsten gegenüber dem Kaiser tat sein Übriges. Dennoch hatte auch das 15. und 16. Jahrhundert noch imponierende Kaisergestalten zu bieten, darunter vor allem Maximilian I. und – allerdings nur in außen-, keineswegs in innenpolitischer Hinsicht – dessen Sohn Karl V. Maximilian I., der 1508 als letzter Kaiser vom Papst in Rom gekrönt wurde, verstand sich durchweg als Deutscher. Er bezeichnete Österreich als „ain schillt Dewtscher nation“ und empfahl, darüber nachzudenken, was „gemayner landtschafft und Deutscher nacion ere, wolfahrt und ewig glück oder nachteil antrifft“. Wie schon für Barbarossa war für Maximilian die Translationsidee von großer Bedeutung, er war der Meinung, daß das Römische Reich zur Beschützung des Christentums an die Deutschen gefallen sei, die dank ihrer Tugenden aus den Völkern Europas herausragten. Dementsprechend sei es mit der Kaiserkrone dahin, wenn die Deutschen diese Tugenden verlören. Dennoch betrieb auch Maximilian in alter Tradition eine aktive Italienpolitik, freilich wiederum mit mäßigem Erfolg. Maximilian war nichtsdestoweniger ein ausgesprochen volkstümlicher und populärer Kaiser, zahlreiche deutsche Dichter wie Ulrich von Hutten waren ihm völlig ergeben und feierten seine Herrschaft.

Als dann 1519 sein gerade neunzehnjähriger Sohn Karl an die Macht kam, übertrugen viele Zeitgenossen die Sympathie, die sie für Maximilian empfunden hatten, einfach auf dessen Sohn und erhofften von ihm eine nationale Erneuerung Deutschlands. Doch Karl, in Flandern geboren und aufgewachsen, seit 1516 König von Spanien, fühlte sich nicht als Deutscher. Für ihn blieb das Reich nur ein Feld des Interesses unter vielen, wobei ihn der Fortgang der Ereignisse allerdings in besonderer Weise mit den deutschen Verhältnissen verwickeln sollte. Denn 1517 schlug Martin Luther seine 95 Thesen in Wittenberg an, und in den folgenden Jahren wurde hieraus eine reformatorische Bewegung, die große Teile Deutschlands erfaßte und dem katholischen Kaiser keineswegs recht sein konnte. Denn die selbstbewußten Fürsten sahen in der neuen Konfession eine Möglichkeit, sich weiter zu emanzipieren. Nach dem Bauernkrieg 1525, in dem sich Luther auf die Seite der Landesherren gestellt hatte, wurde die lutherische Konfession dann um den Preis ihrer Massenwirksamkeit zur Fürstenreligion. Künftig galt das Summepiskopat, d. h., daß der jeweilige Landesherr Oberhaupt der Landeskirche war. Insofern bedeutete die Reformation im Endeffekt eine Stärkung auch der religiösen Legitimität der Fürsten. Karls Versuche, diese Entwicklung rückgängig zumachen, scheiterten schlußendlich, und 1555 wurde im Augsburger Religionsfrieden der Satz aufgestellt „cuius regio, eius religio“, das hieß, der Untertan mußte die Religion seines jeweiligen Landesherren annehmen. Damit wurde die konfessionelle Spaltung des Reiches auf Dauer vertieft, und diese mußte die politische weiter befördern. So hat denn das Reich nach Karl V. kaum noch einen bedeutenden Kaiser gesehen, denn sie alle hatten sich mit der weiter erstarkten Macht der Fürsten zu arrangieren. Den Todesstoß versetzen sollte dem Alten Reich schließlich der Dreißigjährige Krieg, der Schätzungen zufolge mindestens ein Drittel der Bevölkerung Deutschlands ausrottete. Dieser Krieg, der als Religionskrieg begann, sollte letztendlich zu einem Krieg gegen das Reich werden, griffen doch nicht nur die protestantischen Schweden, sondern auch die katholischen Franzosen in den Konflikt ein, um die verhaßte Macht des Kaisers endgültig zu brechen. Der Westfälische Friede 1648 verwandelte das Heilige Römische Reich ein für allemal in einen Flickenteppich, fortan sollte dieses mehr Hülle denn Körper und Gestalt sein, so daß es nur folgerichtig war, als Napoleon das Reich zu Beginn des 19. Jahrhunderts faktisch zerschlug und Franz II. nichts übrigblieb, als die Krone 1806 niederzulegen.

Das russische Kaiserreich

1721 wurde aus dem Zarentum Rußland das Russische Kaiserreich und aus dem Zarentitel ein Kaisertitel nach römisch-deutschen Vorbild. Erster („altrussischer“) Kaiser des um Anerkennung schmachtenden russischen Reiches war Peter der Große.

Das französische Kaiserreich

Napoleon in kaiserlichen Gewändern

Fast tausend Jahre war die kaiserliche Gewalt nur in deutschem Besitz gewesen, doch diese Tatsache war schließlich nur mehr ein Relikt aus anderen politischen Kräfteverhältnissen gewesen. Die Machtkonstellation um 1800 war aber dergestalt, daß Deutschland weitgehend ohnmächtig – zersplittert in Klein- und Kleinststaaten – den jüngsten Entwicklungen der Zeit zusehen mußte, ohne selbst einen politischen Willen formulieren zu können. Vielmehr war es seit dem Beginn der Revolution 1789 eine andere Macht, die mehr und mehr alles in ihren Bann ziehen sollte: Frankreich. Nach jakobinischen Exzessen war es schließlich der junge Napoleon Bonaparte, der die Herrschaft an sich reißen konnte und seit 1799 als Erster Konsul über die Republik verfügte. Doch Napoleon, von römischer und karolingischer Tradition fasziniert, strebte nach Höherem.

Per Plebiszit führte er die erbliche Monarchie in Frankreich ein und krönte sich am 2. Dezember 1804 selbst in der Kathedrale Notre-Dame in Paris, nachdem er sich vom Papst hatte salben lassen, zum Kaiser. Diese Vorgänge deuten die Legitimation seiner Macht an: Einerseits wurde sein Kaisertum plebiszitär durch einen modernen Nationalismus begründet, was in dieser Form etwas völlig neues war, andererseits aber, in Anknüpfung an Karl den Großen und das Heilige Römische Reich, sakral. Zugleich distanzierte Napoleon sich damit von der Revolutionszeit, was auch durch die folgende Einführung eines Amtsadels bekräftigt wurde. Doch die Gegenkräfte, die Napoleon geweckt hatte, sollten sich schließlich als zu stark erweisen. Nicht nur war die Herrschaft des Emporkömmlings aus korsischem Kleinadel eine Provokation in den Augen des europäischen Hochadels, auch das nationalistische Erwachen, das Napoleon durch seine rücksichtslose Besatzungspolitik überall gefördert hatte, sollte sich gegen ihn wenden. So wurde Napoleon 1814 nach nur zehnjähriger Herrschaft von einer internationalen Koalition zum Rücktritt und ins Exil gezwungen. Zwar konnte er nach seiner abenteuerlichen Rückkehr mit Zugeständnissen an den Parlamentarismus 1815 seine Stellung wiedererlangen, doch nach nur 111 Tagen war diese Episode auch schon wieder Geschichte. Das napoleonische Kaisertum hatte sich folglich als nicht dauerhaft erwiesen, doch es hatte immer noch zahlreiche Anhänger im französischen Volk.

Darauf aufbauend konnte 1848 ein Neffe Napoleons, Louis-Napoleon Bonaparte, die Regierung in seinen Besitz bringen und vier Jahre später unter dem Namen Napoleon III. das französische Kaiserreich restaurieren. Napoleon III. regierte, an seinen Onkel anknüpfend, zunächst autoritär, unterhielt eine Geheimpolizei und suchte auch außenpolitischen Ruhm. Hier scheiterte er aber grandios, sein Schützling Maximilian I. beispielsweise konnte sich als Kaiser von Mexiko nur wenige Jahre halten. In den 1860er Jahren war Napoleons III. Position dementsprechend geschwächt, so daß er – wie schon 1815 Napoleon I. – Zugeständnisse zu machen gezwungen war. So wurde aus dem autoritären ein liberales Kaiserregime. Nachdem er auf Drängen von vielerlei Seiten in einer krisenhaften Verwicklung mit den deutschen Staaten diesen den Krieg erklärt hatte, begann 1870 der Deutsch-Französische Krieg, in dessen Verlauf Napoleon III. schon nach wenigen Wochen bei Sedan entscheidend unterlag und gefangengenommen wurde. Napoleon dankte ab und starb drei Jahre später im englischen Exil. Das französische Kaiserreich hatte ausgespielt.

Das deutsche Kaiserreich

Der Deutsch-Französische Krieg 1870/71 war der letzte der drei Einigungskriege, die den Weg zum deutschen Nationalstaat ebnen sollten. Federführend hinter alledem war Otto von Bismarck, der die Notwendigkeit eines Aufgehens seines Preußens in einem gemeinsamen deutschen Staat erkannt hatte. Frankreich hatte als letzte Macht dem Bestreben zur Einigung des in Kleinstaaten zersplitterten Deutschlands entgegengestanden, und dieses Problem war nun gelöst. Am 18. Januar 1871 konnten die deutschen Fürsten in Versailles den preußischen König Wilhelm I. zum deutschen Kaiser proklamieren. Wichtig ist hier die vollständige Abstinenz sakraler und kirchlicher Elemente bei der Begründung des Reiches, worin sich das neue Kaiserreich wesentlich von dem alten, 1806 aufgelösten, unterschied. Schon die Ortswahl, der Spiegelsaal des Schlosses von Versailles, verdeutlicht dies.

Das Zweite Deutsche Reich, das im Jahre 1871 geboren wurde, sah sich außerdem ganz anders als das Alte Reich nicht mehr in der Tradition der translatio imperii, also des Römischen Reiches. Es fehlen die universalen und europäischen Ansprüche, die das Heilige Römische Reich lange ausgezeichnet hatten; an ihre Stelle trat der moderne Nationalstaat, wie es ihn in anderen Ländern Europas schon längst gab. Ferner ist bemerkenswert, daß die tatsächlich zentrale Figur bei der Schaffung des neuen Deutschen Reiches, Otto von Bismarck, nur Reichskanzler werden sollte, während der im Verlaufe des Einigungsprozesses eher eine Nebenrolle einnehmende Monarch Wilhelm I. Kaiser wurde. Eine Begebenheit, die die dramatischen Veränderungen, die sich seit den Tagen früherer Kaiserherrlichkeit abgespielt hatten, erkennbar werden läßt. Die Macht des Kaisers war nun nicht mehr unangefochten, ihm war ein einflußreiches Kabinett an die Seite gestellt, das unter Bismarck faktisch die Leitung der Reichspolitik übernehmen sollte. Dennoch war die Möglichkeit eines stärkeren Herrschers verfassungsmäßig nach wie vor gegeben, was sich unter Wilhelms I. Enkel Wilhelm II. auch noch einmal eindrucksvoll zeigen sollte. Das Parlament spielte demgegenüber im deutschen Kaiserreich eine eher untergeordnete Rolle, wurde aber in allgemeinen und gleichen Wahlen gewählt und hatte das Budgetrecht. Aber die Ordnung, die das Kaiserreich repräsentierte, war vielleicht zu veraltet, um den drängenden Fragen der Zeit wirkungsvoll zu entgegnen und selbst neue Realität zu schaffen.

Von einer feindlichen Übermacht erbittert bekämpft, innen von kommunistischen Revolten ausgehöhlt, fand das Zweite Reich nach vier Jahren Weltkrieg 1918 sein Ende. Sein letzter Herrscher, Wilhelm II., ist bis heute der letzte Europäer, der sich Kaiser nennen konnte.

Symbole

Verschiedene Symbole haben über die Jahrhunderte Eingang in eine allgemeine Bildersprache gefunden, die sich mit dem Kaisertum verbindet.

Lorbeer

Im Zusammenhang der Ehrungen des Jahres 27 v. d. Z. wurden auch zwei Lorbeerbäumchen vor dem Haus Augustus’ aufgestellt. Die Bedeutung des Lorbeers rekurrierte auf den Gott Apollon, den Augustus zu seinem persönlichen Schutzgott erkoren hatte und dem der Lorbeer wichtig war. Außerdem hatten die römischen Triumphatoren seit alters her als Zeichen ihres Sieges einen Lorbeerkranz (corona triumphalis), und alle Kaiser seit Augustus hatten das Recht, permanent diesen Kranz zu tragen. Noch Napoleon trug später einen dem römischen nachempfundenen goldenen Lorbeerkranz.

Eichenkranz

Augustus war für seine Leistungen ein Eichenkranz, die corona civica verliehen worden, die normalerweise Soldaten zustand, die einen Kameraden in der Schlacht gerettet hatten. Entsprechend sollte dieser Kranz verdeutlichen, daß Augustus alle Römer gerettet habe. Fortan wurde er zum festen Bestandteil der Prinzipatsideologie und auch von späteren Kaisern verwendet. Die Eiche an sich war im römischen Mythos eng mit Jupiter verbunden, deswegen wird auch gelegentlich ein Adler, das Tier Jupiters, gezeigt, der einen Kranz in seinen Fängen trug. Die Kaiserwürde war also von den Göttern, speziell von Jupiter, verliehen.

Globus/Reichsapfel

In der Spätzeit des römischen Kaiserreiches entwickelte sich der Globus, eine goldene Kugel, zu einem Symbol des Anspruchs auf Weltherrschaft. Ursprünglich erhob sich auf dieser eine Victoria, nach dem Sieg des Christentums unter Kaiser Konstantin wurde die Victoria durch das Kreuz ersetzt. Im Mittelalter wurde dieses Symbol wiederaufgenommen, und Heinrich II. besaß als erster Kaiser tatsächlich einen Reichsapfel, wie der Globus nun hieß.[4]

Siehe auch

Verweise

Fußnoten

  1. Karl Christ: Geschichte der römischen Kaiserzeit. Von Augustus bis zu Konstantin, München 2002, S. 424f.
  2. Ebd. S. 430f.
  3. vgl. http://lehrerfortbildung-bw.de/faecher/deutsch/bs/material/835302_lit_kontext/vortrag/4_ma.html
  4. Vom Papst geschenkt, Junge Freiheit vom 22./29. Dezember 2006