Weimarer Reichsverfassung
Die Weimarer Reichsverfassung ist eine unter Fremdeinwirkung der Siegermächte des Ersten Weltkrieges von führenden Mitwirkenden der Novemberrevolte ausgearbeitete und am 19. August 1919 in Kraft gesetzte Verfassung des Deutschen Reiches. Die Weimarer Verfassung, deren Einsetzung in Widerspruch zur Haager Landkriegsordnung steht, schuf einen demokratisch-parlamentarischen, republikanischen und föderalen Staat.
Inhaltsverzeichnis
Entstehung der Verfassung
Im Zuge der von den Entente-Siegermächten annähernd vollständig zerstörten bisherigen staatlichen Ordnung auf Grundlage der Reichsverfassung von 1871 kam es an etlichen Stellen des Deutschen Reiches zu militanten Auseinandersetzungen zwischen Anhängern der Monarchie und Befürwortern der neu zu errichtenden Republik.
Am 15. November 1918, noch in den ersten Tagen des Novemberputsches, bestellte der Novemberverräter Friedrich Ebert den jüdischen, am vormaligen Putsch mitbeteiligten Politiker Hugo Preuß in das Innen-Ressort der provisorischen Reichsregierung. Preuß wurde sodann vom sogenannten Rat der Volksbeauftragten gemeinsam mit weiteren Revolutionären mit dem Entwurf einer Reichsverfassung beauftragt.
Auf Veranlassung der Sieger des Ersten Weltkrieges fand am 19. Januar 1919 eine Wahl zu einer verfassunggebenden Nationalversammlung statt. Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (stärkste Fraktion) formierte mit dem Zentrum und der Deutschen Demokratischen Partei (DDP) die sogenannte Weimarer Koalition.
Aufgrund der militanten Ausschreitungen in Berlin tagte die Nationalversammlung nicht dort, sondern in Weimar. Die Versammlung handelte gemäß dem von ihr selbst verabschiedeten Gesetz über die vorläufige Reichsgewalt vom 10. Februar 1919 [1].
Am 31. Juli 1919 ratifizierte die Nationalversammlung die ausgearbeitete Verfassung. Am 11. August 1919 unterzeichnete der neu eingesetzte Reichspräsident Friedrich Ebert das Papier, und am 14. August 1919 trat die Verfassung in Kraft.[2]
Zweifelhafte Rechtsgültigkeit der Verfassung
Schon die Legitimation dieser Nationalversammlung zur Verfassungsgebung war insofern zweifelhaft, als die Reichsangehörigen der mit dem Versailler Diktat völkerrechtswidrig abgetrennten Reichsgebiete von der Wahl zur Nationalversammlung ausgeschlossen wurden. Auch ist es fraglich, ob die Urheber und Verkünder der Weimarer Reichsverfassung berechtigt waren, die kaiserliche Grundordnung des Deutschen Reiches zu beseitigen, denn sie waren großenteils diejenigen Hochverräter, welche an der eigenmächtigen Ausrufung der Republik infolge des Novemberputsches beteiligt waren. Diese Umstände, die mit der noch heute geltenden Haager Landkriegsordnung unvereinbar sind, werden seitens der BRD-Geschichtsschreibung regelmäßig verschwiegen oder verharmlost.
Dazu sagte Adolf Hitler in seiner Rede vom 23. März 1933:
- „Im November 1918 rissen marxistische Organisationen durch eine Revolution die vollziehende Gewalt an sich. Die Monarchen wurden entthront, die Reichs- und Landesbehörden abgesetzt und damit die Verfassung gebrochen. [...] Eine weitergehende Reform des Reiches wird sich nur aus der lebendigen Entwicklung ergeben können. Ihr Ziel muß die Konstruktion einer Verfassung sein, die den Willen des Volkes mit der Autorität einer wirklichen Führung verbindet. Die gesetzliche Legalisierung einer solchen Verfassungsreform wird dem Volke selbst zugebilligt.“
Und anschließend an Otto Wels und die SPD gerichtet, führte der Führer folgendes aus:
- „Und Sie hätten vermeiden müssen, daß man dann dem deutschen Volk auf Wunsch und Befehl des Auslands eine neue Verfassung aufoktroyierte. Denn das ist nicht ehrenvoll, sich vom Feinde seine innere Gestaltung aufzwingen zu lassen.“
Zur Ungültigkeit heißt es andernorts:
- „Die Weimarer Republik stand vom Tage ihrer Geburt an unter der Oberhoheit der Siegermächte. Zweierlei wirkte sich dabei verheerend aus. Erstens hatten sämtliche Bestimmungen des Versailler Vertrages sowie alle Maßnahmen, die dazu dienten, die Durchsetzung der Bestimmungen zu sichern, Vorrang vor der Reichsverfassung. Die Sieger erklärten eigens in einer Urkunde vom 22. September 1919, daß alle Artikel der Weimarer Verfassung, die mit dem Versailler Vertrag kollidierten, ungültig seien. Die Souveränität des Staates war dadurch massiv beschnitten. Es handelte sich in allen entscheidenen Bereichen um eine radikale Minderung: bei der Gebiets- und Wehrhoheit, bei der Finanz- und Gerichtshoheit des Staates; die zahlreichen Sanktionsklauseln ermöglichten jederzeit eine militärische Intervention der Alliierten. Mit der Souveränität stand also auch die Verfassungsautonomie in Frage. Zweitens wurde dem deutschen Volk das Recht der Selbstbestimmung, wie es in den Vierzehn Punkten von Präsident Wilson feierlich verkündet, allen Völkern konzediert und als Basis des Friedens zugesichert worden war, verweigert.“[3]
Demzufolge ist die Bismarcksche Reichsverfassung die bislang einzig rechtmäßig gültige Verfassung des deutschen Volkes. Während der Zeit des Nationalsozialismus war für die Zeit nach dem Krieg eine Reichsreform geplant, die auch eine Verfassungsreform beinhalten sollte.
Revidierungen
Die Weimarer Verfassung wurde am 23. März 1933 durch das sogenannte Ermächtigungsgesetz zum Aufbau eines nationalsozialistischen Deutschlands de facto in Teilen außer Kraft gesetzt. Dieses Gesetz hatte eine Geltungsdauer von vier Jahren und wurde nach dessen Ablauf verlängert. Nur einzelne Bestimmungen, die mit dem Neuaufbau der politischen Ordnung vereinbar waren, galten fort. Auf dem Boden des NSDAP-Parteiprogramms und der nationalsozialistischen Weltanschauung wurde eine neue Verfassung entwickelt, und in seiner Rede vom 1. März 1937 erklärte der Führer, daß diese in einer Verfassungsurkunde abgeschlossen werden soll.
Am 5. Juni 1945 übernahm der Alliierte Kontrollrat die Regierungskontrolle über das besetzte Reichsgebiet. Aufgrund dieser Maßnahme kam eine Diskussion darüber, ob die Weimarer Reichsverfassung „wieder“ volle Rechtskraft erlangen solle, nicht auf. Statt dessen beschlossen die westlichen Besatzungsmächte, die sich dauerhaft diverse Hoheitsrechte über Deutschland vorbehalten wollten, daß für die Westzonen ein Verfassungsprovisorium ausgearbeitet und in Kraft treten solle, das den Namen Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (GG) erhielt.
Die Beauftragten für den Entwurf des GG suchten sich 1949 zur Klarstellung der Unterstützung der Kirchen und sonstigen Religionsgesellschaften die Artikel 136, 137, 138, 139 und 141 der Weimarer Verfassung aus, um sie in das Verwaltungsstatut für das Besatzungskonstrukt BRD zu übernehmen, wobei in der übernehmenden Vorschrift (Art. 140 Grundgesetz) die Weimarer Verfassung – vermutlich bewußt[4] – als „deutsche Verfassung vom 11. August 1919“ fehlbezeichnet wird,[5] obwohl die offizielle Bezeichnung lautet: „Verfassung des Deutschen Reiches“.
Die Weimarer Reichsverfassung beginnt mit diesem Vorspruch:
- „Das Deutsche Volk, einig in seinen Stämmen und von dem Willen beseelt, sein Reich in Freiheit und Gerechtigkeit zu erneuern und zu festigen, dem inneren und dem äußeren Frieden zu dienen und den gesellschaftlichen Fortschritt zu fördern, hat sich diese Verfassung gegeben.“
Siehe auch
- Rat der Volksbeauftragten
- Bismarcksche Reichsverfassung
- Reichsreform
- Rechtslage des Deutschen Reiches nach 1945
- Rechtslage der BRD
- SHAEF
Literatur
- Ernst Rudolf Huber: Verfassungsrecht des Großdeutschen Reiches, 2. Aufl., Hamburg 1939
Verweise
- Die Verfassung des Deutschen Reiches im Wortlaut (documentArchiv.de)
- Die Verfassung als HTML-Version