Reichskolonialamt
Das Reichskolonialamt war eine Reichsbehörde im Deutschen Kaiserreich, deren Aufgabe die Verwaltung der deutschen Kolonien bzw. Schutzgebiete war. Nach dem Ersten Weltkrieg trat das Reichskolonialministerium am 20. Februar 1919 die Nachfolge des Reichskolonialamts an. Es befaßte sich vor allem mit der Abwicklung der verlorenen Kolonien.
Inhaltsverzeichnis
Kurzchronologie
- 1907 Bildung des Reichskolonialamts aus der seit 1890 bestehenden Kolonialabteilung des Auswärtigen Amts
- 1919 Umwandlung in ein Reichskolonialministerium und Übernahme der Abwicklungsgeschäfte für die ehemaligen deutschen Kolonialgebiete
- 1920 nach dessen Auflösung Übernahme der Aufgaben durch das Reichsministerium für Wiederaufbau (Kolonialzentralverwaltung) bis zu seiner Auflösung 1924, danach Bearbeitung der Kolonialangelegenheiten wieder durch das Auswärtige Amt
Geschichte
Entwicklung
Bis 1890 war die politische Abteilung des Auswärtigen Amtes, Dezernat für die deutschen überseeischen Interessen, für die deutsche Kolonialpolitik zuständig. Ab diesem Zeitpunkt gab es eine eigene Kolonialabteilung, die zwar im Auswärtigen Amt angesiedelt, aber direkt dem Reichskanzler unterstellt war.
Ab 1896 beherbergte die Abteilung auch das Kommando über die Schutztruppen, das bis dahin beim Reichsmarineamt angesiedelt gewesen war (ab 1897 „Kommando der Schutztruppen“).
Mit einem Erlaß vom 17. Mai 1907 wurde das Reichskolonialamt gebildet. Dabei handelte es sich in erster Linie um eine verwaltungstechnische Veränderung: Die Kolonialabteilung wurde weitgehend unverändert in eine eigenständige Behörde umgewandelt.
Unterstellung
Das Reichskolonialamt war direkt dem Reichskanzler unterstellt. An der Spitze der Behörde standen ein Staatssekretär und ein Unterstaatssekretär.
Abteilungen
- Abteilung A befaßte sich mit politischen und allgemeinen Verwaltungsangelegenheiten.
- Abteilung B bearbeitete Finanz-, Verkehrs- und technische Aufgaben.
- Abteilung C war für Personalfragen zuständig.
- Als vierte Abteilung fungierte das Kommando der Schutztruppen.
- Für Kassenangelegenheiten im engeren Sinne gab es eine „Kolonialhauptkasse“.
- Beratungsgremium fungierte zunächst der Kolonialrat, der aber 1908 aufgelöst und durch Fachkommissionen mit Sachverständigen ersetzt wurde.
- Für wissenschaftliche, insbesondere geographische Aufgaben existierte einige Jahre vor der Auflösung des Amtes eine „Landeskundliche Kommission“.
- 1911 wurde eine „Ständige Wirtschaftliche Kommission“ gebildet.
- Im Deutschen Landwirtschaftsrat und in der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft gab es darüber hinaus Kommissionen, die eigens zur Beratung des Reichskolonialamts gebildet wurden.
Führungskräfte
Direktoren
Direktoren oder Dirigenten der Kolonialabteilung im Auswärtigen Amt | |||
Nr. | Name | Amtsantritt | Ende der Amtszeit |
---|---|---|---|
1 | Friedrich Richard Krauel | 1890 | 1890 |
2 | Paul Kayser | 1890 | 1896 |
3 | Oswald Freiherr von Richthofen | 1896 | 1898 |
4 | Gerhard von Buchka | 1898 | 1900 |
5 | Oscar Wilhelm Stübel | 1900 | 1905 |
6 | Ernst Fürst zu Hohenlohe-Langenburg | 1905 | 1906 |
7 | Bernhard Dernburg | 1906 | 1907 |
Staatssekretäre
Staatssekretäre des Reichskolonialamtes | |||
Nr. | Name | Amtsantritt | Ende der Amtszeit |
---|---|---|---|
1 | Bernhard Dernburg | 17. Mai 1907 | 9. Juni 1910 |
2 | Friedrich von Lindequist | 10. Juni 1910 | 3. November 1911 |
3 | Wilhelm Heinrich Solf | 20. Dezember 1911 | 13. Dezember 1918 |
4 | Johannes Bell als kolonialpolitischer Gesandter in Versailles[1] | 13. Februar 1919 | 20. Juni 1919 |
NS-Reichskolonialministerium
Bis zum 17. Februar 1943 gab es das Reichskolonialministerium (Planungs- und Organisationsphase seit 1940), wurde aber wie der Reichskolonialbund und das Kolonialpolitische Amt der NSDAP kriegsbedingt aufgelöst bzw. aufgegeben.
Siehe auch
Literatur
- Paul Schnoeckel: Das deutsche Kolonialproblem, Schriften der Deutschen Hochschule für Politik, Junker und Dünnhaupt Verlag, Berlin 1937 [32 S.]