Ritterkapelle (Haßfurt)

Aus Metapedia
Wechseln zu: Navigation, Suche
Die Haßfurter Ritterkapelle

Die Ritterkapelle zu Haßfurt ist eine spätgotische Kapelle aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts, die der Muttergottes geweiht ist. Sie ist das Wahrzeichen der unterfränkischen Stadt am Main.

Name

Der Name Ritterkapelle hat sich wegen der zahlreichen Wappen am Chor im Laufe der Zeit eingebürgert. Schriftlich fixiert wurde er als Begriff „ab antiquo Ritter-Capell“ erstmals um 1645 von dem Jesuiten Johann Gamans in seiner Beschreibung der Kapelle. 1758 verwendete der fürstbischöfliche Archivar Johann Oktavian erstmals offiziell den Namen Ritterkapelle in einer Publikation über die Wappen der Kirche.

Anfänge der Baugeschichte

Nicht gänzlich geklärt ist, ob an Stelle der heutigen Ritterkapelle bereits vorher ein Gotteshaus existierte. Anhand der Architektur und Ornamentik gilt es als gesichert, daß die Kapelle eine Schöpfung des frühen 14. Jahrhunderts ist. Sie wurde außerhalb der Stadtmauern erbaut.

1406 gründete der Haßfurter Oberpfarrer Dr. Johannes Ambundii mit dem Ritter Dietrich Fuchs von Wallberg eine religiöse Bruderschaft, der Priester und Adelige angehören sollten. Von diesem Bunde gingen vermutlich die Impulse für den Weiterbau der Marienkirche aus. Der religiösen Aktivität und ihren finanziellen Mitteln dürfte der Neu- oder Weiterbau der Kapelle zuzuschreiben sein, der laut Inschrift an der Südfassade begann. In der Regierungszeit des Bischofs Rudolf II. von Scherenberg (reg. 1466–1495) kam die Kapelle zu einem ersten Abschluß, was dessen Wappen unter der Empore dokumentiert. Als die Pest 1437 in der Stadt wütete, reduzierte man das Bauvorhaben wohl auf das Notwendigste. Der anspruchsvoll begonnene Bau wurde nach Fertigstellung des Langhauses unterbrochen und später von anderen Werkmeistern weitergeführt.

Die Echterzeit

Ab 1603 veranlaßte Fürstbischof Julius Echter von Mespelbrunn eine umfassende Sanierung der ruinösen Kirche. Für eine gemeinsame Firsthöhe mit dem Chor ließ er das Langhaus samt Westgiebel erhöhen, die gleichzeitige Einwölbung schuf einen großen, stützenfreien Saal. Auf dem durchlaufenden First des einheitlichen Daches wurde ein hölzernes Türmchen mit barocker Kuppel errichtet. In der Echterzeit dürfte auch das große Fresko des Heiligen Christopherus entstanden sein.

Umbauvorhaben durch Heideloff

Ab 1857 war der königliche Konservator und Denkmalpfleger Carl Alexander von Heideloff mit Umbauplänen für die Haßfurter Ritterkapelle beschäftigt. Am 28. Januar 1860 rief man den „Verein Deutscher Fürsten und Adeligen zur Wiederherstellung der Ritter-Kapelle zu Haßfurt“ ins Leben. Der äußerst nationalgesinnte Restaurationskünstler Heideloff fertigte großzügige und imposante Pläne an, wie man das Gotteshaus ausbauen und verschönern könnte. Leider kamen diese Vorhaben nie zustande, wohl aber veränderte er den Chor maßgeblich durch seine Ergänzung und Uminterpretation der Bauskulptur, die sich nun auf 230 erkennbare Wappenschilde am Chor konzentriert. Wichtig war Heideloff stets die Herausstellung des Deutschen aus den „Denkmalen der Vorzeit“. In seinem Werk Die Ritter-Namen der in Stein gehauenen Wappenschilde welche sich an dem Chorfrieß außerhalb der berühmten Marianischen Ritterkapelle in Haßfurt befinden (1859) schrieb er: „Dem ächten Deutschen sind die Denkmale seines Vaterlandes heilig, und ihm mehr werth, als die des Auslandes; sie liegen ihm als geschichtliche Zeugen seiner Vorfahren näher, da sie ihn belehrend in die deutsche Vorzeit versetzen; denn nur dadurch und in ihrer Beachtung und Erhaltung, kann er sich mit der Gegenwart versöhnen.“

1865 verstarb Heideloff in Haßfurt und wurde auf dem Friedhof der Ritterkapelle beigesetzt. Dem Bauamtsassessor Anton Dorner blieb es vorbehalten, die Sanierung der baufälligen Kirche zu Ende zu bringen. Seine Instandsetzung versetzte die Kapelle vollends in den Historismus. Der hölzerne Turm aus der Zeit Julius Echters wurde durch einen steinernen ersetzt, der ebenfalls durch Dorner vollendet wurde.

Die Restaurierung 2006–2010

Nach der abgeschlossenen statischen Sanierung wurde die Ausmalung der Echterzeit im Zuge der Innenrestaurierung in Angriff genommen. Das Christopherusfresko, Blumendekorationen in den Gewölben, sowie Wappen wurden freigelegt und ergänzt. Die Raumfarbe wurde aufgehellt und von ihrer „rustikalen Düsternis“ befreit.

Dreikönigsaltar

Die Innenausstattung

Besonders erwähnenswert ist natürlich der bereits beschriebene überreiche Schmuck an Adelswappen, der sich besonders am äußeren Chor bemerkbar macht.

Betritt man die Kirche, entdeckt man genau über sich einen nackten, ausgestreckten Mann. Es ist nicht gänzlich gesichert, wen oder was diese Skulptur symbolisieren oder darstellen soll. Die Deutungen reichen vom „himmlischen Menschen“ über den „Adam“ bis hin zum sogenannten „Viertugendmann“ (seine Attribute sollen Stärke, Klugheit, Gerechtigkeit und Mäßigung darstellen).

Als Begräbniskirche und Versammlungsort der marianischen Bruderschaft gleichermaßen genutzt, verwundert es nicht, daß sich auf beiden Seitenwänden Grabdenkmäler und Epitaphien des fränkischen Adels erhalten haben. Diese stammen aus den Jahren 1488 bis 1514. Die Fertigung des Grabsteines der Margarethe von Stein wird Tilman Riemenschneiders Sohn Jörg zugewiesen.

Von dem aufwändigen Marienaltar, den 1606 der aus Bad Windsheim stammende Bildhauer Georg Brenck schuf, haben sich nur sechs kleine Reliefs mit Szenen zum Marienleben erhalten, die heute in der Pfarrkirche St. Kilian untergebracht sind. Der heutige Hochaltar wurde 1862 von Heideloff entworfen und 1878 bis 1882 vom Bildhauer Josef Metzger verwirklicht.

Der im nahen Obertheres geborene Würzburger Hofbildhauer Johann Peter Wagner war ebenfalls an Schmuckwerken der Ritterkapelle beteiligt. Zwei Fassadenfiguren (1783) von Wagner wurden im Zuge der Restaurierung 1889/90 ersetzt. Zu der Figur des Heiligen Michael hat sich im großen Skizzenbuch Johann Peter Wagners die Entwurfszeichnung erhalten. Von der Michaelsfigur selbst existiert leider nur noch eine verstümmelte Statue.

1960 wurde an der Nordwand der spätgotische Dreikönigsaltar angebracht, der zuvor in der Pfarrkirche beherbergt wurde. Es handelt sich bei dem Altar um ein steinernes „Gehäuse“ der Spätgotik, das wohl Mitte des 15. Jahrhunderts entstand und dem Meister Niklas von Schaffhausen zugeschrieben wird. Die Skulpturen dazu sind eine moderne Ergänzung des Bildhauers Fried Heuler (1936), der u.a. das Würzburger Ehrenmal gestaltete.

Bilder

Literatur

  • Gisela Blum / Hansmartin Kehl / Alfred Reichert: Stadt Haßfurt 1235–1985, Tagblatt-Druckerei KG, Haßfurt 1985
  • Annette Faber / Jürgen Lenssen: Die Ritterkapelle in Haßfurt, Schnell & Steiner GmbH, Regensburg 2012