Rolandslied
Das Rolandslied ist ein Heldenepos, das zuerst in französischer Sprache verfaßt wurde. Es gehört in den Sagenkreis um Karl den Großen. Verfaßt wurde das Rolandslied vermutlich um 1080 von einem anonymen Verfasser (die Autorenschaft des Klerikers Turoldus ist umstritten).
Das zugrundeliegende historische Ereignis ist die Vernichtung der vom bretonischen Markgrafen geführten Nachhut Karls des Großen durch den Verrat von Rolands Stiefvater Ganelon im Tal von Roncesvalles im Jahr 778. Nach dem Tod der Helden wird er durch Vierteilen bestraft.
Während im französischen Epos Roland aus nationalen Motiven für Frankreich kämpft, wird er in den zahlreichen Nachdichtungen zum religiösen christlichen Kämpfer gegen die Sarazenen.
Inhaltsverzeichnis
Historischer Hintergrund
Karl der Große mußte 778 seinen spanischen Feldzug abrupt beenden, da:
- die Sachsen seine Abwesenheit nutzten, sich zu erheben und nun die Nordflanke des Reiches bedrohten.
- die Einnahme Saragossas unmöglich erschien.
- sich ein arabisches Entsatzheer der Stadt näherte.
Warum Karl der Große überhaupt nach Spanien zog, ob aus Eroberungslust oder, um seinem arabischen Freund Suleiman Ibn al Arabi, der sich als abassidischer Parteigänger des Kalifats von Bagdad gegen den Emir von Córdoba, Abd-ar-Rahman I. und dessen Omaijadengeschlecht auflehnte, zu helfen, ist nicht bekannt.
Karl richtete auf dem Weg nach Saragossa große Verwüstungen an und zerstörte z. B. Pamplona, Teil des christlichen Königreiches Asturien, weil sich deren Bewohner nicht freiwillig unterwarfen.
Während Karls Hauptstreitmacht bereits den Pyrenäenkamm überquerte und bereits im Valcarlos marschierte, wurde die Nachhut seines Heeres bei Roncesvalles von einem nur lokal nennenswerten Bergstamm, den christlich getauften Vasconen (den heutigen Basken) überfallen und vernichtet – Karls erste und einzige Niederlage.
Die Motive für diesen Überfall können in der oben erwähnten drastischen Behandlung der Stadt Pamplona liegen – es könnte aber auch einfach nur Lust auf Beute gewesen sein.
Einhard, der Biograph Karls des Großen, schilderte in seiner „Vita Karoli Magni“ lapidar den blutigen Vorgang:
- „Als das Heer in langem Zuge, wie es die Enge des Ortes zuließ, einhermarschierte, stießen die Vasconen, die sich auf dem Gebirgskamm in Hinterhalt gelegt hatten, von oben auf das Ende des Trosses und der Nachhut, drängten sie ins Tal hinab und machten in dem Kampf, der nun folgte, alles bis auf den letzten Mann nieder, raubten das Gepäck und zerstreuten sich dann in höchster Eile nach allen Seiten. Den Vasconen kam die Leichtigkeit ihrer Waffen und das Gelände zustatten; die Franken dagegen waren durch das Gewicht ihrer Waffen und die Ungunst des Geländes in allem gegen die Vasconen im Nachteil. In diesem Kampfe fielen Eggihard, des Königs Truchsess, Anselm, der Pfalzgraf und Hruodland, der Befehlshaber im bretonischen Grenzbezirk, und viele andere. Und dieser Überfall konnte für den Augenblick nicht gerächt werden, weil sich der Feind nach Ausführung des Streichs so zerstreute, dass nicht die geringste Spur darauf leitete, in welchem Winkel man ihn hätte suchen können.“
Mythos
Der Tag von Roncesvalles bewirkte in der gesamten Christenheit ein ungeheures Aufsehen. Schon bald wurde der mißglückte spanische Feldzug zum Glaubenskampf umstilisiert; demnach erschienen die Toten von Roncesvalles der Mitwelt als Märtyrer. Statt christlicher Angreifer waren es jetzt Moslems, die den Hinterhalt legten.
Der Graf Hruodland wurde zur Idealfigur des Glaubenskämpfers schlechthin. Als einer der zwölf Paladine Karls war er am Hofe gern gesehen, wobei freilich die Geschichtlichkeit der Paladine fragwürdig ist, denn allzu deutlich erinnert sie an die Ritter von König Artus’ Tafelrunde, ein Sagenkreis, der bei der Entstehung des Roland-Mythos in Frankreich gerade Mode war. Weniger durch geschichtliche Überlieferung als durch die Ausschmückung der Sage wurde Roland zu einem europäischen Leitbild.
Inhalt
Kaiser Karl der Große hat in sieben Jahren Krieg fast das ganze heidnische Spanien erobert bis auf Zaragosa, dessen König Marsilie ihm Unterwerfung und Konversion zum Christentum anbietet – beides aber nur zum Schein, um den Abzug des fränkisches Heeres zu erreichen.
Karl versammelt den Rat der Barone, indem sein Schwiegersohn Ganelon rät, das Angebot anzunehmen, während sein Neffe Roland, der zugleich ungeliebter Stiefsohn Ganelons ist, den Kampf fortsetzen will. Karl, der schon 200 Jahre alt und kriegsmüde ist, schließt sich Ganelon an, woraufhin Roland diesen mit verletzender Ironie als Sendboten vorschlägt. Der beleidigte Ganelon sinnt nun auf Rache. Er begibt sich zu König Marsilie, dem er Roland als Kriegstreiber darstellt, ohne dessen Beseitigung es keinen Frieden geben werde. Marsilie soll deshalb mit einer Übermacht die Nachhut des abziehenden fränkischen Heeres überfallen, Ganelon will dafür sorgen, daß Roland ihr Befehlshaber ist.
Alles geschieht, wie geplant. Als die Nachhut den Hinterhalt bemerkt, dringt Rolands kluger und vernünftiger Freund Olivier darauf, sofort mit dem Signalhorn Olifant das fränkische Heer zu Hilfe zu rufen, doch der stolze Roland lehnt ab.
Erst als seine Krieger einer nach dem anderen in heldenhaftem Kampf gefallen sind, bemüht er mit letzter Kraft Olifant.
Karl eilt herbei und schlägt die Heiden in die Flucht. Auch ein riesiges Heidenheer unter Emir Baliguant, das Marsilie zu Hilfe eilt, wird besiegt, nicht ohne daß Karl und Baliguant zum Zweikampf antreten.
Zurück in seiner Residenz Aachen läßt Karl Gericht halten über Ganelon, doch dessen mächtige Familie stellt sich schützend vor ihn, sein Verwandter Pinabel will ihn im gerichtlichen Zweikampf vertreten. Erst als Thierry d’Ardenne sich für die gerechte Sache zu kämpfen erbietet und Pinabel mit Gottes Hilfe besiegt, kann Ganelon samt seiner Familie bestraft werden. Dies allerdings ändert nichts an der Trauer von Rolands junger Verlobten Aude.
Karl dagegen hat eine Vision von Engeln, die ihm weitere Kämpfe verkünden.
Text
Der Text ist in zwei Abschnitte gegliedert:
Der mittelhochdeutsche sowie der französische Text sind zu finden in der Bibliotheca Augustana der FH-Augsburg:
Literatur
- Das Rolandslied, Weltbild Verlag GmbH, Augsburg 2000
- Karl Bartsch: Das Rolandslied (PDF-Datei) Für Nicht-USA-Bewohner nur mit US-Proxy abrufbar!
- Wilhelm Ferdinand Heydler: Vergleichung des Rolandsliedes vom Pfaffen Conrad und des Karl vom Stricker. Nebst einem Fragment einer niederdeutschen Predigt aus dem XIII. Jahrhundert, 1840 (PDF-Datei)
- Wilhelm Hertz: Das Rolandslied, das älteste französische Epos, 1861 (PDF-Datei)
Verweise
- M. Böhm: Das Rolandslied, Februar 2008