Wieland der Schmied
Wieland (altnd. Vølundr, Wölundur, Wölunder; Weland [wel „Kunstwerk, List“]; skandinav. Wölund, isländ. Volundr, ahd. Wiolant, altengl. Wayland) ist, neben Regin und Mime, einer der kunstreichen Schmiede der germanischen Sage. Dieser Sage liegt wahrscheinlich ein deutsches Lied zu Grunde, daß die skandinavischen Stämme sich angeeignet haben. Leider ist uns keine deutsche Bearbeitung erhalten, denn die beiden Niederschreibungen, die in der Edda und die in der Wilkina, sind nordischen Ursprungs. Dort heißt Wieland = Völundr, Wölunder oder Wölundur und wird auch als König der Alben (altnord. Alfr) bezeichnet. Die Sage war sehr verbreitet und ist selbst zu den romanischen Völker gedrungen, denn in Nordfrankreich kommt ein Schmied Galland vor, der mit Wieland die größte Ähnlichkeit hat.
Ein ferneres wichtiges Zeugnis für die Verbreitung der Sage ist auch der Bruder Wielands, Eigil, der berühmte Schütze, von dem die Tellsage stammen soll, die aber von verschiedenen Forschern für unhistorisch gehalten wird, da sie eben nur ein Versuch sei, die alte Sage von dem berühmten Schützen als Historie glaubhaft zu machen.
Höchst wahrscheinlich liegt der Sage ein uralter Mythos zu Grund, der sich schon in grauester Vorzeit unter den indogermanischen Volksstämmen ausgebildet hat, denn auch die griechische Mythe von Dädalus hat eine merkwürdige Ähnlichkeit mit der Sage von Wieland dem Schmied des Nordlands.
Inhalt
Es gibt eine Vielzahl von Sagenversionen über Wieland den Schmied, aber die zentralen Inhalte stimmen überein.
Wieland ging bei Mime in die Lehre, bis dieser auch den jungen Sigfrid aufgenommen hatte. Nachdem sich Wieland mit Sigfrid gestritten hatte, verließ er Mime. Nach einer anderen Überlieferung erlernte Wieland das Schmiedehandwerk von den Zwergen und wurde ein Meister in dieser Kunst. Als die Zwerge ihn aber töten wollten, erschlug Wieland sie und entfloh.
Wieland und seine beiden Brüder trafen eines Tages auf drei Schwanenmädchen, es gelang ihnen deren Federkleider zu stehlen. Daraufhin willigten die Schwanenmädchen in eine Hochzeit mit den Brüdern ein. Im neunten Jahr des Zusammenlebens fanden die Frauen ihre Kleider wieder und flogen auf und davon. Wielands Brüder suchten nach ihren Frauen und verschwanden. Wieland selbst aber hoffte auf die Wiederkehr seiner geliebten Alwit und schmiedete ihr rotgoldene Schlangenringe. Heimlich stehlen Knechte des Königs Niduds einen der Ringe, nachdem der König diesen zauberhaften Ring sah, ließ er seine Leute zurückkehren und Wieland im Schlaf überwältigen.
Wieland erwachte gefesselt und wurde an den königlichen Hof gebracht. Hier erkannte der Schmied sogleich den gestohlenen Ring am Arm von Baduhild, der Tochter des Königs. Die Königin hingegen bemerkte, dass Wieland kein gewöhnlicher Mensch ist und fürchtete seine Rache, daraufhin ließ sie Wieland die Sehnen durchtrennen. Fortan musste der nun verkrüppelte Schmied dem König dienen und ihm kunstreiche Schätze anfertigen.
Wielands Bruder lebte ebenfalls an jenem Hofe. Als guter Schütze erlegte er für Wieland Vögel, aus deren Federn der Schmied sich Flügel machen konnte, mit denen er später entkam.
Zuvor aber lockte er die Söhne des Königs zu sich und tötete sie. Aus ihren Körperteilen stellte er Schmuck her. Die Hirnschalen fasste er in Silber und sandte sie dem König. Aus den Augen machte er Edelsteine für die Königin, die Zähne ergaben den Brustschmuck für Baduhild. Daraufhin kam Baduhild zu ihm und zeigte ihm, offenbar unwissend, ebenjenen Schlangenring, den sie versehentlich zerbrochen hatte. Wieland machte sie mit Bier schläfrig und fiel über sie her, vergewaltigte sie und zeugte dabei ein Kind. Mit Hilfe seiner selbst konstruierten Flügel flog Wieland zu dem Königspaar und offenbarte ihnen seine Rache, nachdem der König ihm schwören musste, seiner Frau und ihrem Kinde kein Leid zu tun. Dann flog Wieland davon.
Verwandte Erzählungen
Viele Elemente dieser Geschichte sind bereits aus der griechischen Mythologie bekannt, die deutlichsten Parallelen finden sich bei Daidalos, der gemeinsam mit seinem Sohn Ikarus aus dem Palast des Minos entfloh, ebenso wie Wieland mit eigens dafür angefertigten Flügeln.
Die Geschichte Wielands gehört zwar nur indirekt zu dem Bereich der Nibelungensage, verrät aber doch einen Teil ihres Ursprungs.
In der deutschen Bearbeitung des Stoffes begegnet uns Wielands Lebensgeschichte in Form einer Nebenhandlung der Dietrichsage. Jene Saga wurde im 13. Jh. von unbekannten altnordischen und schwedischen Autoren aufgeschrieben. Die Dichter nahmen Authentizität für sich in Anspruch. Sie beriefen sich dabei auf altsächsische bzw. altnordische Handschriften, aber auch auf Berichte niederdeutscher Zeitgenossen (Soester Quellen u.a.).
Die Wieland-Texte der altnordischen Thidrekssaga und der altschwedischen Didriks-Chronik weichen inhaltlich nur unerheblich voneinander ab, selbst die landeskundlichen Angaben verweisen auf Deutschland als Ursprungsort der Sage.
Wieland schmiedete, so ist es überliefert, Eisen zu scharfem, biegsamem Stahl. Das erste „Ganzstahlschwert der Welt“ wurde unter dem Namen „Volund“ (Wieland) begehrte Handelsware. Möglicherweise steht sein Name tatsächlich mit der Erfindung einer neuen Waffentechnik in Verbindung, der dahinter liegende Mythos geht aber weiter zurück, denn Wieland ähnelt in mehreren Motiven anderen Geschichten. Als Hinkender erinnert er an den griechischen Hephaistos und den römischen Vulcanus. Vor allen anderen aber ist er dem griechischen Daidalos vergleichbar.
Daidalos baute das berühmte Labyrinth des König Minos auf Kreta, welches den Minotaurus beherbergte. Auch war er es, der Ariadne den entscheidenden Hinweis gegeben hatte, wie Theseus wieder aus dem Labyrinth herausfinden konnte. Deswegen fiel er beim König in Ungnade und wurde zusammen mit seinem Sohn Ikarus in das Labyrinth eingesperrt.
Daidalos konstruierte Flügel aus Federn und Wachs, mit denen Vater und Sohn in die Freiheit flogen. Ikarus aber stürzte ab, weil er der Sonne zu nah kam.