Catel, Werner

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Prof. Dr. med. Werner Catel

Werner Julius Eduard Catel (Lebensrune.png 1894 in Mannheim; Todesrune.png 30. April 1981 in Kiel) war ein deutscher Kinderarzt. Prof. Dr. Werner Catel hat, wie die Christian-Albrechts-Universität zu Kiel 1981 in ihrer Traueranzeige feststellte, in vielfältiger Weise zum Wohle kranker Kinder beigetragen.

Wirken

Prof. (em) Dr. Werner Catel im Spiegel-Interview, 1964

Dr. Catel übernahm nach seiner Habilitation im Oktober 1933 als Professor für Neurologie und Psychiatrie an der Universität Leipzig die Leitung der Universitäts-Kinderklinik Leipzig. Dort kam er erstmals mit hochgradig mißgebildeten Kindern zusammen. Seitdem hat er es als seine Lebensaufgabe gefunden, sich mit Problemen der Idiotie und der Euthanasie zu beschäftigen.

Im Jahre 1939 erfolgte in dieser Klinik die erste vom Führer inoffiziell legitimierte Tötung eines behinderten Kindes. Die Initiative ging dabei vom Vater des Kindes Gerhard K. aus, der Catel aufsuchte und von der Geburt eines schwerbehinderten Sohnes berichtete. Catel lehnte unter Verweis auf eine fehlende gesetzliche Grundlage ab und der Vater wandte sich daraufhin direkt an den Führer, der über seinen Begleitarzt, Dr. Brandt, die Erlaubnis zur „Einschläferung“ des Kindes gab. Die Tötung diente als Präzedenzfall, im Anschluß wurde die Kindereuthanasie freigegeben. Am 18. August 1939 erging ein vertraulicher Runderlaß des Reichsministers des Inneren, wonach mißgestaltete Neugeborene und Kinder bis zum Alter von drei Jahren an den „Reichsauschuß zur Erfassung von erb- und anlagebedingten Leiden“ zu melden waren. Von dort wurden die gemeldeten Fälle an die Gutachter gesandt; einer von ihnen war Werner Catel.

Nach 1945 wurde Catel von der Leitung der Kinderklinik entbunden. Er wurde im Rahmen des Entnazifizierungsverfahrens in die Gruppe 5 (Entlastete) eingestuft. Im Jahre 1949 wurde, nach mehreren Verfahren der Staatsanwaltschaft, vom Landgericht Hamburg die Eröffnung eines Verfahrens abgelehnt.

Er begann im Jahre 1954 seine Nachkriegskarriere in der Medizinischen Fakultät in Kiel. Im Mai 1960 kam es in Catels Vita zu einer dramatischen Wende. Das Magazin „Der Spiegel“ veröffentlichte einen Artikel über seine Vergangenheit und sorgte damit für politischen Druck auf die schleswig-holsteinische Landesregierung. Der seinerzeitige Kultusminister Osterloh bekannte in einer Pressekonferenz:

Ich bin der Überzeugung, daß Professor Catel vor 1945 subjektiv der Meinung war, im sittlich-moralischen Sinne nicht Unrechtes getan zu haben, und daß er sein Votum nur bei solchen Wesen abgegeben hat, bei denen es feststand, daß sie nie menschliches Bewußtsein erlangen würden.

Im September 1960 jedoch bat Catel den Kultusminister um Emeritierung und erklärte:

„Ich habe mir nicht das Geringste vorzuwerfen und weigere mich, meine seit 1922 errungenen ärztlichen Überzeugungen preiszugeben.“[1]

Chronologie

  • 1913 Abitur
  • 1913-1920 Studium der Medizin und Philosophie an den Universitäten Halle und Freiburg
  • 1914-1918 Kriegsdienst als Feldhilfsarzt
  • 1916-1920 Medizinstudium an den Universitäten Halle/Saale und Freiburg im Breisgau
  • 1920 Examen, Approbation und Promotion
    • Promotion zum Dr. med. an der Universität Halle-Wittenberg; Titel der Arbeit: Ein Fall von einseitiger Stauungspapille infolge von Orbitaltumor, der durch die Krönlein'sche Operation geheilt wurde.
  • 1922 Assistenzarzt an der Universitätskinderklinik Leipzig
  • 1926 Habilitation in Leipzig
    • Habilitation an der Universität Leipzig; Titel der Arbeit: Über den Einfluss verschiedener Ernährungsweise auf Motilität und Reizbarkeit des Dünndarms von Ratten.
  • 1927 Ehe mit Gertrud, geborene Hammer
  • 1926-1931 PD für Kinderheilkunde an der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig
    • 1927 Oberarzt an der Universitätskinderklinik Leipzig
  • 1931-1932 Professor für Kinderheilkunde an der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig
  • 1932-1933 Professor für Kinderheilkunde an der Universität Berlin
  • 1933-1945 Professor für Kinderheilkunde an der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig
    • 1940 mit Ernst Wentzler und Hans Heinze einer der drei Hauptgutachter im Reichsausschuß zur wissenschaftlichen Erfassung von erb- und anlagebedingten schweren Leiden in der Kanzlei des Führers
    • 1941 Einrichtung einer Kinderfachabteilung an der Universitätskinderklinik Leipzig; Versuche zur Behandlung von Kinderlähmung
    • 15. November 1945 Entlassung als Klinik-Direktor
  • 1947 durch die Spruchkammer Wiesbaden als entlastet eingestuft
  • 1947 zweite Ehe mit Isolde, geb. Heinzel, eine seiner ehemaligen Krankenschwestern in Leipzig
  • 1947 Chefarzt der Landeskinderheilstätte Mammolshöhe/Taunus
  • 1949 erste Anklage nach Denunzierung durch Professor Rudolph Degkwitz; Freispruch durch das Landgericht Hamburg
  • 1951-1960 ordentlicher Professor für Kinderheilkunde an der Christian-Albrechts-Universität Kiel
    • 1. Juli 1954 Direktor der Kieler Universitätskinderklinik
  • 1960 vorzeitig emeritiert
  • 1964 in einem Spiegel-Interview Aufforderung zur Wiedereinführung der aktiven Sterbehilfe
  • 1965 Verfahren auf Entzug der Approbation beendet, Vorwürfe Dritter wurden alle entkräftet
  • 1974 Autobiographie „Leben im Widerstreit - Bekenntnisse eines Arztes“

Mitgliedschaften

  • Mitglied im NS-Ärztebund seit 1933
  • Mitglied im NSDB seit 1936
  • Mitglied der NSDAP seit 1937
  • Mitglied im NS-Altherrenbund seit 1942
  • Mitglied im Opferring 1933-1939

Publikationen (Auswahl)

  • Normale und pathologische Physiologie der Bewegungsvorgänge im gesunden Verdauungskanal, Leipzig 1926-37.
  • Die Pflege des gesunden und des kranken Kindes, Leipzig 1939.
  • Differentialdiagnose von Krankheitssymptomen bei Kindern und Jugendlichen, 3 Bde., Stuttgart 1960.
  • Grenzsituationen des Lebens. Beitrag zum Problem der begrenzten Euthanasie, Nürnberg 1962.

Siehe auch

Fußnoten