Wurzen
Staat: | Deutsches Reich |
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Gau: | Sachsen |
Landkreis: | Leipzig |
Provinz: | Königreich Sachsen |
Einwohner (2009): | 16.886 |
Bevölkerungsdichte: | 245 Ew. p. km² |
Fläche: | 68,79 km² |
Höhe: | 124 m ü. NN |
Postleitzahl: | 04808 |
Telefon-Vorwahl: | 03425 |
Kfz-Kennzeichen: | L |
Koordinaten: | 51° 22′ N, 12° 43′ O |
Wurzen befindet sich entweder unter Fremdherrschaft oder wird durch die BRD oder BRÖ staatsähnlich verwaltet. | |
Bundesland: | Freistaat Sachsen |
Bürgermeister: | Jörg Röglin (parteilos) |
Wurzen ist eine deutsche Stadt in Sachsen.
Inhaltsverzeichnis
Lage
Wurzen liegt an der Mulde, etwa 25 Kilometer östlich von Leipzig, an der ältesten deutschen Ferneisenbahnlinie Leipzig–Dresden und an der Bundesstraße 6. Die B 107 verläuft westlich der Stadt.
Ortsgliederung
- Wurzen (Stadt)
- Dehnitz
- Nemt
- Roitzsch
- Kühren
- Burkartshain
- Birkenhof
- Kornhain
- Mühlbach
- Nitzschka
- Oelschütz
- Pyrna
- Sachsendorf
- Streuben
- Trebelshain
- Wäldgen
Geschichte
Auf der Wurzener Stadtflur (Crostigall) konnte durch jüngere archäologische Grabungen eine Siedlungskontinuität von ca. 6000 Jahren nachgewiesen werden. Wurzen wird 961 urkundlich erstmals als Vurcine und Civitas erwähnt. Die Marktsiedlung mit Burg bezogen ihre Bedeutung aus ihrer Lage am Übergang der Via Regia über den Fluss Mulde und deren Kreuzung mit einer alten Salzstraße von Halle nach Prag. Wurzen gehörte zeitweilig zum Bistum Merseburg, kam nach 995 an das Bistum Meißen. Bischof Herwig gründete 1114 ein Kollegiatstift, das im 16. Jahrhundert protestantisch wurde und noch besteht (Domkapitel). Eine Marktsiedlung wurde östlich der älteren Burgsiedlung um 1150 von den Bischöfen von Meißen angelegt. Die Entwicklung der Stadt erreichte im 15. und 16. Jahrhundert einen Höhepunkt, als die Bischöfe von Meißen zeitweise hier residierten und eine nennenswerte Bautätigkeit entfalteten (Schloß, Domerweiterung, Stadtkirche St. Wenceslai). Nach der Teilung der wettinischen Lande (1485) wurde die Schutzherrschaft über Wurzen und das Wurzener Land von den Ernestinern und Albertinern gemeinsam ausgeübt. Beide Linien waren letztendlich auf eine Säkularisierung des bischöflichen Territoriums aus, was u. a. 1542 zur so genannten „Wurzener Fehde“ („Fladenkrieg“) führte.
1581 kam Wurzen an das seit 1547 inzwischen albertinische Kursachsen, das Wurzen und das Stiftsgebiet („Wurzener Land“) durch eine eigens eingesetzte Stiftsregierung verwalten ließ (bis 1818). Im 17. und 18. Jahrhundert erfolgte der durch Pestepidemien (besonders 1607), Stadtbrände und Kriegsfolgen verursachte wirtschaftliche und demographische Niedergang der Stadt. Im Dreißigjährigen Krieg wurde die Stadt 1637 („Wurtznische Creutz- und Marter-Woche“) von den Schweden geplündert und fast vollständig niedergebrannt. Auch der Nordische Krieg, besonders aber der Siebenjährige Krieg und die Napoleonischen Kriege ließen die Stadt verkümmern. Erst nach der Verkleinerung Sachsens nach dem Wiener Kongreß (1815) und dem Straßenbrückenbau über Mulde und Flussaue (1830/32) setzte wieder ein bemerkenswerter Aufschwung ein. Am 31. Juli 1838 wurde Wurzen an das deutsche Eisenbahnnetz angeschlossen (Leipzig-Dresdner Eisenbahn). Über die Mulde wurde die erste Eisenbahnbrücke Deutschlands gebaut. Danach kam es zur stürmischen Entwicklung als Industriestadt (besonders Lebensmittel- und Textilindustrie, Metallverarbeitung). Die Einwohnerzahl vervierfachte sich zwischen 1850 und 1914.
Auch im 20. Jahrhundert setzte sich diese Entwicklung bis in die 70er Jahre fort. Nach der sogenannten deutschen Wiedervereinigung ist erneut eine starke wirtschaftliche und demographische Rückentwicklung eingetreten, die Einwohnerzahl sinkt in bedrohlichem Maße und das Durchschnittsalter der Einwohner steigt an.
Wurzen und das die Stadt hauptsächlich östlich der Mulde umgebende sogenannte „Wurzener Land“ gehörten bis 1581 nicht zu den wettinischen Landen, sondern waren weltlicher Besitz der Bischöfe von Meißen, die mehrmals, seit 1487 immer häufiger und länger, in Wurzen residierten. Auch nach der „Kapitulation“ und „Resignation“ des letzten Bischofs Johann von Haugwitz 1581 wurde das Gebiet noch bis 1818 von einer eigens eingesetzten kursächsischen Stiftsregierung verwaltet. Erst danach kam das Wurzener Land als Amtsbezirk im eigentlichen Sinne zu Sachsen.
Wurzen ist seit 2002 eines der Pilotprojekte im Freistaat Sachsen für den „Stadtumbau Ost“. Durch die demographische und wirtschaftliche Entwicklung der letzten Jahrzehnte bedingt, gilt es, erstmals in der Geschichte Sachsens einen planmäßigen Rückbau städtischer Wohnsubstanz und die sinnvolle Neunutzung der geräumten Flächen zu organisieren.
Bekannte, in Wurzen geborene Personen
- Heinrich von Abendroth (18194–1880), Militär, Generalleutnant der sächsischen Armee
- Max Baumbach (1859–1915), Bildhauer in Berlin
- Kurt Franke (1915–1945), Offizier der SS und Ritterkreuzträger im Zweiten Weltkrieg
- Paul Göhre (1864–1928), Theologe und Nationalökonom, SPD-Politiker
- Justus Friedrich Güntz (1801–1875), Rechtsanwalt, Redakteur und Besitzer des „Dresdner Anzeigers“
- Herwig (?–1119), Bischof von Meißen, Gründer des Kollegiatstiftes in Wurzen
- Hermann Ilgen (1856–1940), Apotheker, Unternehmer, Sport- und Kunstmäzen, Ehrenbürger von Wurzen 1929
- Eckhard Jesse (geb. 1948), Historiker und Soziologe, „Extremismusforscher“
- Karl Ludwig Langbein (1811–1873), Jurist und Abgeordneter der Frankfurter Nationalversammlung
- August Wilhelm Leberecht Wilke (1737–1781), Philologe und Theologe
- Magnus Gottfried Lichtwer (1719–1783), Jurist und einer der bedeutendsten deutschen Fabeldichter
- Jakob Martini (1829–1909), Dermatologe und Urologe
- Johann Christian Schöttgen (1687–1751), Hebraist, Theologe, Historiker und Pädagoge, Rektor der Dresdner Kreuzschule
- George Ludwig Christoph Schütz (1802–1877), Unternehmer und Musterzeichner, Gründer der „Wurzener Teppich- und Velours-Fabriken“
- Clemens Seeber (1851–1905), Foto- und Kinotechniker, Bildreporter
- Ernst Seifert (1884–1946), Generalleutnant
- Walter Steinert (1898–1946), Beamter und Vorsitzender der Industrie- und Handelskammer in Schweidnitz
- Bernhard Moritz von Süßmilch-Hörnig (1823–1892), Militär und Kartograf
- Walter Opitz (1891–?), Jurist und Stellvertretende des Präsidenten des Landesarbeitsamts im Rheinland
- Abraham Teller (1609–1658), Theologe, Kirchenlieddichter, Rektor der Leipziger Thomasschule
- Otto Georg Thierack (1889–1946), 1936 bis 1942 Präsident des Volksgerichtshofs und letzter Reichsjustizminister
- Paul Röber, (1587–1651), lutherischer Theologe
- Theodor Uhlig (1822–1853), Musikschriftsteller, Komponist
- Bernd Wagner (geb. 1948), Schriftsteller