Conscience, Hendrik

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Hendrik Conscience

Hendrik Conscience (Lebensrune.png 3. Dezember 1812 in Antorf; Todesrune.png 10. September 1883 in Elsene bei Brüssel) war ein flämischer Volksschriftsteller und Mitbegründer der flämischen Literatur.

Jugend

Hendrik Conscience wurde als Sohn eines aus Besançon stammenden französischen Marinebeamten und einer flämischen Mutter in Antorf (Antwerpen) geboren. Er war somit zur Hälfte romanischer Franzose, fühlte sich jedoch der niederdeutschen, flämischen Kultur verpflichtet und verstand es wie kein zweiter Flame, die Probleme seines Vaterlandes zu reflektieren – mit eigener Sprache und Kultur wider das fremdländische Kulturdiktat aus Paris.

Belgien war bereits damals zweigeteilt. Es setzte sich aus dem ländlich-bäuerlichen Flandern mit niederdeutschen Wurzeln (kulturell wie sprachlich) und der Wallonie mit französisch-romanischen Wurzeln zusammen. Nach dem Tod seiner Mutter wuchs Conscience unter ärmlichen Verhältnissen in Antorf bei seinem Vater in einer kleinen Klause mit Garten, dem „Groenen Hoek“ (Grüner Winkel), auf. Auf der Bürgerschule erlernte er die Fremdsprachen Englisch und Französisch, nicht aber seine eigentliche Muttersprache Flämisch, da sie im Zeichen des damaligen Zeitgeistes als primitive Bauernsprache verpönt war. Der französischen Sprache und Kultur hingegen maß die opportunistische Kulturklientel höhere und internationalere Bedeutung bei.

Die Lehrer seiner Klasse erkannten Consciences bemerkenswerte Auffassungsgabe und setzten ihn als Hilfslehrer für untere Klassen ein. Weil angemessene Kleider und festes Schuhwerk den finanziellen Rahmen des Vaters überstiegen, war Conscience oft das Gespött seiner Altersgenossen. Trotz dieser negativen Erfahrungen in seiner Jugend schilderte er später die Zeit im „Grünen Winkel“ folgendermaßen:

„Dort in der Klause zum ‚Groenen Hoek‘ ist mein inniges Gefühl für Naturschönheit erwacht. Als ich damals beim Beginne des Frühlings zum ersten Male wach wurde, war alles, was mich umgab, völlig neu für mich. Ich fühlte die laue Luft in meine Lunge dringen, ich sah die Tautropfen wie Perlen an den Blumenkelchen glänzen, das Sonnenlicht zwischen den Kräutern spielen, die Vögel lustig in den Zweigen hüpfen, Tausende von Tierlein vor meinen Augen wimmeln. Ich hörte die Nachtigall ihre lieblichen Töne gurgeln, das Morgenlied geringerer Vögel im Raume erklingen, das Geschnurr der fleißigen Arbeitsbiene in meinen Ohren summen [....] Alles rund um mich sang, jauchzte und glänzte voll Lebensfreude unter einem blauen Himmel, so breit und so unermeßlich tief wie die Unendlichkeit selbst. Dieses ergreifende Schauspiel, die Stille, die Einsamkeit, worin ich lebte, übte einen mächtigen Eindruck auf mich, und erst jetzt wurde ich im vollen Sinne des Wortes ein Träumer.“

Schon früh verschlang der junge Hendrik Conscience französische Romane, niederländische Reisebücher sowie Zeitungen und Karten, mit denen sein Vater die Waren für seinen Handel umwickelte.

Wirken und Werden

Im Jahre 1830 trat eine entscheidende Wendung in Consciences Leben ein. Die wallonischen Belgier erhoben sich zum Widerstand gegen die Niederlande und für die Unabhängigkeit ihres Landes. Es herrschte Revolution. Der 18jährige Conscience schloß sich dem Kriegsaufruf an, meldete sich freiwillig zum Kriegsdienst und erlangte mit der belgischen Armee die Unabhängigkeit im Jahre 1831 als Fourier. Das Landserleben und das Schlafen auf kaltem Steinboden forderte seinen Tribut. Da er zeitweise auf Krücken gehen mußte und lungenkrank wurde, konnte er seinen Dienst nicht gewissenhaft ausführen und verließ schließlich seine Kaserne in Venloo. Bei einer Bauernfamilie untergekommen, kurierte er seine akuten Erkrankungen aus. In dieser Umgebung wurde ihm erstmalig bewußt, wie wichtig dem Volk das Leben auf dem Lande war. Diese Erfahrung war die Wiege seines Schaffens und diente als Inspirationsquelle seiner späteren Bauernromane und -novellen.

Von Krankheiten geplagt, konnte er ab 1835 keinen Dienst mehr an der Waffe leisten und verrichtete fortan den Rest seines Wehrdienstes bis 1836 als Hilfslehrer in der Regimentschule Dendermonde. Ein Jahr darauf kehrte er nach Antwerpen zurück, um ein Studium aufzunehmen. In einem Lazarett traf er seinen ehemaligen Jugendfreund Jan de Laet wieder. Die gemeinsamen Unterhaltungen über klassische Literatur, die er oft mit de Laet geführt hatte, waren ihm noch gut in Erinnerung geblieben. Jan de Laet war Mitglied im Antwerpener Literaturkreis, wo die neu angebrochene Literaturepoche, die Epoche der Romantik, ausformuliert wurde.

Beginn der schriftstellerischen Tätigkeit

Conscience war von nun an Gast in diesem Zirkel. Man diskutierte in Salons in Antorf über die über alles erhabene englische und französische Literatur, lobte Victor Hugo, Honoré de Balzac und Stendhal und rezitierte seine eigenen Gedichte, und das natürlich auf Französisch, die Sprache der Kultur. Man ermutigte Conscience, doch auch mal ein Gedicht zu verfassen. Hendrik saß Zuhause in seiner Stube und quälte sich mit dem Französisch – aber es mochte nichts gelingen. Dann entschloß er sich, das Gedicht auf Flämisch vorzuschreiben und siehe da – die Zeilen und Ideen kamen ganz von alleine. Dies wurde zum Meilenstein der flämischen Literaturgeschichte. Mit dieser einfachen Idee, das Kulturdiktat zu brechen und Literatur in flämischer Sprache zu verfassen, gelang es Conscience, die Literatur auch für die flämischen Bauern und Bürger, die sich keine teure Bildung leisten konnten, zugänglich zu machen. Natürlich erntete Conscience nicht nur Lob für diese Neuheit, sondern auch Spott der gebildeten Oberschicht, die die flämische Sprache als primitiv, ungebildet und bäuerlich brandmarkten.

Auch sein Vater betrachtete die Tätigkeit seines Sohnes mit Argwohn. Er stellte ihm ein Ultimatum, binnen sechs Monaten eine „anständige“ Arbeit zu suchen. Allerdings bekam Hendrik Conscience eine Chronik der Antorfer Religionskämpfe in die Finger, und somit widersetzte er sich dem väterlichen Wunsch und verfaßte seinen ersten historischen Roman in flämischer Sprache, welcher den Titel „Das Wunderjahr“ tragen sollte. Von nun an schloß er sich der flämischen Bewegung des „Olivenzweiges“ an und gewann rasch Weggefährten wie den Künstler Wappers, der ihn bei sich aufnahm und eine kleine Stellung verschaffte.

Im Untergrund hielt Conscience 1837 über „In’t Wonderjaar“ (deutsch erstmals 1845: „Das Wunderjahr 1566“) vor seinen Mitkämpfern der jungflämischen Bewegung des Olivenzweiges, zu der neben Jan van Laet auch die Künstler de Brakeleer sowie Wappers gehörten, eine Lesung. Dank seiner begnadeten Rhetorik bekam er tosenden Applaus und wurde zum Druck des Werkes ermutigt. Mit diesem ersten Buch wurde Conscience sogar von seinen Gegenspielern anerkannt. Zwar zeigte das Erstlingswerk noch grobe Mängel, aber Conscience hatte das Herz des Volkes für sich gewonnen. Selbst die Regierung kam nicht umher, ihm für seinen Roman Anerkennung auszusprechen, und Conscience bekam eine von Wappers organisierte Audienz vor dem belgischen König, der ihm die Druckkosten erstattete.

Consciences Leitspruch zu jener Zeit war: „Du Flame, der Du dieses Buch der ruhmreichen Taten gelesen hast, bedenke was Flandern einstmals war, was es heute ist, und mehr noch, was es sein wird, wenn Du vergißt der Ahnen heiliges Vorbild.“

„Der Löwe von Flandern“

Nun begann Conscience mit der Arbeit an seinem Hauptwerk. Es sollte ein monumentales Werk für das flämische Volk werden. Die Flamen sollten mit Stolz auf ihre Geschichte blicken und ihre Sprache als würdig empfinden. 1838 veröffentlichte Conscience „De Leeuw van Vlaanderen“ (deutsch erstmals 1846: „Der Löwe von Flandern“). Dieses Buch ist Spiegelbild jener Zeit. Es schildert die Geschichte der ruhmreichen Klauwaarts (dieser Begriff „Löwenkralle“ rührt vom flämischen Wappentier, dem Löwen her), die ihr Vaterland von französischen Besatzern und Unterdrückern, den Liliaats (die französische Lilie), befreiten. Noch heute ist der 11. Juli als Gedenktag an die Sporenschlacht im Jahre 1302 Nationalfeiertag in Belgien. Der Roman wurde Consciences größter Erfolg. Noch heute steht in den Niederlanden und in Belgien dieses Werk als Pflichtlektüre auf dem Schulplan, und auch in Deutschland erfreut sich „Der Löwe von Flandern“ mit immer neuen Auflagen verschiedener Verlage gleichbleibender Beliebtheit.

Romane und gesellschaftskritische Schriften

Nach seinem „brotlosen“ Ruhm, der ihm alles andere als Reichtum einbrachte, schrieb Conscience zahlreiche Romane, die sich ebenfalls mit dem Landleben oder dem einfachen Bürgerleben befaßten, wie „Houten Clara“ (1850), oder „De arme Edelman“ aus dem Jahre 1851. Weitere historische Romane wie „Jakob van Artevelde“ (1849) und „De Boerenkryg“ (1851) thematisieren die bäuerliche Lebensart.

Dem historischen Roman blieb er weiterhin treu, beispielsweise mit den Werken „Die Kerle von Flandern“, „Der Bürgermeister von Lüttich“ u. v. m. Zudem verfaßte Conscience gesellschaftskritische Schriften, wie zum Beispiel die Werke „Der Geldteufel“ und „Der Geizhals“ sowie die sozialkritische Kurzgeschichte „Was eine Mutter leiden kann“, in denen er vor allem Kritik am Kapitalismus äußerte.

Spätere Jahre

Nach Tätigkeiten als Sekretär der Kunstakademie zu Antorf und Titular-Professor der Universität in Gent bekam Conscience 1865 von der Regierung endlich den Lohn, der ihm gebührte, denn die Stadt Kortijk machte ihn zum Arondissement-Kommissaren jener Stadt, die 1302 Austragungsort der flämischen „goldene Sporenschlacht“ im Löwen von Flandern war. Finanziell gesichert, heiratete er 'Maria Peinen, die ihm zwei Söhne und eine Tochter schenkte. Allerdings war Conscience nicht glücklich mit dieser „Auszeichnung“. Der 53jährige sah Kortijk als Verbannung an. Er verlor die sozialen Kontakte zu seinem Literatenzirkel und vereinsamte in dem von der Stadt weit entfernten Ort, denn das Automobil und ein weitverzweigtes Bahnnetz gab es zu dieser Zeit noch nicht. Aus diesem Grunde zog es Conscience im Jahre 1867 nach Brüssel, wo er den Kontakt zu den Schriftstellern Alexander Dumas und Viktor Hugo pflegen konnte.

Ein Jahr nachdem man Conscience zum Konservator der staatlichen Museen in Brüssel ernannt hatte, starben seine beiden Söhne 1869 nach einer Typhus-Epedemie in dieser Stadt. Er verfiel in Depressionen, und sein Gesundheitszustand verschlechterte sich rapide. Die Heirat seiner Tochter Maria im Jahre 1870 mit dem Dichter Antheunis brachte nun wieder Frohsinn in sein Leben.

In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts erlangte Conscience aufgrund seiner französischfeindlichen Einstellung, die er vor allem während der Zeit des Deutsch-Französischen Krieges 1870/71 und der mit ihr einhergehenden deutschen Reichsgründung vertreten hatte, immer mehr Ansehen in Deutschland. Somit war Conscience im besonderen Maße auf die Verbreitung seiner Werke in Deutschland bedacht und erließ persönlich die in Münster erschienene Gesamtausgabe (1846–1884) seiner Werke.

Zur Feier seines 100. Werkes errichtete man ihm vor der Antorfer Bibliothek ein Denkmal mit der Aufschrift: „Er lehrte sein Volk lesen“. Der Krankheitszustand des greisen Lyrikers erlaubte ihm nicht, an der Einweihung teilzunehmen. Zudem gab sich Conscience stets bescheiden: „Mir ein Standbild errichten, während ich noch lebe?! Oh das tut nicht, die Ehre habe ich nicht verdient!“

Am 10. September 1883 starb Hendrik Conscience nach einem schleichenden Magenleiden. Man ehrte ihn mit einem Staatsbegräbnis und einem monumentalen Grab und setzte ihn im Antorfer Schoonselhof bei.

Zitate

  • „Unsere Ahnen waren die ersten, die auf unserem Heimatboden das völkerknechtende Lehnsherrentum bekämpften, die für germanische Gleichheit und persönliche Freiheit in Strömen ihr Blut vergossen und den Samen jenes Gemeinsinns aussäten, der später in unseren Städten so viel Großes und Herrliches vollbracht hat. Sind wir Flamen nicht die Söhne und rechtmäßigen Erben dieser Kerle von Flandern? Streiten wir nicht, wie sie es taten, mit altgermanischer Ausdauer für die Erhaltung unserer Eigenart, unseres Volksrechts und unserer Muttersprache?“

Galerie

Werke (Auswahl)

  • Der Bürgermeister von Lüttich, Verlag der Aschendorffschen Buchhandlung, Zweite Auflage 1877
  • Der Löwe von Flandern (1846)
  • Die Kerle von Flandern, Verlag Andreas Perthes A.G., Gotha 1917

Literatur

  • Franz Jostes: Hendrik Conscience (= Schriften der Gesellschaft zur Pflege der Deutsch-Flämischen Beziehungen), Volksvereins-Verlag, Mönchengladbach 1917

Verweise