Fliegeruhr der Reichsluftwaffe
Die Fliegeruhr der Reichsluftwaffe war eine Dienstuhr der Luftwaffe der Wehrmacht.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Am 30. Januar 1933 wurde Hermann Göring zum Reichskommissar für die Luftfahrt ernannt. Somit konnte am 10. Mai 1933 das Reichsluftfahrtministerium gegründet werden. Im Mai 1933 wurden etwa 550 Fliegeroffiziere aus Heer und Reichsmarine übernommen und bildeten den Kern für eine dritte, noch nicht enttarnte Teilstreitkraft. Das erste Rüstungsprogramm von 1933 sah eine Luftflotte von ca. 600 Flugzeugen vor, dessen Schwerpunkt auf Bomberstaffeln lag. Robuste und hochpräzise Fliegeruhren spielten von Anfang an eine große Rolle in der Ausrüstung der jungen Jagdflieger.
Auswahl und Beschaffenheit
Zu Beginn der 1930er Jahre spielten in Auswahl und Beschaffenheit von Fliegeruhren zwei Faktoren eine wesentliche Rolle: Zum einen war der im späteren Weltkrieg gebräuchliche Armbandchronograph gerade erst erfunden und zum anderen durfte eine Reichsluftwaffe nach dem Versailler Vertrag gar nicht existieren. Aus diesem Grund waren die frühen und tatsächlich allerersten Fliegeruhren nicht signiert oder mit irgendwelchen Zeichen der Reichsluftwaffe versehen. Diese erste Generation von Fliegeruhren der Reichsluftwaffe waren in Maßen, Aufbau und Funktion nahezu identisch. Mit 40mm Gebäudedurchmesser - der späteren Größe der legendären Wehrmachtschronographen und B-Uhren - deutlich größer als „normale“ Dienstuhren, waren sie in Ermangelung von Chronographen-Funktionen - zur exakten Messung und Anzeige der Flugdauer - grundsätzlich mit einer drehbaren Lünette, rändelverschraubt, und Indexmarkierung versehen. Breite, weit nach hinten ausladende, geschwungene Stege und Anstöße, welche zum Erkennungsmerkmal dieser frühen Fliegeruhren wurden, ließen ein Tragen am Langriemen über der Fliegerkombination zu. Alle Modelle dieser Zeit besaßen bereits die typischen Merkmale welche später zur Vorgabe aller Wehrmachtsdienstuhren wurden: indirekte Sekunde auf der „6“, schwarzes Zifferblatt, radiumgefüllte Zeiger und arabische Ziffern.
Hersteller
Frühe Fliegeruhren, sämtlich unmarkiert ausgegeben, wurden von praktisch allen renommierten Marken wie Omega, Longines, Zenith, Breitling, Titus, Helvetia, Tissot, Roamer, Lanco, Rellum sowie den kleinen Manufakturen Natalis oder Wagner hergestellt und an die Reichsluftwaffe geliefert. Angesichts des zunächst nur wenige hundert Flugzeugführer zählenden Fliegerkorps (wobei mit diese Modellen natürlich auch die mehrtausendköpfigen Mannschaften der Reichsluftwaffe ausgestattet waren) wurden diese seltenen frühen Fliegeruhren in nur ganz geringen Stückzahlen gefertigt und erzielen deswegen heute auf Fachauktionen ähnliche Preise wie die technisch deutlich aufwendigeren legendären B-Uhren und Wehrmachtschronographen welche später in deutlich höherer Stückzahl produziert wurden.
Mitte der 1930er Jahre entwickelten und ab 1938 produzierten die großen Uhrenmanufakturen echte Fliegerchronographen sowie sog. B-Uhren (Beobachtungsuhren). Beide Versionen hochpräziser und militärischer Uhrmacherkunst hatten - gegenüber den sog. „Dienstuhren Heer und Wehrmacht“ - den deutlich größeren Durchmesser von ca. 40 mm gemein.
Die legendären, seltenen und von Sammlern begehrten Fliegeruhren welche damals den absolut neuesten Stand der Technik und Uhrmacherkunst darstellten, wurden hergestellt von Tutima/Glashütte (Urofa 59), Heuer, Breguet (Valjoux 222), Doxa, Hanhart, Minerva, Lemania, Longines, Omega, Universal Geneve, Lacher&Co und Wempe. Diese Modelle wurden bis kurz vor Kriegsende von der mittlerweile offiziell existierenden Reichsluftwaffe mit „RLM – Reichsluftfahrtministerium“ signiert, oft auch zusätzlich mit der Gravur „Nav B Uhr“. Ab 1944 kamen in der Hektik und dem Chaos des verloren zu gehen drohenden Weltkrieges jedoch auch unsignierte Exemplare zur Ausgabe an die Fliegertruppe.
Stückzahlen
Der legendäre Bekanntheitsgrad und - im Vergleich zur Anzahl aktiver Flieger - die hohen Stückzahlen welche von diesen herrlichen Stücken produziert wurden läßt sich damit erklären, das die B-Uhren und Fliegerchronographen selbstverständlich als neuester Stand der Technik und auch als Statussymbol vom Offizierskorps über den Generalstab bis hin zur obersten Heeresleitung. Mit Einführung der o. g. Fliegeruhren, wurde vom Oberkommando der Luftwaffe - die Ausgabe von Fliegeruhren betreffend - eine Trennung der Besatzung nach Flugzeugführer und Bordmannschaft vorgenommen. Während Anfang der 1930er Jahre noch Flugzeugführer, Bord- und auch Bodenmannschaften dieselben Uhren erhielten und trugen, wurden die B-Uhren und Chronographen ausschließlich an Flugzeugführer ausgegeben, die Mannschaften und Bordbesatzungen erhielten kleinere, wesentlich weniger aufwendigere Dienstuhren ähnlich dem Herr und anderer Kampfverbände.
Wehrmachtssignatur
Nachdem die allgemein bekannte Wehrmachtssignatur „DH“ den „Dienstuhren Heer“ eindeutig zuzuordnen ist, geht man heute davon aus, das die Signatur „D“ allen Dienstuhren der Luftwaffe zugedacht war. Dienst Armbanduhren der Luftwaffe waren somit von ca. 1936 - 1944 entweder mit „D“, „RLM“ oder Beidem gekennzeichnet, vor 1936 und ab 1944 wurden sie aus bereits erwähnten Gründen auch unsigniert ausgegeben. Verbaut wurden die im Rahmen der Hochrüstung der Luftwaffe Mitte/Ende der 30er Jahre eigens für die Massenproduktion entwickelten Kaliber „Raumnutzwunder“ UROFA 85, 58 und 581, das sog. „Wehrmachtskaliber“ AS 1130 von Anton Schild sowie das PUW (Pforzheimer Uhrenwerke) Kaliber 300 und 500, aber auch eigene Werke der jeweiligen Hersteller wie z. B. Helvetia Cal. 80, Zenith NYSI 15-1, Longines Cal. 15.68Z, Omega 35.5 ST. Die Hersteller dieser Dienstarmbanduhren Luftwaffe - welche z. T (Wagner, Äschenbach, Natalis) keine anderen Wehrmachtsteile belieferten - waren die Manufakturen: Helvetia, Zenith, Longines, Para, Natalis, Formwerk Förster Pforzheim (unsigniert), Stowa, Berg, Nil, Aristo, Aeschbach, Wagner und Exita.
Für Sammler
Für den Sammler und Liebhaber von Wehrmachtsuhren stellen Fliegeruhren der Luftwaffe einen besonderen Leckerbissen dar, weil sie in einer deutlich geringeren Stückzahlen wie die vom Heer produziert wurden und z. T. wesentlich robuster und aufwendiger verarbeitet waren sowie spezielle Zusatzfunktionen besaßen wie z. B. die Drehlünette mit Indexierung, verschraubter Edelstahlboden, Stoßsicherung oder einen zusätzlichen antimagnetischen Weicheisenschutz.
Gerade die sehr frühen und seltenen Fliegeruhren, die der führenden Manufakturen (Wempe, Omega, Longines, Tissot u. a.) und die kleiner Manufakturen (Wagner, Natalis, Aeschbach) erzielen auf Fachauktionen oftmals Preise auf dem Niveau der legendären B-Uhren und Wehrmachtschronographen.