Völkermord an den Armeniern
Als Völkermord an den Armeniern werden gemeinhin Massaker unter den Armeniern im Osmanischen Reich eingeordnet, welche Türken und Kurden 1895–97 und wieder 1909 verübten. Sie standen im Zusammenhang mit armenischen Unabhängigkeitsbestrebungen und dem Ersten Weltkrieg. Sodann wurde im und nach dem Ersten Weltkrieg durch Deportationen und neue Massaker der größte Teil dieses Volkes vernichtet (besonders 1914/15 und in den 1920er Jahren).
Bei den größten Massakern und auf den Todesmärschen sollen nach Angaben des armenischen Patriarchats 1,5 Millionen Armenier umgekommen sein. Die Opferzahlen der Übergriffe in den beiden vorausgehenden Jahrzehnten wird mit Hunderttausenden angegeben. Es finden sich in der Literatur aber auch Schätzungen bis herunter auf 600.000.[1]
Am 11. Juni 1919 gesteht der Großwesir Damad Ferid Pascha die Verbrechen ein.[2] Erst spätere türkische Regierungen leugnen und beschönigen die Todesfälle und halten es durch.
Viele Armenier empfinden die Vertreibungen und Massaker als ungesühntes Unrecht und fordern seit Jahrzehnten eine angemessene Erinnerung.
Nicht nur Armenier, sondern auch Griechen und Aramäer wurden im Zeitraum von 1914 bis 1923 Opfer von Vertreibung, Zwangsumsiedlung und Massakern.
Inhaltsverzeichnis
Leugnung und Strafverfolgung
Bis heute ist es offizielle Politik des NATO-Staates Türkei, diese Verbrechen zu leugnen, weshalb bestenfalls von einer Tragödie die Rede ist. Verstärkt seit den 1980er Jahren versuchen die Historiker der „Türkischen Historischen Gesellschaft“, die wie eine Art staatliche Zensurbehörde die Beibehaltung des offiziellen türkischen Geschichtsbildes bewacht, einen Nebel von Zweifeln um die Darstellungen besonders armenischer Historiker zu legen. Erst vor wenigen Jahren, als man annahm, daß sich dort keine kompromittierenden Dokumente mehr befanden, wurden die türkischen Archive für ausländische Historiker geöffnet.
De facto gibt es eine unmittelbare Verbindung zwischen der Weigerung der offiziellen Türkei, sich ihrer Geschichte zu stellen, und der anhaltenden gravierenden Mißachtung der Menschenrechte von Kurden, religiösen Minderheiten und politisch Andersdenkenden.
Nach offizieller türkischer Geschichtsschreibung war die Deportation der Armenier eine legitime Maßnahme im Krieg, den die Türkei damals im Militärbündnis mit dem Deutschen Reich und Österreich-Ungarn gegen Rußland und die Entente führte. Wer diese offizielle Lesart in Frage stellt, muß in der Türkei bis heute mit strafrechtlicher Verfolgung rechnen. Am 4. Oktober 2000 nahm der türkische Bürger und syrisch-orthodoxe Pfarrer Yusuf Akbulut in einem Interview mit der türkischen Tageszeitung Hürriyet Stellung zum Völkermord an den Armeniern und syrisch-orthodoxen Christen: „Alle Menschen in diesem Gebiet kennen die Wahrheit. Ich unterstütze nicht die Armenier. Ich sage, daß die Tatsache des Völkermordes wahr ist. Das kann niemand leugnen...“ Die Hürriyet titulierte die Aussagen des Pfarrers mit den Worten „Der Verräter ist unter uns“. Nach diesem Interview begann am 21. Dezember 2000 in Diyarbakir ein Verfahren gegen Yusuf Akbulut.
Personen, die sie sich zu den Massakern an den Armeniern äußern, müssen in der Türkei grundsätzlich mit strafrechtlicher Verfolgung rechnen.
Zurückhaltung des Auslands
Lange Zeit war für die Regierungen und Parlamente in Europa und in den USA das damalige Geschehen kein Thema. Das Schweigen des Westens zum Umgang der Türkei mit ihrer Geschichte wurde dabei weitgehend von wirtschaftlichen, militärischen und geostrategischen Gesichtspunkten bestimmt, man nahm Rücksicht auf den empfindlichen NATO-Bündnispartner Türkei.
In Frankreich ist das „Leugnen“ der Massaker an den Armeniern unter Strafe gestellt.
Drohungen in der BRD
In der BRD machen nationalistische Türken gegen den – aus ihrer Sicht – „Mythos der Armeniervernichtung“ mobil. Ausführende Organe des organisierten Protestes gegen „Anerkennungs“-Initiativen sind jeweils die „Koordinierungsräte“ – Dachverbände türkischer Vereine, die immer dann in Aktion treten, wenn kulturelle, mediale oder wissenschaftliche Aktivitäten zur Anerkennung bekannt werden (vom Volkshochschulvortrag bis zur Kunstausstellung).
Der Haß nationalistischer türkischer Kreise konzentriert sich insbesondere auf zwei Exponenten aus deutschen Wissenschaftlerkreisen: Tessa Hofmann von der Koordinationsgruppe Armenien der „Gesellschaft für bedrohte Völker“ und Udo Steinbach, Leiter des Deutschen Orient-Instituts in Hamburg, wurden von Aydinlik und Hürriyet als „Schlüsselfiguren des deutschen Geheimdienstes für den Kaukasus und Mittleren Osten“ denunziert (Aydinlik, 31. Dezember 2000, Hürriyet 04. Januar 2001).
Anhand der Entwicklung in der BRD läßt sich auch gut erkennen, wie es in bezug auf die Integration vieler der sogenannten Deutschtürken aussieht.
Falsche Schuldzuweisung an Deutschland
In ihrem Beschuldigungsextremismus gegen die Deutschen propagiert Politpersonal in der Bundesrepublik Deutschland, das Osmanische Reich sei an den Massakern nur bedingt schuldig, liege doch auch am Deutschen Kaiserreich ein gewaltiger Schuldanteil.
So wurde 2005 im BRD-Bundestag von der „unrühmliche[n] Rolle des Deutschen Reiches [gesprochen], das angesichts der vielfältigen Informationen über organisierte Vertreibung und Vernichtung von Armeniern nicht einmal versucht hat, die Greuel zu stoppen.“[3]
Diese plötzliche „neue Erkenntnis“ soll offenbar dazu dienen, Türken und Kurden zu entlasten und den Deutschen weitere Schuld aufzuladen.
Verweise
- Wegen Völkermord an den Armeniern: Türkische Gemeinde geht gegen brandenburgisches Schulbuch vor, Blaue Narzisse