Gescheiterter Staat
Ein gescheiterter Staat (von engl. failed state) ist ein an sich souveräner Staat, der seiner Ordnungs- und Organisationsfunktion nicht mehr nachkommen kann. Die Zentralregierung, deren tragender Staatsapparat ganz oder weitgehend zerstört ist, besitzt keine oder nur noch symbolische Autorität, während das Machtvakuum durch konkurrierende Kriegsherren (engl.: „Warlords“) leidlich ausgefüllt wird, soweit nicht ganz ein Klima der Gesetzlosigkeit (Anarchie) vorherrscht. In aller Regel ist das Land nach dem Prinzip der mechanischen Loyalität entlang ethnischer, kultureller, historischer oder religiöser Identitäten zersplittert, die den Menschen im Schutze der eigenen Gruppe ein Mindestmaß an Sicherheit für Leib und Leben gewähren soll. Öffentliche Dienstleistungen werden allenfalls rudimentär bereitgestellt. So sehr die Organisationsfunktion eines gescheiterten Staates nach innen eingeschränkt ist, so stark ist auch seine Verteidigungsbereitschaft nach außen vermindert. Das ostafrikanische Land Somalia gilt als klassisches Beispiel für ein Staatswesen, das zur Selbstorganisation unfähig ist, wie überhaupt alle derartigen Rumpfstaaten Produkte der Dritten Welt sind.
In kleinerem Maßstab setzt sich die Struktur- und Ordnungslosigkeit in Form der gescheiterten Stadt fort, die als multikulturelle Importware (→ Drittweltisierung) zunehmend auch inmitten okzidentaler Industriestaaten anzutreffen ist.