Fischerkoesen, Hans
Hans Fischerkoesen (* 18. Mai 1896 als Hans Fischer in Bad Kösen, Sachsen-Anhalt; † 23. April 1973 in Mehlem, jetzt Bad Godesberg) war ein deutscher Zeichentrick- und Werbefilmer. Er war in den 1940er Jahren für die Zeichenfilm GmbH tätig. Zu den bekanntesten Figuren gehört Onkel Otto des Hessischen Rundfunks. Er wird oft als deutsches Adäquat zu Walt Disney gesehen.
Wirken
Hans Fischer wurde am 18. Mai 1896 in Bad Kösen geboren. In Anlehnung an seine Heimatstadt, Bad Kösen, verwendete er einen Teil des Städtenamens für seinen Künstlernamen. Ein Märchenschloss am Rhein bei Bonn, ehemals Bankiersbesitz, heute Botschafter-Residenz war in den 1950/60er Jahren das Fischerkoesen-Filmstudio. Doch seinen Anfang nahm alles im sächsischen Leipzig. Nach sechs Semestern an der Akademie der Grafischen Künste in Leipzig, richtete er in einer Villa in Markkleeberg sein Atelier ein, mehr Werkstatt als Filmstudio, denn der fantasievolle Mann tüftelte und bastelte selbst viele technische Verfeinerungen seiner Apparate und Tricks. Sein Geschäftsbüro nannte die Petersstraße, später die Hainstraße, also „erste“ Adressen.
Im Leipzig der 1920er Jahre waren mehrere Filmproduktionsfirmen ansässig: Von den Industrie- und Werkfilm-Firmen war die Henning-Werbefilm-GmbH wohl die bedeutendste: Sie produzierte kulturfilmische Streifen zum Beispiel über die sächsischen Kohlelager und über die Messe. Fischerkoesen hat diverse Trickteile für solche Filme gefertigt: Mit Mitteln des Zeichentrickfilms waren verborgene Vorgänge besonders anschaulich zu schematisieren. Kolbenbewegungen im Inneren von Motoren, Gesteinsablagerungen und so weiter.
Julius Pinschewer hatte einen Spürsinn für Talente und entdeckte etliche deutsche Künstler, so auch Fischerkoesen. Er nahm ihn unter Vertrag und so drehte Fischerkoesen in Leipzig seine Werbefilme. Pinschewer sorgte für den raschen Einsatz in den Kinos. Fischerkoesen kultivierte seine gestalterische Besonderheit, die Humorzeichnung, so daß seine Filme im Kino schnell erkennbar waren und von den Zuschauern besonders angenommen wurden. Er verstand es, alle Dinge zu personifizieren. Des Weiteren machte er aus seinen kunstvollen Trickfigürchen werbewirksame Verkäufer. Sei es für Zigaretten, Mottenpulver oder Schuhe. Fischerkoesen und mit ihm einige seiner Kollegen meisterten die wohl beiden schwierigsten Umbrüche des Films souverän: den Übergang vom Stumm- zum Tonfilm sowie später vom Schwarzweiß- zum Farbfilm. Anfang der 1940er Jahre nutzte er seine reichhaltigen Erfahrungen im Werbefilm, um drei längere, werbefreie Zeichentrickfilme – die heute Kultstatus besitzen – zu schaffen. Auf dem Schallplattenteller eines vergessenen Grammophons entlockt eine Biene mit ihrem Stachel der Platte eine Melodie. „Die verwitterte Melodie“, „Das dumme Gänslein“ und „Der Schneemann“ heißen die drei begehrten Sammelobjekte. Sie bilden die tatsächlichen Anfänge einer eigenständigen deutschen Zeichentrickfilmproduktion, verschwanden jedoch infolge des Zweiten Weltkrieges und Nachkriegsereignissen aus der Öffentlichkeit. Im Jahre 1945 werden Villa und Atelier in Potsdam von der Roten Armee beschlagnahmt. Technische Geräte, Aufnahmeapparaturen und Tricktische werden durch die Russen demontiert und verschoben. Hans Fischerkoesen wurde nach dem Krieg, angeblich wegen seiner Tätigkeit für das Oberkommando der Wehrmacht im KL Sachsenhausen, von den Besatzern ebendort inhaftiert. Im Keller der ehemaligen Lagerküche des sowjetischen „Speziallagers“ Nr. 7 Sachsenhausen sind Wandmalereien erhalten, die Hans Fischerkoesen während seiner Inhaftierung 1945-1948 angefertigt hat.
Fischerkoesen baute nach 1948 in Mehlem, dem heutigen Bad Godesberg, seine Firma wieder auf und produzierte dort bis zu seinem Tod 1973. Einen so genannten großen Coup landete Hans Fischerkoesen noch. Im Jahre 1958 erfand und entwickelte er den Fernseh-Hund „Onkel Otto“, die Werbefigur des Hessische Rundfunk. Mitte der 1960er Jahre jedoch zieht sich der Geschichtenerzähler und Hobbypsychologe mehr und mehr aus der Werbefilmbranche zurück. Der Cartoon und die gemütlich erzählte Werbegeschichte sind nicht mehr gefragt. Tricktechnische Raffinessen weichen einer simplen Preis-Leistungs-Aussage. Heute sind seine Filme begehrte Sammelobjekte, die noch immer auf alternativen Filmfestivals im In- und Ausland gezeigt werden.
Filmographie
- 1919: Das Loch im Westen
- 1921: Der Bummelpetrus
- 1924: Der Pfennig muß es bringen
- 1926: Die Geschichte vom Schokoladenkasper
- 1926: Auf Skitour
- 1926: Der Arm
- 1929: Der möblierte Herr
- 1933: Schall und Rauch
- 1935: Das blaue Wunder
- 1937: Zwei Minuten von Bedeutung
- 1943: Die verwitterte Melodie
- 1944: Der Schneemann
- 1945: Das dumme Gänslein