Ritterbusch, Paul

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Prof. Dr. jur. Paul Ritterbusch

Paul Wilhelm Heinrich Ritterbusch (Lebensrune.png 25. März 1900 in Werdau bei Torgau[1]; Todesrune.png 26. April 1945 in der Dübener Heide[2]) war ein deutscher Jurist, Hochschullehrer und Wissenschaftsfunktionär.[2] Unter anderem war Ritterbusch Mitglied der Vereinigung Deutscher Staatsrechtslehrer (1925–1933) und derAkademie für Deutsches Recht (Mitglied des Ausschusses für Völkerrecht und des Polizeirechtsausschusses) sowie Ehrenmitglied der Akademie des NS-Dozentenbundes, Kiel (1940) und des Instituts des hautes études internationales, Sofia (1940).

Neue Deutsche Biographie

R. besuchte Schulen in Torgau und Eilenburg; nach dem Kriegsabitur in Eilenburg im Mai 1918 nahm er kurzzeitig am 1. Weltkrieg teil. Das 1920 begonnene Studium der Rechts- und Staatswissenschaften in Halle und Leipzig schloß er 1925 mit einer jur. Promotion bei →Richard Schmidt über „Regierung und Volk in England“ ab. Während der anschließenden Assistentenzeit am Leipziger „Institut für Politik, ausländisches Öffentliches Recht und Völkerrecht“ unternahm er mehrere Studienreisen nach Großbritannien. 1929 habilitierte er sich mit einer Arbeit über die „Souveränität im engl. Staatsrecht“ für Öffentliches Recht. Seit 1928 sympathisierte R. mit dem Nationalsozialismus; als Privatdozent veröffentlichte er 1932 im Selbstverlag eine Kampfschrift gegen den „Verfassungskompromiß von Weimar“ und trat im Sept. 1932 der NSDAP bei. Im Okt. 1933 wurde R. o. Prof. für öffentliches Recht an der Univ. Königsberg. 1935 wechselte er auf einen Lehrstuhl für Verfassung, Verwaltung, Völkerrecht und Rechtsphilosophie an der Univ. Kiel (1937 Rektor). An der Umgestaltung der „Grenzlanduniversität“ Kiel im Sinne des Nationalsozialismus durch die gezielte Berufung junger nationalsozialistischer Wissenschaftler („NS-Stoßtruppfakultät“, „Kieler Schule“) hatte er maßgeblichen Anteil. 1940 wurde R. zudem Referent im Reichsministerium für Erziehung, Wissenschaft und Volksbildung, um den „Einsatz der Geisteswissenschaften für kriegswichtige Zwecke“ zu koordinieren. Im Frühjahr 1940 initiierte er auf einer von ihm in Berlin einberufenen Tagung das bald auch „Aktion Ritterbusch“ genannte „Gemeinschaftswerk Dt. Geisteswissenschaft“ mit dem erklärten Ziel, durch „Kriegseinsatz der dt. Geisteswissenschaft“ deren Kriegswichtigkeit zu unterstreichen und so den Forschungsbetrieb durch Zuteilung von Fördermitteln und Freistellen zu ermöglichen. 500 Hochschullehrer, Doktoranden und Habilitanden aus zwölf Disziplinen, vornehmlich Sprach- und Kulturwissenschaften, beteiligten sich an der Aktion. Die Arbeit wurde durch die Herausgabe von 67 Sammelbänden bis 1945 (unter dem Reihentitel „Dt. Geisteswiss.“) dokumentiert (nur e. Bruchteil d. geplanten Umfangs).
1941 wurde R. als Ministerialdirigent stellv. Abteilungsleiter im oben gen. Ministerium; sein Kieler Lehrstuhl wurde gleichzeitig, nicht ohne Widerstände der dortigen Fakultät, nach Berlin verlegt. Daneben war er Reichsobmann der „Reichsarbeitsgemeinschaft für Raumforschung“ in Berlin. Während des Krieges wuchs in der NSDAP Kritik an der „Aktion Ritterbusch“; R. führe, so NS-Dozentenbundführer Walter Schultze, „Wissenschaftler aller politischen Schattierungen ohne Rücksicht auf ihre weltanschauliche Haltung“ zusammen. Seit 1943 wurde die Zusammenarbeit mit dem Forschungswerk „Ahnenerbe“ der SS verstärkt. Im Juli 1944 auf Betreiben der SS entmachtet, schied R. im Sept. 1944 aus dem Ministerium aus. Sein „Institut für Staats- und Verwaltungsrecht“ war bereits kriegsbedingt von Berlin nach Wittenberg verlegt worden. In Pretzsch/Elbe, wo R. seit 1941 mit seiner Familie lebte, wurde er Ende 1944 als Volkssturmführer zur Wehrmacht eingezogen. Während der Kämpfe an der Muldeüberquerung setzte er seinem Leben ein Ende. R. gilt als einer der profiliertesten nationalsozialistischen Wissenschaftsfunktionäre; Zeitgenossen beschrieben ihn als „eine Mischung aus Bohemien und Landsknecht“ (Erich Hofmann). Seine klare Bejahung des NS-Staates wurde vom Ausland früh kritisch wahrgenommen (Max Weinreich). Die dt. Kriegsführung wurde von R. in allen Konsequenzen zumindest gebilligt; sein Hauptinteresse galt jedoch der eigenen Profilierung. Ein ideologischer Programmatiker oder nationalsozialistischer Theoretiker war er nicht; er sah seinen Schwerpunkt im Organisatorischen. Als Wissenschaftsorganisator räumte er den Mitarbeitern seines Gemeinschaftswerks eine verhältnismäßig große Autonomie ein.

Familie

Paul Ritterbusch war ein Sohn des Ziegeleimeisters Hermann Ritterbusch aus Zschakau. Sein Bruder Fritz Ritterbusch (1896–1946) war SS-Hauptsturmführer und Mitglied des Wachpersonals der Konzentrationslager Flossenbürg, Hinzert, Lublin-Majdanek und Groß-Rosen. Ein anderer Bruder, Willi Ritterbusch, war von 1943 bis 1945 Generalkommissar in den Niederlanden. Ein weiterer Bruder war Karl Ritterbusch und ebenfalls SS-Hauptsturmführer, sowie Offizier der 91. SS-Standarte in Wittenberg.

Ehe

Paul Ritterbusch heiratete 1927 seine Verlobte Johanna Scheel (Lebensrune.png 1902), aus der Ehe ist Sohn Richard (1930–2016; Regisseur, Drehbuchautor, Dramaturg, Redakteur und letzter Chefdramaturg des DEFA-Studios für Dokumentarfilme) entsprossen.

Auszeichnungen (Auszug)

Fußnoten

  1. Der Geburtsort Werdau bei Torgau wird mit Bezug auf die Personalakten der Universität Berlin angegeben in: Christian Maus: Der ordentliche Professor und sein Gehalt. V&R unipress GmbH, 2012, S. 399, ISBN 978-3847100270. Die Neue Deutsche Biographie nennt hingegen als Geburtsort Zschakau (heute Beilrode).
  2. 2,0 2,1 Martin Otto: Ritterbusch, Paul Wilhelm Heinrich. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 21, Duncker & Humblot, Berlin 2003, ISBN 3-428-11202-4, S. 668–670 (Digitalisat).