Unternehmen „Schutzrand“
Das Unternehmen „Schutzrand“ oder auch Unternehmen „Mannhafte Klippe“ (eng.: Operation Protective Edge, Operation Resolute Cliff; Hebräisch:מִבְצָע צוּק אֵיתָן, Mivtza Tzuk Eitan) war eine – im Schatten der Fußball-Weltmeisterschaft durchgeführter – Militäraktion Israels, vornehmlich gegen die palästinensische Zivilbevölkerung im besetzten Gazastreifen vom 8. Juli bis 6. August 2014 gerichtet.
Inhaltsverzeichnis
Bedeutung
Kritiker sprachen von Kriegsverbrechen, andere von Völkermord. Das Ziel der israelischen Militäroperation mit Bomberflugzeugen, Boden-zu-Boden-Raketen, Panzerartillerie und einer Bodenoffensive war es – nach israelischer Darstellung – die Kämpfer der Hamas zu bezwingen, allerdings schätzen Quellen, daß 80 bis 90 %[2] der Getöteten Unbeteiligte und unschuldige Zivilisten waren.
Verteidigungskrieg oder Völkermord?
In Artikel II der am 9. Dezember 1948 von der UN-Vollversammlung verabschiedeten Genfer Konvention werden – bezogen auf eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe – die als Völkermord einzustufenden Verbrechen definiert. Dazu zählen:
- (a) Tötung von Mitgliedern der Gruppe
- (b) Verursachung von schwerem körperlichem oder seelischem Schaden an Mitgliedern der Gruppe
- (c) vorsätzliche Auferlegung von Lebensbedingungen für die Gruppe, die geeignet sind, ihre körperliche Zerstörung ganz oder teilweise herbeizuführen
Verluste
Palästinenser
- 1.938 Tote (Stand: 5. August 2014)
Über 10.000 Zivilisten sind verwundet, manche so schwer, daß sie vermutlich in den Tagen nach dem Unternehmen sterben werden. Über 9.000 Wohngebäude wurden zerstört,[3] ebenfalls 138 Schulen und 26 Krankenhäuser und andere medizinische Einrichtungen. 520.000 Palästinenser sind als „intern Vertriebene“[4] eingestuft, 273.000 haben Obdach in 90 Schulen erhalten, 250.000 sind obdachlos. Im Gazastreifen gibt es weder Strom noch funktionierende Wasserleitungen. Zwei der drei Gebäudekomplexe der Vereinten Nationen, die als Zuflucht und Schutzraum dienten, wurden vollständig zerstört. Die UN nennt das Vorgehen der Israelis „kriminell“.[5]
Schon bei der Operation „Cast Lead“ (→ Unternehmen „Gegossenes Blei“) vom 27. Dezember 2008 bis 18. Januar 2009 wurden 318 palästinensische Kinder vom israelischen Militär ermordet.
Israel
- 64 gefallene Soldaten der Israelischen Verteidigungsstreitkräfte (Israel Defense Forces; IDF)
- drei tote Zivilisten (Juden)
- ein toter thailändischer Hilfsarbeiter
Fortsetzung des Terrors
Am 8. August 2014 nahm das Südkommando der israelischen Streitkräfte, trotz offizieller Beendigung des Unternehmens, nach einem dreitägigen „humanitären Waffenstillstand“ den Artilleriebeschuß des Gazastreifens und das Töten palästinensischer Zivilisten wieder auf und dauerte bis September/Oktober 2014. Die Anzahl der Todesopfer während des Gazakrieges 2014 liegt weit über 2.000.
Weltweite Hilfsaktion
Norwegen hat, zusammen mit Ägypten und der palästinensischen Regierung, eine internationale Hilfs-Konferenz mit Teilnehmern aus rund 90 Staaten der UNO sowie weiteren internationalen Organisationen im Oktober in Kairo einberufen.
Während des 51tägigen Krieges wurden 80.000 Häuser und Wohnungen zerstört. Über 100.000 Menschen sind im Oktober 2014 ohne ein Dach über dem Kopf. 373.000 Kinder benötigen psychologische Betreuung. 50 % der Krankenhäuser sind schwer beschädigt, ebenso wie 300 Schulen sowie ein Fünftel der Industrie und der Landwirtschaft.
Internationale Geldgeber erklärten sich während der Konferenz bereit, dem Hilfeaufruf zu folgen und den Wiederaufbau des Gazastreifens nach der israelischen Militäroffensive mit insgesamt 5,4 Milliarden Dollar zu finanzieren. Finanziell besonders engagiert zeigte sich das Land Katar mit einer Milliarde Dollar, die Europäische Union hat 450 Millionen Euro Spenden aus den Steuern der Bürger zugesagt, die USA wollen nur 212 Millionen Dollar beisteuern.
Die Zusagen wurden von einigen weniger als eine großzügige Hilfe für den Gazastreifen angesehen, als vielmehr eine für Israel, welches als Besatzungsmacht und Schadensversursacher in den „Occupied Palestinian Territories“ gleichermaßen für diese Kosten aufzukommen hätte. Die Geldgeber konstatierten, daß der erneute Aufbau der Region nur erfolgreich sein wird, wenn Israel zumindest die Blockade des Gazastreifens aufhebt, denn wieviel Sinn hat der Wiederaufbau, wenn die israelische Regierung ihrer Zerstörungswut erneut einmal freien Lauf läßt und Teile Palästinas – wie im jüngsten Fall den Gazastreifen – großflächig dem Erdboden gleichmacht und dabei weder vor UNO-Schulen noch Spitälern etc. Halt macht.
Zitate
- „Seit dem 8. Juli 2014 bombardiert Israel erneut den Gaza-Streifen, in dem die palästinensische Bevölkerung gefangen gehalten ist. Israel hat diesem Verbrechen die Bezeichnung ‚Operation Protective Edge‘ gegeben. Dagegen gehen in zahlreichen Städten Menschen auf die Straße.“ — Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann am 16. Juli 2014, Neue Rheinische Zeitung
- „Operation Protective Edge will continue until its goals are reached - restoring sustained peace and quiet to the citizens of Israel, while striking hard at the terrorist infrastructure of Hamas and the other Palestinian terrorist groups in Gaza.“ — Zitat auf der Netzpräsenz des Israelischen Außenministeriums „Israel Ministry of Foreign Affairs“ am 5. August 2014
- „‚Ich weiß nicht, was die langfristigen Folgen sein werden, aber es kommt ein Aufeinandertreffen, daß einzigartig ist, eine Einheit die mit Israel steht‘, sagt Malcolm Hoenlein, Chef des Conference of Presidents of Major American Jewish Organizations. ‚Wir haben diese Art von Eiheit seit vielen, vielen Jahren nicht mehr gesehen.‘ Hoenlein findet es bemerkenswert, daß in so vielen Fällen Juden, die normalerweise nicht mit Mainstream-Gemeinden verbunden sind, rauskommen zur Unterstützung der Operation Schutzrand, darunter die israelisch-amerikanischen und russisch-jüdisch-amerikanischen Gemeinden.“ — Times of Israel, 31. Juli 2014