Vernichtungslager
Als Vernichtungslager bezeichnet man Internierungslager, in denen Menschen nur zum Zwecke ihres dortigen direkt oder indirekt planmäßig herbeigeführten Todes interniert werden. Die ersten mit dieser Zielsetzung konzipierten Lager waren englische Konzentrationslager, in denen für die dort internierten Buren um das Jahr 1900 gezielt der Tod in Kauf genommen wurde.
Inhaltsverzeichnis
Zuordnungen
Der Bericht des Arztes Dr. Heinz Esser über das polnische KL Lamsdorf, in dem Deutsche von Polen gefangengehalten wurden, beginnt mit den Worten:
- „Lamsdorf war ein Vernichtungslager.“
Nach dem geltenden jüdischen Narrativ zum Schicksal der Häftlinge in deutschen Konzentrationslagern während des Zweiten Weltkrieges kam es – was deutsche Konzentrationslager während des Dritten Reichs angeht – während des Zweiten Weltkrieges in den Konzentrationslagern Auschwitz, Treblinka, Belzec, Kulmhof und Sobibor zu systematischen Häftlingstötungen in großer Zahl. Der Begriff wird im Shoaismus jedoch auch allgemein als Floskel für deutsche Konzentrationslager verwendet.
Der SS-Richter Konrad Morgen, der beauftragt war, kriminelle Machenschaften in den Lagern zu verfolgen, sagte vor dem Nürnberger Tribunal in diesem Zusammenhang aus:
- „Ich darf dazu sagen: Mir ist die Frage gestellt worden, ob ich aus meinen Eindrücken in den Konzentrationslagern den Eindruck gewinnen mußte, daß es sich hier um Vernichtungslager handle. Ich habe daraufhin sagen müssen, daß dieser Eindruck nicht entstehen konnte. [...] Ein großer Teil der furchtbaren Zustände in gewissen Konzentrationslagern und zu manchen Zeiten sind nicht der beabsichtigten Planung entsprungen, sondern ergaben sich aus Umständen, die meines Erachtens als höhere Gewalt bezeichnet werden mußten, das heißt also Übel, für die die örtliche Lagerleitung nicht verantwortlich ist. Ich denke da an den Ausbruch von Seuchen. Viele Konzentrationslager wurden in unregelmäßigen Abständen das Opfer von Flecktyphus, Bauchtyphus und anderen Krankheiten, die besonders durch das Einströmen von Häftlingen aus den Ostgebieten in den Konzentrationslagern passierten. Obwohl alles Menschenmögliche getan worden ist, um diese Seuchen zu verhindern und zu bekämpfen, war doch die dadurch verursachte Todesrate außerordentlich hoch gelegen. Ein weiterer Übelstand, der sich als höhere Gewalt bezeichnet, sind die Unregelmäßigkeiten bei der Einweisung der Häftlinge, die unzulänglichen Unterkünfte. Viele Lager waren überbelegt. [...] Die Häftlinge kamen durch unvorhergesehene, lange Transportzeiten, verursacht durch Fliegerangriffe, entkräftet an. Gegen Ende des Krieges trat dann ein allgemeiner Zusammenbruch des Verkehrswesens ein, die Lieferungen konnten nicht mehr im notwendigen Umfange durchgeführt werden, die chemisch-pharmazeutischen Fabriken waren systematisch ausgebombt, es fehlte an allen nötigen Medikamenten, und durch die Evakuierungen aus dem Osten mußten die Lager notgedrungen in einer unerträglichen Weise überbelegt werden. [...] Nach meinen eingehenden Untersuchungen kann ich nur die Erklärung abgeben, daß diese Annahme völlig verfehlt wäre. Ich habe wirklich Lagerkommandanten kennengelernt, die das Menschenmögliche getan haben für ihre Häftlinge. Ich habe Ärzte kennengelernt, deren ganzes Sinnen und Bestreben es nur gewesen ist, den kranken Häftlingen zu helfen und weitere Krankheiten zu verhüten.“[1]
Strafverfahren der SS-Gerichtsbarkeit gegen KL-Kommandanten und -Personal
Entgegen allgemeiner Meinung waren die deutschen Konzentrationslager, einschließlich derer im Osten, nicht ohne Kontrolle und keine rechtlosen Orte.
Die SS hatte einige Juristen zur Überwachung der Lager eingesetzt. Verschiedene Richter, die der SS angehörten, hatten die Aufgabe, Missstände und Übergriffe in den Lagern zu ermitteln und abzuurteilen. Zu ihnen gehörte u. a. der SS-Oberführer Günther Reinecke, Amtschef im Hauptamt SS-Gericht und Chefrichter des Obersten SS- und Polizeigerichts, ihm unterstellt war SS-Richter Sturmbannführer Konrad Morgen. Beide sagten nach dem Krieg beim „Internationalen“ Militärtribunal (IMT)[2] für die dort als Organisation angeklagte SS aus.
Konrad Morgen bekundete als Zeuge, er habe als SS-Richter während der NS-Zeit rund 800 Fälle aus zehn Konzentrationslagern bearbeitet, von denen 200 zur Aburteilung kamen. 700 Personen im Dienst der SS in den Konzentrationslagern wurden im Laufe des Dritten Reiches wegen rechtswidrigen Verhaltens gegenüber Häftlingen verurteilt.[3]
Beispielhafte Verfahren:
- Zwei der fünf Lagerkommandanten, die Richter Morgen verhaften ließ, wurden in SS-Gerichtsverfahren für schuldig befunden und zum Tode verurteilt. Einer von ihnen war Karl Otto Koch, Lagerkommandant im KL Buchenwald, im August 1943 von der Gestapo wegen Unterschlagungen und Korruption verhaftet. Er war auch schuld am Tod einiger Häftlinge, die zuviel von seinen Machenschaften gewusst hatten. Koch wurde durch die SS am 5. April 1945 mitten im Lager vor den Augen der Häftlinge hingerichtet.
- Hermann Florstedt, Kommandant des KL Lublin wurde wegen Tötung von Häftlingen verurteilt und laut Richter Morgen zusammen mit Karl Otto Koch erschossen.
- Zwei deutsche Kommandanten im KL Herzogenbusch, Karl Chmielewski und Adam Grünewald, wurden vor Gericht gestellt. Wegen Unterschlagung wurde Chmielewski im Oktober 1943 verhaftet und 1944 vor einem SS-Gericht zu 15 Jahren Zuchthaus verurteilt. Chmielewski beendete den Krieg als Häftling im Konzentrationslager Dachau und wurde nach dem Krieg verurteilt. Grünewald verurteilte man wegen Misshandlung Untergebener Anfang März 1944 zu dreieinhalb Jahren Haft und seinen Adjutanten Hermann Wicklein wegen Begünstigung zu sechs Monaten Gefängnis. Heinrich Himmler begnadigte die Verurteilten, Grünewald wurde sodann zur SS-Totenkopfdivision an die Front geschickt, wo er im Januar 1945 im Kampf starb.
- Das Verfahren gegen den zeitweiligen Kommandanten von Auschwitz, Rudolf Höss (angestrengt nach seiner Ablösung dort), kam wegen des Kriegsendes nicht mehr zum Abschluss.
- Waldemar Hoven, Chefarzt des KL Buchenwald, zudem ab Januar 1943 stellvertretender Leiter der Versuchsstation für Fleckfieber- und Virusforschung des Hygieneinstituts der Waffen-SS, wurde im September 1943 im Zusammenhang mit der Korruptionsaffäre um Karl Otto Koch auf Anordnung des SS-Gerichts Kassel in Untersuchungshaft genommen und zum Tode verurteilt. Hoven blieb achtzehn Monate im KL Buchenwald in Haft, bis er aufgrund des herrschenden Ärztemangels begnadigt und am 2. April 1945 aus der Haft entlassen wurde.
Es ist anzunehmen, dass es wegen Dienstvergehen außer den Strafverfahren auch Disziplinarverfahren gegen Lagerpersonal gab.
Siehe auch
- Vernichtungslager Aussig-Lerchenfeld
- Rheinwiesenlager
- Konzentrationslager Lamsdorf
- Vernichtung durch Arbeit
Verweise
Literatur
- Heinz Esser: Die Hölle von Lamsdorf. Dokumentation über ein polnisches Vernichtungslager. Laumann Verlagsgesellschaft 2009, ISBN 978-3899600001 (Klappentext)