Ärzteverschwörung

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Die Ärzteverschwörung (ru.: auch врачи-вредители „Saboteur-Ärzte“ oder врачи-убийцы „Mörder-Ärzte“) wird heute allgemein als antijudaistische Hetzkampagne der stalinistischen Sowjetunion betrachtet. Laut dem stalinistischen Regime handelte es sich um eine Verschwörung von Medizinern, vor allem jüdischer Herkunft, um die Führung der Sowjetunion auszuschalten. Es wurde mit zahlreichen Plakaten und Flugblättern auf die Ärzteverschwörung aufmerksam gemacht – Verhaftungen und Hinrichtungen, insbesondere von Juden, wurden durchgeführt. Bemerkenswert in dem Zusammenhang ist der Tod Stalins im März 1953. Dieser wollte vor seinem Tod keinen Arzt mehr an sich heranlassen und lebte äußerst zurückgezogen. Angeblich starb er an einem natürlich aufgetretenen Schlaganfall[[1] – jedoch gab es an dieser Version bereits damals öffentlich geäußerte Zweifel dahingehend, daß er ermordet worden sei[2]. Zu Beginn der Entstalinisierung – nach Stalins Tod – behauptete die neue Sowjetführung, daß es sich um eine vorgeschobene, von Stalin und einigen Gefolgsleuten fabrizierte Verdächtigung gehandelt habe.

Hintergrund

Juden genossen in der Anfangsphase des Bolschewismus in Rußland maßgeblichen Einfluß. Ein Großteil der politischen Führungskräfte waren Juden – weshalb man in der nationalsozialistischen Propaganda, keineswegs unberechtigt, vom jüdischen Bolschewismus sprach. Stalin hatte jedoch bereits in den 1930er Jahren damit begonnen, sich gegen einige jüdische Führungspersonen durchzusetzen. Er ließ z. B. die namenhaften jüdischen Bolschewisten Lew Kamenew und Grigori Sinowjew 1936 hinrichten. Sein Rivale Leo Trotzki war ins Ausland geflohen, wo ihn Stalin jedoch 1940 durch seine Agenten ebenfalls exekutieren ließ. Die ersten stalinistischen Säuberungen richteten sich jedoch noch nicht explizit gegen Juden – und zahlreiche andere Juden unterstützten Stalin noch (wohl auch um die innere Stabilität der Sowjetunion während des Krieges nicht zu gefährden).

Ab 1948, im Vorfeld der Unabhängigkeitserklärung des Staates Israel, kam es jedoch zu einer zweiten wesentlich intensiveren Bekämpfung von Juden in der Sowjetunion durch Stalin. Im Januar 1948 kam Solomon Michoels, der Vorsitzende des Jüdischen Antifaschistischen Komitees, unter bis heute ungeklärten Umständen bei einem Autounfall in Minsk ums Leben. Zur selben Zeit wurden sämtliche jüdischen kulturellen Einrichtungen in der Sowjetunion aufgelöst. Im November 1949 wurde das Antifaschistische Komitee aufgelöst und seine Mitglieder verhaftet. Sowjetische Zeitungen sprachen von „wurzellosen Kosmopoliten“, mit denen in aller Regel Juden gemeint waren. 25 führende Mitglieder des Antifaschistischen Komitees wurden der Zusammenarbeit mit dem Zionismus und dem VS-amerikanischen Imperialismus angeklagt.

In einer öffentlichen Konferenz im November 1952, die den Prager Prozeß gegen die Gruppe um Rudolf Slánský zum Thema hatte, gab Klement Gottwald – Präsident der Tschecho-Slowakei – bekannt: „Während der Untersuchung entdeckten wir, wie Verrat und Spionage die Reihen der kommunistischen Partei unterwandern. Ihr Ziel ist der Zionismus.“[3] Slánský habe „aktive Schritte unternommen“, Gottwalds Leben mit der Hilfe „handverlesener Ärzte aus dem feindlichen Lager zu verkürzen“. Am 3. Dezember wurden 13 ehemalige kommunistische Führer der Tschecho-Slowakei, elf von ihnen Juden, hingerichtet.

In einer Sitzung des Politbüros am 1. Dezember 1952 erklärte Stalin nach Angaben von Wjatscheslaw Malyschew:

„Jeder jüdische Nationalist ist ein Agent des amerikanischen Geheimdienstes. Die jüdischen Nationalisten glauben, ihre Nation sei von den USA gerettet worden (dort kann man reich, bourgeois usw. werden.). Sie glauben, den Amerikanern gegenüber eine Schuld zu tragen. Unter den Ärzten gibt es viele jüdische Nationalisten.“[4]

Ein Artikel in der Prawda

Am 13. Januar 1953 wurden einige der bekanntesten Ärzte der UdSSR beschuldigt, an einer riesigen Verschwörung beteiligt zu sein, die sich zum Ziel gesetzt habe, die oberste sowjetische Politik- und Militärführung zu vergiften. Die Prawda, das Zentralorgan der KPdSU, berichtete unter der Schlagzeile Bösartige Spione und Mörder unter der Maske akademischer Ärzte:

„Die Mehrheit der Mitglieder dieser Terroristengruppe […] waren von amerikanischen Geheimdiensten gekauft. Sie wurden von einer Zweigstelle der amerikanischen Geheimdienste, einer internationalen jüdischen bourgeois-nationalistischen Organisation namens ‚Joint‘ angeworben. Das schmutzige Gesicht dieser zionistischen Spionageorganisation, die ihre bösartigen Handlungen hinter der Maske der Wohltätigkeit verbarg, ist nun vollständig zum Vorschein gekommen. […] Die Demaskierung einer Bande von Gift verabreichenden Ärzten stellt einen schweren Schlag gegen die internationale jüdisch-zionistische Organisation dar.“[5]

Unter anderen berühmten Namen, die genannt wurden, waren Solomon Michoels, Schauspieler und Direktor am Staatlichen Jüdischen Theater Moskau und Vorsitzender des Jüdischen Antifaschistischen Komitees, der auf Stalins Befehl im Januar 1948 hingerichtet wurde,[6] und als „wohlbekannter jüdischer bourgeoiser Nationalist“ bezeichnet wurde, Boris Schimeljowitsch, ein ehemaliger Oberster Chirurg der Roten Armee und Direktor des Botkin-Krankenhauses, Miron Wowsi, Stalins Leibarzt und ein Bruder Michoels’, Jakow Etinger, ein Kardiologe, A. Feldman, HNO-Arzt, A. Grinschtein, Neuropathologe, Boris Kogan, Therapeut, Michail Kogan, I. Jegorow und Wladimir Winogradow. Bis auf zwei waren alle von ihnen Juden.

Die Liste der Opfer der Verschwörung enthält hochrangige Amtsträger wie Andrei Schdanow, Alexander Schtscherbakow, die Marschälle der Sowjetunion Alexander Wassilewski, Leonid Goworow und Iwan Konjew, General Schtemenko, Admiral Lewtschenko und andere.

Verhaftungen

Anfänglich gab es 37 Verhaftungen, doch diese Anzahl wuchs schnell in die Hunderte. Sowjetische Juden wurden reihenweise entlassen, verhaftet, in Lager geschickt oder hingerichtet. Die Prawda veröffentlichte einen von vielen angesehenen Personen der Sowjetunion (auch Juden) unterschriebenen Brief mit heftigen Verschwörungsvorwürfen.

Am 9. Februar 1953 ereignete sich auf dem Gelände der sowjetischen Botschaft in Israel eine Explosion, und am 11. Februar brach die UdSSR ihre diplomatischen Beziehungen mit dem jüdischen Staat ab; im Juli, nach Stalins Tod, wurden sie wieder aufgenommen. Am 12. Februar wurde Maria Weizmann, Ärztin in Moskau und Schwester des ersten israelischen Präsidenten Chaim Weizmann, der 1952 verstorben war, verhaftet.

Albert Einstein, Winston Churchill und andere „internationale Würdenträger“ sandten verurteilende Telegramme an das sowjetische Außenministerium.

Am 1. März 1953 erkundigte sich Josef Stalin persönlich nach dem Stand der Vorbereitungen des Ärzte-Prozesses. Eine Beschleunigung des Verfahrens konnte er aber nicht mehr erreichen, da er am Abend desselben Tages einen Schlaganfall erlitt, dem am 2. März ein weiterer folgte. Laut dem offiziellen Untersuchungsbericht starb Stalin an den Folgen der Schlaganfälle am Abend des 5. März 1953 um 21.30 Uhr in Kunzewo.

Stalins Tod und die Folgen

Kurz nach dem Tod Stalins am 5. März 1953 erklärte die neue Führung, daß die Vorwürfe gänzlich von Stalin und seinen Seilschaften erfunden worden seien. Der Fall wurde am 31. März vom Chef des NKWD und Innenminister Lawrenti Beria niedergeschlagen. Am 3. April sprach das Präsidium der KPdSU die Verhafteten offiziell frei. Dem obersten Untersuchenden des NKWD, Michail Rjumin, wurde vorgeworfen, für die Erfindung der Verschwörung verantwortlich zu sein. Er wurde in der Folge verhaftet und hingerichtet. Nach Stalins Tod endete sofort die Verfolgung von Juden in der Sowjetunion. Die Ärzteverschwörung wird seit jeher als antisemitische Hetze bezeichnet, die keinerlei Bezug zur Wirklichkeit gehabt habe.

Der Theologe und messianische Jude Anatoli Uschomirski meint:

„Dadurch, daß am Purimfest Stalin eine plötzliche Hirnblutung mit Todesfolge erlitt, wurden die Juden vor einer Hinrichtung bewahrt.“[7]

Siehe auch

Fußnoten

  1. Stalins Tod. Zehn Jahre zu spät, Spiegel
  2. Das Rätsel um Stalins Tod, Zeit
  3. Prawda, 21. November 1952
  4. Aus dem Tagebuch des stellvertretenden Vorsitzenden des Ministerrats der UdSSR Wjatscheslaw Malyschew, nach Gennadji Kostirtschenko: Gosudarstvennyj antisemitizm v SSSR: ot načala do kul'minacii 1938–1953. Meždunarodnyj Fond „Demokratija“, Moskau 2005, ISBN 5-85646-114-2, S. 461–462
  5. Englischsprachige Übersetzung des Prawda-Artikels, Cyberussr
  6. Moskowski Komsomolez, 6. September 2005: Как убивали Михоэлса (russisch)
  7. Stalin Hirnblutung, Google Books