Lippisch, Alexander

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Prof. Dr. rer. nat. Alexander Lippisch

Alexander Martin Lippisch (Lebensrune.png 2. November 1894 in München; Todesrune.png 11. Februar 1976 in Cedar Rapids, Iowa, VSA) war ein deutscher Ingenieur, Luftschiff- und Flugzeugkonstrukteur, Segelfliegerpionier, Professor für Aerodynamik und Ritterkreuzträger im Zweiten Weltkrieg. 1956 erhielten er und seine Familie die VS-amerikanische Staatsbürgerschaft. In seiner späteren Laufbahn beschäftigte er sich – bei verschiedenen Arbeitgebern – mit dem Flügellosen Fluggerätsystem „Aerodyne“ und mit der Konstruktion von Gleit-Flugbooten („Aerofoil“).

Leben und Wirken

Weltkriegsflieger Fritz Stamer, Leiter der Weltensegler-Fliegerschule auf der Wasserkuppe, und sein Schwager Alexander Lippisch, beide Angehörige des SA-Fliegersturms der Flieger-SA.
Die RRG „Ente“ von Alexander Lippisch

Alexander Lippisch wurde am 2. November 1894 als Sohn des Kunstmalers (Allegorien- und Landschaftsmalerei) Franz Lippisch (Mitbegründer der „Berliner Sezession“) und dessen Ehefrau Clara, geb. Comichau (Tochter des Textilindustriellen Rudolf Commichau in Bialystok), in München geboren. Seine Jugend- und Schulzeit verbrachte er in Berlin und das Abitur legte er auf der Oberrealschule in Jena ab. Schon früh interessierte er sich für die Luftfahrt.

Im Ersten Weltkrieg war er zunächst Soldat der Infanterie, danach Vermesser und Photograph in einem Luftbildkommando, um dann bei den Dornier-Werken in Friedrichshafen als Aerodynamiker zu arbeiten.

Zwischenkriegszeit

Nach dem Krieg kam er an die aerodynamische Abteilung des Luftschiffbaus Zeppelin in Lindau-Reutin, 1919 wurde die Konstruktion von Segelflugzeugen zu Alexander Lippischs Spezialgebiet. Schon bald gehörte er zu dem Kreis der Segelflieger auf der Wasserkuppe in der Rhön. 1922/23 war er Mitarbeiter der „Weltensegler GmbH“ in Baden-Baden, 1923 bis 1925 25 Mitarbeiter der Firma „Flugzeugbau Steinmann“ in Hagen. 1925 wurde er Leiter bzw. Chefkonstrukteur der Technischen Abteilung der „Rhön-Rossitten-Gesellschaft“ (RRG).

1930, nachdem die Storch V (letzter Nurflügel auf Storch-Basis war die DFS 38) vielsprechende Fortschritte machte, erschien die Delta I zunächst als Gleiter auf der Wasserkuppe und wurde von Günter Groenhoff eingeflogen. Bei der Gleitfliegerversion war der Flugzeugführer so untergebracht, daß die verglaste Pfeilspitze des Flügels den Blick nach vorne ermöglichte. Der Begleiter hatte nur kleine Fensterchen an der Flügelunterseite und neben seinem Sitzplatz zur Verfügung. Das Flugzeug wurde von Robert Kronfeld 1930 eingeflogen, wobei sich die Anordnung der Ruder als ungünstig erwies. Dennoch beschlossen Lippisch und der Ozeanflieger Hermann Köhl, der das Projekt finanzierte und leidenschaftlich mit Tat und Rat begleitete, den Umbau zu einem Motorflugzeug. Zu einer Serienreife kam es nie.

1933 bis 1938 war er technischer Leiter der „Deutschen Forschungsanstalt für Segelflug“ (DFS) in Darmstadt, die auf dem Flugplatz auf dem Griesheimer Sand untergebracht war (in dieser Zeit wohnte er im nahen Traisa). Hatte er sich schon zuvor mit Flugzeugen ohne Leitwerk, bzw. „Nurflügelflugzeugen“ beschäftigt, entstanden in Darmstadt entscheidende Grundlagen, die auch heute noch bei der Konstruktion von Deltatragflächen im Flugzeugbau gültig sind. 1930 flog sein Hochleistungssegler „Fafnir 1“ die Rekorddistanz von 220 km. Mit dem Versuchsflugzeug „Ente“ gelangen Ende der 1920er Jahre die weltweit ersten Flüge mit Raketenantrieb. Im Januar 1939 wechselte er zu den Messerschmitt-Werken in Augsburg.

Zweiter Weltkrieg

Im Zweiten Weltkrieg war er Chef des Luftfahrtforschungsinstituts mit Sitz in Wien. Er entwickelte Gleit-, Segel- und Nurflüglerflugzeuge, darunter das erste Deltaflügelflugzeug der Welt. 1941 baute er mit der Me 163 (dessen Ursprünge bereits in Darmstadt/Griesheim entstanden waren) einer der ersten Raketenflugzeuge, mit der von Heini Dittmar über 1000 km/h geflogen wurde. 1942 wurde er an der Universität Heidelberg mit einer Arbeit über die flugmechanischen Beziehungen beim Raketenantrieb zum Dr. rer. nat. promoviert. 1943 wurde er Chef des Luftfahrt-Forschungsinstitutes in Wien. Hier arbeitete er an Überschallflugzeugen mit Deltaflügeln sowie Staustrahl-Triebflügeln. 1944 verlor er durch Luftangriffe auf sein Institut 45 Mitarbeiter. Sein letztes Projekt vor Kriegsende war ein Deltaflugzeug in umgekehrter T-Form, das von Studenten in Prien am Chiemsee fertiggestellt wurde.

Nachkriegszeit

Die VS-amerikanischen „Befreier“ verbrachten ihn im Rahmen des Unternehmens „Büroklammer“ in die VSA, um sich einen technologischen Vorsprung vor den bolschewistischen „Befreiern“ zu verschaffen. Hier arbeitete er an verschiedenen aerodynamischen Studien und anderen technischen Entwicklungen. 1956 erhielten er und seine Familie die VS-amerikanische Staatsbürgerschaft.

Lippisch baute den flügellosen Senkrechtstarter Dornier Aerodyne und gründete 1965 die Forschungsanstalt L. Research Group. Die von ihm für die VSA gebauten Flugzeuge (u. a. der „Hubstrahler“ und das „Airfoil-Fluggerät“) stellten alle Flugrekorde auf[1]. 1966 gründete er die „Lippisch Research Corporation“.

Familie

Lippisch heiratete 1926 in Gersfeld seine Verlobte Käthe Stamer (Lebensrune.png 1900), die 1938 früh verstarb. Käthe war die Schwester von Fritz Stamer, aus der Ehe sind zwei Söhne entsprossen. Nach dem Tod der Gemahlin heiratete der verwitwete Familienvater 1939 ein zweites Mal. 1939 in Berlin ehelichte er Gertrud Knoblauch (Lebensrune.png 1914), Dokumentarin, und Tochter des Tiefbau-Ingenieurs und Reg.-Baumeisters Adolf Knoblauch aus Frankfurt/M. Aus dieser zweiten Ehe sind zwei Töchter entsprossen.

Auszeichnungen und Ehrungen (Auszug)

Schriften

Lippisch, Alexander.jpg
  • Erinnerungen, Luftfahrt-Verlag Axel Zuerl, 1977 und 1982
  • Ein Dreieck fliegt, 1976 (mit F. Trenkle)
  • Theoret. Grundlagen d. Flugzeug-Berechnung (mit R. Vogt), in: Flugsport 11, 1919, S. 200-672
  • Der Leistungsbedarf u. d. Geschwindigkeit d. Segelflugzeuges, ebd. 16, 1924, S.2-7, 44-48
  • Die L.-Segelflugzeuge, ebd. 17, 1925, S. 474-81
  • Versuche m. schwanzlosen Flugzeugen, ebd. 21, 1929, S. 418-27
  • Schwanzloses Flugzeug „Delta I“, ebd. 23, 1931, S. 557-60
  • Bestimmung d. Auftriebsverteilung längs d. Spannweite, ebd. 25, 1933, S. 549-51, 26, 1934, S. 8-12, 49-51
  • Die Auswahl d. Luftschraube auf Grund v. Meßergebnissen, ebd. 27, 1935, S. 531-43
  • Gleitflug u. Gleitflugzeuge, Schriftenreihe Flugzeugbau u. Luftfahrt, 11. H., 2 Tle. (mit Fritz Stamer), 1928, 21930
  • Handbuch f. d. Jungsegelflieger, 2 Tle. (mit Fritz Stamer), ebd. 1930, H. 13/14, 21935
  • Der Bau v. Flugmodellen, 2 T., 1927/29, 1935
  • Modellversuche m. neuartigen Flugzeugtypen, in: Zeitschrift f. Flugtechnik u. Motorluftschiffahrt 17, 1926, S. 549-54
  • Festigkeitsforderungen f. Gleit- u. Segelflugzeuge, ebd. 18, 1927, S. 230-32
  • Näherungsverfahren z. Bestimmung d. statischen Stabilität beim Eindecker, ebd., S. 251-56
  • Versuche mit neuartigen Flugzeugtypen, ebd. 19, 1928, S. 274-81
  • Das Problem d. schwanzlosen Flugzeuges u. s. Weiterentwicklung z. Nurflügel-Flugzeug, ebd. 23, 1932, S. 653-58
  • Les nouveaux essais d'avions sans queue, in: L'Aérophile, 1930, Febr., S. 35-39
  • Die Entwicklung d. Messerschmitt Me 163, in: Flugwelt, 1959, H. 9/10
  • Flügellose Strahlflugzeuge, in: Interavia 13, 1958, S. 51-55
  • Gedanken z. Entwicklung d. Aerodyne, ebd. 15, 1960, S. 569-73
  • Die Gesch. d. Deltaflügels, in: Starten u. Fliegen, Bd. VII, 1962, S. 231-50
  • Der aerodynamische Bodeneffekt u. d. Entwicklung d. Flugflächen-(Aerofoil-) Bootes, in: Luftfahrttechnik u. Raumfahrttechnik 10, 1964, S. 261-69.
    • DRP 546993, 558959, 582542, 615460 v. 1929/30 (pfeilförmige Tragflügel für schwanzlose Flugzeuge)
  • 593495 u. 609853 v. 1932 (schwanzlose Flugzeuge m. mehreren Tragflügeln u. Seitenleitwerk an d. Enden)
  • DE-PS 1234535, 1813311 v. 1964 u. 1968 (Tragflügel f. Boden-Wasser-Luftfahrzeug)
  • 1805171 v. 1968 (Flugflächenboot)
  • DE-OS 2331429 v. 1973 (Bodeneffekt-Fahrzeug auf Stauluftkissen)

Verweise

Fußnoten