Gracián, Baltasar
Baltasar Gracián y Morales S.J.[1] (geb. 8. Januar 1601 in Belmonte bei Calatayud; gest. 6. Dezember 1658 in Tarazona, Aragonien) war ein spanischer Schriftsteller, Jesuit und Philosoph.
Inhaltsverzeichnis
Leben und Wirken
Nach absolviertem Studium an der Universität Huesca trat Gracián in den Jesuitenorden und wurde Rektor des Kollegiums in Tarragona. Er wurde der Theoretiker des sogenannten conceptismo, d.h. des seinerzeit neuen spanischen Stils, den der Schriftsteller Francisco de Quevedo mit seinen „Sueños“ in die spanische Prosa eingeführt hatte, und der darin bestand, Doppelsinn und versteckte Nebenbedeutungen in gedankenüberladene und dadurch oft dunkle Sätze zu legen. Sein Werk „La agudeza, y arte de ingenio“ (zuerst erschienen in Huesca 1649), eine Theorie der Kunst, geistreich zu denken und zu schreiben, blieb fast das ganze 17. Jahrhundert hindurch das Gesetzbuch des Modegeschmacks und fand auch in Italien, Frankreich und Deutschland Nachahmung.
Gracián schrieb mehrere moralisch-philosophische und theologische Werke, die er unter dem Namen seines Bruders Lorenzo erscheinen ließ, wie „El héroe“, eine Anleitung ein Held zu werden (sein Erstlingswerk, 1630) und das seiner Zeit so berühmte „Criticon“, ein allegorisch-didaktisches Gemälde des menschlichen Lebens, eingeteilt in Krisen (crisis) und in Romanform eingekleidet. Sein heute bekanntestes Werk sind die im Jahre 1653 unter dem Titel „Oráculo manual y arte de prudencia“ („Handorakel und Kunst der Weltklugheit“) erschienenen Aphorismen, welche Schopenhauer 1832 ins Deutsche übersetzte.
Durch seine Beredsamkeit begründete Gracián seinen Ruhm als Prediger und Professor an Jesuitenkollegien und wurde zum willkommenen Gast am Madrider Königshof, den er aus unbekannten Gründen jedoch nach kurzer Zeit enttäuscht wieder verließ. Durch seine Schriften aber kam er in Verruf. Als der Jesuitenorden nämlich dahinterkam, daß er sie unter dem Namen seines Bruders veröffentlicht hatte, um der Zensur zu entgehen, wurde er mit Zellenhaft „bei Wasser und Brot“ und „ohne Tinte und Feder“ bestraft. Nach der Entlassung schrieb Gracián trotzdem weiter. Seiner Bitte, aus dem Orden austreten zu dürfen, wurde nicht entsprochen, man versetzte ihn statt dessen in die Provinz.
Werke
- El Héroe, 1639, dt.: Der Held. Merve, Berlin 1996. ISBN 3-88396-132-9
- El político Don Fernando el Católico, 1640, über Ferdinand, den Katholischen [dt. Übers. 1675 von Daniel Casper von Lohenstein]
- Arte de Ingenio. Tratado de la Agudeza, 1642, erweiterte Fassung unter dem Titel: Agudeza y arte de ingenio, 1648, dt.: Scharfsinn und Kunst der poetischen Kreativität
- El Discreto, 1646, dt.: Der kluge Weltmann neu übertragen und mit einem Anhang vers. von Sebastian Neumeister. Dt. Taschenbuch-Verl., 2004. 181 S. ISBN 3-423-13254-X
- Oráculo manual y arte de prudencia, 1647, dt.: Handorakel und Kunst der Weltklugheit – dt. Ausg.: Balthasar Gracián, Handorakel... Reclam, Stuttgart 1986, ISBN 3-15-002771-3
- El Criticón 1651-1657, dt.: Das Kritikon Ammann, Zürich 2001; Fischer TB Frankfurt a.M. 2004.
Sonstiges
Die Förderstiftung Konservative Bildung und Forschung vergibt in unregelmäßigen Abständen den nach dem spanischen Schriftsteller benannten internationalen „Baltasar-Gracián-Kulturpreis“.
Verweise
- Literatur von und über Baltasar Gracián im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Handorakel und Kunst der Weltklugheit in der Übertragung von Schopenhauer