Blessing, Martin
Martin Blessing (geb. 6. Juli 1963 in Bremen) ist ein deutscher Manager. Er ist Vorstandsvorsitzender der teilverstaatlichten Commerzbank.
Inhaltsverzeichnis
Werdegang
Martin Blessing wurde am 6. Juli 1963 in Bremen geboren. Sein Großvater Karl Blessing (1900–1971) stand von 1958 bis 1969 an der Spitze der Bundesbank, Blessings Vater Werner (1931–1987) gehörte unter Alfred Herrhausen (1930–1989) dem Vorstand der Deutschen Bank an.
Martin Blessing legte das Abitur 1981 vorzeitig am einem katholischen Jungengymnasium ab. Nach der Bundeswehr (Sanitäter) durchlief er 1983/1984 eine Banklehre bei der Dresdner Bank. Dann studierte er bis zum Diplomabschluss 1987 Betriebswirtschaft in Frankfurt am Main und St. Gallen. 1988 erwarb er an der University of Chicago den MBA-Grad.
Wirken
Martin Blessing begann 1989 als Consultant bei der Unternehmensberatung McKinsey (Frankfurt, Neu York). Er spezialisierte sich auf Finanzdienste und wurde 1994, gerade 31jährig, zum Partner gewählt. 1996 schied er aus.
Anfang 1997 kehrte er als Mitleiter des Bereiches Privatkunden zur Dresdner Bank zurück. Im Jahr 2000 war er an folgenlosen Planungen für Fusion mit der Deutschen Bank und danach mit der Commerzbank beteiligt. Ab Oktober 2000 leitete Blessing die defizitäre Direktbank-Tochter Advance Bank AG, die sich auf online abgewickeltes Massengeschäft ohne Filialen ausgerichtet hatte. Noch vor der Eingliederung der Dresdner Bank in den Allianz-Konzern im August 2001 trat Blessing ab; die Advance Bank wurde 2003 als Marke aufgelöst.
Im November 2001 stieß Blessing zur Commerzbank AG in Frankfurt am Main. Beim damals viertgrößten deutschen Kreditinstitut (in privater Hand) berief ihn der seit 2001 amtierende Konzernchef Klaus-Peter Müller zum Vorstand für das Privatkundengeschäft. Die Commerzbank hatten Kaufleute 1870 in Hamburg gegründet und auf Mittelstand sowie Firmenkunden ausgerichtet. In den 1990er Jahren erfolgte der Aufbau des Investmentbanking und des Asset-Management (institutionelle Vermögensverwaltung) sowie der Ausbau der Direktbank Comdirect zum europaweit größter Direct Broker (Weltnetz-Wertpapiergeschäfte). Blessing spielte eine tragende Rolle, als die Commerzbank 2005 während des Booms im Immobiliengeschäft für 4,6 Mrd. Euro die Eurohypo komplett übernahm. Diese war 2002 als Gemeinschaftsfirma mit der Deutschen Bank und der Dresdner Bank entstanden und hatte die Aktivitäten mit Immobilien- sowie der Staatsfinanzierungen vereint; die Commerzbank hatte dabei die Rheinhyp eingebracht. Etwas später, 2008, brachte die Commerzbank noch ihre Mehrheitsbeteiligung Essenhyp in die Eurohypo ein.
Im Ressort Privatkunden baute Blessing von 2001 bis 2004 rund 2.200 Stellen ab und verminderte das Filialnetz um fast 200 auf gut 790 Geschäftsstellen (2005). Umgekehrt übernahm die Commerzbank 2004 die Filialen der in Franken tätigen Schmidt Bank. Ausgebaut wurde auch der Bereich Private Banking für vermögende Kunden. Die wegen kostspieliger Akquisitionen defizitäre Vermögensverwaltung kam unter das Dach der neuen Tochter Cominvest. Ende 2004 wechselte Blessing in die Leitung des Firmenkunden-Ressorts Corporate Banking, Information Technology und Transaction Banking. Dabei galt es, die mittelständischen Firmenkunden auf die verschärften Bedingungen für die Kreditvergabe (Basel II) vorzubereiten.
Im November 2007 nominierte der Aufsichtsrat Blessing zum Vorstandssprecher mit Wirkung zum 15. Mai 2008. Müller wechselte als Nachfolger seines Vorgängers Martin Kohlhaussen in den Aufsichtsratsvorsitz. Blessings Bestellung erfolgte vor dem Hintergrund der aus den VSA herüberziehenden Finanzmarktkrise, die nach Platzen der Blase auf dem VS-Immobilienmarkt losgebrochen war. Die Commerzbank war unmittelbar betroffen, da sie für 1,2 Mrd. Euro Immobilien-Papiere im betroffenen Subprime-Sektor gekauft hatte.
Zentrale Entscheidung nach Blessings Amtsantritt wurde die im August 2008 vereinbarte Übernahme der schlingernden Dresdner Bank; damals wurde ein Kaufpreis von 9,8 Mrd. Euro genannt. 2001 hatte die Allianz bei der Dresdner Bank für 24 Mrd. Euro ihren Anteil von 21 % auf 100 % aufgestockt. Diese Verbindung hatte aber nicht reüssiert. Angesichts der verschärften Verwerfungen auf den Finanzmärkten vereinbarte Blessing im November 2008, die Dresdner Bank nicht in zwei Stufen, sondern in einem Zug zum 1. Januar 2009 aufzukaufen. Dabei wurde die auf die Übernahme pochende Allianz ein Hauptaktionär (Anfang 2010 lag der Anteil bei 18,8 %) und leistete 2009 zusätzlich eine stille Einlage von 750 Mio. Euro. Darüber hinaus erhielt die Allianz die mit 700 Mio. Euro bewertete Cominvest. Angesichts des für 2008 absehbaren Verlustes der Dresdner Bank (6,3 Mrd. Euro) schied deren Chef Herbert Walter aus, und Blessing übernahm im Januar 2009 – trotz Widerständen auf Arbeitnehmerseite – zum Vollzug der Dresdner-Integration die Führung.
Die Commerzbank wertete Blessings Position im Mai 2009 mit der Ernennung zum Vorstandsvorsitzenden auf. Das vereinte Institut – 2010 erfolgte die Umfirmierung der Dresdner-Filialen – verlegte den Schwerpunkt auf Privatkunden sowie den Mittelstand und im Ausland auf Mittel- und Osteuropa. Wie der EU-Kommission zugesichert, verkaufte Blessing mehrere Geschäftsfelder, darunter 2009 den Vermögensverwalter Kleinwort Benson (aus dem Dresdner-Erbe) für 225 Mio. £ und 2010 die Allianz Dresdner Bauspar. Rein formell war die Integration im Frühjahr 2011 abgeschlossen.
Mitgliedschaften/Ämter
Kuratoriumssprecher bei „Campus of Excellence“, Hof (seit 2007), Vorstand Städelscher Museums-Verein, Beirat am Institut für Weltwirtschaft (seit 2008).
Familie
Blessing ist mit der Investmentbankerin Dorothee Blessing verheiratet, die er im Studium in St. Gallen kennengelernt hatte. Die Tochter des Banken-Sanierers Paul Wieandt (1936–2007) arbeitete bis Anfang 2013 bei Goldman Sachs und verantwortete zuletzt Fusionen und Übernahmen in BR-Deutschland und Österreich. 2014 wurde Dorothee Blessing Vice Chairman für das Europageschäft von JPMorgan. Deren Bruder Axel Wieandt war 2008–2010 Vorstandschef der havarierenden Hypo Real Estate und wurde es 2012 bei der Valovis Bank (früher Karstadt-Quelle-Bank). Das Ehepaar Blessing hat drei Töchter.