Goetz, Curt

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Curt Goetz.jpg
Curt Goetz’ Grab
Berlin, Friedhof Heerstraße

Curt Goetz, eigentlich Kurt Walter Götz, (Lebensrune.png 17. November 1888 in Mainz; Todesrune.png 12. September 1960 in Grabs, Kanton St. Gallen, Schweiz) war ein deutscher Schriftsteller und Schauspieler.

Wirken

Zu seiner Anfängen erzählte Curt Goetz folgendes[1]:

„„Zwei Neigungen haben damals, in den Jugendjahren miteinander gestritten. Wohl hatte ich für Dinge, die mit dem Theater in Zusammenhang standen, größtes Interesse, wirkte bei Schüleraufführungen mit, beschäftigte mich viel mit einem eigenen Puppentheater - dennoch stand der Wunsch, einmal Arzt zu werden, im Vordergrund. Wahrscheinlich war es die medizinische Atmosphäre, in der ich lebte, die mich in dieser Richtung beeinflußte. Meine Mutter war nämlich nach dem frühen Tode des Vaters von Mainz nach Halle gezogen und hatte dort eine Klinik aufgemacht, in die die beiden berühmten Ärzte, Professor Fritz von Bramann und Professor Hermann Schwartze ihre Patienten legten. Die Mutter, die bemüht war, den Kranken das Dasein zu erleichtern, kam bald auf den Gedanken, meinen Humor hierfür einzuspannen. ‚Geh ins Zimmer Nr. 3‘, so sagte sie beispielsweise ‚und vertreibe dem Gutsbesitzer N. die Grillen, aber komme nicht eher zurück, als bis er gelacht hat.‘ So war ich bald in allen Krankenzimmern ein gern gesehener Gast und auch den Ärzten blieb diese Mithilfe nicht verborgen. Traf mich einmal einer von ihnen, dann hieß es: ‚Nun, Herr Kollege, was macht der Patient von Nummer 3?‘
In der Schule galt ich als guter Rezitator und mein griechischer Professor bevorzugte mich offensichtlich, wenn es sich darum handelte, aus dem Homer vorzulesen. Und war er einmal schlecht gelaunt, dann mußte ich ihm aus der unsterblichen Odyssee vortragen. ‚Keiner- Achilleus, glich an Seligkeit dir, und keiner wird jemals dir gleichen‘ . So kam es schwungvoll, im klingenden Pathos von meinen Lippen. Wohlgefällig hörte der Professor zu, seine Mienen glätteten sich allmählich und bald waren die Unmutswolken verflogen. Freilich -- mit dem Übersetzen der vorgetragenen Verse hätte es große Schwierigkeiten gehabt. Als die Mutter mit der Klinik in wirtschaftliche Schwierigkeiten geriet, war der Traum, einmal Arzt zu werden, ausgeträumt, denn nun hieß es, möglichst rasch auf eigenen Füßen zu stehen. Ich beendete die Gymnasialzeit mit der Obersekundareife, besann mich auf meine zweite Neigung und beschloß, zur Bühne zu gehen. Durch meinen Stiefvater - die Mutter hatte inzwischen zum zweiten mal geheiratet - kam ich zu einem sehr bekannten Berliner Schauspieler, der mir dramatischen Unterricht erteilen sollte. Dieses Studium umfaßte ganze drei Stunden. Als ich das eine Mal nach Grunewald hinausfuhr, war er überhaupt nicht anwesend; er hatte die Unterrichtsstunde vergessen. In der zweiten Stunde begann er mit Sprechübungen, aber nach anderthalb Minuten waren wir beide stockheiser vom Brüllen. Beim dritten Mal meinte er: ‚Was wollen Sie eigentlich bei mir lernen - Sie machen das alles viel besser als ich!‘.
So begab ich mich auf Engagementssuche. Es ging sehr rasch, denn ein bekannter Theaterdirektor brachte mich in Rostock unter, mit 60 RM Monatsgage. Das war der Beginn.
Man hielt mich zwar für talentiert, aber mit dem Sprechen haperte es, man verstand mich höchstens bis zur zweiten Parkettreihe. So mußte ich fleißig Sprechtechnik üben, um diese Mängel auszugleichen. Atemübungen strengen, wenn man sie nicht gewohnt ist, sehr an und so fand mich eines Tages die Wirtin ohnmächtig auf dem Boden meines Zimmers liegen. Es waren gewiß keine rosigen Zeiten in Rostock, denn mit meinen 60 RM - fünf schickte ich immer der Mutter - konnte ich keine Sprünge machen. Nur bei Premieren leistete ich mir den Luxus, den Koffer mit der Garderobe von der Wohnung zum Theater tragen zu lassen; das kostete 10 Pf.
Im Sommer spielten wir in Kolberg und dort wagte ich einmal einen schüchternen Versuch, um meine finanzielle Lage zu verbessern. Es handelte sich ja um ein größeres Ostseebad und so waren die Verhältnisse dort teurer als in Rostock. Ich wandte mich an einen Kollegen, den Neffen des Direktors: ‚Was meinen Sie, wenn ich Ihren Onkel bitten würde, mir zehn Mark zuzulegen?‘ - Der Kollege sah mich fassungslos an, dann meinte er:
‚Sie haben wohl Ihr bißchen Verstand verloren ?‘ Zwei Jahre dauerte dieses erste Engagement, dann ging es nach Nürnberg, ans intime Theater; es war ein großer Sprung vorwärts. Hatte ich bisher in der Hauptsache Chargenrollen gespielt - einmal einen Sechzigjährigen als Siebzehniähriger! - so waren es jetzt die Figuren des Charakterfachs, die ich verkörperte. Als ich dann in Berlin, der dritten Station, einmal dem Direktor des Kleinen Theaters mit der Bitte kam, eine Liebhaberrolle zu spielen, erklärte er: ‚Sie sind Charakterdarsteller und kein scharmanter Bonvivant!‘ - ‚Wetten, daß ich es bin?‘ erwiderte ich. - ‚Für solche Experimente gebe ich mein Theater nicht her!‘ war seine Antwort. Er mußte verreisen und da spielte ich doch die Rolle und zwar mit Erfolg. Von Berlin aus begann ich dann mit Gastspielreisen, die ich späterhin mit eigenem Ensemble unternahm.“

Curt Goetz spielte zwar in Klassikern von Henrik Ibsen, William Shakespeare, Hermann Sudermann, August Strindberg oder Bernard Shaw, war jedoch mit dem Rollenangebot nicht zufrieden und schrieb bald anspruchsvoll-amüsante Boulevard-Stücke, in denen er selbst die Hauptrolle übernahm.

Sein erstes Stück „Der Lampenschirm“" nannte er „Kein Stück in drei Akten“ und sich selbst fortan „Curt Goetz“. Er schrieb weitere erfolgreiche Stücke wie „Ingeborg“ (1920/21), „Die tote Tante und andere Begebenheiten“ (1924), „Der Lügner und die Nonne“ (1928/29), „Dr. med. Hiob Prätorius“ (1931/32) oder „Das Haus in Montevideo“ (1946), womit sich Curt Goetz als Bühnenautor des gehobenen Boulevardtheaters etablierte.

1925 schrieb er wohl seinen größten Erfolg nieder, die Kriminalkomödie „Hokuspokus“, die 1930 erstmals mit den damaligen Publikumslieblingen Lilian Harvey und Willy Fritsch verfilmt wurde und in der Goetz später selbst in der Titelrolle des Peer Bille glänzte. Ab 1927 gründete Goetz sein eigenes Ensemble, machte sich als Theaterleiter selbständig und ging mit seinen Stücken auf Tournee. Schon früh verfaßte er auch Filmdrehbücher und erregte 1918 Aufsehen mit dem Einakter „Nachtbeleuchtung“.

Seit 1912 war Goetz mit der Schauspielerin Erna Nitter (1888 – 1986) verheiratet, 1917 erfolgte die Scheidung. 1923 lernte er in Wien die Schauspielerin Valérie von Martens (1894 – 1986) kennen und heiratete sie am 20. Dezember 1923. Seine zweite Frau wurde auch seine Partnerin auf der Bühne und in zahlreichen Filmen.

1933 ging das Paar in die Schweiz, wo es schon seit einigen Jahren in Merlingen am Thunersee ein Ferienhaus besaß; hier entstand der vergnügliche Dreiakter „Der Lügner und die Nonne“.

1939 wurde das Ehepaar Goetz während einer Amerikareise vom Zweiten Weltkrieg überrascht, beschloß in den USA zu bleiben und lebte bis zum Herbst 1946 u.a. in Beverly Hills. Goetz verdiente sein Geld als Drehbuchautor bei den MGM Studios, hatte jedoch Probleme mit der amerikanischen Mentalität, weshalb er seine Arbet kündigte und sich als Besitzer einer Hühnerfarm in Van Nuys versuchte. Nach ihrer Rückkehr nach Europa wohnten Curt Goetz und Valérie von Martens wieder in der Schweiz und nahmen die Schweizer Staatsbürgerschaft an. Auch nach dem Krieg ging Goetz auf ausgedehnte Theatertourneen, zog sich dann aber aus gesundheitlichen Gründen Ende der 1950er Jahre in sein Haus in Schaan in Liechtenstein zurück.

Seine bekanntesten Bühnenstücke wie „Hokuspokus“, „Napoleon ist an allem schuld“, „Das Haus in Montevideo“ oder „Dr. med. Hiob Prätorius“ (von dem es auch eine Hollywood-Fassung mit Cary Grant gibt) hat Curt Goetz als Hauptdarsteller und Regisseur verfilmt – sie machen seinen Kino-Ruhm aus. Bereits 1912 war Goetz erstmals in einem Stummfilm auf der Leinwand zu sehen gewesen; in dem kurzen Stummfilm „Schwarzes Blut“ hatte er an der Seite und unter der Regie von Harry Piel einen indischen Mörder gespielt. Es folgten auch Lustspiele wie Ernst Lubitschs „Ich möchte kein Mann sein“ (1918) mit Ossi Oswalda, aber in erster Linie spielte er in Krimis meist den Gegenspieler des Leinwandhelden, mitunter auch den Protagonisten wie als Detektiv Joe Deebs in „Das Skelett des Herrn Markutius“ (1920). Der Mann mit den hochgezogenen Brauen, Kinn- und gezwirbelten Schnurrbart stellte sich als weltgewandter Snob, der aus dem Nichts ein Bonmot oder eine amoralische Ansicht hervorzaubern konnte, selbst am Besten dar. Seine Kunst des pointierten Dialogs gründete oft in der Unzulänglichkeit alles Menschlichen.

Der Schauspieler und Autor Curt Goetz, der 1959 zum Professor in Liechtenstein ernannt worden war, starb am 12. September 1960 wenige Wochen vor seinem 72. Geburtstag in Grabs im Kanton St. Gallen; seine letzte Ruhestätte fand er in einem Ehrengrab auf dem Berliner Friedhof Heerstraße (Berlin-Westend), in dem später auch Ehefrau Valérie von Martens beigesetzt wurde.

Valérie von Martens verstarb am 7. April 1986 mit 91 Jahren im schweizerischen Riehen, in der Nähe von Basel. 1968 hatte sie „Das große Curt Goetz-Album. Bilder eines Lebens“ herausgegeben.

Filmographie

Darsteller
  • 1912: Schwarzes Blut
  • 1915: Nur nicht heiraten
  • 1916: Der Hund mit dem Monokel
  • 1916: Fliegende Schatten
  • 1917: Die Rose der Wildnis
  • 1917: Gefangene Seele
  • 1918: Fantasie des Aristide Caré. 2. Abenteuer: Die drei von van Hells
  • 1918: Katinka
  • 1918: Fantasie des Aristide Caré. 1. Abenteuer: Der Geburtstag des Meisterdetektivs
  • 1918: Ich möchte kein Mann sein
  • 1919: Fantasie des Aristide Caré. 3. Abenteuer: Der Schmuck der Gräfin
  • 1919: Die beiden Gatten der Frau Ruth
  • 1920: Graf Sylvains Rache
  • 1920: Das Skelett des Herrn Markutius
  • 1920: Die Dame in Schwarz
  • 1923: Tragödie der Liebe
  • 1922/1923: Tragödie der Liebe. Teil 1-4
  • 1923: Alles für Geld
  • 1938: Napoleon ist an allem schuld
  • 1950: Frauenarzt Dr. Prätorius
  • 1951: Das Haus in Montevideo
  • 1953: Hokuspokus

,Drehbuch

  • 1916: Fliegende Schatten
  • 1918: Fantasie des Aristide Caré. 2. Abenteuer: Die drei von van Hells
  • 1918: Katinka
  • 1919: Fantasie des Aristide Caré. 3. Abenteuer: Der Schmuck der Gräfin
  • 1920: Das Skelett des Herrn Markutius
  • 1920: Die Dame in Schwarz
  • 1923: Friedrich Schiller
  • 1936: Les gais lurons
  • 1938: Napoleon ist an allem schuld
  • 1950: Frauenarzt Dr. Prätorius
  • 1951: Das Haus in Montevideo
  • 1952: Der Hund im Hirn
  • 1953: Hokuspokus
  • 1958: Dr. med. Hiob Praetorius
  • 1960: Ingeborg
  • 1966: Eikä varpunenkaan putoa
  • 1968: Herbst. Eine Miniatur
  • 1973: De sabijnse maagdenroof
  • 1976: Der Lampenschirm
Regie
  • 1923: Friedrich Schiller
  • 1938: Napoleon ist an allem schuld
  • 1951: Das Haus in Montevideo
Produzent
  • 1923: Friedrich Schiller
Vorlage
  • 1930: Hokuspokus
  • 1930: The Temporary Widow
  • 1950: Frauenarzt Dr. Prätorius
  • 1951: People Will Talk
  • 1954: Ingeborg
  • 1963: Das Haus in Montevideo
  • 1964: Die Tote von Beverly Hills
  • 1965: Dr. med. Hiob Prätorius
  • 1966: Hokuspokus oder: Wie lasse ich meinen Mann verschwinden...?
  • 1967: Der Lügner und die Nonne
  • 1968: Herbst. Eine Miniatur
  • 1969: Die Kommode
  • 1976: Die Taube in der Hand
  • 1979: Kleine Gaben
  • 1983/1984: Er-Goetz-liches
  • 2003: Dedictví slecny Innocencie
Dialoge
  • 1936: Glückskinder
  • 1937: Sieben Ohrfeigen
  • 1937: Land der Liebe

Fußnoten

  1. Der Silberspiegel, Nr. 13, 21. Juni 1938