Harvey, Lilian

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Lilian Harvey (1906–1968)

Lilian Harvey (eigtl. Lilian Helen Muriel Pape, Lebensrune.png 19. Januar 1906 in London; Todesrune.png 27. Juli 1968 in Juan-les-Pins, Frankreich) war eine britisch-deutsche Schauspielerin und Sängerin.

Leben

Lilian Harvey (1906–1968)
Lilian Harvey als „Fanny Elssler“[1]
Lilian Harveys Grab
Antibes, Cimetière de Rabiac
Inschrift des Grabsteins

Jugend

Lilian Helen Muriel Pape wurde am 19. Januar 1906 in London-Hornsey geboren. Ihre Mutter Ethel Pape, geb. Laughton, war mit dem aus Magdeburg stammenden Kaufmann Walter Bruno Pape verheiratet, der jedoch wegen eines längeren Auslandsaufenthaltes als Lilians Vater nicht in Betracht kam. Mit den älteren Geschwistern Marjorie und Walter Pape (der später Standfotograf und Kameramann wurde) wuchs sie in London auf; während der Schulzeit erhielt sie auch Ballettunterricht. Bei Kriegsbeginn 1914 befand sich die Familie zu Besuch in Magdeburg; die Papes ließen sich in Berlin nieder. Lilian verbrachte die Kriegsjahre bei einer Tante in Solothurn (Schweiz).

Weimarer Republik

Nach dem Abitur an der Berliner Königin-Luisen-Schule im Frühjahr 1923 trat sie in Mary Zimmermanns Ballettschule an der Staatsoper Berlin ein und ging Ende des Jahres mit der Truppe auf Tournee durch die Tschecho-Slowakei, Ungarn und Österreich. In Wien erhielt Lilian Harvey – wie sie sich inzwischen nach dem Mädchennamen ihrer Großmutter nannte – eine Anstellung des Ronacher Theaters für die Emil-Schwarz-Revue „Wien, gib acht!“ (UA: 1. März 1924). Noch während der Proben verpflichtete Robert Land sie für seinen Film „Der Fluch“. Anschließend nahm sie der Berliner Regisseur und Produzent Richard Eichberg, der sie im Ronacher entdeckt hatte, unter Vertrag: Sie spielte zunächst Eichbergs Ehefrau Lee Parry in Bergszenen für „Die Motorbraut“, erhielt ihre erste Hauptrolle – als Partnerin Otto Gebührs und „in echt englischer Girlart“ [2] – in Eichbergs Melodram „Leidenschaft“. Mit „Liebe und Trompetenblasen“, einer „heiteren Begebenheit aus dem Wien vergangener Tage“, gelang dem Gespann Eichberg/Harvey im gleichen Jahr ein erster großer Erfolg. Eichberg war es auch, der 1926 für „Die keusche Susanne“ Willy Fritsch als ihren Partner verpflichtete und damit das spätere Traumpaar des deutschen Films erstmals zusammenbrachte.

Im Sommer 1928 gelang es Harvey, den für sie ungünstigen, bis 1929 geltenden (und noch von ihrem Vater unterzeichneten) Vertrag mit Eichberg zu lösen. Nach zwei Arbeitsgerichtsprozessen und für eine Ablösesumme von 75.000 RM wechselt sie mit einem Dreijahresvertrag zur Universum-Film AG. Nach einem Zwischenspiel in England entstanden bei der UFA zunächst drei weitere Stummfilme – darunter „Ihr dunkler Punkt“ mit Willy Fritsch – ehe Wilhelm Thieles „Liebeswalzer“ (1929/30, abermals mit Fritsch) ihr erster Tonfilm wurde. In „Love Waltz“, der englischen Version des Films, in der die polyglotte Harvey gleichfalls agiert (wie später auch in französischsprachigen) ist John Batten ihr Partner. Mit Lustspielen wie der Curt-Goetz-Adaption „Hokuspokus“ (1930), vor allem aber mit den Tonfilmoperetten „Die Drei von der Tankstelle“ (1930), „Der Kongreß tanzt“ (1931), „Zwei Herzen und ein Schlag“ (1931/32), „Ein blonder Traum“ (1932) sowie „Ich und die Kaiserin“ (1932/33) formte die UFA sie zum sprichwörtlich „süßesten Mädel der Welt“:

„Lilian hatte etwas, was einmalig war: nämlich den gleichzeitigen Liebreiz der Jugend und der Grazie, kurzum alles, was das damalige Publikum von einer jungen Schauspielerin erwartete. Lilian war für mich insofern ein Wunder, als sie beinahe die einzige Schauspielerin war, die es durch Fleiß und Arbeit, aber auch durch Talent und Können fertigbrachte, in Filmen nicht nur zu sprechen, sondern auch zu singen und zu tanzen.“[3]

Bei den Dreharbeiten zu „Der Kongreß tanzt“ lernte sie den in Ungarn geborenen Paul Martin kennen. In den nächsten Jahren war er nicht nur Lilian Harveys bevorzugter Regisseur, sondern auch ihr Lebensgefährte. Im Frühjahr 1932 unterzeichnete sie einen Vertrag mit der 20th Century Fox; am 6. Januar 1933 reiste sie in die USA.

Drittes Reich

Sie bemühte sich vergeblich, Martin auch in Hollywood als ihren Regisseur durchzusetzen. Da ihre vier amerikanischen Filme – das Operettenmärchen „My Lips Betray“, die musikalische Komödie „My Weakness“, der Revuefilm „I Am Suzanne“ und die Upper-Class-Romanze „Let’s Live Tonight“ – keine großen Erfolge waren, kehrte sie im Januar 1935 nach Europa zurück. Sie drehte in England „Invitation to the Waltz“, schloß im Frühjahr (unter der Bedingung, daß ihre Filme von Paul Martin inszeniert und ihre Gagen in Devisen gezahlt werden) erneut einen Vertrag mit der UFA.

Mit „Schwarze Rosen“, einem „manifest politischen Melodram, das für den Widerstand der Finnen gegen die russischen Besatzer Partei nimmt“,[4] vor allem aber mit den an amerikanischen „screwball comedies“ sich orientierenden Filmen „Glückskinder“ und „Sieben Ohrfeigen“ (an deren Drehbüchern Curt Goetz mitarbeitete) konnte sie gemeinsam mit ihrem Partner Willy Fritsch an ihre früheren Erfolge anknüpfen. In den Tanz-Kostümfilmen „Fanny Elßler“ (1937), über die Romanze zwischen der Tänzerin und Metternich, und „Capriccio“, einem „Nonsense-Musical des permanenten Stilbruchs“,[5] bei dem 1938 Karl Ritter Regie führte, präsentierte sie sich nun auch in Rollen, die ihr dramatischere Mittel abverlangten. Ende desselben Jahres drehte sie als Partnerin Vittorio De Sicas in Italien „Castelli in aria“ sowie die deutsche Version „Ins blaue Leben“. Ihr letzter Film von der UFA von 1939 war „Frau am Steuer“.

Im Frühjahr 1939 wanderte Lilian Harvey, unter Zurücklassung des größten Teils ihres Vermögens, nach Frankreich aus. Unter der Regie von Jean Boyer entstanden die Schubert-Biographie „Sérénade“, an deren Produktion sie sich finanziell beteiligte, und „Miquette“, der letzte Film ihrer Karriere: Es waren Mißerfolge.

Nach Kriegsbeginn bemühte sie sich in Paris für die Truppenbetreuung, in Cap d'Antibes, wo sie in Juan-les-Pins seit 1931 die Villa Asmodée besaß, für internierte Ausländer. 1940 wurde sie mit der Citation à l’Ordre de l’Armée ausgezeichnet und zur „Patin“ des 157. Artillerie-Regiments zu Fuß ernannt. Von März bis Mai 1941 unternahm sie eine Gesangstournee durch die Schweiz und ging im Juni über Barcelona und Lissabon in die USA. Ab Oktober erneut in Hollywood ansässig, arbeitete sie zwei Jahre lang für das Rotes Kreuz als Schwesternhelferin in Los Angeles.

Filmangebote – ausschließlich Nebenrollen, darunter eine in „Casablanca“ (R: Michael Curtiz, 1942) – lehnte sie ab. Im Oktober 1944 trat sie in New York in einer Musiksendung der CBS auf und am 25. November in einem Programm des exilierten Kabaretts der Komiker.

Nachkriegszeit

Es folgen Bühnenenanstellungen in Los Angeles („Blithe Spirit“, eine Komödie von Noel Coward, mit der sie anschließend durch fast sämtliche Bundesstaaten tourte), am Cambridge Summer Theatre („Over 21“ von Ruth Gordon), in Toronto („Little Miss Bluebeard“ von Avery Hopwood) und erneut am Kabarett der Komiker (in Robert Gilberts Revue „Es liegt in der Luft“, Carnegie Hall, 28. April 1946) sowie an englischsprachigen New Yorker Bühnen.

Im Dezember 1946 kehrte sie nach Paris zurück, trat in der Revue „Paris s’amuse“ auf (UA: 3. Januar 1947, Théâtre de l’Etoile), gastiert in der französischen Provinz und in Belgien. Es folgen Gesangstourneen durch Skandinavien und 1948 durch Dänemark und Ägypten. 1949/50 unternahm sie eine erste ausgedehnte Gastspielreise durch die Bundesrepublik Deutschland; zahlreiche weitere, u. a. mit Curt Goetz’ Bearbeitung von „Blithe Spirit“ („Geisterkomödie“, UA: 18. September 1951, Berlin), schlossen sich an. Bei einem Auftritt in Kopenhagen lernte Lilian Harvey den dänischen Theateragenten Hartvig Valeur-Larsen kennen, den sie 1953 heiratete. Die Ehe wurde nach vier Jahren geschieden; in dieser Zeit, in der sie auch Auftritte in der DDR absolvierte, wurde Else-Pitty Wirth ihre Sekretärin und Begleiterin. Von 1957 bis 1961 lebte Harvey zurückgezogen vornehmlich in Juan-les-Pins, wo sie eine Boutique eröffnete und auf ihrem Grundstück Bungalows bauen ließ, die sie an Feriengäste vermietete. Ab 1961 unternahm sie mehrere Comeback-Versuche als Bühnenschauspielerin, aber ihre Auftritte in Stücken des gehobenen Boulevards („Olivia“ von Terence Rattigan, 1961; „Zwischenstation“ von Ray Howard, 1966; „Das Spinnennetz“ von Agatha Christie, 1967; „Eine Frau ohne Tadel“ von Pierre Bürki, 1967/68) fanden weder bei der Kritik noch beim deutschen Publikum die erhoffte Resonanz.

Lilian Harvey starb am 27. Juli 1968 in Juan-les-Pins. Ihren Nachlaß erwarb das Deutsche Filmmuseum Frankfurt, das ihr im Dezember 1985 eine Ausstellung und Retrospektive widmete.

Auszeichnungen

Filmographie

  • 1924: Der Fluch
  • 1924: Die Motorbraut
  • 1925: Leidenschaft
  • 1925: Liebe und Trompetenblasen
  • 1925: Die kleine vom Bummel
  • 1926: Prinzessin Trulala
  • 1926: Die keusche Susanne
  • 1926: Vater werden ist nicht schwer
  • 1927: Die tolle Lola
  • 1927: Eheferien
  • 1927: Du sollst nicht stehlen
  • 1928: Eine Nacht in London
  • 1928: Ihr dunkler Punkt
  • 1929: Adieu, Mascotte
  • 1929: Wenn Du einmal Dein Herz verschenkst
  • 1930: Liebeswalzer
  • 1930: Love Waltz (englische Version von Liebeswalzer)
  • 1930: Hokuspokus
  • 1930: The Temporary Widow (englische Version von Hokuspokus)
  • 1930: Die Drei von der Tankstelle
  • 1930: Le chemin du paradis (französische Version von Die Drei von der Tankstelle)
  • 1930: Einbrecher
  • 1931: Princesse, à vos ordres (französische Version von Ihre Hoheit befiehlt, woran Harvey nicht beteiligt war)
  • 1931: Nie wieder Liebe!
  • 1931: Calais – Douvres (französische Version von Nie wieder Liebe!)
  • 1931: Der Kongreß tanzt
  • 1931: Le congrès s’amuse (französische Version von Der Kongreß tanzt)
  • 1931: Congress Dances (englische Version von Der Kongreß tanzt)
  • 1932: Zwei Herzen und ein Schlag
  • 1932: La fille et le garçon (französische Version von Zwei Herzen und ein Schlag)
  • 1932: Quick
  • 1932: Quick (französische Version)
  • 1932: Ein blonder Traum
  • 1932: Un rêve blond (französische Version von Ein blonder Traum)
  • 1932: Happy Ever After (englische Version von Ein blonder Traum)
  • 1933: Ich und die Kaiserin
  • 1933: Moi et l’Impératrice (französische Version von Ich und die Kaiserin)
  • 1933: The Only Girl (englische Version von Ich und die Kaiserin)
  • 1933: Meine Lippen lügen nicht (My Lips Betray)
  • 1933: My Weakness
  • 1933: Ich bin Susanne (I Am Suzanne)
  • 1935: Leise kommt das Glück zu Dir (Let’s Live Tonight)
  • 1935: Invitation to the Waltz
  • 1935: Schwarze Rosen
  • 1935: Roses noires (französische Version von Schwarze Rosen)
  • 1935: Did I Betray / Black Roses (englische Version von Schwarze Rosen)
  • 1936: Glückskinder
  • 1936: Les gais lurons (französische Version von Glückskinder)
  • 1937: Sieben Ohrfeigen
  • 1937: Fanny Elssler
  • 1938: Capriccio
  • 1939: Castelli in aria
  • 1939: Ins blaue Leben (deutsche Version von Castelli in aria)
  • 1939: Frau am Steuer
  • 1940: Serenade (Sérénade)
  • 1940: Miquette
  • 1958: Das gab’s nur einmal

Musikbeitrag

{#ev:youtube|1hgUx9h3nU4}} Ich wollt’, ich wär’ ein Huhn (1936) mit Willy Fritsch

Fußnoten

  1. Der Silberspiegel, Nr. 24, 23. November 1937
  2. Reichsfilmblatt, 2. Mai 1925
  3. Erich Pommer, DRS, 20. Mai 1961
  4. K. Witte, Die Zeit, 24. Juni 1977
  5. Witte