Krenz, Egon

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Egon Krenz 1984

Egon Krenz (geb. 19. März 1937 in Kolberg, Pommern) ist ein ehemaliger Politiker der SED. Er war 1989 letzter Staatsratsvorsitzender der DDR. Lange nach der Teilvereinigung wurde er wegen Totschlags zu sechseinhalb Jahren Freiheitsstrafe verurteilt und am 18. Dezember 2003 – zweieinhalb Jahre vor dem regulären Strafende – entlassen. Die Haft gestaltete sich so, daß er fast vollständig als Freigänger beim Flughafen Berlin-Tegel bei der Fluggesellschaft Germania tätig sein konnte.

Werdegang

Nach der über ihn verbreiteten Legende wurde Egon Krenz am 19. März 1937 in Kolberg/Pommern als Sohn eines Schneiders geboren. 1944 seien seine Eltern mit ihm nach Damgarten geflohen. Verwandtschaftliche Beziehungen Krenzens liegen im Dunkeln. Auch größte Lexika und biographische Werke enthalten nichts hierzu, nicht die Vornamen der Eltern, nicht den Geburtsnamen der Mutter, nichts zur Ehelichkeit.

Egon Krenz war nach 1945 Mitglied der „Pionierorganisation Ernst Thälmann“. 1953 wurde er Mitglied der SED-Nachwuchsorganisation „Freie Deutschen Jugend“ (FDJ), 1955 Mitglied der SED und des FDGB. Von 1953 bis 1957 besuchte Egon Krenz das Institut für Lehrerbildung in Putbus/Rügen. Anschließend diente er bis 1959 freiwillig bei der Nationalen Volksarmee. Von 1964 bis 1967 war Egon Krenz auf der Parteihochschule der KPdSU in Moskau und erwarb den Grad eines Diplom-Gesellschaftswissenschaftlers.

Wirken

Egon Krenz 1974 im Gespräch mit polnischen Gastarbeiterinnen
Egon Krenz, Vorsitzender des Staatsrates und des Nationalen Verteidigungsrates der DDR und Mitglieder des Staatsrates bei der ersten Sitzung nach der 10. Volkskammertagung am 24. Oktober 1989
Egon Krenz und Wolfgang Herger (vorn) am Runden Tisch, 22. Januar 1990

Egon Krenz machte von 1959 an in der FDJ Karriere. Zunächst in der FDJ-Kreisleitung Bergen auf Rügen tätig, war er von 1960 bis 1961 1. Sekretär der FDJ-Bezirksleitung Rostock und von 1961 bis 1964 Sekretär des Zentralrates der FDJ. Im Zentralrat der FDJ fungierte er von 1967 bis 1974 als Sekretär für Agitation und Propaganda. Von 1971 bis 1974 führte er außerdem den Vorsitz der „Pionierorganisation Ernst Thälmann". In der SED stieg er im Juni 1971 zum Kandidaten und 1973 zum ZK-Mitglied auf. Im November 1971 wurde er Abgeordneter der Volkskammer und gehörte bis 1981 auch dem Präsidium der Volkskammer an. Im Januar 1974 übernahm er das Amt des 1. Sekretärs des Zentralrates der FDJ, 1976 wurde er darüber hinaus Kandidat des Politbüros. Als Spitzenfunktionär der Jugendorganisation genoss er das besondere Wohlwollen von Staats- und Parteichef Erich Honecker, der einst Mitgründer der FDJ und von 1946 bis 1955 ihr erster Vorsitzender gewesen war.

Im November 1983 rückte Egon Krenz in die Position eines ZK-Sekretärs und zum Vollmitglied des SED-Politbüros auf. Als der vor allem für Sicherheits- und Kader-(Personal-)Fragen zuständige ZK-Sekretär Krenz im Juni 1984 auch noch einer der Stellvertreter des Vorsitzenden des Staatsrates wurde, galt er allgemein als zweiter Mann hinter Honecker und als dessen potenzieller Nachfolger.

Krenz’ Kommentar zur blutigen Niederschlagung des chinesischen Studentenaufstandes auf dem Platz des Himmlischen Friedens im Juni 1989, in Peking sei „etwas getan worden, um die Ordnung wiederherzustellen“, machte ihn endgültig zum „Hardliner“. Eigenem Bekunden zufolge setzte er sich aber stets für politische Lösungen und gegen Blutvergießen ein, so auch bei der Leipziger Großdemonstration vom 9. Oktober 1989, bei der keine Polizei eingriff. Die Besetzungen der Bonner Botschaften in Ost-Berlin, Warschau und Prag, der Massenexodus junger DDR-Bürger im Herbst 1989 und die Demonstrationen in verschiedenen Städten der DDR leiteten das Ende des SED-Staates und seiner politischen Führung ein. Am 18. Oktober 1989 reagierte das ZK der SED auf das wachsende Protestpotenzial und löste Staatschef Honecker ab. Neuer Generalsekretär wurde Egon Krenz, der am 24. Oktober auch Honecker im Vorsitz des Staatsrates und des Nationalen Verteidigungsrates nachfolgte. Egon Krenz versuchte vergeblich, durch Reformen der SED die Macht zu erhalten. Die Regierung und das SED-Politbüro traten am 7./8. November 1989 zurück, und am 9. November wurde die DDR-Grenze zu Berlin und der Bundesrepublik geöffnet. Mit der Wahl von Hans Modrow zum neuen Regierungschef der DDR am 13. November 1989 gelang nur eine vorübergehende Beruhigung der Krisensituation. Weitere Demonstrationen und vor allem die Aufdeckung der Privilegien hoher Funktionäre mobilisierten schließlich die Basis der SED, und am 3. Dezember 1989 gaben das gesamte ZK und das Politbüro mit Egon Krenz als Generalsekretär auf. Bis 6. Dezember 1989 blieb Egon Krenz Vorsitzender des Staatsrates. Noch im Januar 1990 schloss ihn die SED-Nachfolgepartei PDS aus ihren Reihen aus. Zugleich legte er sein Volkskammermandat nieder.

Das öffentliche Interesse an Egon Krenz konzentrierte sich von 1991 an vor allem auf seine Rolle als Zeuge in den Prozessen gegen führende Repräsentanten des SED-Staates. Im Prozess gegen den früheren Oberbürgermeister von Dresden, Wolfgang Berghofer, und den ehemaligen SED-Chef der Stadt, Werner Moke, wegen Fälschung der DDR-Kommunalwahlen vom Mai 1989 bestritt Egon Krenz im Januar 1992, als damaliger oberster DDR-Wahlchef von Manipulationen gewußt zu haben. Im Dezember 1992 wurde Egon Krenz vor dem Untersuchungsausschuss zur Klärung möglicher Stasi-Verstrickungen des früheren Konsistorialpräsidenten der evangelischen Kirche in der DDR, Manfred Stolpe, gehört. Egon Krenz nannte Stolpe „einen unbequemen Querdenker“, doch habe er in ihm stets „einen kritischen, aber loyalen DDR-Bürger gesehen“.[1] Im Wahlfälschungsprozeß gegen den früheren Dresdner SED-Bezirkschef Hans Modrow im April 1993 verweigerte Egon Krenz zu wichtigen Fragen die Aussage, während er im Juni 1993 vor dem 1. Schalck-Golodkowski-Untersuchungsausschuss des Bundestages ausführlich die Verdienste des Chefs des Bereiches „Kommerzielle Koordinierung“ (KoKo), Alexander Schalck-Golodkowski, würdigte.[2]

Wegen der Todesschüsse an der innerdeutschen Grenze nahm die Berliner Justiz im August 1993 auch gegen Egon Krenz die Ermittlung auf. Am 9. Januar 1995 erhob die Staatsanwaltschaft gegen sieben Mitglieder des einstigen SED-Politbüros wegen mehrfachen und gemeinschaftlichen Totschlags Anklage, darunter auch Krenz. In einer Stellungnahme bezeichnete Egon Krenz am 31. Juli 1995 die Anklage als „verfassungs- und völkerrechtswidrig“. Im August 1995 verschärfte das Berliner Landgericht den Tatvorwurf: Nicht nur durch bloßes Unterlassen, sondern durch „aktives Tun“ hätten Egon Krenz und die weiteren Angeklagten Mitverantwortung für den Tod von Menschen an der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze.[2]

Der sogenannte „Mauerschützen-“, bzw. „Politbüroprozess“ begann im November 1995. Im Februar 1996 wies Egon Krenz den Schuldvorwurf des Totschlags von Flüchtlingen zurück und bestritt der bundesdeutschen Justiz das Recht, über einstige DDR-Bürger ein Urteil zu fällen. Am 12. November 1996 verkündete der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts seinen Beschluss, demzufolge SED-Funktionäre für die Toten an Mauer und Stacheldraht strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden können, auch wenn sie zur Tatzeit keine Bürger der Bundesrepublik waren. Während des Prozesses verwies Egon Krenz immer wieder auf die eingeschränkte Souveränität der DDR in Grenzfragen und argumentierte, daß selbst nach der Machtübernahme des sowjetischen Reformers Michail Gorbatschow eine Änderung des Grenzregimes nicht möglich war. In einer Erklärung am 24. Juli 1997 bedauerte er die Maueropfer, wies aber noch einmal Fragen nach seiner Verantwortlichkeit entschieden zurück.[2]

Am 25. August 1997 verurteilte die 27. Große Strafkammer im Landgericht Berlin Egon Krenz wegen Totschlags in vier Fällen zu einer Haftstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten. Die Staatsanwaltschaft hatte elf Jahre Haft gefordert. „Das strenge Grenzregime war keine Erfindung des Militärs. Für die tödlich wirkende Aufgabenstellung an die Grenztruppen war stets das Politbüro verantwortlich“, begründeten die Richter ihr Urteil. Von politischer Seite wurde das Krenz-Urteil überwiegend begrüßt. Egon Krenz, der gegen das Urteil Revision einlegte, sprach von „Siegerjustiz“ und berief sich erneut darauf, daß die SED-Führung das Grenzregime nicht habe ändern können. Am 8. November 1999 bestätigte der Bundesgerichtshof das Urteil, worauf Egon Krenz erneut von politischer Justiz und einem unfairen Verfahren sprach. Er legte eine Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg ein, was aber nicht verhinderte, daß er am 13. Januar 2000 die Verbüßung seiner Strafe in Berlin antreten mußte. Obgleich die SED-Nachfolgepartei PDS Krenz’ strafrechtliche Verfolgung scharf kritisierte und die Ansicht vertrat, seine Verurteilung sei ein Ergebnis der Instrumentalisierung des Rechts zu politischen Zwecken, lehnte das Bundesverfassungsgericht die Annahme einer „Verfassungsbeschwerde“ Krenz’ ab. Stimmen, die für eine baldige Amnestie plädierten, kamen aber auch aus den alten Bundesländern.[2]

Am 8. November 2000 begann der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg mit der Überprüfung von Krenz’ Verurteilung. Egon Krenz hatte seine Beschwerde mit dem Rückwirkungsverbot des Grundgesetzes begründet. Die Berliner Kammer, so Krenz’ Argumentation, habe ihn für eine Sache verurteilt, die zur Zeit seines Handelns in der DDR noch nicht von Strafe bedroht gewesen war. Am 22. März 2001 wies der Europäische Gerichtshof die Beschwerde von Egon Krenz, der inzwischen von der Justizvollzugsanstalt Hakenfelde nach Plötzensee verlegt worden war, zurück. Nach Ansicht der Richter hatte auch die DDR internationale Menschenrechte anerkannt und diese formal in eigenes Recht übertragen. Daran, so die Richter, müssten sich einstige DDR-Repräsentanten auch Jahre nach dem Zusammenbruch des sozialistischen Staates messen lassen. Ein Rückwirkungsverbot spiele daher keine Rolle. Das Bundesjustizministerium zeigte sich mit dem Urteil zufrieden. Egon Krenz meinte hingegen, er habe ein Urteil bekommen, aber kein Recht.[2]

Im März 2003 lehnte die Strafvollstreckungskammer des Berliner Landgerichts einen Antrag Krenz’ auf vorzeitige Haftentlassung nach zur Hälfte verbüßter Strafe ab. Seine Beschwerde wurde am 17. Juni 2003 vom Berliner Kammergericht zurückgewiesen. Eine vorzeitige Haftentlassung würde bei der Bevölkerung kaum auf Verständnis stoßen, hieß es in der Begründung.

Im April 2003 wurde Egon Krenz nach einem Rechtsstreit mit der Oberfinanzdirektion des Bundes zum Räumen seines Hauses in Pankow aufgefordert. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofes war Egon Krenz, der das ehemalige Gästehaus der DDR-Regierung im Februar 1990 für 250.000 Mark erworben hatte, nicht der rechtmäßige Eigentümer.

Egon Krenz verbrachte seine „Haftstrafe“ fast vollständig als Freigänger in Berlin-Plötzensee. Er ging einer Tätigkeit beim Flughafen Tegel bei der Fluggesellschaft Germania nach. Am 18. Dezember 2003 wurde Egon Krenz - zweieinhalb Jahre vor dem regulären Strafende - vollständig in die Freiheit entlassen. Das Berliner Kammergericht entsprach damit einem Antrag von Krenz’ Anwalt Robert Unger und hob die vorangegangene Entscheidung des Berliner Landgerichts auf. Ausschlaggebend dafür, daß Krenz seine Nächte nicht mehr in der Vollzugsanstalt verbringen mußte, war nach Aussage einer Sprecherin des Kammergerichts Krenz' „günstige Sozialprognose“: Er habe einen Arbeitsplatz, und Wiederholungsgefahr bestehe bei ihm auch nicht. Der Rest der Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Seit Januar 2000 waren nach Aussage von Krenz’ Rechtsanwalt tausende Gnadengesuche für eine Freilassung gestellt worden. Egon Krenz hatte stets auf ein eigenes Gnadengesuch verzichtet.[2]

Mitgliedschaften / Ämter

Mitglied der „Pionierorganisation Ernst Thälmann“; Mitglied und Vorsitzender der SED-Nachwuchsorganisation „Freie Deutschen Jugend“ (FDJ); Mitglied des FDGB; Generalsekretär des ZK der SED; Staatsratsvorsitzender der DDR; Abgeordneter der Volkskammer; Vorsitzender des Nationalen Verteidigungsrates der DDR.

Auszeichnungen

Träger des Karl-Marx-Ordens

Veröffentlichungen

  • Rede auf der 9. Tagung des ZK der SED, 18. Oktober 1989. (in: Beginn der Wende und Erneuerung. Dietz Verlag Berlin 1989. ISBN 3-320-01539-7)
  • Das Wohl des Volkes ist unser elementarer Leitsatz. Erklärung des Vorsitzenden des Staatsrates der DDR vom 24. Oktober 1989 vor der Volkskammer der DDR. Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1989. ISBN 3-329-00688-9
  • Wenn Mauern fallen. Die friedliche Revolution. Vorgeschichte – Ablauf – Auswirkungen. Paul Neff Verlag, Wien 1990. ISBN 3-7014-0301-5
  • Widerworte. Aus Briefen und Zeugnissen 1990 bis 2005. edition ost, Berlin 2006. ISBN 978-3-360-01071-1
  • Exklusivinterview mit Genossen Egon Krenz. Wir stehen fest an der Seite Kubas. (in: RotFuchs, Ausgabe vom März 2007)
  • Herbst '89. Mit einem aktuellen Text. edition ost, Berlin 2009. ISBN 978-3-360-01806-9
  • Gefängnis-Notizen. edition ost, Berlin 2009. ISBN 3-360-0180-1X
  • Deutsche Jubiläen und Lehren der Geschichte. (in: STOPP NATO! 60 Jahre Nato. 60 Jahre Bedrohung des Friedens. Verlag Wiljo Heinen, Berlin 2009. ISBN 978-3-939828-38-9)

Familie

Egon Krenz ist mit der früheren Lehrerin Erika verheiratet und hat zwei Söhne (Thorsten und Carsten). Zusammen mit seiner Frau kaufte er 1996 ein kleines Reetdach-Haus im Dorf Dierhagen an der Mecklenburgischen Ostseeküste, wo das Ehepaar ansässig ist.

Fußnoten

  1. vgl. Neue Zeit, 10. Dezember 1992
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 2,5 Munzinger-Archiv GmbH, 2007