Eisenstaedt, Alfred
Alfred Eisenstaedt (* 6. Dezember 1898 in Dirschau, Westpreußen; † 24. August 1995 in Marthas's Vineyard/MA) war ein jüdischer „Times”-Fotograf, bekannt durch das Foto „Der Kuß” vom 14. August 1945.[1]
Inhaltsverzeichnis
Werdegang
Herkunft
Alfred Eisenstaedt war der Sohn eines jüdischen Kleinwarenhändlers, der mit der Familie 1906 nach Berlin verzog.[2]
Ausbildung
Er besuchte in Berlin das Hohenzollern-Gymnasium, für eine Weile auch die Universität, wurde dann aber als Kanonier zum Kriegsdienst eingezogen, in dessen Verlauf er schwer verwundet wurde.[3]
Wirken
Nach dem Willen des Vaters schlug er zunächst ebenfalls den kaufmännischen Weg ein und handelte nach dem Krieg in Berlin mit Gürteln und Knöpfen. Doch bescheinigte ihm sein Chef bald, ein „miserabler Geschäftsmann“ zu sein, worauf Alfred Eisenstaedt sich 1929 ganz der Fotografie zuwandte und als Fotoreporter bei der Berliner Filiale der amerikanischen Agentur „Pacific & Atlantic Photos“ begann, die 1931 unverändert von Associated Press (A.P.) übernommen wurde.[4]
Als Zwölfjähriger schon hatte er, mit einer ihm von einem Onkel geschenkten Kamera, mit dem Fotografieren begonnen. Später hatte er u. a. eine Eastman Kodak (Faltkamera No 3) erworben und sich überwiegend mit Kunst- und Porträtfotografie beschäftigt, bevor er sich auf das damals neuartige Medium der fotografisch illustrierten Zeitschrift orientierte und sich 1930 als erste Kleinbildkamera eine „Leica“ kaufte, mit der er schnell und unauffällig arbeiten konnte und die bis heute als eine Art Tarnkappe für den Fotografen gilt. Um diese Zeit stand Eisenstaedt längst im Begriff, der neben Erich Salomon und Felix H.. Man bedeutendste Bildjournalist seiner Zeit und allein schon als fotografischer Chronist der Weimarer Republik zur Legende zu werden. Denn wenige Tage nur nach seinem Beginn bei „Pacific & Atlantic Photos“ 1929 hatte Eisenstaedt seine erste Fotoreportage vorgelegt, die ihn auf Anhieb weltberühmt machte: die Verleihung des Nobelpreises an Thomas Mann in Stockholm. Kurz danach porträtierte er George Bernard Shaw in London, später Marlene Dietrich und Max Schmeling, Wilhelm Furtwängler als Chef der Berliner Philharmonie. 1932 fotografierte er mit dem Geiger Nathan Milstein, dem Pianisten Vladimir Horowitz und dem Cellisten Gregor Piatigorski drei Musiker, die damals schon die Größten waren, danach die Komponisten Strawinski, Richard Strauss und Rachmaninow.[4]
Im September 1933, anläßlich einer Völkerbundtagung in Genf, gelang Eisenstaedt eine Aufnahme von Joseph Goebbels. Das Foto des Reichspropagandaministers ging um die Welt und wie viele seiner Bilder, so auch der von ihm festgehaltene Handschlag zwischen Hitler und Mussolini 1934 in Venedig, in die Ikonographie des 20. Jahrhunderts ein. Es sei ihm, sagte der als „Vater des Photojournalismus“ und als „Auge des Jahrhunderts“ apostrophierte Alfred Eisenstaedt später, stets darum gegangen, die „Substanz des Menschen“ herauszuholen. Dabei kamen ihm sein „detailversessenes Auge und seine Lust an komischen Momenten“ (SPIEGEL) sehr zu Hilfe.[4]
1935 zog „Eisie“, wie der kleinwüchsige, bescheiden-zurückhaltende „Pionier der Kleinbildfotografie“ von seinen Freunden genannt wurde, in die VSA, wo Henry Luce, Gründer des „TIME“-Imperiums, gerade daran ging, mit „LIFE“ eine neue Zeitschrift ins Leben zu rufen. 1936 nahm Eisenstaedt' Luces Angebot an und wurde einer der vier Stammfotografen von „LIFE“, als der er fortan um die ganze Welt reiste und mehr Menschen fotografierte als irgendein anderer. Bis 1972 arbeitete Eisenstaedt für „LIFE“, bei dessen Sitz im Neu Yorker Rockefeller Center er auch viele Jahre weiter sein Büro hatte. Über 90 Titelbilder und mehr als 2.500 Auftragsreportagen waren für das Magazin entstanden, darunter eines der meistreproduzierten Fotos der Geschichte des Journalismus, das einen Matrosen zeigt, der auf dem Neu Yorker Time Square am 15. August 1945, nach dem Sieg der Alliierten über Japan, in überschwenglicher Freude eine Krankenschwester im Kuß nach hinten beugt. Alfred Eisenstaedt fotografierte Albert Einstein 1947 in Princeton und Anfang der fünfziger Jahre den Mau-Mau-Aufstand in Kenia, Ernest Hemingway beim Fischen in Kuba, Winston Churchill, Marilyn Monroe, John F. Kennedy und Sophia Loren, Alec Guiness, Alma Mahler, Günter Grass, Faulkner, Dalí, Helena Rubinstein, Charlie Chaplin, Bob Hope, Kaiser Haile Selassi und viele andere. Doch nicht nur die Berühmten, Reichen und Schönen, Politiker, sondern auch Kellner, Tennisspieler und ausgelassen spielende Kinder ließen seine bis ins hohe Alter beibehaltene große Fähigkeit offenkundig werden, auf unauffällige Weise präsent zu sein und mit unaufwendigem Gerät „eine menschliche Geschichte hinter einer öffentlichen Fassade aufzudecken“.[6]
1979 besuchte Alfred Eisenstaedt erstmals die BRD). Nach einer längeren Fotoreise eröffnete er 1980 selbst die Ausstellung „Eisenstaedt - Germany“, die zum internationalen Erfolg wurde. Ein Riesenpublikum zog 1986 seine Ausstellung in Hamburg an, die unter dem Titel „schön unendlich“ Fotos aus den Jahren 1913 bis 1985 präsentierte. Drei Jahre später bildeten er und sein Werk den Auftakt der vierteiligen Fernsehreihe „Reporter mit der Kamera“ des Süddeutschen Rundfunks. Doch der zu dieser Zeit über Neunzigjährige dachte längst nicht an Altersruhe. Noch im Sommer 1993 fuhr Eisenstaedt auf die Insel Martha's Vineyard und lichtete VS-Präsident Bill Clinton ab, der dort Ferien machte, um die Fotos im Jahr darauf auf einer weiteren Ausstellung in der Neu Yorker Circle Gallery vorzustellen.[4]
Auszeichnungen
„Photographer of Year“ (1951; GB), Kulturpreis der Deutschen Gesellschaft für Fotografie (1962), Lifetime Achievement in Photography Award (1978; VSA), Master Photography Award (1988; International Centre of Photography), Arts and Culture Honor Award (1988; Neu York), National Medal of Arts (1990; VSA).
Im August 2010 bekam Eisenstaedts „Kuss-Foto“ ein Denkmal an Neu Yorks Times Square. Das acht Meter hohe Kunstwerk mit dem Titel „Bedingungslose Kapitulation“ von Seward Johnson zeigt einen Matrosen, der 1945 zur Verkündung des Kriegsendes stürmisch eine junge Frau küsst. Den entsprechenden Schnappschuss von Alfred Eisenstadt. [7]
Familie
Alfred Eisenstaedt lebte in Neu York. Seine Frau Alma Kathy Kaye, mit der er seit 1949 verheiratet gewesen war, starb schon 1972. Er selbst starb während eines Restaurantbesuches auf Martha's Vineyard, wo er, wie so oft zuvor, sich zur Erholung aufhielt. Das US-Magazin „TIME“ gedachte seiner u. a. mit den Worten: „'Eisie' helped to make LIFE an indispensable scrapbook of the national memory“.[8]