Pilze
Pilze (Fungi von lat. „fungus“= Pilz) bilden in der heutigen wissenschaftlichen Systematik der Lebewesen ein eigenständiges Reich. Sie gehören zu den eukaryotischen Lebewesen, deren Zellen einen echten, von einer Membran umgebenen Zellkern aufweisen und durch Membranen stark in Kompartimente gegliedert sind.
Im Unterschied zu Pflanzen besitzen sie kein Chlorophyll, so daß sie auf organisches Material angewiesen sind, das sie besiedeln und zersetzen können (heterotrophe Lebensweise). Im weiteren Unterschied zu den Pflanzen, deren Zellwände aus Zellulose bestehen, sind die Zellwände der Pilze aus Chitin aufgebaut, ähnlich dem tragenden Außenskelett (Exoskelett) der Insekten.
Inhaltsverzeichnis
Schleimpilze (Myxomycetes)
Einige Schleimpilze (Myxomycetes) werden von Biologen dem Tierreich zugeordnet. Sie sind zu einfacher Fortbewegung und zu gewissen Sinnesleistungen befähigt.[2] Schleimpilze sind phylogenetisch nicht mit den Pilzen verwandt, sondern nehmen eine Zwischenstellung zwischen dem Tierreich und den Einzellern ein. Demgegenüber beziehen die Pilze (Fungi) eine Zwischenstellung zwischen Tier- und Pflanzenreich.
Niedere Pilze (Fungi imperfecti)
Zumindest die Niederen Pilze (Fungi imperfecti) haben sich polyphyletisch (von lat. polys = viel und phylon = Stamm) entwickelt. Sie besitzen also nicht alle einen gemeinsamen Vorfahren, sondern haben sich aus verschiedenen Linien entwickelt. Das bei diesen Vertretern mit verschiedenen Vorfahren dennoch morphologische Übereinstimmungen oder Ähnlichkeiten vorhanden sind, ist also nicht durch verwandtschaftliche Beziehungen (taxonomisch-phylogenetisch), sondern ökologisch (durch Anpassung an gleiche Lebensbedingungen) zu erklären.
Bau der Pilze
Den eigentlichen Pilzkörper bildet das Pilzgeflecht (Mycel), das seinerseits aus Pilzfäden (Hyphen) besteht. Bei den als „Pilz“ bezeichneten Speisepilzen handelt es sich lediglich um die Fruchtkörper von sogenannten Großpilzen. In Deutschland gibt es etwa 3500 bis 5000 Arten dieser Großpilze. Die Gesamtzahl der in Europa vorkommenden Großpilze mit Fruchtkörpern größer als 4mm wird auf 5300 Arten geschätzt.[3]
Steinpilz (Boletus edulis)
Pfifferling, Eierschwamm (Cantharellus cibarius)
Grüner Knollenblätterpilz (Amanita muscaria)
Frühjahrslorchel (Gyromitra esculenta)
Spitzmorchel (Morchella elata)
Hallimasch (Armillaria mellea)
Grauer Feuerschwamm (Phellinus igniarius)
Flaschenstäubling (Lycoperdon perlatum)
Wiesenchampignon (Agaricus campestris)
Edelreizker (Lactarius deliciosus)
Fliegenpilz (Amanita muscaria)
Parasol, Riesenschirmpilz (Macrolepiota procera)
Die Gesamtzahl der Pilzarten wird auf über 250.000 geschätzt. Viele kleine Pilze (wie Schimmel und Hefen, mikroskopisch kleine Bodenpilze, Hautpilze, Pflanzenkrankheiten verursachende Rost- und Brandpilze, Mehltau-, Rußtau-, Schütte- und Rostpilze usw.), sind jedoch sehr klein und fallen nicht sofort ins Auge. Eine große Anzahl dieser kleinen Pilze dürfte noch nicht entdeckt sein.
Lebensweise
Bedingt durch die Vielzahl unterschiedlichster Lebensbedingungen von Pilzen haben diese auch unterschiedliche Lebensweisen entwickelt.
Saprophytische Lebensweise
Die Saprophyten unter den Pilzen (von griech. sapros - in Fäulnis übergehen, faulen) zersetzen totes organisches Material (Holz, Laub- und Nadelstreu, Tierkadaver usw.). Sie bewirken einen fermentativen Abbau des Substrats und entnehmen daraus die für sie lebenswichtigen organischen Zersetzungsprodukte.
Pertophytische Lebensweise
Pertophyten sind in der Lage, mit Hilfe ihrer Stoffwechselprodukte, wie Enzymen und Toxinen, lebendes Pflanzengewebe abzutöten und es ähnlich wie die Saprophyten abzubauen.
Parasitische Lebensweise
Pilze treten auch als Parasiten anderer Lebewesen in Erscheinung. Befallen werden sowohl Pflanzen und Tiere, aber auch andere Pilze.
Predatoren
Predatoren fangen Kleintiere, wie Nematoden, Rotatorien, Amöben und andere Protozoen mit Hilfe spezieller Einrichtungen ihres Mycels. Zu dieser Gruppe zählen namentlich einige Vertreter der Imperfekten Pilze (Fungi imperfecti) der Familien (Moniliaceae) und der Jochpilze? (Zygomycetes), Familie Zoopagaceae. Großpilze sind in dieser Gruppe nicht vertreten.
Symbiontische Lebensweise
Mykorrhiza
Eine Form der symbiontischen Lebensweise von Pilzen ist die Wurzelsymbiose mit Grünpflanzen (Mykorrhiza). Je nach dem, in welcher Form die Mykorrhiza ausgeprägt ist (Ekto-, Endo- oder VA-Mykorrhiza) ist der Vorteil mehr und mehr zu Gunsten des Pilzpartners (Mykobiont) verschoben, während der Pflanzenpartner (Phytobiont) im günstigsten Fall (Ektomykorrhiza) gleichberechtigt an der symbiontischen Beziehung partitzipiert.
Flechtenbildung
Eine andere Form der symbiontischen Lebensweise gehen niedere Pilze mit Grünalgen ein: sie bilden Flechten (Lichenes), wobei die Pilze mit ihren Algenpartnern zu einem Doppelwesen verschmelzen, das völlig neue Eigenschaften aufweist.
Symbiose mit Tieren
Bei der Symbiose von Pilzen mit Insekten gibt es sowohl Formen der Endosymbiosen, so bei Bock- und Klopfkäfern, Zikaden und Pflanzenläusen, als auch Ektosymbiosen, beispielsweise die „Pilzgärten“ der amerikanischen Blattschneiderameisen und die „Ambrosiapilze“ in den Bohrgängen von Splintkäfern. An der Symbiose sind Hefen, Imperfekte Pilze und Schlauchpilze (Ascomycetes), aber keine Großpilze beteiligt.
Quelle
Literatur
- J. Schroeter Die Pilze Schlesiens (1889)
- Bubák, Franz Die Pilze Böhmens (1908)
- Rothmayr, Julius Eßbare und giftige Pilze des Waldes (1914)
- Gramberg, Eugen Pilze der Heimat Band 1 Blätterpilze (1913)
- Kummer, Paul Der Führer in die Pilzkunde (1871)
- Walther, Ernst Taschenbuch für Pilzsammler (1918)
- Nees von Esenbeck, Theodor Friedrich Ludwig und Henry, A. und Bail, Theodor Das System der Pilze (1837)
- Lentz, Harald Nützliche, schädliche und verdächtige Pilze (1890)
- Lindau, Gustav Die höheren Pilze (1911)
- Magnus, Paul Die Pilze von Tirol, Vorarlberg und Liechtenstein (1905)